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XXII Einleitung. und absichtliche Entstellung sich trennen, bleibt unmöglich zu sagen — die ganze Angelegenheit in ein völlig anderes Licht zu rücken. Nach ihm ist der arme Kaiser durch den hämischen Lügner Ruodmann, aber noch schlimmer durch den erbärmlichen Gesellen Sandrat, den „anderen Satan" trotz der Warnungen des am Hofe weilenden Sachwalters St. Gallen's, des zweiten Ekkehart, welchen die Her zogin Hadwig dahin empfohlen haben soll, hinter das Licht geführt, und er muß erst durch die schändliche Niederlage des Cölners in St. Gallen darüber belehrt werden, ein wie großes Unrecht er den besten Mönchen seines Reiches, den unübertrefflichen Brüdern von St. Gallen, angethan habe?). Ist so der eine erste Visitator des Klosters durch Ekkehart's Charakteristik zur Fratze entstellt, also - scheint es — für St. Gallen unschädlich gemacht, so ergreift dagegen der Erzähler gegenüber der aus Bischöfen und Aebten ge mischten Commission ein anderes Mittel, um dieselbe dem Ruhme St. Gallen's geradezu dienstbar zu machen. Die Träger des gegen die bestehenden Klosterzustände gerichteten kaiserlichen Auftrages werden nämlich zu eben so vielen Herolden des Lobes für das Kloster umgewandelt. Die ganze Schilderung dieser Visitation, unerträglich breit angelegt, wie sie ist, dient dem St. Galler dazu, sein eigenes Selbstlob in der Gestalt der allerschmeichelhaftesten Reden jenen fremden hohen Geistlichen auf die Zunge zu legen. Was für „Helden des heiligen Geistes" müssen diese Mönche ge wesen sein, wenn sogar, was noch etwa unregelmäßig sein könnte, bei ihnen preiswürdig ist, wenn die fremden Aebte bekennen müssen, daß sie an Ernst den strengen Mönchen des ihrem Uriheil unter worfenen Klosters nachstünden! Der disciplinarische Feldzug gegen das Mustergotteshaus wird zur Niederlage des Veranstalters, zur Beschämung der Theilnehmer ; Ruodmann selbst, der im Hinter gründe stehende heimliche Anstifter, trägt nichts als Spott und Schaden davon, und er muß sich das sogar zwei Male von seinem eigenen Bruder sagen lassen*). St. Gallen's Ruhm aber steht glanzvoller, als je, da. I, Vgl. S. 213. o. 2. 2> Vgl. besonders in C. 145. 3> Vgl. hierzu den ganzen Abschnitt XI. 4) Vgl. S. 144, S. 172 u. 173 die Reden Otker's.