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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 05.04.1914
- Erscheinungsdatum
- 1914-04-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191404054
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19140405
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19140405
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-04
- Tag 1914-04-05
-
Monat
1914-04
-
Jahr
1914
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l4 ranstalt )zurück, nhlands kleinsten twickelt; mche. — auf der, rgen öfteres Bäcker- aße die rschinen, llen Ee- an der t Mitte frühere aschau befindet t. Der 3065 .<c Enders Sonntags» Ausgabe kür lrtpr'S u»a vor»»«« Su«i> uns«, T4a« "»AU bvprklf T » und SpeLlte»« »mal tügNch tu» hau» gibruchtr monatlich 1.42 M., vlertiltührNch 2.71 M. V«t 4« chrlchSftoftrU«, unser» ZMolea und flu«gad»sl«Urn abgedolt: moaatllch 1M., vlrrlilllthrllch 2 M. vurch St« Post: innerhalb diutschlan-o und der -eutscheo «oloalea «aoaatUch M.. vierteljährlich «.so M.. auoschltehltch postd«st»llg«tS. va» Leipzig« Tageblatt erscheint Werktag» »mal, Sonn» u. Z ei erlag» 1 mal. an Leipzig, Seo Nachbarorten uuü deu Grten mit eiaeoru Filiale» wird St« std»u0ou»gabe noch am stdrnü de» <rschein«n» u>» hau» geUesert. Srrliaer Nedakttour s» deu Zelten 17, F«r»spr«ch»-tuschlu-r Moabit Nr.407. ^cmdelsFeituns /lrrttsblLtt desRottes und despoUserlurrtes der Etcrdd Leipzig NeSakNou und cheschüftosteller 1»hanni,gaff» Nr. 4. o Ferusprech-Naschlu- Nr. 144«, 14002 und 14444. tos. Jahrgang für Znserat, au» Leipzig unS Umgeduag 4i» /»e»A*»A» »f * » 1 spalttge pettt,etlers ps., die Keklamereil» 1 Nl., von au»würt» 20 Pf., Keklame» 1.70 M., «lein» »»zeigen -lepetitzeile nur 20pf.d.wteöerhoiKad.,ansrrat» voa SehiirSra im omtlichenTeil die Petit» zeit» 20 Pf. cheschSftoanzeigrn mit plabvorschrift 'in Preise erhöht. Rabatt nach Tarif. Srilagen: chrkamtaufl.SM.Sa»Tausend ouoschl.Postgebühr, fiuzeigen.staaahmr: )ohannt»gast«4, bei sämtlichen jilialen ür» Leipzig« Tageblatt»» und allen stnuoaren-Txprdltloorn de» Sn» und stuolaude». ch»fch4ft»st»ll» für »«lin u.Si, pr.chrandeuburg: virektionwalterZliegel, Vertt« w. 10, Maegarethenstrage 4. Zernfprech-stnschlug: Lüyo« 4071. Monats illg ab- dy vom ommen- omman- en und eutschen igesührt onze - seffner, ämpfen iträgen en ein- sich auf wurde nFrey- Steger, rn und im das leimrat >ng des >. Tid Ä. Avril beginnt s z n in folgende 2. Per nilastnng Caritae >eö Vor- Mittags en Efien troclenen Weimarer anig der istheater. ung der Uhr, in: stcn der .Herrn Preise mittags, hmittagS tzherzogl. Ta die glich st mü An- Leipzig nicn» enilicher renzcs". am» ist der Leipzig ishanpt- > hor ii s, denn lde an. md die sied en en ungleich Preisen ics bei cs sich ht des eoronct. denen hrenden wurden Glaser, rt und Herren legierte ichhorn ichhorn. ansrer- amlung Nr. 173. Sonntag, Sen S. stpril. 