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Künste durch Hilfe derselben vorzustellen, als 1. eine Feder zu schneiden, mit welcher er Fraktur, Kanzlei und Kurrent hat schreiben können, 2. perfekt malen in Ol- und Wasser farben, 3. mit einer Scheren künstliche Landschaften und Blumenwerk zu schneiden, 4. und sonst etwas nur auszu denken, 5. wußte Bilder auszuschneiden und sie mit Seiden zeug zu unterlegen, 6. in ein Glas Bier einzuschenken und auszutrinken, 7. schneidete auch mit dem Messer die Speisen und verzehrte solche, 8. spielte auch auf dem Bretsxiele, wie auch mit Würfeln und Karten, 9. ladete eine Pistole und schoß sie mit solcher Geschwindigkeit los, daß sich ein jeder verwundern muß. — Am 15. November 1678 ließ sich aber mals zu Budissin wie auch zu Zittau am kalten Markte eine Jungfer, 27 Jahr alt, sehen, die weder Hände noch Füße gehabt und gleichwohl schreiben, spinnen und eine Nadeln einsädeln, ein Kleid zuschneiden, nähen, klöppeln und gehen können, auch sonst zu machen gewußt, was nur ihre Augen gesehen. Sie hieß Elisabeth Richterin und war von Rode in Westfalen gebürtig. — 1694 am 7. August wurde Matthäus Buchinger, ein Onolzbacher (---Ansbacher), 20 Fahre alt, nach Budissin gebracht, der auch ohne Hände und Füße gewesen, ist also geboren und konnte doch zu jedermanns Verwunderung 1. eine gute Schreibseder schneiden, 2. zierlich schreiben, 3. einen Faden durch ein Nadelöhr ziehen, 4. eine Kanne oder Glas anfassen und daraus trinken, 5. ein Messer und Gabel nehmen und damit essen, 6. ein Gewehr laden und losschießen, 7. mit dem Gelde spielen, 8. aus dem Brummeisen schlagen, 9. sich geschwinde vom Stuhl auf die Erde und wieder hinaus lassen, 10. mit Karten und Kegeln umgehen, 11. auf dem Hackebret spielen und dergleichen mehr." (11. n. 1327.) Dieser Matthias Buchinger muß auch sonst in anderen deutschen Städten ziemliches Aussehen erregt haben, in Nürnberg wurde 1708 freilich diesem „Monstrum ohne Hände und Füße" „der schwangeren Frauen halber" nicht erlaubt, seine „Künste, die sich in kein Zimmer schicken", in einer Bude auf dem Markte vorzusllhren. Nur in einem Wirtshause könne ihm solches ohne Not gestattet werden. (So nach Theod.Hampe, Die fahrenden Leute in der deutschen Vergangenheit, S.119f.) Einen eigenartigen Künstler konnte die Lausitz 1617 in den Sechsstädten bewundern, „wie ihn seit Menschengedenken in diesen Landen niemand gesehen hatte." Ein „Wätscher" brachte durch Anhauchen auf einem Glase, — wohl nach chemischer Vorbereitung des Glases —, Bilder des Kreuzes Christi und anderer heiliger und weltlicher Dinge hervor. In demselben Jahre zeigte ein fremder Schreibküvstler und wohl Schnellmaler seine Kunst, indem er Psalmen künstle risch aufschrieb und Wappen entwarf. (H. n. 1328.) Auf den „Gelagen, Bürger- und Bauerhochzeiten, Kind- täuffen, Jahrmärkten, Lobelänzen, Kirchmessen und dergl. Lonvivien" traten auch sonstallerlei„Komödianten,Gaukler, Glückshäffner(auch„Glücksbudener",FnhabereinerGlücks- oder Losbude)" auf. (Laus. Kollektionswerk I, 420 f.). So mag 1676 ein „Landschreier" (-^ Marktschreier) zu Görlitz am warmen Jahrmärkte gewiß großen Zulauf gehabt haben, als er, sich für einen Zigeuner ausgebend, auf dem Pferde sitzend, seinen Theriak ausbot, ein altes Dolksmittel. Um seine Mittel besser verkaufen zu können und zu beweisen, daß sie probat wären, fraß er Sonntags und Montags jeden Tag eine Kröte, ward darauf krank, lief sehr auf, das Blut sprang ihm aus der Nasen und siel vom Pferde herunter, daß ihn etliche halten mußten. Sobald er aber seinen Theriak einnahm, „vomirte" (--- spie) er und ward bald wieder