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Sonntagsbeilage «les I^eipriger Tageblattes Kuwmsr 89 Soontag, clea IS. ^prU 1923 Seite 5 Oer letzte voll Don Koloman porraott Vie Maus Don ?!»nr tKfartol Au4 den neuen im Kurt-Wolff-DerlaS, Mürt- chc„, erscheinenden Gedicknoand „Beschwdcnngrn-': Ein Herbergszimaier voll November-Nacht. R-r fremde Niann liegt schon im Lett. Es kracht. Aas Luch fällt zu. Lein Auge starr und wacht. Aas Fenster klatM abgründiges Geflatter, — Im Ofen teufelt Windgeknatter. Die lange Kerze auf dem Nachttisch sticht Erregt empor, allein sie spendet nicht An das (beschatte Licht vom wahren Licht. Aus wüsten Teppich wirft sie ihre Wolke Aon Hellem Dunst, Lss Kreis von trüber Molke. Auf dem verschmiertn Teppich macht sich breit Des Kerzen-Abscheins Schleim und Widrigkeit. Der Gast schickt seinen wirren Innenstreit — Bestarrend fadfs Kreises Flockerschwanken — Au Loden, fern unfaßliche Gedanken. November, grauer Flegel, flucht ums Haus. Der Fremde starrt sein Denken in den Flaus De» Lickt-Abhubs hinab. Da, — eine Maus, — Woher die Maus? — jagt in der Kerzen-Schwad«, Ilnd kreist, rennt, rast im lichtgeworsenen Rade. Woher die Maus? Wer Zweifelt länger hier? Äs« schoß aus keinem Loch ins Licht-Revier, lchid doch, sie kreist, sie ist kein Wahn! Das Tierl Ist dieses Fremden weltgewordne Schrulle. Döm Nichts Entsprungnes rast in lichter Nulle. Dser Fremde sieht den Tanz der Maus gespannt. Drei Pendelschläge bleibt er interessant. Dann lacht der Mann, gähnt, dreht sich laut zur Wand, Vergißt, — ist s List?, — die Kerze auszublasen. Und überläßt das Tierchen seinem Rasen! Die Musik tönt, eine einschmeichelnde, melodiöse, süße Musik. Dann wird sie wilder, als ob aus den «Sailen die schmerzende Liebe weinen würde. Sic betäubt und regt auf, sie reizt und feuert um Und Laura walzt dorr in der Mine des Saales am Arms des Ladislaus. Sie drehen sich wie der Sturmwind und dennoch mit soviel Zauber. Hundert Augen betrachten das ranzende Paar. Wie sie zusgmmen- pafsen, sagen viele. Wie glücklich sie sind, bemerken die Neider. Wie unglücklich sie sind, denken viele, die sie näher kennen. Kaum verklingt der letzte Akkord der Musik, sinkt Laura mit keuchender Brust aus einen Sessel, und schon erscheint eine ältere Mannesgestalt vor ihr, ein abgelebter Junggeselle: Franz Burat. „Um Himmels willen. Sie richten sich zugrunde, reizende Laura; das viele Tanzen wird Ihnen scha den. Ich bitte Sie innigst, setzen Sie nicht — meine Glückseligkeit aufs Spiel." Laura nimmt die zärtliche Besorgnis des Znng- gefellsu. mir herbem Lächeln an. „O, bitte, seien Sic unbesorgt, ich werde auf „Ihre" Glückseligkeit acht- geden." Und als die Zigeuner ein neues Lied beginnen, kommen die Tänzer wieder zu dem Mädchen, und Laura tanzt mir ihnen, wild, fliegend im Walzer schritt. Herr Darat trippelt in einemsort um seine Zu künftige herum und verkörpert so das Bild dec die Laten aufziehenden Henne, wenn die kleinen Enten munter in der Mitte des Teiches schwimmen und die unbeholfene Henne am Ufer aufgeregt auf und ab trippelt. Auch Herr Barat verfolgt, zwischen den Oarcles sie-, elaines am Ufer stehend, mit besorgten Micken die in den Wellen des Ballsaales auf- und «brauchende liebliche Gestalt. Er fühlte sich glücklich, Laß er den Mantel und Fächer Lauras halten konnte, und wenn sie sich in den Pausen sür einen Augenblia urrf den Sessel setzte, konnte er ihr fächeln und ihr einige unausstehliche, verlievte und ängstliche Worte sagen. Als Herr Barat mit Laura nicht einig werden konnte, wandte er sich an die Eltern