1914. Vas wichtigste. * Halbamtlich wird eine Aufklärung über Charakter und Inhalt des vielerörterten K a is e r b r i e f e s an die Landgräfin von Hessen gegeben. (S. Pol. Uebers.) * Die Untersuchung gegen den in Rußland gelandeten Luftschiffer Berliner soll erst in der näch stenWochc abgeschlossen werden. (S. Deutsches Reich.) * Das englische Königspaar stattet dem russischen Zarenhofe im Sommer einen Besuch ab. * Die epirotischen Rebellen haben Koritza eingenommen. (S. Pol. Uebers.) * In Rußland hat eine Probemo bilisie- rung der Landwehrtruppen begonnen. «S. Ausland.) Umschau. Leipzig, 5. April. rst Diese Woche tauchte die Neuigkeit auf, der Reichskanzler beabsichtige, den Reichstag vor Pfingsten nicht zu vertagen, sondern zu schließen. Vielleicht wurde diese Unwahrscheinlichkeit nur deshalb in Umlauf ge» seht, weil sie geeignet war, die stark abgeflante Lagesunterhaltung etwas zu beleben. Aber es wäre doch gut gewesen, wenn Herr v. Bethmann durch einige Zeilen dem Gerede ein Ende ge macht hätte, und eS fällt aus, daß die „Nordd. Allg. Ztg." erst heute kurz auf die Sache ein- aeht, uud zwar nicht mit einem klaren Ja oder Nein, sondern mit der allgemeinen Wendung, Vertagung oder Schluß würden von dem Stand der Arbeiten abhängen. Am Ende ist es doch auch für den Reichskanzler nicht ganz gleiche gültig, wenn sich die Meinung festsetzt, er trachte danach, deni Reichstage seine Verstimmung we gen des Mißbilligungsantrages heiklen Ange denkens fühlbar zu machen. Wie sagt Karl Moor: „Meine Augenbrauen sollen wie Gewitter wolken über euch herhangen!" Aber ist ihm, dem ruhigen, nüchternen, etwas trockenen Manne, solch nachhaltiger Zorn zuzutrauen? Wen würde er denn eigentlich init einem vor zeitigen Schluß des Reichstages abstrafen'? Etwa die Reichstagsabgeordneten, die doch selbst von einer Laguna in den Sommer hinein nicht er baut sind? Und wenn durch einen Schluß eine ganze Reihe von gesetzgeberischen Arbeiten ab gebrochen werden mußte — wen trifft das? Ihn doch selbst in erster Linie; denn das weiß man doch von ihm, daß er es angenehm emp findet, wenn unter seiner Kanzlerschaft Bedeut sames zustandekommt. Er will doch in der Geschichte des Reiches seinen guten Platz haben. Bliebe nur die Annahme, es könnte sich etwa in den oberen Regionen die merkwürdige Auf fassung hecausgebildet haben, es sei zum Nutzen des Vaterlandes, wenn der Reichstag vor allem Volke als unfähige und im Grunde überflüssige Veranstaltung abgestempelt werde. Es gibt ja allerdings genug Politiker, die die Einrichtung der österreichischen Verfassung, wonach mit Hilfe eines einzigen Paragraphen die Volksvertretung zeitweilig ausgeschaltet werden kann, wunder schön finden und die, da wir solcher Wohltat nicht teilhaftig sind — man befrage vertrau lich die Herren v. Heydebrand, Westarp und auch Herrn v. Oldenburg — durchaus einverstanden wären, wenn es die Regierung einmal auf einen Generalkrach ankommcn ließe. Doch vorläufig sind wir noch nicht so weit, und solange wir nicht eines Besseren oder eigentlich Schlechteren belehrt werden, glauben wir auch nicht, daß, wie einzelne Blätter wissen wollen, der vorzeitige Neichstagsschluß von dem Reichskanzler deshalb beabsichtigt sei, weil dann die freie Eisenbahn fahrt der Neichstagsabgeordneten wegfiele, also die Möglichkeit einer kostenlosen, vergnüglichen Fahrt in die Berge oder an die See. Du lieber Himmel, so tief kann die „innere Reichsregie- rungspolitik" doch nicht herabgesunken sein, daß sie auf solche Lächerlichkeiten und Kinkerlitzchen zu verfallen imstande wäre. Kleinlichem Geiste begegnen wir in diesen Lagen der politischen Stille genug. Er zeigt sich besonders in der Art, wie bei uns Partei politik getrieben wird. Man sollte doch wohl denken, daß sich, nachdem wir uns schon über vierzig Jahre mit dem Emporkommcn der