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__ - - - - —- nissc ausgestellt. Er ist lange Jahre in dem Geschäft tätig gewesen und war stets ein solider, fleißiger Mann», der sich allgemeiner Sympathien erfreute. Das Gericht erkannte auf die niedrigste, vom Gesetz festgesetzte Strafe für Tötung auf ausdrückliches Me langen, drei Jahre Gefängnis. Der Ange klagte wurde auf freiem Fuße gelassen. Massensturz in die Gletscherspalte Die Gebirgspässe im Berner Oberland erfreuen sich zur Zeit eines außerordentlich regen Fremden verkehrs. Alle Postkursc sind meist bis zu acht Post- ciutomobilen voll besetzt, denen sich zudem eine große Anzahl von Privatwagen anschließen. Der Verkehr ist beim richtigen Tempo unbedingt gefahrlos, un- l grciflich erscheint nur die Sorglosigkeit, mit der nu'.n Stege und Brücken prüft. Am Nhonegletscher ird gegen Entgelt eine schöne, riesengroße Eisgrotte gezeigt. Der Zugang führt über einen sehrprimi- liven Steg, der auf zwei dünnen Eisenträgern ruht und mit alten ausgewaschenen Brettern belegt >n. Dieser Tage mochten etwa 200 Besucher am lebergang sein. Sorglos ging man an das Ueber- , reiten des Steges, der plötzlich unter der Last der ' fucher — es mochten etwa 20 bis 40 Personen ' in — zusammcnbrach und alles unter sich be- > !ib. Die auf dem Gletscher zu einem wilden : lüuel zusammcngcworfenen Menschen wurden zum Glück bergwärts geworfen, sonst wären eine i roße Anzahl der Fallenden den Gletscher hinab gerutscht. Immerhin erlitten mehr als 15 Per sonen zum Teil sehr schwere Der- I tz n n g c n und mußten, mit Notverbänden ver sehen, zu Tal gebracht werden. Andere trugen nur geringfügige Hautabschürfungen davon. 9 Personen getötet In der italienischen Pulverfabrik St. Martino im Distrikt Lugo explodierten au» noch unbekannten Gründen Pulvermassen. Neun Personen wurden geötet, darunter sieden Frauen, die in der Fabrik beschäftigt waren. Miliz und Feuerwehr nahmen sofort die Löscharbeiteu in Angriff. NencS Hochwasser Ver Weichsel Krakau und seine Umgegend wurden von einem ungeheuren Unwetter heimgesucht. Mit einem orkan artigen Sturm brach ein Wolkenbruch hernieder, der weite Landstrecken unter Wasser setzte. Durch den Sturm wurden in Krakau Telephon- und Tele- graphendrähte heruntergerifsen, Bäume entwurzelt und Häuser abgcdcckt. .Binnen wenigen Stunden waren die Gebirgsbäche so angeschwollen, daß 25 H o l z b r ü ck c n f o r t g c r i s f e n, 1200 Morgen !r.aud überschwemmt und 400 Häuser unter Wasser gesetzt wuroen. 3000 Familien sind von dieser neuen Katastrophe betroffen. Der Eisenbahn verkehr ist ebenfalls teilweise lahmgelegt. Die Straßen nnd Wege sind derart unterspült, daß Wochen zur Ausbesserung nötig sein werden. Auch die Weichsel beginnt wieder zu steigen und ist in einem halben Tage in Krakau um nahezu 1^ Meter gestiegen. Die Katastrophe ist ganz unerwartet hereingcbrochen, so daß keinerlei Vorsichtsmaßregeln rechtzeitig getroffen werden konnten. Die Sola sowie auch die Weichsel in ihrem Oberlauf haben die Schutz- dämme durchbrochen. Besonders schwer sind die Kreise Ehrzanow, Wadowice, Bialla und Oswiecim betroffen. Die Bewohner der an den Flußläufen liegenden Dörfer sind zum großen Teil in ihren Häusern von dem plötzlich hereinbrechenden Hoch- wasser überrascht worden. Explosionsunglück in Berlin. Zn einem Fabrik, raum der Excentric Gewindeschneider