des Mädchens, damit diese das fortwährende Tanzen einstellen möch test, dem schwachen und kränklichen Mädchen könnte es vielleicht schaden. Die Mama machte das Mädchen auch sofort aufmerksam, die Tänzer kamen aber fort während, und namentlich ein junger Mann führte Laura ost zum Tanz: Ladislaus. Die Zigeuner begannen wieder einen Walzer zu spielen. Als ob aus den Saiten die verrückt go- worden« Liebe toben würde, so wild jauchzte dir Nsttfik. Ladislaus trat wieder zu Laura und forderte sie zum Tanz auf. Laura sprang auf und sie legt« schon ihre rechte Hand auf die Schulter des Jüng ling», als Herr Darat wieder dazwischen trat. „Um Himmels willen, liebe Laura; es wird Ihnen schaden! O, bitte, denken Sie . . „Schon gut, ich Lenke, nur diesen einen Walzer liefen Sie mich noch tanzen, dieser unrv mein letzter snn... es ist doch mein letzter Ball." Und indem das Mädchen diese Worte sagte, schaute sie mir einem ganz eigentümlich betrübten Blick ans ökffr Jüngling, an dessen Arm sie dahinschwebte. Ein zauberischer, entzückender Tanz ist der Walzer. Di« beiden Körper schmiegen sich in heißer Aufregung brennen aneinander, halten sich umschlungen und walzen, von der wilden Musik betäubt, schwindelnd uuf dem glatten Parkettboden. Dir eine Hand in der anderen, der Arm des Mannes auf der Hüfte öSr Frau und der Arm der Frau auf der Schulter des Mannes . . . Die vier Äugen verliefen sich in einander, der Atem fließt zusammen und der elek trisch« Strom der beiden Körper kreist in dem sich umarmenden Paar, in einen einzigen feurigen Strom zusammenfließend. Die sich nach einem Walzer nicht lieb gewinnen, die werden einander nie lieben . . . ost sich aber lieben, in denen verdoppelt sich dst Leidenschaft während des Walztrs. „Laura, harren Eie aus," flüsterte Ladislaus dem Mädchen ins Ohr; „mein Onkel hat mit dem Minister gesprochen, man wird mich außertourlich befördern; dann werden Ihre Eltern in unsere Hei rat einwilligen." > - »Lan zwingt mich zu Barat* „Weil er Geld hat. Ein geerbte» Vermögen! Die Arbeit und der Verdienst ist nicht». Bor einem armen Mann wird rin zehn- bi» zwanziaiahrige» Lernen und Warten als Hindernis aufgestellt. Und da» geerbte Vermögen kommt einem in allem zuvor,, im Amt, im Rang, auch in der Liebe! Oft ver zweifle ich selbst. Dir müssen aber darauf ver« trauen, daß wir noch glücklich werden können.* „Me, viel* „Das kann nicht sein, es ist noch Hoffnung vor- Händen." „Keine, nur der Tod!* „Um Gotte» willen, nur davon sprechen Sie ,'nchtk* „Mich tröstet aber nur dies." „Er ist noch weit; bis dorthin werden Sie noch viel leiden muffen." „Ich fühle, daß er nahe ist. Haben Sie nicht ge hört: dies ist mein letzter Walzer. Auf dem letzte» Lall." Ladislaus drückte das Mädchen noch inniger an sich, das Mädchen erwiderte die verstohlene Um armung, und dann flogen sie weiter, solange nur die Musik ertönte. Wild war ihr Tanz, sie stürmten wie der Wirbel» sturm, der ziellos in das Mcht» fliegt, und al» dir Musik aufhörte, sank Laura totenbleich auf den Sessel. „Es ist vorbei, wir können gehen," sprach sic leis» und ließ sich mit halbgeschlofsenen Augen aus dem Saal führen. An der Schwelle blickte sie noch ein mal in jenen großen Saal zurück, in welchem sie so viele glückliche Nächte verbracht hat. Die Lüster streuten auch jetzt ihre glänzenden Strahlen aus allen Ecken des Saale» wir vordem; das bunte Bild der tanzenden Paare wimmelte und änderte sich auch jetzt fortwährend wie im Kaleido skop. Laura erschien es aber, als ob sich alles ver finstern würde; e» war ihr, als würde sie aus dem Saal geradeswegs