So zialdemokratie abfindcn mußten, unter den bürgerlichen Parteien eine gewisse einheitliche, wenn auch begrenzte Grundanschauung heraus gebildet hätte. Wir meinen, wenn wir von Grundanschauung reden, nur das Verständ nis für die Ursachen dieses Emporkommens. Weit gefehlt! Hört man auf die Wort- und Schriftführer der konservativen Partei, so ist die Sozialdemokratie schlechthin nichts weiter als eine künstliche Mache von Volksverführern, — ein Irr um, der in den sechziger und siebziger Jahren noch zu verstehen war, heute nicht mehr. Wäre daS kein Irrtum, sondern Wahrheit, so wäre I es einem Bismarck gewiß gelangen, durch sein I Ausnahmegesetz ihrer Herr zu werden. Er war es aber doch, der gleichzeitig unsere sozial politische Gesetzgebung begann — ein Zeichen, daß er die wirtschaftlichen Ursachen die ser Erscheinung erkannt hatte. Gleichwohl — Geh. Hofrat Opitz schreibt heute als konser vativer Führer genau so, als sei er als Prophet unter ein fremdes Volk geraten und wisse nicht, daß seine Rezepte längst versucht und als un zulänglich abgelegt wurden. Er bringt es immer noch fertig, sich auf die Zeit zu berufen, wo dank der Wahlsperre in Gestalt des später im Einverständnis mit einer besser unterrichteten Re gierung beseitigten Dreiklassenwahlrechtes, nur ein Sozialdemokrat in die sächsische Zweite Kam mer gelangte/als wenn nicht gerade jene Zeit die denkbar fruchtbarste gewesen sei für die sozial demokratische Wühlarbeit in Sachsen! als wenn für den Staat schon darin ein Hochgefühl der Sicherheit gelegen hätte, daß es im Land tage nur einen Sozialdemokraten gab! Gerade die sächsische Regierung war es doch, die diesen Zustand als so unheildrohend empfand, daß sie seinerzeit ihre Versuche zur Aenderung des Wahlrechtes mit der Notwendigkeit, allen Schich ten in der Bevölkerung, vornehmlich der Ar beiterschaft, die Möglichkeit, eine Vertretung zu gewähren, begründete. Wie hätte sie sich auch über die Gefahr täuschen können, die entstehen mußte, wenn zwar im Landtage Ruhe war, draußen aber im Lande eine starke Partei die Wahlrechtsentziehung als Beweis für eine von oben herab geübte Unterdrückungspolitik aus nützte, um das Volk vollends auf ihre Seite zu bringen! Das ist der Zwiespalt zwischen der konservativen Auffassung und der liberalen: jene haftet am Aeußerlichen; sie meint, wenn der Staat alle Mittel anwende, um die Sozialdemo kratie zu unterdrücken, müsse bald der Laa kom men, wo sie nicht mehr vorhanden sei; diese aber geht davon aus, daß man, und dafür spricht die allgemeine geschichtliche Erfahrung, einer schäd lichen Bewegung nur beikommt, wenn man ihren Untergrund beseitigt und ihr den Zulauf ab schneidet. Das ist aber eine Arbeit, die Geduld verlangt. Womit verschafft sich denn die sozial demokratische Partei ihren Zulauf und Wahl erfolge wie jetzt in Borna-Pegau? Doch nicht damit, daß sie sich als Revolutionspartei auf spielt; doch nicht damit, daß sie deu Leuten viel vom Zukunftsstaat erzählt und ihre Bc- glückungstheorie auseinandersetzt? Nein, sie ver schafft sich die Zettel aus dem bürgerlichen Lager durch die Kritik unserer politischen und wirtschaftlichen Zustände und der anderen Par teien. Je mehr Stoff sie für ihre Kritik vor findet, je schwerer es ist, ihr die Berechtigung ihrer Angriffe auf diesem oder anderem Gebiete abzustreiten, je öfter sie Gelegenheit hat, für ein