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veutscher Selchsiag. 144. Sitzung. .1. Berlin. 10. März. (Priv.-Tel.) SttmmungsbUü. Und das hat mit seinem Antrag Abg. Gies» berts getan. Er war derjenige, der als erster gestern in später Stunde eine Re>olutton einbrachte, die Zulage für die Oberpostassistenten und die «tat- mäßige Anflellung der Unierbeamten nach spätestens zehn Jahren forderte. Die Nationalliberalen und Fortschrittler, vertreten durch Beck-Heidelberg und Eickhoff, wollten nicht zutassen, daß das Zentrum sich in der Nolle des Beschützers der betreffenden DeamteiUalegorie zeigte, und brachten ihrerseits ein« Resolution ein, von der ausdrücklich mitgeteilt wurde, daß sie der Resolution der Budgetkommission ent spreche. Das Haus hätte sowieso über die Reso lution der Budgettommission noch Beschluß jassen müssen, aber erst bei einem späteren Titel; ihr war nach Ansicht der Liberalen durch die Giesbettsche Re solution in unloyaler Weise oorgegrissen worden. Diese Situation war von gestern abend übernommen. An ihr entfachte sich heute sofort eine Geschäft s- ordnungsdebatte, di« an Heftigkeit die Kämpf« beim Zolltarif fast erreichte. Alle Leute von gutem Geschmack werden ihr Haupt verhüllen an gesichts dieser Erörterungen. Die Rechte und die bürgerliche Linke standen sich drohend gegenüber. Jeder schrieb sich die Autorschaft der beamtenfreund- lichen Resolution zu, jeder erklärte des andern Ver halten für unloyal, und tosendes Geheul folgte jedes mal Len Krastreden der Führer. Frhr. v. Eamp (Rpt.), der Vorsitzende der Budgetkommission. hatte schon nach wenig gepfefferten Worten einen Sturm entfesselt, Bassermann (Natl.) erwiderte ihm scharf, Dröscher (Kons.) setzte neue Trümpfe auf. Die Antragsteller Eick hoff und Beck wehrten sich ihrer Haut, und Gröber (Ztr.) suchte seiner Partei, obwohl sie doch eigentlich das Karnickel war, die Stellung des ruhigen Zuschauers in der Mitte zuzuweisen. Dann ging die Reihe der Redner von vorn wieder an. Abg. Lattmann (Wirtsch. Vgg.) trat der Rechten zur Seite. Auf die hochgehenden Wogen goß der Abg., Bebel (Soz.) Oel durch den Hinweis, daß die Sprechzeit bei Eeschäfts- ardnungsdebatten gemäß dem Beschlüsse aus den Tagen der Zollkämpfe nur 5 Minuten betrage, diese Zeit aber von mehreren Rednern wett überschritten worden sei. Der ganze Aufruhr schloß, wie das auch in der Völkergeschichte zu geschehen pflegt, mit der Ausrichtung einer Diktatur, nämlich derjenigen des Präsidenten Grafen Schwerin-Löwitz. der nach seinem Gutdünken die '"eschäftsordnungsdebattc schloß und Sie Abstimmung beginnen ließ. Dabei wurde die Resolution Giesberts abge lehnt, die Resolution der B u d g e t k o m m i s- sion, mit der die der Abgg. Beck und Eickhoff ü b e r e i n st i m m t, mit 255 egen 55 Stimmen an genommen; außer den Sozialdemokraten stimmte ein kleiner Teil des Zentrums dagegen. Der Reichs tag wünscht also, daß die Oberpost- und Telegraphen ossistenten und den Verwaltern von Postämtern III, wenn sie drei Jahre das Höchstgehalt bekommen haben, eine persönliche Zulage von 300 erhalten. Die Ruhe kehrt sobald nicht wieder, und auch in später Nachmittagsstunde herrscht ein fast betäuben der Lärm in dem immer noch park besetzten- Saale. Bald folgte eine neue namentliche Abstimmung, näm lich über die sozialdemokratische Resolution, eine Revision des B e a m t e n b e s o l o u n g s - aesetzes zugunsten der