in das Grad steigen. Sie verläßt doch jetzt eine ganze Gelt. Hinter ihrem Rücken schließt sich mit der Tür des Lallsaals ein ganzes Leben, ein Leben, welches sie sich so schön, so glück lich erträumt hatte. In diesem Saal halte sie ihre ersten Träum? ge webt, in diesem Saal war das Schmachten zur ersten Sehnsucht gereift. Zn diesem Saal hat sie zum erstenmal jenen Mann erblickt, von dem sie glaubte, daß er in ihrem Leben ihr leitender Stern und ihr? Stütze sein würde. Man führt sie nach Hause und zieht ihr das schöne, weiße Kleid aus. Dann wird sie sich in jenes schöne, weiche Lett leaen, -in welchem sie so viele süße, glückliche Träume gehabt Hot. Aus jenem Lett ist sie aber nie wieder ausge standen. Jene Bläffe auf dem lieblichen Gesicht, mit wel- cher sie der Walzer überzoffen Kat, wurde von den Rosen des Todes abgelöst. War Lessing fromm? Saors Nttstowaill Don Der greise Goethe nannte Frommsein das Streben, sich einem Hähern. Reinern, Unbekannten aus Dank- varkeit freiwillig hinzugeben. Etwa gleichzeitig führte die „Glaubenslehre" Schleiermachers die Religion auf das Gefühl „schlechthinniger", d. h. absoluter Abhängigkeit zurück. Zwischen diesen bei den Polen liegt das Reich des Glaubens, der Frömmigkeit, unabhängig von jeder anderen Macht, gegründet für die evangelische Christenheit auf die Verfassungskunde Luthers, die jedes neue Zenalter auf seine Weise deutet. Der Dichter des „Nathan" gilt wohl den meisten in diesem Sinne als Revolutionär. Schon in seiner Jugend hat er die Autorität Luthers und d«s Luther- rums erschüttern wollen, als er auch den anderen Religionen den Anspruch auf Wahrheit zugestand. In seinen „Gedanken über die Herrnhuter" erklärte er die Dogmen und die Rechtfertigung allein durch den Glauben für ungöttlich; deren was Hülse es, recht zu glauben, wenn man unrecht lebe? Da» Wesent liche in der Religion ist ihm, Gott zu kennen und tugendhaft zu sein. Christus ist ihm damals ein von Gott erleuchteter Lehrer, der die alte, einfache, reine und lebendige Religion Adams in ihrer Lauterkeit wieder Herstellen wollte. Gr steht aus dem Boden der natürlichen Religion der Ausklärungszeit und möchte gleich ihr in seinem Fragment „Das Christentum der Vernunft" den dogmettfreien, natür lichen Glauben mit der geschichtlichen Ueberliefe- rung zusammensiimmen. ' Nach zehn Zähren, in der Breslauer Zeit, wird Lessing aller positiven Religion feind, die einen Gott predige, der seinen eigenen Sohn hinrichten taffe, um seiner Gerechtigkeit genug zu tun. Aber ebenso wenig sagt ihm die natürliche Religion zu, weil sie eine allen Menschen von vornherein gemein same Stellung zum klebersianlichen annimmt und die geschichtlichen, positiven Religionen nur als Ent artungen ansieht. Er versenkt sich lief in die Kirchenväter, um an ihnen zu erforschen, wodurch das Christentum das Heidentum besiegt habe. Wieder zehn Jahre später, in dem Aufsatz „Leibniz von den ewigen Strafen (1773) stellt Lessing sich scheinbar auf den Boden der lutherischen Orthodoxie und begründet die Lehre von dec Ewigkeit der Höllenstrafen, im Anschluß an Leibniz, fester. Aber seine dahinter verborgene, zwischen den Zeilen deut lich lesbare Lehre besagt: Nicht in einem Zcnseits, sondern in unserer eigenen Seele hat gutes und dösts Handeln seine dauernden Folgen; der so von uns selbst hervorgebrachte Gemütszustand ist „Himmel" oder „Hölle". Die Sünde dringt die Strafe und damit auch die Besserung mit sich und leitet so zur Vollkommenheit und Seligkeit. Auch in der Frage der Gottheit Christi stellt er sich scheinbar auf die Seite