schon vorhandenes kritisches Volksempfinden den zündenden Ausdruck zu finden, um so leichter gewinnt sie den Zulauf aus den sozialen Schich ten, die der Arbeiterschaft am nächsten sind. Und da soll nun das Schlagwort vom „Sammeln" helfen? Sammeln?! Dieses Sammeln, wie es die konservativen Wortführer wollen, würde ein Sammeln zum Rückzug sein Während nichts mehr not tut, als da zu sammeln, wo die Gefahr weiterer Verluste am größten ist, empfehlen sie die Fortschrittliche Volkspartci aus dem bürgerlichen Lager abzustoßen. Ja, ist es denn nicht schon rein meclzanisch genommen, ein Unsinn, wenn man, nm die Sozialdemokratie zu bekämpfen, ihr die bürgerliche Volksschicht, um die es ihr jetzt vor allem zu tun ist, förmlich zuschiebt, etwa zur Strafe dafür, daß sie am weitesten von der konservativen Stellung entfern hält! Je größer eine Masse, um so stärker ihr Anziehungsvermögen. Das ist ein Na turgesetz, gilt aber auch für das Parteileben. In welchem Lichte erscheint da eine „Samm- lungspolitik", die statt darauf aus zu sein, die feindliche Masse zu verringern, um ihre An ziehungskraft zu mindern, ein bürgerliches Sam- mellager so abgrenzen will, daß die zwischen ihm und der Sozialdemokratie im Zwischenfelde be findliche Menge unrettbar vom roten Block un gezogen und aufgesogen werden muß? Gerade diese Erwägung ist es, die es erklärlich macht, wenn die nationalliberale Partei einer Sammel politik widerstrebt, die dem liberalen Gedanken ein für allemal jede Zugkraft nehmen und ^sie hindern müßte, auf eine Politik hinzudrängen, die ganz allein noch einen Erfolg gegen die So zialdemokratie verspricht. Bassermann hat sie einmal sehr einfach bezeichnet; er sagte: wir brauchen eine volkstümliche Politik. Ge meint ist: es mutz Sache der Regierungen im Reiche wie in den Einzelstaaten sein, eine Politik zu betreiben, die den heu tigen meilenweiten Abstand zwischen Negie renden und Regierten verringert; sie müssen eme Politik treiben, die Vertrauen erweckt, deren VolkSsreundlichkeit auch dem gemeinen Mann ein leuchtet. Wer uns nicht verstehen will, wird sagen, daß dies leere Worte seien: wer uns ver stehen will, wird uns zustimmen. Für unS ist es Ueberzeugungssache, daß eine wirkliche Bc- kämpfung der Sozialdemokratie uud vor allem ein Uebergr-üfen ihrer werbenden Kräfte aus die unteren bürgerlichen Schichten nur möglich sein wird durch eine positive liberale Politil, die den Forderungen der Zeit gerecht wird Man kann aber nicht aut vorwärts schreiten, wenn i man sich an den Nachbar bindet, der rückwärts will. Man kann nicht liberale Politik treiben und dabei auf ein wohlwollendes Zuschauen der konservativen Partei rechnen. Das hieße ihr Untreue gegen sich selbst zumuteu; sie mutz nach ihrem ganzen Wesen und ihrer Geschichte eine liberale Politik zu hindern suchen und wird sie nach Kräften hindern. Das ist kein Vorwurf für sie, denn sie folgt damit einfach ihrer Grund auffassung. Das schließt, um auch das Selbst verständliche zu sagen, ein Zusammenwirken in nationalen Fragen nicht aus. Ueber so einfache Erfahrungen sollten wir längst im klaren sein. Sofern in der nationalliberaleu Partei noch Meinungsverschiedenheiten über das Verhältnis der beiden Parteien bestehen sollten, halten wir es allerdings für notwendig, datz sie beseitigt werden. Liebgewordene Irrtümer werden da durch nicht zu Wahrheiten, daß man