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Ostern aaht l Mit leffer Hand hat der Frühling seinen ersten garten Schleier über Büsche und Hecken gebreitet. Frichlttrgsfrohe Farben überall, wo das entzückte Auge «eilt. Ist es da ein Wunder, daß jedes Geschöpf bestrebt ist, diesen lieben Gast würdig zu empfangen und im Festgewand ihm ein fröhliches Willkommen zu ent« bieten? Die dunklen, schweren Kleider des Winters machen helleren und leichteren Gewändern Platz, und wenn beizeiten alles bei Schneider und Schneide rin besprochen und bestellt ist, braucht niemand zu be fürchten, von den ersten warmen Frühlingstagen in beinahe unangenehmer Weise überrascht zu werden. Diese eben angedeutete gute Käufersitte gilt vor allen Dingen da, wo man, wie zu Ostern, schon seit Wochen weih, was zu diesem Feste an Kleidern, Ge schenken für Konfirmanden und Konfirmandinnen unbedingt gebraucht wird. Nicht zu vergessen sind natürlich die vielen lieben unnötigen Dinge, die aber oft mehr wie manches Nötige geeignet sind, dem Feste eine« eigentlichen Sinn zu geben. Alles das zur rechte« Zett bestellt, erhöht die Freude am Fest und schafft Zeit für unvorhergesehene Zwischenfalle. So hat es der einzelne in der Hand, an seinem Teile dazu beizutragen, dah die letzte Woche, die letzten Tage vor Ostern für di« Angestellten derjenigen Be rufe, die für den Bedarf des Festes Sorge tragen, nicht zu nervenzerrüttender Qual werden. Aber nicht nur zur rechten Zeit kaufen, auch zur rechten Zett zahlen! Gs ist äuherst bedauerlich, dah gerade die Heine« Kaufleute oder Gewerbe treibenden, z. B. Putzmacherinnen, Weißnäherinnen usw., die in den meisten Mlllen finanziell am schwäch sten dastehen, in dieser Beziehung am meisten unter der gedankenlosesten Saumseligkeit Le» Publikums zu leiden haben. Warum einer gut und pünktlich gelieferten Arbeit, einer prompt erledigten Bestellung das Selbstverständlichste, eine ebenso pünktliche Bezahlung vorewthalten? Wer mit denkendem Auge einen Blick in da» Räderwerk des wirtschaft lichen Betriebes i» Handel und Gewerbe wirft, muh erkennen, wie wichtig für Produzent und Kon sument diese Forderung der Barzahlung ist, in ethischer' wie in wirtschaftlicher Hinsicht. Nimmt matt für diese gewaltige wirtschaftliche Maschine da» Geld als Kraftquelle an, so darf man wohl, um im Bilde zu bleiben, die Pünktlichkeit in allen Geldsachen mit der guten Wirkung de» Oestes vergleichen, das das glatte Jnetnandergreifen der Räder ermöglicht. Die letzten Jahrzehnte repräsentieren eine Zeit ge waltigen wirtschaftlichen Aufschwunges, und jedes Glied der menschlichen Gesellschaft nimmt den damit verbundenen Segen wie etwas Selbstverständliches entgegen. Liegt aber in diesem unzweifelhaft vor handenen Segen nicht auch eine Verpflichtung? Ganz gewiß! Möchte ein jeder sich die beiden großen, sich ergänzenden Forderungen zu eigen machen: sozial zu fühlen und wirtschaftlich zu denken. Die erlösende Tat kann dann nicht ausbleiben. Kath. Elfriede Kollmann. Heimarbeiterschutz. An den letzten JoHreu hat die Gesetzgebung ao- gefangen, ein« alte Schukd abzutragen und sich der Heimarbeiter anzunehmen. Dre BHtimmungen des Hausarbeitsgesetzes und der Krankenversicherung, die dem Schutz der Hausindustriellen dienen sollen, können aber tatsächlich nur dann Gutes bringen, wenn di« betroffenen Kreise über die Rechte unter richtet find, die ihnen von Reichs wegen gegeben iinD. Leider ist die Kenntnis der Heimarbeiter von den zu ihren Gunsten erlassenen Gesetzen sehr ge ring, u o es ist daher dringend notwendig, dah ihnen aus den Kreisen Unbeteiligter, aber