Unterbeamten vorzunehmen. Die Resolution wurde mit 162 gegen 139 Stimmen der Linken abgelehnt. Besser erging es der nolksparteilichen Resolution, die eine Besei tigung der unbeabsichtigten Härten bei der Besol- üungsregelung wollte; ye fand Annahme. Eine wesentlich andere Gruppierung als gewöhn lich zeitigte die Abstimmung aber die Ostmarken - zula ae. Die alten Kartellparteien, verstärkt durch einen Teil des Fortschritts, verhalfen ihr zur An nahme. Der Staatssekretär hatte diesmal seine liebe Not mit den Abgg. Hormann (Vpt.) und Noske (Soz.) die die Arbeiterlöhne zur Sprache brachten. Herr Hormann fand es nicht schön, daß aus Beschwer den nur erwidert würde: „stören Sie nicht, Hetzen Sie nicht", und Noske nannte den Staatssekretär den unsozialsten von allen. Dieser suchte sich heute in sachlicher ttüeise zu wehren und wurde nicht so aus fallend wie gestern. Außer den Beamtenfragen, die beim Post-.'tat erörtert zu werden pflegen, dem Schick sal des weiblichen Personals, den lokalen Wünschen, der Bedeutung der Arbeiterausschüsse usw., wurden auch die Drahtverbindungen nach der Südsee erörtert. Der Staatssekretär konnte mitteilen, daß in Samoa, Pap und Neuguinea Funkenstationen errichtet werden sollen. In der achten Stunde war man glücklich bis zum Ende gelangt. Die Petitionen wurden noch rasch, gemäß dem Antrag der Kommission erledigt. Nach ernstünoigem Spektakel and fünfstündiger ernster Beratung war das Werk gelungen. Morgen geht man zum Etat des Reichsamts des Innern über. Sitzungsbericht. Am Bundesratstische: Staatssekretär Krätke. Präsident v. Schwerin-Löwitz eröffnet die Sitzung um 1 Uhr 18 Min Auf der Tagesordnung steht die Fortsetzung der zweiten Lesung Les Postetats. Die Beratung beginnt mit der Abstimmung über die zum Titel „Gehalt des Staatssekretärs" ein gebrachten Resolutionen. Es entspinnt sich eine außerordentlich lebhafte Geschäftsordnungs debatte. Nachdem gestern abend Titel 1 des Post etats „Gehalt des Staatssekretärs" bewilligt worden war. sollte nunmehr über die dazu vorliegenden Re solutionen abgestimmt werden. Zu einem späteren Titel hatte die Budgetkommission beschlossen, den älteren Assistenten eine persönliche Zulage von 300 zu bewilligen. Das Zentrum hatte einen ähnlich lautenden, aber abgeschwächten Antrag einqebracht, dessen Annahme die Nationalliberalen und Frei sinnigen dadurch verhindern wollten, daß st« die Kommissionsresolution aufgriffen und sie als eigenen Antrag zu Titel 1- vorlegten. Abg. Freiherr v. Eamp (Rpt.) erhob unter Bezug auf die Geschäftsordnung Widerspruch, da An träge mindestens drei Tage vorgelegen haben müßten, um zur Abstimmung gestellt werden zu können. Unter ungeheurem, ständig wachsendem Lärm im ganzen dicht besetzten Hause machte er der Linken den Vorwurf, mit diesem Anträge agita torische Zwecke verfolgen zu wollen. Unter fortgesetzten Lärmszenen ergriffen die Führer aller Parteien das Wort in dieser Geichäftsordnungsdebatte, wobei stF die Ver treter der Linken insbesondere gegen den Bor wurf des konservativen Abgeordneten Dröscher wendeten, sich mit ihrem Anträge einer illoyalen Handlungsweise schuldig gemacht zu haben. Schließlich wurde beschlossen, LieResolutionderBudget« kommission schon jetzt an erster Stelle zur Ab stimmung zu bringen, und zwar nach dem Anträge der Konservativen unter namentlicher Abstimmung. Gegen ^8 Uhr erfolgen unter ungeheurem Tumult und großem Durcheinander, wobei