G. m. b. H- in der Frankfurter Allee 40 ereignete sich ein schwe- res Explosionsunglück. Aus bisher unbekannter Ursache schossen aus einem der dort aufgestellten Anlaßöscn mächtige Stichflammen heraus. Die im Zimmer beschäftigten drei Personen konnten sich nicht rechtzeitig in Sicherl-eit oringen, und ihre Kleider wurden von den Flammen erfaßt. Ans die gellenden Hilferufe eilten Hausbewohner herbei, denen es nach längeren Bemühungen gelang, mit Decken nnd Tüchern die Bedrohten vor dem Tode des Verbrennens zu retten. Sie haben schwere Brandverletzungen davongetraqen. Unwetter in Litauen Kowno, 7. August. Zn der Nähe de» Städtchens Paneveszy» in Litauen ging ein 24 stündiger Wolkenbruch nieder, so daß sämtliche Flüsse Hochwasser führen. Die Stadt Troszkun steht völlig unter Wasser, so daß die Bewohner fluchtartig die Häuser verlassen mußten. Sämtliche Brücken, die sich in der Um gegend befinden, stehen in der Gefahr, einzu stürzen. Der Verkehr ist fast überall unterbrochen. Die Eisenbahnlinie nach Pastovai ist an verschiedenen Stellen überschwemmt. Auch steht ein großer Teil des Städtchens Raguva unter Wasser. Ueber dem Orte Zmbrada ging ein Ha g e l u n w c t t e r nieder. Die Hagelkörner hatten die Größe von kleinen Kartoffeln und vernichteten das Getreide völlig. Menschen und Tiere mußten flüchten, um nicht ver letzt zu werden. — ZweiMädchen, die in einem Kahn über die Memel fahren wollten, fielen beim Kentern des Bootes ins Wasser und ertranken. Line dritte, die sie retten wollte, wurde von ihnen mit in das Wellengrab gezogen. Drohende Gasnot in Berlin Die Berliner städtischen Gaswerke teilen mit, daß die lange Dauer des Bauarbeiterstreiks die Gas versorgung Groß-Berlins gefährde, wenn nicht die Arbeit an den zur Zeit im Umbau begriffenen und durch den Streik lahnmgelegten Gaserzeugung«- bauten umgehend wieder ausgenommen wird. Der Beschluß der Bauunternehmer, die noch arbeitenden Bauarbeiter auszuspcrren, nnrrde gestern in Kraft gesetzt. Damit kommt der gesamte Bau betrieb in Groß-Berlin zum Stillstand. Großmutter und Enkel aus dem Fenster gestürzt. In Berlin ereignete sich ein schreckliches Doppel, unglück. Ein am Fenster der vierten Etage spielen des ZKjähriges Kind stürzte auf die Straße herab, wo es mit zerschmettertem Schädel liegen bl'cb. Die Großmutter des Kindes, der wahrscheinlich die Be wachung des Enkels anvcrtrant war, stürzte eine halbe Minute spater aus demselben Fenster hinunter. Es ist anzunehmen, daß die alte Frau, als sic den Todessturz des Kindes bemerkte, sich aus Derzweif- lung selbst nachgestürzt hat. Enkel und Großmutter starben unmittelbar hintereinander. Eröffnung der Zugtelephonie aus der Strecke Ham- bu.g—Berlin. Am 15. August wird auf der Strecke Hamburg—Berlin die Zugtelephonie in Betrieb ge nommen werden. Bei dieser Gelegenheit beabsichtigt die Nordische Rundfunk-Aktiengesellschaft in Hamburg um 11 Uhr vormittags vom fahrenden Zuge aus die Eröffnungsreden auf den Sender zu übertragen; ebenso will man versuchen, das Konzert um 11 Uhr 30 Minuten vormittags auf den fahrenden Schnellzug zu übertragen und den Reisenden durch Lautsprecher zu vermitteln. Schwerer Autounfall bei Davos. Wie aus Zürich gemeldet wird, stürzte auf der Fahrt von Davos über den Flüclenpaß nack dem Engadin kurz vor Süs (Unterengadin) ein mit fünf Personen besetztes Auto infolge Versagens