sozial Interessierter Aufklärung gebracht wird. Dieses Ziel hat sich die Auskunftöstell« für Heimarbeits reform in Berlin gestellt, die jetzt auf das erste Jahr ihres Bestehens mit Befriedigung zurückblicken kann. Bei der Verstreutheit und geringen Organisations fähigkeit der Heimarbeiter war ein Erfolg für die Arbeit nur bei einer starken Dezentralisation zu er reichen. Darum hat die Auskunftsstelle in Bezirken, in denen die Hausindustrie stärker vertreten ist, Schutzkomitees gebildet, die von gut orientierten Vertrauenspersonen — dem Pfarrer, dem Lehrer oder einer gebildeten Frau — geleitet werden, und deren Zweck es ist, Wlfkläruna in die Kreise der Heimarbeiter über ihre Rechte und Pflichten zu bringen. Außerdem aber sollen diese Schutzkomitees, die durch ihre intensive Arbeit in der Heimarbeit genaue Kenntnis der Zustände haben, die Behörden und die Gewerbeinspektion auf Schäden und Miß stände aufmerksam machen und z» erreichen suchen, daß die Gesetze ihren Vorschriften gemäß durch geführt werden. Wo sich Fachausschüsse bilden, soll ferner dafür achorgt werden. Laß geeignete Vertreter der Heimarbeiter yineingewähtt werden. Auf Anregung der Auskunstsstelle für Heim arbeitsreform ist im vorigen Jahre in Frank furt a. M. ein Hilfskomitee und in Bayern ein Hausindustrieveroand gegründet worden, bei dem auch verschiedene Frauenvereine Mitwirken. In Baden wurde im Anschluß «m das Gewerbeauffichts- amt unter Leitung von Überregierungsrat Dr. Bitt mann ein Beirat gebildet, i« dem außer den Vor ständen der badischen Frauenvereine zwei National ökonominnen, Frau Dr. Altmann-Gottheiner und Fräulein Dr. Bernays, mitwirken. Der verband hat sein« Arbeit vorläufig der Tabakindustrie zu gewandt. Neben diesen Aufgaben, die der Organisation galten, hat die Auskunftyftelle für Helmarbeits- rcform reiches Material über alle den Heimarbeiter- fchutz betreffenden Frage« gesammelt, um zuver lässige Auskunft über die zahlreich eingehenden lich Liese Arbeit ist, zeige« die sammelten Er- Frauen -Run-sthau lvlttelltmg» Air teile» «Here« Lesern mit, daß die a» dieser Steve erscheine«»)« Frauen-Rundschau vom heutigen Tag« an von unserer eigenen Redaktion heraus gegeben und geleitet wird. In bezug auf Inhalt und Richtung wird st« in der bisherigen Weis« weiter geführt werden. D. Red. sahrungen, aus denen heraus es möglich ist, hier eine dem Absterben verfallene HauHndustrie in eine ander« Betrtebsform überzuleiten und dort eine zwar schwache, aber lebensfähige zu schützen und ihr einen gesunden Boden zur Entwicklung bereiten zu helfen. Die gewonnene Kenntnis der Materie wird die Auskunfrsstelle auch in den Stand setzen, bei kommen den gefetzgederischen Vorschlägen Ratschläge zu er teilen. Wichtig ist vor allem aber, wenn die Arbeit sich gedeihlich entwickeln soll, tatkräftige Mitarbeiter in sozial interessierten Personen zu ^winnen. Hier liegt auch für Frau«« ein reiches Betätigungsfeld vor, das dankbare und befriedigende Arbeit ver spricht. Es ist zu hoffen, daß sich viele Frauen zur Mitarbeit bereit erklären und Laß es dadurch der Zentralsten« möglich wird, Aufklärung in die Kreise zu tragen, die bisher Stiefkinder der Gesetzgebung waren. Deutscher Zrauendunü. (Ortsgruppe Leipzig.) Im März fand die Generalversammlung statt. Die Vorsitzende Frau Meiner verlas den Jahres bericht, aus dem hervorgeht, daß rm oerflossenen Jahr erfolgreiche Arbeit geleistet wurde. Im Mittelpunkte des Arbeitsplanes stand ein Zyklus von Vorträgen, die sich mit den Pflichten und seitherigen Leistungen der Frau gegenüber den ver schiedenen Aufgaben in Staat und