der Orthodoxen, wenn er die göttliche Verehrung der Sozinianer für d«n Menschen Zesns eine der allerdümmsten und sinn losesten Ketzereien, ja geradezu einen abergläubigen Unsinn nennt. So hat Lessing mannigfach solche Männer an gegriffen, die al» Ketzer, als Gegner dec Orthodoxie, verrufen waren, und galt dadurch al» Verteidiger des „rechten Glaubens"; höchstens konnte seine For- derung der Toleranz gegen Andersgläubige und Un gläubige bis zum Zahre 1774 Verdacht wecken. Da erschienen bis 1778 in Lessings Wolfenbüttler Beiträgen Bruchstück« au» jener Schrift des Her mann Samuel Reimarus, die allen Bibel- und Osfenbarungsglauben zu vernichten suchte. Wohl allgemein ist angenommen worden, Lessing kaeb diesen Angriff an sich gebilligt, aber durch seine „Gegensätze* die Kampsart des Reimarus und seine Beweifsührung in den meisten Punkten widerlegt. Sorgsamer als es bisher geschehen ist, prüft diese Meinung die neue Schrift von Gottf ried Fitt- bogen „Die Religion Lessings" (Leipzig, Maner L, Müller, 1923). Sie geht davon aus, Lessing habe allenthalben, über Reimarus hinausschreitend, gründ licher als dieser das Christentum zerstören wollen. Er habe zu diesem Zwecke eine Taktik verwendet, die den Gegner einschläfern, ihm das eigentliche Ziel verhüllen sollte. Die Angegriffenen sollten nicht bloß in einer Schlacht mit rauchlosem Pulver die Herkunft der Gefahr nicht erelnnen, sie sollten sogar nicht einmal merken, daß sie angegriffen seien. Der Beweis dafür ist Fittbogen völlig gelungen, ebenso die Schilderung des Kampfes, der so merk würdig eingeleitet wurde. Wie Lessing da eine Bat terie nach der anderen verdeckt aufstellt und all mählich entblößt, wie er den ihm rnn ehesten eben bürtigen Gegner, den Hamburger Hauptpastvr Johann Melchior Goeze, mit dem ganzen Aufgebot seiner Streitmacht zu vernichten sucht, ohne ihn jedoch entscheidend zu schlagen, das erweist die glänzende Schilderung ves Verlaufes. Schwächen und Stärken beider Gegner enthüllen sich: Goeze glaubt, im Besitz der reinen Wahrheit zu sein, di« er als Hirt seiner Herde gegen jedermann verteidigen muß, und Lessing fühlt in sich das Stre ben, das sich in jenem berühmten Worte aussprichl: „Wenn Gort in feiner Rechten alle Wahrheit und in seiner Linken den einzigen immer regen Trieb nach Wahrheit, obschon mit dem Zusatze, mich immer und ewig zu irren, verschlossen hielte, und spräche zu mir: „Wahle!" ich fiele ihm mit Demut in seine Linke und sagte: „Vater, gib! die reine Wahrheit ist ja doch nur für dich allein." Kaum bekannt ist die ebenso beachtenswerte Ent gegnung Goezes: „Wenn Gott mir in seiner Rechten den einzigen immer regen Trieb nach Wahrheit, aber mit dem Zusatz: mich immer und ewig zu irren, und in der Linken das allerschrecklichste Schicksal, ver nichtet zu werden, verhielte und sagte: Wähle! so würde ich mit Zittern in seine Linke fallen und sagen: Pater, vernichte mich! Denn gehört die reine Wahrheit allein für Gott, bin ich in ewiger Gefahr zu irren, so ist kein Augenblick möglich, da ich ver sichert sein könnte, daß ich nicht irre, und dabei einen immer regen Trieb nach Wahrheit zu haben, das ist der schrecklichste Zustand, in welchem ich mir eine menschliche Seele denken kann. Lessing nimmt das Problem der Vernuustkrilik Kants voraus, wir weit die Kraft des menschlichen Geistes reiche; Goeze versteht das nicht, kann es nicht verstehen, noch dazu, da Lessing nur vom ewigen, un befriedigten Suchen nach Wahrheit redet, nichr von dem in diesem Suchen erlangbaren Gewinn an Wahr heit. Zugunsten Goezes spricht die Einsicht des