der Bremse bei einer Steinbrücke über eine fünf Meter hohe Mauer. Der holländische Redakteur Dr. Rademacher erlitt einen Schädelbruch und einen Bruch des Unterarms, eine Dame einen Oberschcnkelbnrch. Die übrigen Insassen wurden weniger schwer verletzt. Die Verunglückten befinden sich im Krankenhaus zu Samadan. * Der verbotene Selbstmord. Die Negierung des Generals Panqalos und des "Admirals Hadschikyriakos scheint die Lebensfreude des griechischen Volkes nicht gehoben zu haben. Denn die Selbstmorde häufen sich im hellenischen Lande. Die Männer, die sich an die Spitze Griechen lands gestellt haben, sind aber nicht willens, der Flucht der Griechen in das dunkle Reich des Hades untätig zuzusehcn. Sic haben sich entschlossen, kraft ihrer diktatorischen Gewalt den Selbstmord kurzer hand zu verbieten. Nun vermögen freilich selbst die Diktatoren nichts über die Leute, die sich umgebracht haben, denn die unterstehen nur koch der Gerichts barkeit des Mino», Aiako» und Rhadamanthys. Aber strenge Strafen sollen die treffen, denen der Selbstmord mißlungen ist. Ob für besonder» schere Fälle die Todesstrafe vorgesehen ist, ist noch nicht bekannt. Auch wer von der Selbstmordabstcht eines anderen weiß und kein« Anzeige erstattet, soll bestraft werden. Reu« Opfer der Berge. Bet der Besteigung des Hochkatten in den Berchtesgadener Alpen gerieten fünf Touristen im blauen Alpengletscher in einen Schncesturm. Dabei sind der Kaminfoger- meisterssohn Joseph Gruber aus Reichenhall und der Kaufmann Fricorich Witt aus München erfroren. Der Mehgorgehilfe Rudolf Feichteyer aus Reichenhall wurde mit erfrorenen Gliedern von der Rettungs mannschaft aufgefunden. Die beiden anderen Touristen kamen glücklich davon. Reichsausstelluna Deutscher Wei». Aus Ein ladung des Oberbürgermeisters Dr. Russell besich tigten etwa 150 Pressevertreter die Reichsausstellung Deutscher Wein, die am 8. August in Koblenz er- öffnet wird, und bis zum 15. September dauern soll. Der Oberbürgermeister entbot den Vertretern -er großen deutschen Zeitungen ein herzliches Will- kommen. Die Reichsausstellung Deutscher Wein sei eine der größten Veranstaltungen, die Koblenz je gesehen hab«. Der Weinbau in seiner wissenlschastlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Bedeutung sei hier berücksichtigt worden. Der An. spräche des Oberbürgermeisters folgte ein Rundganq durch die Ausstellung. Neuer Versuch der Kanal-Durchquerung. Aus Calais wird berichtet, daß Gertrud Gderle, die amerikanische Meisterschaftsschwimmerin, in der Nacht von Kap Gris-Nez an der französischen Küste über- raschen- startete, um den Kanal zu durchschwimmen. Bad Lauierberg Ueber 600 Städter sichren am Sonntag mit dem Souücrzug des Leipziger Verkehrsamtes der Reichsbahndirektion Halle nach Bad Lauter berg im Südharz. Wenn trotz des fast ununter brochenen Regens die Stimmung während des ganzen Tages ungetrübt war und -um Schluß alle Teil nehmer ihre höchste Befriedigung ausdrückten, so ist dies wohl ein Beweis dafür, daß die Dera.