Volltext Seite (XML)
IV, 47. Die römischen Sänger und ihre Lehre. 73 daß er ebenso der Gesänge kundige Römer ins Frankenreich senden möge. 'Rach der Bitte des Königs werden Petrus und Romanus geschickt, welche, sowohl in den Blättern der Gesänge, als in den jenigen der sieben freien Künste gehörig unterwiesen waren, um, wie die früheren, zur Kirche von Metz sich zu begeben. Als dieselben auf dem Septimer und dem Comersee von einer den Römern ungünstigen Luft geschüttelt wurden, vermochte Romanus, vom Fieber ergriffen, kaum bis zu uns hin zu gelangen. Ein Antiphonar aber brachte er, weil er zwei hatte, während Petrus sich widersetzte, derselbe mochte wollen oder nicht, mit sich zum heiligen Gallus. In der Zeit jedoch genas er, indem der Herr ihm half. Der Kaiser schickt einen Schnellboten, der ihm, wenn er genesen sollte, befahl, bei uns zu verweilen und uns zu unterrichten. Das nun that jener, um seinen Dank für die Gastfreundlichkeit der Väter zu bezeugen, mit besten Freuden, indem er sprach: „Vier Werke „der Barmherzigkeit des heiligen Herrn habt Ihr an mir Einem „Menschen erworben. Er war ein Fremdling, und Ihr habt ihn „in mir ausgenommen, ein Kranker, und Ihr besuchtet ihn; in mir „hungerte er, und Ihr gabt mir in ihm zu essen; er dürstete, und „Ihr gabt ihm zu trinken". Als dann die beiden durch das fliegende Gerücht, der eine vom Eifer des anderen, vernommen hatten, wetteiferten sie für Lob und Ruhm nach der natürlichen Anlage ihres Volkes, um der eine den andern zu übertreffen. Und es ist des Gedächtnisses würdig, wie sehr ein jeder der beiden Orte in diesem Wetteifer Fortschritte gemacht und nicht allein im Ge sänge, sondern auch in den übrigen Dingen des Wissens zugenommen hat H. Petrus nämlich hatte zu Metz zu den Sequenzen, die er Metensische nennt, Jubelgesänge gemacht. Romanus aber hatte uns dagegen aus dem Seinigen die Jubelgesänge der Romana und Ainöna 2) abgemessen, welche nachher Notker durch die Worte, in 1) Der Zweck dieser ganzen Version der sagenhaften Erzählungen iiber Karl's Be mühungen für den Kirchengesang ist, neben Metz und derMetzer Sängerschule, St. Gallen als zweiten Platz zu verherrlichen. 2> Diese und die folgenden Ausdrücke sind Titel zur An gabe der Melodien. Der Antheil Notker's an den Sequenzen dürfte sich ans 47 Nummern nach der Melodiensammlnng des St. Galler Codex Nr. 484 beschränken.