sich mehrere Redner unter stürmischen Rufen der Gegenparteien: „Wir sind in der Abstimmung!" ver geblich zum Worte melden, die Abstimmungen. Der Tumult wiederholt sich bei jeder einzelnen Abstim mung, in denen die Petitionsresolutionen der Abgg. Beck und Eickhoff abgelehnt werden. Schließ lich wird über die Resolution der Kom mission namentlich abgestimmt. Von 310 ab gegebenen Stimmen lauten 255 „ja" und 55 „nein". Die Resolution wird also angenommen. (Bravo und Heiterkeit.) Zu Titel 19 (U n t e r b c a m t e) liegt eine fort schrittliche Resolution Dr. Dohrn vor, die unbeab sichtigten Härten, die die B e s 0 l d u n g s 0 r d n u n g für die Unterbeamten geschaffen habe, durch geeignete Maßnahmen auszugleichen, und eine sozial demokratische Resolution Albrecht, die eine Re vision des Beamtenbesoldungsgesetzes zugunsten der Unterbeamten verlangt. Hierzu äußern sich im Sinne ihrer Parteien die Abgeordneten Heinze (Natl.), v. Eickhoff (Kons.), Eichhorn (Soz.) und Dr. Heckscher (Fortschr. Vpt.) Auf eine Anregung des letzteren erklärt Staats sekretär Krätke, die neue Besoldungsordnung sei nach sorgfältigen und eingehenden Erhebungen geschaffen worden. Die heule vorliegenden Petitionen müssen, wenn Sie eine Aenderung wollen, ebenso eingehend geprüft werden. Nach kurzer Debatte wird über die Resolutionen abgestimmt, und zwar über diejenige der Sozial demokraten (betreffend Revision des Beamten besoldungsgesetzes) namentlich. Dafür stimmen von 302 Stimmen 139, dagegen 162, bei einer Stimmen enthaltung. Die Resolution ist somit abgelehnt. Die Resolution der Fortschrittlichen wird in einfacher Abstimmung angenommen. Es folgt die Beratung über Titel 20 „P 0 st - und Telegraphenämte r". Abg. Böhle (Soz.) bringt eine Beschwerde über Mißstände auf dem Postamt Rupprechtsau bei Straßburg vor. Unterstaatssekretär Franck: Die Straßburger Post verhältnisse werden geprüft werden. Die Fälle über eine Agitation sür Len Flottenverein sind uns nicht bekannt. Die Ausübung eines Druckes auf Unterbeamtc ist nicht zu billigen. Der Titel wird bewilligt. Bei einem späteren Titel bittet Abg. Dr. Will- Straßburg (Ztr.) um Aufbesserung der Wohnungs geldzuschüsse für reichslündische Postbeamte. Abg. Werner (Refpt.) wünscht Besserung der Dienstverhältnisse auf sächsischen Post ämtern. Abg. Stengel (Fortsch. Vpt.) bittet um Revision der Beschäftigungsart der P 0 st g e h i l f i n n e n in den Postscheckämtern. Abg. Dr. Arendt (Rpt.): Die weiblichen Beamten dürfen nicht anders behandelt werden wie die männ lichen. Abg. Dr. Heckscher (Fortschr. Vpt.): Es sollten nicht, wie es geschehen ist, junge Mädchen von der An stellung als Telephonistinnen ausgeschlossen werden, weil sie Dienstmäd che n gewesen sind. Ich kenn« ihr« Verhältnisse genau. (Heiterkeit.) Der Staats sekretär sollte sie unter seine Fittiche nehmen. (Heiter keit.) Staatssekretär Krätke: Irgendeine Verfügung be steht nicht, daß irgendwelche Kategorien weiblicher AnwärteriyMn als Telephonistinnen auszuschließen sind. Sie müssen eine genügende Schul bildung haben und entsprechend mit dem Publikum umgehen können. Abg. ELrcke-Brandenburg (Natl.) spricht dem Staatssekretär seine Anerkennung aus für die tech nischen Einrichtungen der großen Telephonzentralen. Abg. Dr. Wagner-Sachsen (Kons.) bemerkt, daß in Dresden namentlich von der Geschäftswelt be rechtigte Beschwerden über die Bedienung im Telephondienst erhoben werden. Er