Gemeinde beschäf tigten. Es sprachen: Fmu Toni Franke, Magde burg, üb«r die nationalen Aufgaben der Frau in der Gemeinde; Fräulein Dr. Salomon, Berlin, über von der Caritas Mr Sozialpolitik; Herr Dr. Rich. Meister, Leipzig, über die Frau als Vormund; Frau Marie Wegener, Breslau, über die Frau in der Armen- uttd Waisenpfloge; Herr Sanitätsrat Dr. Karstens, Leipzig, über die Frau in der Säug lings- und Kleinkindevfürsorge; Fräulein Dr. August «Lange, Halle, über die Frau in der Woh- nungsp-floge; Frau Käthe Rahmlow, Beklin, über die Frau als Dienstherrin. Diesen Vorträgen gesellten sich in gewohnter Weise Führungen durch kommunale Einrichtungen und indu strielle Betriebe: durch das Krankenhaus St. Georg, die Altersheintstätten in Stötteritz, das Kinderheim in Connewitz und durch die dortige Krippe, durch die landwirtschaftliche Erziehungsanstalt Arwedshof, durch die Internationale Baufach ausstellung, die Garten vorstadt Martenbrunn und durch unser städtisches Btldermuseuan. Im Oktober gab dte Einweihung des Völkerschlacht denkmals Gelegenheit zu einer großen patriotischen Kundgebung, an der sich Frauenoerei ne betei ¬ ligten. Das alljährliche Winterfest wurde am 20. Februar unter starker Beteiligung und mit schönem Gelingen abgehatten. Die Bestrebungen, unser« Mitglieder auf sozialem Gebiete Mr Mitarbeit hsranMzivhen, haben einen er folgreichen Fortgang genommen. E» wurde eine Ar- beitskommission für Jugendfürsorge eingesetzt, eine für Säuglings- und Armenpflege in Angriff genom men. Dem Rate der Stadt wurde eine Resolution eingereicht, i« der um «ine stärkere Heranziehung der Frau zur ehrenamtlichen und beruflichen Armenpflege ersucht wird. Dem Jahresbericht folgte der Kassenbericht, er stattet von der 1. Schatzmeisterin Frau Gloeck. Er hat ebenfalls «in sehr günstiges Resultat aufzuweisen. An den geschäftlichen Teil der Generalversamm- lung schloß sich «in Vortrag des Fräulein Else Sander, Leipzig, „Ueber di« Mädchenfortbildungs schule", der seines aktuellen Thomas wegen allgemei nes Interesse «regte. Di« nach dem Vortrag in lebhafter Debatte er folgte Beschlußfassung veröffentlichten wir bereits in unserer Abendausgabe vom 1. April, Nr. 166. Kinder, -ie sich fürchten. Das Kind an sich, das normal«, gesunde, kennt von Natur kein« Furcht, weder vor Dingen, noch vor Tinen oder Menschen. Die Furchtempfindung, das Fürchten, wird ihm erst anerzogen — wie manches andere Verwerfliche. Hi«r erweist sich Rousseaus Ausspruch, daß alles gut ist, wie es unter den Händen Les Schäfers hervorgeht, aber alles unter den Händen der Menschen entartet, als wahr und berechtigt. Furcht, nicht zu verwechseln mit Ehrfurcht, ist stets etwas Ungesundes, Schädliches und deshalb Ver werfliches. Das kleine Kind, wie gesagt, kennt sie nicht. Aber je mchr es heranwächst, je mehr lernt es sie, gewöhnt es sich das Fürchten an. — Von wem lernt es sie? Von unverständigen Müttern oder Kinderwärterinnen, die sich ihr Erzieher- oder Auf seheramt erleichtern wollen und das Kind mit Drohungen schrecken. Der schwarze Mann", der „Knecht Ruprecht", selbst der „liebe Kott", der donnert, — der „Schutzmann", der das unartige Kind „mitnimnrt", später der „Lehrer mit dem Stock" — es sind alles Schreckgestalten, vor denen das Kind sich fürchten soll, um durch Furcht zum Gehorsam gezwungen zu werden. Man trifft sie immer noch als solche in der Kinderstube, selbst wo der alte „Mumm-Mumm", Las „schwarze Schaf", das, „wenn das Kind nicht artig ist, kommt und es beißt , ver schwunden sind. So wird das erst unbefangen-fröh liche Kind seines offenen Vertrauens beraubt und