weisen Nathan, „daß Ergebenheit in Gott von unseren. Wähnen über Gott so ganz und gar nicht abhängl". Aber sein Kämpfen ist umsonst, weil er zu den Problemen der neuen Zeit gar kein inneres Ver hältnis hat, weil sein grobschlächtiges Dreischlagen den gewandten Fechterkünsten des Gegners nicht ge- wachsen ist. Sicher ist Friedrich Schlegel im Recht, wenn er behauptet: der Anti-Goeze verdiene in Rück sicht auf zermalmende Kraft der Beredsamkeit, über raschende Gewandrheit und glänzenden Ausdruck unter allen Schriften Lessings den ersten Rang. Aber damit ist über den religiösen Gehalt, über den Glau- den, der hinter diese» Streitschriften steht, noch nicht» gesagt. Goeze stellte seinem aalglatten Gegner die Frage: was fü, eine Religion er durch das Wort „christ liche Religion" versteh«, und der Antwort auf diese Frage wich Lessing immer wieder aus, wenigstens auf dem gemeinsamen Fechtboden. Erst als er von diesem weichen mnßte, durch ein Verbot seiner Re- gievurrg gezwungen, gab er im „Nathan" seine innerste Meinung in der Parabel von den drei Ringen und in dem Gesamtinhalt des dramatischen Gedichtes, dis zum letzten Grunde dringend in der Szene mit dem Klosterbruder, wo Nathan von seinen inneren Kämpfe» berichtet. Er hat nach seinem ungeheuren Unglück erst mir Gott gehadert, dann hat die Vernunft wieder bei ihm Gehör gewonnen und ihm zugeflüstrrt, der Glaube an die Vorsehung bestehe ja gerade darin, daß man ihr auch da vertraue, wo man sie nichr versteht. Sie fordert also von ihm Unterwerfung auch unter den unverständlichen Willen Gottes, und, als Folge davon, das praktische Eintreten in den Dienst des göttlichen Willens als dessen Werkzeug. Dieser Vorgang aber wird durch eine höhere Hand herbeigesllhrt, er ist unerforschlich, irrational. Zn wem sich das vollzogen hat, dieses Einswerden mit Gott, der kann von allem Grübeln befreit, von der Gesinnung zur Tat übergehen und sich dem zuwenden, was vor ihm als Aufgabe liegt. Als Zentralbegriff seiner Frömmigkeit erschein, die Ergebenheit in Gott, daneben die Liebe als das Handeln, das aus dieser Quelle fließt. Religion ist ihm weder Lehre, wie der Orthodoxie, noch das Wissen, wie dem Deismus, noch gut Handrln, wie der Aufklärung. Religion ist ihm Gesinnung an der Hingabe des eigenen Willens in den Goncs. Damit tritt er in die Mitte zwischen die beiden von Goethe und Schlriermucher vertretenen Formen des Frommseins, und gesellt sich zu den großen Mystitern, denen die Offenbarung in ihrem Inneren als hell leuchrendes Licht aufstrahlte, denen Gott zugleich Sub jekt und Objekt des Denkens war und die Welt eine zufällige Wirklichkeit in der notwendigen Wirklich keit Gottes. Das Einswerden mit dem Gotteswillen bedeutet auch das Freiwerden des Willens von allen menschlichen Hemmungen: „Kein Mensch muß müssen", oder mit anderen Worten: „An Stelle dec . physisch wirkenden Notwendigkeit tritt die moralisch wirkende innere Nötigung. Das ist Lessings Religion gewesen, mit keiner der Religionsformen seiner Zeit übereinstimmend, ohne den Begriff der Gotteskindschaft oder der Gottmensch- heik, und dennoch christlich, weil darin die aus de, Goltergcbenheit geborene Liebe zur Grundlage gc worden ist. Seine größte Leistung für die Religion war, daß er sie wieder in das Heiligtum der Ge sinnung zurückführte und damit zu einyr neuen Phase der christlichen Religionsgeschichte hinüberleitete. Frische Fleischbrühe Don «an» Kaimann Zn Sachsen fließ, die Elbe. Auf der Elv? schwimmen Schiffe, uscers« eg,," jagt schon Ringelnatz. Zch auch. Da fiel mir ein Schild auf, und zwar in der ersten Kajüte eines Elbdampfers. Das Schild war aus weißen, Pappkarton gefertigt und Mit Hand- gemalten Buchstaben bedeckt. „Frische Fleisch brühe!" „O, wo ist di« zu haben?" „Am Büfett!" „Wo ist das Büfett?7 „In der zweiten Kajüte.