bitte, den Beschwerden abzuhelfen. Bei den Ausgaben für die P 0 stagenten bittet Abg. Werner (Refpt.) um Regelung der Pensions verhältnisse der Postagenien. Staatssekretär Krätke: Ein Pensionsbedürfnis liegt in den meisten Fällen nicht vor. In Notfällen werden Beihilfen gewährt. Zum Titel „Beihilfen zu Genesung-chennen" wird ein Zusatz „und Krankenkassen" angenommen. Der Titel „O st m a r k e n z u l a ge n" wird mit knapper Mehrheit, wobei die fortschrittliche Linke geteilt stimmt, angenommen. (Beifall rechts.) Zum Titel „Ausstattungen" begründet Abg. Lehmann-Wiesbaden (Soz.) eine Resolution Albrecht über Vergebung von Arbeiten und Liefe rungen nur an tariftreue Firmen. Abg. Behrens (Wirtsch. Vgg): Die Abstimmung zum Militäretat, die eine gleiche Resolution ab gelehnt hat, war weniger durch die Gründe des Staatssekretärs bestimmt. (Vizepräsident Dr. Spahn bittet den Redner, bei seinen weiteren Aus^ führungen die Vorgänge beim Militäretat nicht zu berühren.) Wir werden hier gegen die Resolution stimmen, aber eine gleiche beim Etat des Reichs kanzlers einbringen, wo sie hingehört. Abg. Lehmann-Wiesbaden (Soz.) polemisiert gegen den Vorredner und wird vom Vizepräsidenten Dr. Spahn wiederholt darauf hingewiesen, daß die Vorgänge beim Militäretat hier nicht besprochen werden sollen. Die Resolutton Albrecht wird abgelehnt. — Es folgt der Titel „Arbeiten zum Bau usw. von Tele graphenlinien". Abg. Wiederberg (Ztr.) begründet eine Zentrums resolution, die Aroeiterausschüsse im Tele graphenbau derart auszubauen, daß sie jährlich einmal ihre Wünsche an den zuständigen Stellen vor- bringen können, und zugleich für diese Arbeiter «ine Pensionskasse zu errichten. Abg. -ormann-Bremen (Fortschr. Vpt.): Die Telegraphenarbeiter, die ein besonderes Vertrauen verdienen und tüchtig« Leute sein müssen, werden zu Anfang wenigstens nicht genügend bezahlt. Auch ihre sonstigen Wünsche könnten wohl berücksichtigt werden. Abg. Roske (Soz.): Die Arbeiteraurschüsse sind heut« vielfach noch Dekoration. Die Forderung der Resolution ist daher ungenügend, wenn nicht das Wort „jährlich" darin gestrichen wird. Abg. Dr. Streseman« (Natl.): Wenn der Herr Vorredner sich an diesem Worte stößt, so würde mich der Fall dieses Wortes veranlassen können, gegen die Resolution zu stimmen. So viel Vertrauen w.erden wir ja wohl zu den Arbeiterausschüssen haben können, daß sie nicht jede Woche werden zur Verwal tung gelaufen kommen. Auch di« folgenden Redner sprechen sich im Sinn« der Resolution aus. Staatssekretär Krätke: Die vorgetragenen Wünsche der Irlegraphenarbeiter lassen sich in drei Klassen teilen: die Lohnfrage, die Ausschüsse uiü> dieBers 0 rgu ng. Wenn auch jedermann gern viel Geld verdient, so kann man doch nicht generell sagen, daß wir schlecht bezahlen. Den Löhnen liegt der ortsübliche Tageslohn zugrunde, und auch er wird höchstens nur im ersten Jahre gezahlt, über 90 Prozent der Arbeiter beziehen auch höhere Löhne als diese Erundlöhne. Hungerlöhn« zahlen wir zweifellos nicht. Arbeiterausschüsse haben wir seit drei Jahren (Widerspruch links) und sie sind ganz zweckmäßig eingerichtet arbeiten auch in dieser Weise. Die Arbeiter haben selbst dieses Vertrauen. Die Verwaltung muß aber auch die Konsequenzen der Be schlüsse ins Auge fassen. Hinsichtlich der Pensions kassen haben wir Ermittelungen angestellt, wie sich bei den jetzigen Verhältnissen die Leistungen dafür stellen