zu einem kleinen Furchthasen gezüchtet, der beim An blick irgendeiner fremden, neuen Erscheinung sich ver steckt oder zu weinen beginnt, der Nerven bekommt, sich nachts im Finstern graut, dem ein harmloser Frosch, eine nützliche Spinne fürchterlichen Schrecken einjagt, der von einer Raupe Krampfe bekommt und ähnliches. Hat ein Kind dank der Unvernunft der Er wachsenen einmal sich zu fürchten gelernt, so ist ihm das sehr schwer wieder abzuaewöynen. Nur große Konsequenz und Selbstbeherrschung seitens der Eltern kann dies durchführen, Selbstbeherrschung vor allem in jenen Fällen, wo die Furcht durch schlechtes Bei spiel cingeimpft worden — etwa „Mama" selber Gewitterangst gezeigt bat, beim Nahen einer Biene aufschreit oder beim Anblick einer Spinne in Ohn- macht fällt. Man entschuldigt sich zwar mit „Idiosyn krasie". Ab«r diese ist krankhaft, und vielleicht wäre sie, wenn rechtzeitig dagegen mit den angcdeuteteen Erziehungsmitteln einaeschritten worden wäre, nicht entstanden öder gewachsen und eingewurzelt. — Wie das schlechte Beispiel in dem Kinde Furchtsamkeit ge weckt, so kann ein gutes wieder heilen und ab- i gewöhnen. Sieht das Kind, daß Mama ruhig und furchtlos bleibt heim lautesten Donner, daß Vater den „garstigen" Käfer in die Hand nimmt und ihm « vielleicht gar zeigt, es dabei auf Eigentümlichkeiten, Schönheiten, gute Eigenschaften usw. aufmerksam »»acht — so verlernt es bald alle Furcht und lacht die aus, die solche noch zeigen. Suggestion, die Ur sache so mancher Panik, wie der Furchtsamkeit über haupt, wird auch zum besten Heilmittel: Ge wöhnung, Anwendung von Vernunftgründen, dem Gesichtskreis des Kindes entsprechend, daneben. Schlimme Erfahrungen an Dingen, die das Kind ge macht und die es sich nun vor jenen fürchten lasten, werden zuweilen solche vernünftigen Erklärungen fordern, die nun die Furcht zur Vorsicht wandeln. Denn wenn man auch die Furchtsamkeit bekämpfen muß, so sollte man Vorsicht und Bedachtsamkeit, ihre weisen Schwcsterempfindungen, frühzeitig im Kinde wecken und stärken. Dagegen Furchtlosigkeit, Mut und Geistesgegenwart nie zur Keckheit und Ver wegenheit ausgrten lasten. Das Richtige liegt auch hier, wie überall, in der Mitte. L. O. Nachahmungskrankheiten Ser Kinder. Gs unterliegt keinem Zweifel, daß der beim Kinde so ausgesprochen« N a cha h m u n g s i n sti n-k t von grundlegender Bedeutung für die geistige Entwicklung sowohl nach der Richtung des Normalen als auch des Krankhaften ist. Dieser Instinkt beeinflußt und l«itet stets ander«. Schon im frühesten Alt« können wir das bemerken, denn das Schreien eines Säuglings wird häufig genug durch das Hören des Schreiens anderer Säugling« angeregt. Später wrrld die Nach ahmung schon etwas verwickelter durch das Hinzu treten von Bewußtsein, Wille und Zweck. Auch im reiferen Alter sind wir niemals ganz fve-i von der Nei gung nachzuahmen. Dieser Instinkt ist nach Dr. Strauch (Vortrag in der Deutschen Medizinischen Gesellschaft in Chicago, „Münchener Medizin. Wochen schrift") ein« der Grundlagen des menschlichen Ge sellschaftsbaues mtt den oevschied-enen Aeußerungs- formen, Gebräuchen, Erziehung, Mode, Vorurteilen usw. Die große Neigung der Kinder zum Nachahmen ist sin Ausdruck dafür, daß die erregenden Reize durch das Zentralnervensystem ohne viele Hemmungen in der Gehirnrinde gehen, so daß sofort Folgeerscheinun gen hervorgerufen werden. Namentlich bei schwach sinnigen Kindern tritt das auf das klarste hervor, und außerdem ist die hysterische Veranlagung «in beson ders fruchtbarer Boden für die Entwicklung krank hafter Nachahmung. Wenn z. B. bei