- Klung Außergewöhnliches bot. Den Hauptanteil daran hatte zweifellos di« landschaftliche Schön heit der nächsten Umgebung von Lauterbcrg. In den dichten, duftenden Bergwäldern spürte man die himmlische Nässe kaum, die malerischen Täler leuchte ten in der feirchten Lust besonders klar, und als wir auf dem etwa 600 Meter hohen Kümmel standen, lüftete sogar Vater Brocken, den Leipzigern zu Ehren, seine Nebelkappe für einige Minuten. Und das Bad in dem zwischen Bergen und Wäldern gebetteten Wiesenbeckcr Teich wird allen, die den Mut dazu auf brachten, unvergeßlich bleiben. Der Bürgermeister von Lauterberg hatte vorbildlich für seine Eintagsgäste gesorgt. Schon am Vormittag spielte im Kursaal die ausgezeichnete Kurkapelle für diejenigen, die wenigstens den ärgsten Regen unter Dach und Fach abwarten wollten, in den besten und schönstyelegenen Hotels war ein vor zügliches Mittagessen zu mäßigen Preisen vor- bereitet, und den Wanderlustigen standen überaus kundige und liebenswürdige Führer ehrenamtlich zur Verfügung. Die Lauterberger Stadtverwaltung unterschied sich durch all diese Maßnahmen vorteilhaft von den Behörden einer anderen preußischen Stadt, die sich den Gästen eines früheren Leipziger Sonder- zuges weniger entgegenkommend gezeigt hatte. Da mals war cs nur dem energischen Eingreifen des Der- treters des Leipziger Verkehrsamts zu danken, daß der Tag trotzdem reibungslos und genußreich verlief. Heberhaupt muß immer wieder nur rühmend hervorgehoben werden, welche vorbildliche soziale Arbeit das Leipziger Verkehrsamt für die naturhnngriaen und reiselustigen Großstädter leistet. Di« schnelle und billig« Fahrt, die glänzende Regelung der Platzfrage im Zuge, die Auswahl der Reiseziele, di« Organisation der Führungen usw., der Briefwechsel mit den verschiedenen Behörden — so gar um den Preis des Mittagessens kümmert sich das fürsorgliche Verkehrsamt, damit die Ausflügler nicht übervorteilt werden —. All das ist sicherlich leichter genossen als vorbereitet! ck. in seinem Falle viel — verdienen will, aus sexuel lem Gebiet kein wahres, ungeschmnrktcs Wort sagen dürfe. Es muß entweder in endloser Wiederholung den Traum der primitiven und vollkomnrenen Ge fährtin bringen, was intellektuell veranlagte Men schen, die nicht ,urr einen Körper haben' als un echt anmutet, oder aber, er muh di« prunkvollen ver heerenden Leidenschaften der Reichen schildern, dem Publikum jenes rwrgistete 'jOnrsüm schenken, das jetzt modern ist. Der Roman „Die kline Dame I des großen Hauses" beweist, daß Jack zu s dieser Erkenntnis gelangte, und dieses Buch ist für mich ein verhängnisvolles Zeichen in seinen: Leben, «^in Mensch kann wahrlich nicht einen Sechsund- dreißiatausend-Dollar-Konttakt nrit den Hearst- Magazinen unter schreiben, und dennoch seine Seele bewahren. Aber so ost ich mir voller Trauer sagte, daß Amerika Jack London getötet habe, wie es ja auch Mark Tnxnn tötete, geschah irgend etwas, das mir bnvies, ich hätte allzu früh die Hoffnung auf gegeben. Jacks Geist arbeitete ununterbrochen, seine Liebe für die Wahrheit rvar eine Leidenschaft, sein Haß gegen jegliche Ungerechtigkeit brannte wie ein unterirdisches Feuer. Er ivar ein trauriger, ein leidender Mensch; niemand wußte, welche neue Vision er in der Glut seures Genies zu schmieden vermöchte. Wenn ich ihn in diesen Zeilen streng beurteile, so geschieht dies deshalb, ivcil auch ich an die unbeugsame Wahrheit glaube, die er verkündete, doch vermag ich trotzdem seine Größe als Mensch und als Schriftsteller voll anzuerkennen. Zacks Seele rvar voller Mitleid; er weinte über das Cast End von Loudon, wie Jesus über Ierusa- lenr. Jahrelang versorgte ihn die Eriirnerung an di« verkümmerte und erniedrigte