sie pfleg lich behandelt. Dem am letzten Sonntag gefaßten Beschlüsse des Zentralvorstandes, die Auflösung der Nebenorganisationen, des jung liberalen wie des altnationalliberalen Reichs verbandes durchzusetzen, liegt das allgemein ver ständliche Bestreben zugrunde, die Einheit der Partei gegen auseinandergehende Richtungen zu sichern, und daA Weitere kann in Ruh« abgewar- tet werden. Der Aufruhr im Epirus. Die „heilig«n Bataillone", die sich seit mehreren Tagen nördlich von Koritza konzentriert hatten und mit Geschützen und sonstigem Kriegsmaterial reiche lich versehen waren, haben unter Führung von Buss tos. der von der autonomen epirotischen Re gierung zum Gouverneur von Koritza ernannt wor den ist, Koritza eingenommen. Telegraphisch wird aus Athen gemeldet: Wie heute mittag amtlich mttaeteilt wurde, ist Koritza von den aufständischen Epiroten eingenommen worden. Ein holländischer Offizier und 14 albanische Gendarmen wurden gefangen ge nommen, ein holländischer Offizier wurde verwundet. Die Verluste der Albanier sind sehr groß. Die albanische Flagge wurde vom Gou- oerneursgebäude in Koritza niedergeholt und an ihrer Stelle die epirotische Autonomie flagge gehißt. Bussios übernahm die Verwaltung der Stadt. Bei der Erstürmung sind nach Aussage des hol ländischen Befehlshabers Schandtaten griechischer Offiziere vorgekommen. Der holländische Befehls haber in Koritza hat Beweise in Händen, daß die Bewegung in Epirus von dem griechischen Metropoliten und griechischen Offizie ren unterstützt wird. Angesichts der Unruhen in Epirus sollen die Großmächte übcreingekommen sein, den für die Zurückziehung der griechischen Trup pen aus Epirus festgesetzten Termin noch einmal auf- zuschiieben und die weitere Organisation der albanischen Gendarmerie abzuwarten, da- mit der Uebergang der Militär- und Regierungs- gemalt aus griechischen in albanische Hände sich un mittelbar von Behörde zu Behörde vollziehen könne. Zur Erstürmung L«r Stadt wird uns weiter tele graphisch aus Athen, 1. April, gemeldet: Wie die „Agcnce d'Athenes aus privater Quelle meldet, be gann der Kampf gegen die Stadt Mittwoch Mitter nacht. Donnerstag mittag wurde Koritza nach hef- ttgem Kampfe von den Aufständischen eingenommen. Wie verlautet, sind dieVerluste auf beiden Seiten beträchtlich. Auch ein holländischer Offizier ist verwundet worden. Auch die albanischen Ortschaften Berliani und Tschipane haben sich ergeben. Der albanische Major Emin Resch id versuchte, mit Gendarmen und anderen Irregulären Hotschista an zugreifen, wurde aber geschlagen und mit den Gendarmen gefangen genommen. Eine Reise in Rußland. Bon Dr. Richard Bahr. III. Ich möchte etwas anderes an Rußland charakte ristisch finden. Das ist die allzu dichte Nachbarschaft, in der auch in seinen größten Städten die Kultur und die Unkultur leben. Es sind immer nur ein paar Straßen, die aus der europäischen Großstadt stammen. Links und rechts von ihnen — man braucht nur um die Ecke zu biegen — stößt man auf die typische russische Provinzialstadt, mit ihrem Schmutz, ihrer Un ordnung, ihrer Baufälligkeit. Mitunter braucht man übrigens nicht einmal um die Ecke zu biegen. Da ist z. B. der Newskii-Prospekt, von dessen kilo meterweiter Herrlichkeit von Archangelsk bis Jalta ein ehrfürchtiges Raunen geht. Aber der monumen tale Charakter der Straße verliert sich schon um die liegend