der Ursache, di« in erster Linie auf Nachahmung beruht, Kinder Spvachmustsr vor sich haben, die nicht einwandsfrei sind, so haben dies« häufig genug einen ungünstigen Einfluß, was sich am Stottern und Lifpoln kundgibt. Kinder sind für die Eindrücke von feiten Erwachsener sehr zugänglich, was durch die Unreife des Urteils, di« Unbeständigkeit und mangelhafte Entwicklung des Charakters, das rege Mitgefühl mit Den Lsidon an derer und den Autoritätsglauben bsdlngt wird. Darum besitzt die Umgebung eine nicht zu unter schützende hervorragende Bedeutung. Besonders Ge mütsbewegungen wie Freude, Lachen, Weinen, Trauer und Schreck sind leicht übertragbar. Wir dürfen uns daher nicht wundern, wenn Kinder durch den ständigen Umgang mit nervösen oder hysterischen Personen die Störungen nachahmen. Daher kennen wir Erscheinungen, di« zu richtigen Epidemien geworden sind. Schlafartige Zustände, Zittern, Schreianlfälle, Bewußtlosigkeit, Krämpfe, Husten und Schlucken find di« häufigsten Erschei nungen, di« epidemieartig eine große Anzahl von Kindern einer Schulklasse oder einer ganzen Schule befallen. Zuweilen hat man auch sine Epidemie von Nachahmung verschiedener Tverfttmm«n, sowie be stimmte Schriftstvrungen in einer Schule beobachtet. Unter die kleinen Schulepidemien rechnet man den Schulkopfschmerz, der ja sonst meist neurasthenischen Ursprungs ist, aber durch die suggestive Einwirkung des Beispiels nach den Erfahrungen der Schulärzte bedingt sein kann. In einer Schule Nordamerikas klagte eine ganze Reihe von Kindern, namentlich Mädchen, über Kopf-, Rücken- oder Bauchschmerzen, und zwar infolge des suggestiven Einflusses der be stehenden gleichen Klagen der Eltern, meistens der hysterischen oder nervösen Mutter. Ein Mädchen er brach täglich monatelang, seitdem «s seine Mutter seekrank und auch noch nach der Landung eine Woche lang brechen sah. Ein anderes Mädchen erbrach einige Zeit, weil es einen Knaben Medizin erbrechen sah, und so geht das in der verschiedensten Weis« weiter. Wir könnten noch eine ganze Anzahl von der artigen Leiden aufzählen, aber die verschiedenen Störungen Haden das Gemeinsame, daß sie unzweifel haft geradezu durch Unklugheit und Uebersorgc der Eltern herangeqiichtet werden, sowie durch unver nünftige Nachgiebigkeit gegenüber den Wünschen des kranken Kindes, wodurch diesem gewissermaßen Vor teile aus dem Kranksein erwachsen. vr. lv. verschiedene«. Aus der türkischen Frauenbewegung. Die tür kische Frauenbewegung macht Fortschritte. Sie be ginnt sich im Leben der modernen Türkei ernstlich be merkbar zu machen. Zum ersten Male ist es dieser Tage geschehen, datz türkische Frauen einer ihrer Ge nossinnen zu Ehren ein öffentliches Mahl veranstaltet haben. Die so Geehrte war die Tochter des neuen türkischen Botschafters in Washington, Osman Ni- zami, die selbst zu den Anhängerinnen der fortschritt lichen Frauenbewegung zählt. Gelegentlich des Ab schiedsmahles, das der „Türkische Frauenverein zur Erziehung der Frau" ihr gab, ergriffen mehrere Frauen das Wort, um auf die weit verbreitet« und schnell wachsende Bewegung hinzuweisen, die den Ein tritt der türkischen Fvau in das Geistesleben des Os- manenreiches zum Zwecke hat. Am interessantesten äußerte sich die Vorsitzende des Vereins, Halide Hanum. Sie erinnerte daran, was die junge Be- ivegung bereits in wenigen Jahren erreicht und ge leistet habe. Die türkischen Frauen haben sich in dem jüngsten Kriege an dem Werke des Roten Halbmondes beteiligt; sie haben für die Unterbringung der ob dachlosen Flüchtlinge und anderer Opfer des Krieges Sorge getragen; sie haben