Bevölkerung; sein Buch „Das Volk des Abgrundes', das er über dieses Thema schrieb, wird von künftigen Eeneratio- mn mit Entsetzen und Unglauben gelesen und als eines der mächtigsten Schöpfungen der Feder an- erkannt werden. Seine lebendigen, tiefgefühlten sozialistischen Essays machen aus ihm eine der revo lutionären Gestalten unserer Zeit. Ich weiß, daß in ihm das heilige Feuer bis an sein Ende glühte, denn als ich ihn bat, sür meinen Sammeldand .Der Schrei nach Gerechtigkeit" ein Vorwort zu schreiben, sandte er mir folgende Worte: „Das Mittel ist so einfach: gegenseitiges Dienen. Von den Männern und Frauen ivird kein einziger unedler Gedanke, kein« einzig« unedle Tat verlangt, soll die Welt gut werden. Die Forderung lautet: edle Gedanken, edle Handlungen, gegenseitiges Dienen. Und dies ist vollkommen vernunftgemäß, denn jener, der allen dient, dient am besten sich selbst." Ich möchte noch in wenigen Worten berichten, was ich persönlich Jack verdanke. Als er den Höhe punkt des Ruhmes erreicht hatte, und «d ein völlig unbekannter Schriftsteller war, sandte ich ihm das Manuskript des Romanes „Der Sumpf" und schrieb, ich könne dafür keinen Verleger finden, und versuchte daher, das Geld sür die Druckkosten aus- zuLnnngen. In der Literatenwelt herrscht großer Neid, und jene, die in hartem Ringen den Lorbeer errungen haben, sind meist nicht geneigt, Rivalen großzuziehen. Aber Jack gehörte nicht zu ihnen; er schrieb über mein Buch, nannte es „Onkel Toms Hütte der Lohnsklaverei". Jacks Anstoß war die Ursache, weshalb „Der Sumps" überall gelesen wurde, und ich bin nur einer der vielen Schrift steller, die von seiner großmütigen und freudigen Hilfe berichten können. WaM Hm-KW Philosophische Betrachtungen eines Kurgastes. Kissingens heroische Zeit ist vorüber. Bester Beweis: daß sich bereits die Sag« um den Ort und seinen größten Kurgast geschlungen hat. Die Ein heimischen wissen allerlei Seltsames vom eiserne, , Kanzler zu erzählen. Cs muß ganz amüsant ge wesen jein, als der seine Kur hier machte. Bismarck, weit draußen wohnend, ivird ja freilich nicht mit einem Glas« Sprudelwasser bewaffnet die Prome nade entlang gewandelt sein; ober cs wäre doch hübsch, wenn man ivenigstcns einem Menzel oder Fontane dort begegnen könnte. Nichts dergleichen. Vergehens bemüht man sich, in der immer noch statt ¬ lichen Kurliste ein paar Namen von Klang und Rang zu finden — nur behäbiges Bürgerpublikum aus alter Welt genießt in diesen Hundstagcn di« Segnungen des Nakoczy. Hängt das etwa mit der allseitig bescheinigten Wendung des deutschen Geistes vom Nkrterialismus der wilhelminischen Aera zum Idealismus der Nachkriegszeit zusammen? Glaubt man, den widerspenstigen Leib nur noch durch Auto- suggestion ,md Psychoanalyse zur Räson bringen zu können? Ach nein! Auch Badeorte find Modesache, und Nratcriattsmus und Idealismus spielen in Wirklichkeit überhaupt «ine viel geringere Roll«, als nach dem ausgiebigen Gebrauch dieser abgegriffenen Wortmarken anzunehmen wäre. Jeder Mensch will gesund sein und pflegt seinen Körper, wenn er irgend kann: ist das Materialismus? Jeder Mensch zieht eine schöne Gegend einer häßlichen vor: ist das Idealismus? Wer hier Brunnen trinkt und sich zugleich an den Darbietungen der Kurkapelle er freut, schafft «ine neu« Synthese von Materialismus und Idealismus, deren Analyse wir den daheim ge blichenen