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Sonntag, 30. Oktober (Gllbhart) 192t 2. Jahrgang W Trscheint ollen 14 Tage Blatter für L?eimatkunöe ! l > IIII »! I IM„! Schristleitung unü Geschäftsstelle (n Reichenau,Sa. Fernsprecher Nr. 21S ss»»»o Nr. 22 Geseichte, ^Kunft, Literatur Drucf u.Verlog.Alwin Marx (Inh. OttoMar^) Südlaufttzer Nachrichten, Reichenau, Sa. Unber-echtitzten vk»nvoren „Der wird auch D)ege finden!" Durch bunte Kirchenfsnstsr dringt Der Sommorfonne Strahl, Gan; Isis der Grgslton erklingt And stimmst den Choral. Ein liebes, altes Kirchenlied, Au Nam des Meisters Tat, In Ton und Wort den Daum durchzieht And wirket ew'gs Saat. Bewegt erblick ich in der Schar, Gebeugt von Gram und Leid, Ein Mütterlein mit weißem Haar 2m düstern Trauerkleid. Ein kleiner Bub, ein Mägdelein, Ihr still zur Seite sind. Wie schmerzlich weint Großmütterlein, Die Träne rinnt und rinnt Doch plötzlich richtet sie sich auf, Verklärt ist ihr Gesicht, Es stockt der herben Tränen Laus And weicht dem Himmslslicht. Sie fühlt des Gottssgeistss Wehn And Jesu Hirtsnhand, Dis sie im Dunkel auch lehrt gehn Ins sw'ge Heimatland. Hilda Mathos, Stuttgart. An Herbstes Hand Bon E. G. Lade, Obcrfrledersdors sah ich den Herbst, ich sah ihn in seiner ganzen WtzWk Schöne, wie selten einmal. HMWM Ost ist er sonst unfreundlich, rauh, mürrisch. Wenn er in seinem langen düsteren Mantel erscheint, den er weithin aus dem Boden schleppen läßt, den grauen Wolkenhut auf, dann will er uns nicht gefallen. — Tropfen hängen an Halm und Blatt, sie fallen herab von jedem Ast, sie rieseln in einem fort vom Himmel nieder, kühl ist die Lust, garstig alles draußen. Selten läßt sich die Sonne sehen, kurz ist der Tag, schmutzig Straße und Weg. Dann und wann fährt gar der Sturm daher, heulend, brausend. Er schüttelt die Bäume, er rüttelt an Tür und Fenster, Regenguß folgt auf Regenguß. Wer nicht hinaus muß, kann froh sein, der Herbst ist bei schlechtester Laune, die läßt er walten, manchmal wochenlang. Dann zittern die Pflanzen, es verstecken sich frierend alle Vögel und die Menschen Klagen über ihn und seine Art. Aber gestern, da war er in allerbester Stimmung, sonntags, mäßig. In Hellem Rock, mit blankem Gesicht, lachend die Augen, losen Haares schritt er im Wehen des Kühlen Nordwest daher, an der Brust ein paar wetßgelbe Kamillen und eine blaue Kornblume dazwischen. Auf seinen festen Stock gestützt, wanderte er sicher landein, seine Gestalt kräftig, die Füße in derben Stiefeln, die Wangen gebräunt, die Augen lachen dahin und dorthin. Wohin er kam, lichteten sich die Fluren,, die Sonne glänzte strahlend, die Wolken flohen, die Berge legten ihr blau Gewand an. Buchen- und Ahornblatt färbten sich gelb, Glockenblume, Aster und Georgine blühten, die Eiche schüttelte vor Lust ihre zierlichen Früchte herab, die so schön rund und glatt sind, und die junge Saat reckte ihre rötlichen Spitzen aus dem Boden. Auf der Weide sprangen die Kälber und die Kühe ließen sich das kurze Gras schmecken: der Eichel- Häher trug fleißig für den Winter ein, die Lerche flatterte zwitschernd auf. Finken flogen von Feld zu Feld, das Eich» Horn grüßte ihn mit wedelndem Schweis. Er lockte die Men schen aus ihren Häusern, sie sollten Arbeit und Mühe vergessen, sich mit ihm freuen. Darum bot er ihnen rotbackige Äpfel an, süße Trauben an der Wand, manche ließ er auch die runden, wohlschmeckenden Erdfrüchte, die Kartoffeln, ausmachen. Dem Waldgänger zeigte er die schönen, reisen Trauben auf dem Ebcreschenbaume, er ließ ihn allerlei Pilze finden, mir gab er süße Brombeeren am Strauch zu kosten. Dem Jäger wies er flatterndes Wild, die Jugend führte er unter lustiger Musik zu frohem Feste, dem Knaben half er beim Drachenspiel. Am besten wohl meinte ers mit dem Bergsteiger. Bei reinster Luft führte er sie übers Feld, durch den begrünten Wald, wo er da und dort bunte Farben ausstreute, hinauf zur freien Höhe. Dort stellte er sie an einer sonnigen Stelle hin, tat ihnen die Augen klar auf und sagte zu ihnen: Schaut. Da lag ihre liebe Heimat unter ihnen im Festtagsgewande. Zwar öde die weiten Felder, aber in reinster Bläue Berg und Ge» birge, in den Tälern, vom Licht beschienen, Ort an Ort, die Häuser oft versteckt im dunklen Baumgrün. Dann erklang aus dem Walde heraus ein deutsches Lied, von frohen Lippen gesungen. Da wards den ins Land Schauenden so frei im Herzen, sie fühlten das Glück neben sich stehend, das Heimat- glück. O Herbst, wie bist du eigenschön in deiner Herbheit, du läßt uns noch nicht an Frost und Schnee denken, gemahnst an den warmen Sommer, weile, o weile lange mit deinen Gaben, deinen lachenden Augen, deinen Freuden, mit strahlender Sonn« und klarer Luft!