verschiedene Hausindustrien wieder zu beleben begonnen und Vorlesungen für Frauen veranstaltet. Die türkische Frau, so erklärte Halide Hanum, tritt jetzt in der Geschichte des os manischen Reiches zum ersten Male hervor. „Wir wollen nicht mehr Puvpen, wir wollen Mütter und Frauen sein, di« fähig sind, zur Wiedererrichtung des nationalen Gebäudes beizutragen." Wie sich die Türkin wäscht. Niemand wird be zweifeln, daß die Engländerinnen von Körperpflege und Reinlichkeit besonders viel verstehen, unD dennoch hat sich die Engländerin Grace Ellison, die gegen wärtig im Harem einer türkischen Freundin in Konstantinopel zu Gast ist, beinahe den Vorwurf der Unsauberkeit machen lasten müssen! Sie wäscht sich und badet natürlich so, wie sie es aus England ge wohnt ist, während die Türkin beim Waschen und Baden ein andere» Verfahren einschlägt. Als dte Engländerin zum ersten Male das Badegemach be trat, das neben ihrem Schlafzimmer liegt, war sie erstaunt. Dieses LVaschzimmer war ein marmor- ausgekleidetcr Raum mit Abflußrohren an den Seiten; es war auch ein Wasch- und Badebecken und Wasser in Hülle und Fülle vorhanden, allein kein Gefäß, in dem sie LLasser hätte auffangen können. Die Türkin wäscht sich nämlich nur in fließendem Wasser. Die Engländerin benutzte die Gelegenheit, als ihre schokoladenfarbige Dttnerin sich zurückzog. um den Abfluß des Waschbeckens mit ihrem Taschen tuche zuzustopfen, um sich waschen zu können, wie sic cs gewohnt war. Aber als die Dienerin wiederkam, machte sie ein ganz entsetztes Gesicht, zog augenblick lich das zum Stopfen geballte Handtuch hervor und sagte, das sei ja ein« „ganz erschreckliche Art, sich zu waschen". Dabei war fie aufs höchste erstaunt darüber, daß di« Engländerin ein« blendend weiße Haut hatte, obwohl sie sich nach türkischen Beariffen zeitlebens in „schmutzigem Wasser gewaschen hatte". Ueber die Ursack»en der außergewöhnlich großen Anteilnahme der Frauen an der Jndustriearieit in Japan schreibt der „Hannoversch« Courier": Das Lorwiegen der Frauenarbeit in der japanischen In dustrie muß um so auffallender erscheinen, als es ein« halbe Million mehr Männer als Frauen in Japan gibt und die Frequenz der Heiraten eine sehr hohe ist. Eine Reihe von Umständen physischer und sozialer Natur sind für diese Erscheinung verantwort lich zu machen. Vor allem ist gerade für di« Bear Leitung des wichtigsten Rohproduktes des Landes, der Seide, Frauenarbeit an und für sieb bester ge eignet als die von Männern. Die Seidenindustrie weist auch den größten Prozentsatz weiblicher Ar beiter (9b o. H.j auf. Frauen werden in Japan aber auch zu Arbeiten verwendet, zu denen ihre schwache Konstitution fie von Natur nicht befähigt: zum Bekohlen von Dampfern, M"* Zie^n schwerer Lasten, zum Einrammen baumstarker Pfähle, zur Arbeit in Kohlengruben, in Hüttenwerken »ff. Die Fabrikanten nehmen auch lieber Frauen als Männer, 1. weil fie geringer« Ansprüche stellen, 2. weil sie williger, ordnungsliebender und zuver lässiger, 8. weil sie vielfach geschickter al» männliche Arbeiter sind. Roch ein« Reihe anderer Gründe sprechen bei der stärkeren Beteiligung der Frau an der Jwdustriearbeit mit, u. a. auch der Umstand, daß die Haushaltung in Japan sehr einfach ist, weshalb für die jungen Mädchen keine rechte Verwendung im Hause besteht, wenn nicht Heimarbeit hinzukommt. Nicht zu übersehen ist, daß der Militärdienst jedes Jahr etwa eine halbe Million junger Leute der Möglichkeit enthebtj in der Industrie tätig sein zu können, was den Ueberschutz der Männer Mer dje Frauen- mehr als ausglercht. Endlich muß Nian wissen, daß in