gesund. Diesem ließ der Bürgermeister das Krötenfressen verbieten, worauf der Quacksalber gestand, es wäre die 163. Kröte, so er gefressen, und zwar eine schwarze, die man die Feuer kröte nannte. (U. n. 1552). Ähnliche widerwärtige Reklame am eigenen Leibe machte 1677 aus dem Jahrmärkte Petri Kettenfeier zu Budissin ein anderer „Marktschreier", der auch auf dem öffentlichen Markte eine lebendige Kröte fraß, die bis 75 Gran Gift bei sich führte. „Er lies bald auf, das Blut sprang ihm zum Munde und zur Nase heraus, er hofierte (--- machte sich) in seine Kleider, das Gift hat ihm aber sonsten nichts geschadet, weil er seine Medikamente gebraucht." (tt. n. 1027.) Ein ständiges Element der Landfahrer, die auch unsere Heimat frühzeitig heimsuchten, bildeten die Zigeuner, auf die der gelehrte Schönauer Pfarrer mehrfach hinweist und deren Namen er noch in naiver Weise mit „ziehen" in Zu- sammenhang bringen will. (H. p. 672f.) Nach Frenzel weisen die Xnneil. Ooriio. das erste Auftreten dieser schwei fenden Horden in der Oberlausitz für 1418 nach, diese sind also bei uns zu derselben Zeit zum erstenmal beobachtet worden wie auch anderswo in deutschen Landen, denn vom Jahre 1417 besitzen wir die erste Kunde vom Erscheinen dieses seltsamen Volkes auf deutschem Boden überhaupt. Der Chronist Hermann Corner, ein Lübecker Dominikaner mönch, belichtet, daß 1417 eine fremde und vorher nie ge- gesehene Menge wandernder Menschen aus den östlichen Gegenden nach Deutschland gekommen sei, die das ganze Land bis an die Meeresküste durchstreift und sich Zigeuner genannt habe. (Hampe, Fahrende Leute in der deutschen Vergangenheit, S. 78.) Unser Oberläusitzer Kulturforscher setzt sich auch mit der im 16. Jahrhundert (bei Luther scherz weise noch) mehrfach heroorgetretenen Ansicht auseinander, daß die Zigeuner mit den alten Juden verwandt wären, die wie sie in der Zerstreuung lebten. (11. p. 673). Frenzel verwirft diese Meinung Er führt dann eine Anzahl Man date des Oberamts Budissin (Oorp. 1uri8. ?rovincisiw l-u8. 8up. lit. II. Don Polizey-Sachen png. 325, 328 usw.) an, die gegen die Zigeuner erlassen worden sind. (Mandate von 1590, 1652, 1665, 1673, 1682, 1689, 1696, 1715.) Danach hat man dieses Landfahrergesindel ausgewiese», die dagebliebenen Mannspersonen aber auf den Bau geführt, die Weibspersonen mit dem Staupbesen fortgewiesen, die Kinder ihnen genommen, um sie in den Städten zu ernähren und zur Schulen zu halten, bis sie in Dienste ziehen können. Für die Unkosten und Mühe sollte das Oberamt mit Bar geld vergüten. (H. p. 681.) Unter den Iahrmarktswundern in alter Zeit nehmen auch in der Oberlausitz die seltenen wilden Tiere eine hervor- ragende Stelle ein. Oster durchzogen Bärenführer die Städte und Dörfer, um Geld einzuheimsen. Meist waren es pol nische, die aus Lithauen kamen und ihre gezähmten zottigen Gefährten nach den „polnischen Schalmeien einen artigen Tanz tun ließen" und auch sonst allerlei Dressurkünste zeigten (U. n. 1030). Gelegentlich hielt wohl auch ein ad liger Schloßherr sich ein wildes Tier, so hielt 1597 Rudolf von Gersdorf auf Baruth bei Weißenberg einen Bären an der Kette. Einmal riß sich dieser los und zerriß den Kutsch- knecht, der das Tier häufig geneckt hatte. (U. n. 1031.) Zu den häufigsten fremdartigen Tieren auf den Jahrmärkten gehönen die Kamele. Welches Aufsehen mag nicht tm mittel alterlichen Görlitz der Aufzug eines pommerschen Fürsten gemacht haben, der Donnerstag vor Thomas 1556 mit 6 Mauleseln und 4 Kamelen, die ein Mohr führte, hier durchreiste! Zwei Jahre darauf, 1558, waren auch wieder zwei Kamele um weniges zu sehen, „die bei Schnee Hansen