* Auf, nach der zweiten Kajürte! Hier hock, hinter einem improvisierten Schanktisch dir Besitzerin oes Unternehmens und verschlingt einen Zeitungsroman Neben der Theke rin großes, ebenfalls handgemülres Schild: „Frische Fleischbrühe!" Zch unterbreche die Lektüre der Wirtin. »Bitte schön, ich möchte eine Taffe Fleischbrühe." Die Frau kehrt zurück aus romantischen Gefilden in die sie sich durch Len Autor, beziehungsweise die Autorin des Romans hatte tragen lassen. Und ihre Lippen formen ganz langsam den Satz: „Des woll'n Sie?" „Ich möchre eine Tasse frische Fleischbrühe." Die Frau lächelt schämig wie über eine Liebes erklärung. „Fleischbriehe? Mir Ham doch gcine Fleischbriehe. Wo soll',, mir denn hier anf'n Wastt: Fleischbriehe herniihni? Nein, das duhd mir leid. Fleischbriehe? Die Ham mir nie gehabbü." „Da hängen aber doch Schilder, wo drauf stehl, baß es hier Fleischbrühe gibt!" „Was d'nn fr Schild'r? Mir Ham doch qeine Schild',- . ," „Schilder, wo -Frische Fleischb.r.üh«!'. braunrot,! Zn der ersten Kajüte hängt eins, und kier häng, ja auch Uns!" „Acl>, Sie meen die Schild'r? Ja, die sinn ittoß wähjn d'r D.oggorahdzjohn da!" „Wenn Sie keine Fleischbrühe haben, sollten L e aber auch keine Schilder aufhiingen.* „Zja nuh. 's machd doch enn bessexn Eindrngi" „Das find' ich lustig. Also Fleischbrühe gibr'e bei Ihnen nichr?" „Nee, Herr Nachbr, die Hamm mir nie gehabbo." „Da nehmen Sie doch wenigsten, die albernen Schilder weg!" „Nee, die bleim dran." „Warum denn? Das ist doch der reine Schwindel!" „Nee. Das dirf'n So nich saach'n. S is vor all'n Ding'n, daß mr unser,, guhdn Sill'n siehd!" Wocheasyielplan ver Leipziger Theater Tie Ziffern bedeulen Anfang u. Tchluir der Aufing.. «rbetter-Bil» »er »Mart Opfer »er Sie» Opfer der Di« Baiader», 7»»—KU,, Ala«,nra»lch- Borst, für den »«rein Nlopftzoh «I.A..V. i. F. ro«a 0. 7-9 «utzer Anrecht Saust, r. Teil. ,-N st. L»Ni die IMkotte. r>i. ' mg, d,« ff. Floh Mr Paugerhau». 7'/,' 7>„ iV.Fröhltch« rh«tzm.rü»»«. LE BereM«. Schneider «lbbel Barst.: «a» Mr malst. V, 7>-, k. Schneid« «Mbtt. 7ff» Nachmittag«. —Abend«. 0.SastMtrl. l..—uraullübruna L — i >8. -- Nr» «insradirrr. v.-V.— Brr«in»vorit«Nung. L? — Halde Brei Schneid« »ibbel. Wilhelm Teil. Schneider «tbbel. ' Schneider Dibbel. 7>u 7'.', / - - Liss« die Kokotte 7'1, st. SMart »edda an» der SMar« Webd» u.der ZuchthauakavaNer. V. V. Zuchrhau^auatter. I Opfer d« Sie». I - V.iV. ! 7>„-M st. Di« beiden «a«tzttää8ämM7»trumpsdand Borst », »umnderg. »-»ff, v«r»9ln Borst. X. Sin «alzertraum. BNMuerchoru. A ! Da» Strumpfband Di» Bafader«. der Herzogin. Tounerdta« «. A.-D. ». S Sin »aekenball. «I»art «iovdo u. dar' Zuchthauekaoatt« Opfer der Liebe. Opfer der Liede ^rnuui'uvrnna. d.B. — öffentliche Vorstellung. A.-^S — Anrrrb,« Äornrllung, is«. L?. — Srmätzigtr Preis«. LdL. — Einhettk-Prriir- 4'-«. Sorrmta« ! Maataa " 1 st. Stnsöuieion,««. D». flieg. Holland« RkU« X. «. «.-»74. v. Itstiltet > M« I Aeater I - st. »tldelm Teil. «-» Wilhelm r,ll. Borst, f. die Lchrlstleitun, 7>«, der Adra-ZeiMn«. l/t. Schneider Mlddel 7», " "v Arno-Hott,->z«t«. U . List« dl« Kokotte, i jm Paazerhau«. 7'!, UtstkUa» rou«ad«»d Sarin mm del «ttffgeh^ Anrecht .^orlt. ^Lehm^V.L^Lanb. Sem Bund»Angest 7° 8> > B«i aufgehoben.Anrech. l 7-9'', » 1 La Traoiata. 7-9 „ ! 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