Philosophen überlassen wollen. Zu solchen Betrachtungen hat man hier genügend Zeit. Man läßt die Kurmittel auf sich wirken — und sie wirken ganz bestimmt „irgendwie". Man trinkt, man badet, man ruht, man trinkt abermals, und dann kann man den Abend entweder kurgemäß verbringen öder auch nicht kurqemäß. Das heißt, man kann -um soundsovielten Male di« Tann häuserouvertüre hören oder ein Potpourri aus „Martha" oder eine Phantasie aus „Peer Gynt" und dann tatenarm, doch gedankenvoll ins Bett gehen. Oder man kann eine der zahlreichen verschwiegenen .Kissinger Weinstuben aufsuchen nnd sich daran freuen» daß dem fränkischen Boden nicht bloß der Nakoczy entspringt, sondern daß auf ihm auch der Borbeutel gedeiht: tatenvoll, doch gedankenarm geht man dann nach Haufe. Allein ganz so am Schnürchen verlaufen die Tag« ! doch nicht und erst recht nicht die Abende. Liebhaber der Natur können den schönen nahen Wald aussuchen oder weitere Ausflüge machen. Liebhaber der Kunst können in benachbarten Städten Werke von Veit Stoß, Tilman» Riemenschneidex und anderen Mit 6S000 Mark durchgebrannt Durch die unsmidere» Machenschaften de« In- hader« eine« Leipziger Textilwarrngrschittt« wurde» eine Anzahl Fadrilanten der Trtlotagrnbrauche schwer «eschiidigt. Anfang »orige« Monat« brannten der Lhes der Firma B. Hepner, Leipzig, Peter»- ftratz« und sei« Grsch»f1«sührcr Gutland <ch»mdland oder Grundland) unter HtrUerlassung einer Schuldenlast von 65 000 durch. Wie wir hdren, soN sich Hepner nach Polen, Gutland «ach Part« gewendet Haden. Die Angelegenheit beschitsttgt »«rett« die Leipziger Staatsanwaltschaft. Die «c schLflSuiensilieu der Firma wurden beschlagnahmt, die Büroräumc versiegelt. Unser er-Redaktionsmitglied erfährt hierzu fol gende Einzelheiten: Im Mai dieses Jahres mietete der Kaufmann Benjamin Hepner im Meßhaus „Reichskanzler" zwei Zimmer, in denen er einen Trikotagenhandel einrichtete. Außer einer weiblichen Kraft für Schreibmaschinen- und Büro arbeiten brachte Hepner noch einen Angestellten mit, der sich verschiedenen Personen gegenüber als Ge schäftsführer ausgab, sonst aber ganz den Einoruck erweckte, als wenn er der Chef sei. Sofort nach Geschäftseröffnung entwickelte sich ein reger Betrieb. Täglich kamen große Postpakete und Frachtkisten mit Trikotagen für die Firma an. Die War« wurde nicht gestapelt, sondern mit Hilfe eines zeitweise be schäftigten Markthelfers, angeblich polnischer oder russischer Nationalität, «mgepackt und davongefah ren. Der flotte Geschäftsgang erregte bei den übri gen Mietern im Hause allgemeines Aufsehen. Nach etwa achtwöchigem Bestehen des Geschäfts verschwanden plötzlich der Inhaber und sein Geschäftsführer. Der Sturm der Lieferanten setzte ein. Don den gelieferten Waren war nichts mehr vorhanden. Auch die Bürodamc hotte das Nachsehen. Die Miete für das Geschäfts lokal war ebenfalls nicht bezahlt. Wie wir weiter hören, sollen Hepner und Gutland aus Galizien zu gewandert sein. Der „Geschäftsführer" soll schon selbst Eigentümer einer Textilhandlung in Leipzig gewesen sein, jedoch Konkurs gemacht haben. Dan tat er sich mit Hepner zusammen, der bisher als ordentlicher Geschäftsmann bekannt war, über einige Mittel verfilzte und Kredit genoß. Es wird ange nommen, daß die Gaunereien mehr auf das Konto Gutland geschrieben werden müssen, und daß er un ter der Maske eines Angestellten der