des Anitschkowpalais. Und was sich an den Platz vor dem Nikolaibahnhof anschließt, das könnte ebensogut in Twer oder Tambow, oder in der Moskauer Vorstadt von Riga stehen. Es ist wie ein Symbol, daß auf diesem Platz, der die Gegend des europäischen Firnisses von der allzu russischen scheidet, sich das Denkmal Alexanders lll. erhebt. Ein Denk mal, das selber als Symbol (manche meinen freilich: als Karikatur) gedacht ist. Der Rodinschüler Fürst Trubetzkoi, der das Standbild schuf, hat Alex ander lll. nie gekannt. Nur das Leibpferd des Ver storbenen fand er, als er nach Petersburg kam, noch vor, das er dafür dann auch ganz realistisch bis auf den zu kurzen Schweif behandelte. Den Zaren selber aber gestaltete er noch dem Bilde, das er sich von dessen politischer Persönlichkeit gemacht hatte: brest- jchultrig, gedrungen, die Fellmütze über dem finster und verschlossen blickenden Antlitz, als eine Verkörpe rung der blinden Kraft, die das Land gewaltsam an seiner Entwicklung hemmt. Wie dieser schwerfällige Reiter mit einem schier wütenden Ruck der Zügel das ausschreitende Pferd zurückreist — das sollte ein Sinnbild sein des Regimes des dritten Alexanders. Ein Sinnbild oder vielleicht noch mehr: eine Satire auf dieses System. . . . Es hängt mit solchem Deieinanderwohnen von Kultur und Unkultur, von europäischer Metropole und russischer Provinzstadt zusammen, daß es in Petersburg kein eigentliches Viertel des Wohl- häbigen, der Bessersitutertcn gibt. Ansätze dazu finden sich auf dem Liteinij-Prospekt und den an schließenden Stvaßenzügen. Aber wer einmal in die Höfe geschaut hat, wird erstaunt gewesen sein, und entsetzt zugleich über die Fülle des Unrats, der sich da, ohne sie im geringsten zu geniren, unter den Augen der Kavaliere und Damen von Welt anhäufen durfte. Der Begriff der Hygiene ward für dieses Land wohl überhaupt noch nicht entdeckt; sonst wäre das In stitut der Kutscher, der Iswotschiks. in keiner Mutigen Gestalt kaum möglich. Im Grunde wäre dem Iswotschik ein eigenes Kapitel zu widmen. Vor dem sieghaften Zuge der Autodroschken schwand das nationale Fuhrwesen ja im allgemeinen dahin. Ueber das Londoner Pflaster rollt nicht mehr mit lustigem Schellengeläut das Cab. In Berlin läßt sich ihn« viel Mühe der Tag errechnen, da auch der letzte Kutscher schwerfällig vom Bock heruntersteigt, der ihm immer mehr zur Leidensstation wurde, und selbst in Wien, da die Kraft des Beharrens stärker zu sein pflegt als irgendwo, ist. was gelegentlich von Er folgen des Fiakers gemeldet wird, wohl nur als ein Aufschub rm Todeskampf zu werten. Nur Petersburg und Moskau bewahrten sich lden ihnen wirklich kein anderes Land nachmachen kann) ihren Iswotschik mit dem niedrigen Hut aus Seidenfilz und dem mit wachsender Vornehmheit dicker werdenden 'Watten mantel, der gut für die Hitze wie für die Kälte zu sein pflegt. Vermutlich werden sie sich ihn wohl auch noch länger bewahren. Dieser Isw.nschik hat näm lich vor der Kollegenschast in den anderen Ländern eines voraus: er ist erstaunlich billig. Richtiger viel leicht: er kann erstaunlich billig sein. Man muß, um nicht übervorteilt zu werden, ortskundig kein oder zum mindesten zu feilschen verstehen. Muß, nachdem man das Fahrtzicl genannt hat und den Preis, den man anzulegen gedenkt, gleichmütig die Reihe der harrenden Kutscher abschreiten können. Je gleichmütiger und