Japan zwar viele Ehen geschlossen werden, aber meist nicht sehr lange dauern. Fortschritte der indisch«» Frauenbewegung. Indien, das klassische Land altehrwürdiger Sitten und ge heimnisvoller Gebräuche, öffnet sich, wie die „Con temporary Review" in ihrem letzten Hefte zu be richten weiß, neuerdings sogar modernen Frauen bestrebungen. Von der Unbildung, in der namentlich die weibliche Bevölkerung Indiens gefangen ist, gibt die Statistik der letzten Jahr« beredte Beispiele. Von 10 00V Frauen hatten nur 103 Schulunterricht genossen und nur 10 beherrschten die englische Sprache. Um dieser grenzenlosen Unbildung der Frauen ab zuhelfen, hat sich in Bombay ein« Frauenveretnigung niedergelassen, di« es sich in erster Reihe zum Ziel ge setzt hat, gegen das verhängnisvolle „Pundah-Systcm" zu Felde zu ziehen, das namentlich im inneren In dien verbreitet ist, dte Frauen rettungslos in ihre Gemächer verbannt und ihnen die Möglichkeit jeder freien Betätigung nimmt. Der Kampf gegen dieses System wird besonders von den Parsinnen geführt, die als Christinnen am weitesten in der europäischen Kultur fortgeschritten sind und viele gebildete Frauen unter sich zählen. Ihre Tätigkeit richtet sich im wesentlichen darauf, einzeln oder in festen Ver einigungen mr die Verbreitung abendländischer Bil dung unter den Frauen zu sorgen, den Alkoholismus und andere Unsitten zu bekämpfen und in den Städten eine zweckmäßige Wohnungshygiene einzufiihren. Der größte Frauenbund dieser Art ist die „Princeß Vic toria Mary Gvmkhana", die sich aus Hindufrauen. Parsinnen, Mohammedanerinnen und Europäerinnen zusammensetzt, und so viel Einfluß im Lande hat, daß sie mit Erfolg bemüht ist, die bisher unzerstörbaren Schranken zwischen den einzelnen Kasten und Ge schlechtern niederzureißen. Ein anderer Frauenver ein ist die „Seva Sadan Society" in Bombay. Er bildet Diakonissinnen aus, deren Arbeitsfeld ledig lich Krankenpflege und Unterricht ist. Präsidentin dieses Klubs ist Mrs. Ranod«, eine vornehme Jn- dierin, die selbst völlig abgeschlossen von aller Welt erzogen und von ihrem Gatten, einem angesehenen Richter, unterrichtet worden ist. Heute widmet sic sich ausschließlich der indischen Frauenbewegung und hat in ihrem eigenen Hause eine Schule eingerichtet, in der Mädchen und Frauen unterrichtet werden. Nach dem Muster der beiden genannten Vereinigun gen bilden sich neuerdings in fast allen größeren Städten Indiens ähnliche Verein« aus; ia über Indien hinaus, bis nach Südafrika hin, und überall dort, wo indische Frauen in engen, veralteten An schauungen leben müssen, macht sich heute schon das segensreiche Wirken der „Seva Sadan Society" und der ihr verwandten Organisationen geltend. Di« Reformküche. Kochrezepte für fleischhaltige und fleischlose Kost, zufammengestellt von Elisabeth Pfenning. Verlag Reform (P. Müller), Stuttgart. (2,ö0 .«.) An Kochbüchern ist heute tatsächlich kein Mangel mehr; dennoch ist das Erscheinen des Koch buches der Frau Pfenning freudig zu begrüßen. Sie hat es verstanden, eine prächtige Kombination der gehaltvollen norddeutschen mit der geschmackvollen Wiener Küche zu schaffen und ihr auch gleich zeitig einen Einschlag der pikanten französischen Küche zu geben. Die in ISjähriger Praxis erprobten und bewährten besten Kochrezepte hat die Verfasserin unter Berücksichtigung der modernen hygienischen Grundsätze zusammengestellt und gibt somit wirklich nur in der Praxis Erprobtes. Da, kleine, aber um so gehaltvollere Buch wird sich ohn« Zweifel sehr schnell einbüraern, denn selbst die gewiegteste Haus- frau vermag hier noch etwas zu lernen.