Firma Hep rer, der eigentliche Leiter des Schwindelunternehmens war. Er soll auch, trotzdem er sich äußerlich nur im Angestelltenverhältnis zu Hepner befand, den grö ßeren Aufwand getrieben haben, während der „Chef" ziemlich bescheiden auftrat. Es wird bc- hauptet, daß die beiden „tüchtigen Geschäftsleute" den größten Teil des erschwindelten Gutes auf der „wilden Börse", die noch immer in der Gegend des Hauptbahnhofes blüht, verschleudert haben. Raisbefchlüffe Jur Behebung der Raumnot im städtischen Krankenhaus St. Jakob wurde beschlossen, eine transportable Baracke zu beschaffen und für deren Beschaffung, Aufstellung usw.. ein Bcrccknungs- geld von 150 000 Mark zu bewilligen; zu oen für Aufstockung der Baracken 12 und 13 bereits bewillig, ten 250 000 Mark weitere 170 000 Mark Hu be willigen; zur Schaffung von Räumen für die Schwestern und eines Sterbezimmers in der zweiten Dörfchenbaracke sowie zur Instandsetzung und Ein- legunq der Zentralheizung der Baracke 23 insgesamt 26 000 Mark zu bewilligen. Die Entschließung der Stadtverordneten ist einzuholcn. Zur Erweiterung der 1. Höheren Mädchenschule am Schletterplatz wurden 334 000 Mark bewilligt. Weiter wurde beschlossen, die Straße 1 auf den Frankfurter Wiesen „Mainzer Straße" und die Straße 5! „Aachener Straße" zu benennen. deutschen Meistern bewundern. Für Liebhaber der Literatur hat der Minnesänger Otto von Boten- lmüxm eigens in der Nähe seine Burg errichtet. Und am Abend empfiehlt sich ah und zu eG Besuch des blitzsauber» Theaters, den ich für durchaus kurgemäß halte, weil damit eine „Reinigung der Leiden schaften" verbunden ist. Also gewissermaßen ideeller Rakoczy. Nach dem alten Aristoteles ist dazu zwur die Aufführung einer Tragödie erforderlich, und Diese Kunstgattung findet hierzulande, wie cs scheint, keinen Anklang. Aber «s ist gar nicht einzusehen, weshalb nicht die Operette, die besonders liebevoll gepflegt wird — von der „Fledermaus" bis zur „Gräfin Mariza" —, die gleiche Wirkung erzielen soll. Kürzlich konnte man hier eins vortreffliche Ausführung der reizenden „Nacht in Venedig" (in Korngolds Bearbeitung) sehen und sich über Berg und Tal aus den Canale grande verseht glau- ben. Auch die letzten Meisterwerke der deutschen Schwankpoefie kann hier erleben, wer sich an ihnen noch nicht in Leipzig ergötzt hat; und zunral der „Wahre Jakob" entspricht allen Anforderungen, die Aristotetels (übrigens ein magenkranker Mann, Ktssingen wäre ihm gewiß gut bekommen) an ein Lustspiel gestellt — hätte. Nein? Erbitte Gegen beweis — diese Partien der berühmten „Poetik" find ja wohl nicht erhalten? Quellenstudien zur Zeit unmöglich; die Leihbibliothek besitzt nur Courths- Mahler, Rudolf Herzog, Schlicht und verwandte Autoren. Ich müßte schon noch Würzburg fahren, um die Schrift des Aristoteles einzusehen. Damit will ich aber noch eine Weile ivarten und zuvor die bodenständigen Kissinger Quellen auf mich wirken lassen. ?. L. „Sobald man spricht, beginnt man 'chon zu irren." Während ich dies schrieb, ist ein erlauch ter Kurgast cingetrofien, der zudem als Schwieger sohn Herbert Bismarcks die alten Kissinger Tradi tionen des Hauses Bismarck sortsetzt: Graf Her- mann Keyserling, der Gründer der Darm städter „Schule der Weisheit". Ich werde ihm Vor schlägen, sür die Sommermonate eine Zweigstelle in Kisstngen zu errichten. o«. ««pm«nn »SloA«! (Leip-jg^