scheinbar uninteressierter, um so besser. Dann wird man, zumal wenn man sich durch das vertrauliche Du und ein gelegentlich eingestreutes Schimpfwort Autorität und Ansehen erworben hat. immer noch auf einen Nosselcnker stoßen, der für eine Fahrtstrecke von dreiviertel Stunden vielleicht nicht mehr als eine Mark beansprucht. Nur hat diese Billigkeit auch ihre Schattenseiten. In Rußland jährt eben alles Droschke; auch der Abhub der Groß stadt. trunkene Strolche und die letzte Schicht des Händlertums mit Körben und Paketen, die vor Un rat starren. Daß die Wagen dann desinfiziert oder irgendwie ernsthaft gesäubert würden, ist mir nie be richtet worden. Schließlich, wenn die Obrigkeit sie nicht mit strengen Geboten dazu anhält: von den Kutschern wäre derlei schlechterdings nicht zu ver langen. Denn diese Iswotschiks sind Bauern vom Dorf, die in die Großstadt gekommen sind, ihr Glück zu machen. Zumeist des Lesens und Schreibens Un kundige, denen noch die Eierschalen der Leibeigen schaft an den Gliedern kleben. Und wie vielfach sind es Kinder: Knaben von 12 bis 14 Jahren, die nicht ohne Mutterwitz und Munterkeit ihr Gefährt durch die weiträumige Stadt lenken, die sich schon recht gut auf das Rechnen und, wenn die Gelegenheit ihnen günstig ist, wohl auch auf das llebervorteilen ver stehen und, so sie an einer der zahlreichen Kirchen und Kapellen vorbeifahren, mit der nämlichen De mut ihr Haupt lüften und das Kreuz schlagen wie die Nebenbei, so paradox das klingen mag, sind gerade diese Kapellen und Kirchen in Rußland die Haupt stätten hygienischer Verstöße. In der von Max Sering heramsgogebenen Essaysammlung „Ruß lands Kultur und Volkswirtschaft"*), die man nennen muß, um vor ihr zu warnen (selten ist so unkritisch beobachtet, so schönfärberisch geschildert worden, wie hier von einer Anzahl Gelehrter, die doch — zum Teil wenigstens — einen wissenschaftlichen Ruf zu verlieren hatten), wird in dem einleitenden Aufsatz des Berliner Professors Holl die griechisch-orthodox« Kirche in ihrer spezifisch russischen Gestalt so ungefähr als die feinste und reifste Ausprägung nach sichtbar- licher Organisation verlangender religiöser Stimmun gen beschrieben. Diesem seltsamen Heiligen ist sie schlechthin die Fortsetzerin und eigentliche Evbin des alten Christentums in all seiner Naivität und schüch ternen Innerlichkeit, die Befreierin des Russen von den verderblichen Einflüssen abendländischer Kultur, und er wird geradezu zum Schwärmer, da er von der Rolle spricht, die das Heiligenbild als Erbauungs mittel spielt. In solchem Zusammenhang erzählt Herr Holl: „Das Bild gilt dem Ruffen nicht als etwas vom Menschen nach ihrem Belieben Gefestigtes, son dern als eine Erscheinung des Heiligen selbst . . . Darum kann man mit dem Bilde verkehren, wie mit einer lebenden Person, man kann es anreden, man kann es küssen, man kann ihm Weihrauch spenden, und man ist dabei gewiß, daß der Heilige selbst diese Huldigungen empfindet. Heiligenverchrung — man darf nicht Heiligenanbetung sagen — ist hier soviel wie Bilderoerehrung." Wer die russische Kirche und ihre Kultureinrich tungen weniger verzückten Auges sah. wird doch wesentlich andere Empfindungen mit hinweggenom men hoben. Ich habe als gläubiger Protestant meine *1 Berlin und Leipzig, Goschensche Verlagsbuch handlung 191ü
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