würden. Jedenfalls verfahren wir auch hier mit allem Wohlwollen gegen junge Arbeiter. Die Resolution wird angenommen. Beim Titel „Sonstige Ausgaben" bemerkt Abgeordneter Dr. Heckscher (Fortschr. Vpt.): In der Südsee hat sich bei den Unruhen ausPonapc das Fehlen einer telegraphischen Verbindung sehr unangenehm bemerkbar gemacht. Könnte man nicht die Funke n- telegraphie zu Hilfe nehmen? Staatssekretär Krätke: Die Kostenanschläge sind fertig. Es handelt sich nur noch darum, an welchen Orten die Funkenstationen errichtet werden sollen. Alle in Betracht kommenden Ressorts beschäftigen sich damit. Wir haben eine ganze Reihe Stationen in Aussicht genommen, um diesen Teil der Südsee mit den Kabeln zu verbinden. Sobald diese Erwägungen abgeschlossen sind, werden wir mit Forderungen kommen. Damit sind die dauernden Ausgaben er ledigt. Die einmaligen Ausgaben werden b e - willigt. — Beim außerordentlichen Etat werden für Fernsprechzwecke 22 Milli 0 nen Mark angefordert. Das Extraordinarium wird ohne Debatte genehmigt. Es folgen die Ein nahmen. Beim Titel „Porto- und Telegrammgebühren" bemerkt Abg. Dr. Oeser (Fortschr. Vpt.): In den Zeiten des lebhaftesten Geschäftsverkehrs ist es un möglich, zwischen den größeren Otten gewöhnliche Gespräche zu führen. Dringend« kosten die dreifache Gebühr. Hierin ist Wandel zu schaffen. Abg. Frgtcr (Fortschr. Dpt.) führt Beschwerde über Härten des P 0 stregals. Geschäftsleute seien verklagt worden, weil sie Paketen geschlossene Rech nungen beigefügt hätten. Staatssekretär Krätke: Das Postgesetz verbietet die Beifügung geschlossener Briefe. Ein solches Ver gehen muß geahndet werden. Hierauf wird der Rest des Etats be willigt und das Haus sodann vertagt. Nächste Sitzung: Sonnabend 12 Uhr. Auf der Tagesordnung steht der Etat des Reichsamts des Innern. Schluß nach 7 Uhr. Aus üen Reichstagskommillionen. Das Aerztekompromiß angenommen. Die Reichsv ei sicherung s ko m mi ssion nahm am Donnerstag das Aerztekompromiß in der be reits mitgeteilten Fässung an, ergänzte es jedoch Lurch die vom Zentrum beantragte Bestimmung, daß wenn der Versicherte die Me h r k 0 st e n s e l b st über nimmt, ihm die Auswahl unter den von der Kasse bestellten Aerzten freisteht, während im übrigen die Kasse ihren Mitgliedern nur die Auswahl zwischen mindestens zwei Aerzten freilassen soll, und auch dann nur, wenn es di« Kasse nicht erheblich mehr be lastet. Die einleitende Bestimmung der Kompromiß vorschläge, wonach tie jetzt getroffene Regelung nur ein Provisorium bedeuten soll, wurde ge strichen. Man hielt sie für überflüssig, weil sich ja aus der Praxis ergeben wird, ob sich die neuen Bestimmungen bewähren od«r nicht; in diesem Falle würde man dann eben ein neues Gesetz machen. Sodann begann die Kommission die Verhandlung über den gleichfalls schon mitgeteilten Abschnitt der Kompromißoorschläge, die sich auf das Verhält nis der Krankenkassen zu den Apothe kern und Drogisten beziehen. Hier hat die Wirtschaftlich« Vereinigung am Kompromiß nicht mitgewirtt. Die Beratung über diese Fragen wurde noch nicht abgeschlossen. Am Freitag hat die Reichsoersicherung s- kommissiondiezweiteLesungdes Entwurfs für die Reichsoersicherungsordnung beendet. Eine drille Lesung über alle Paragraphen wird nicht in Aussicht genommen, doch soll eine Anzahl von Paragraphen einer Revision in materieller und formeller Beziehung unterzogen werden. Die Kurpfuscherkommission erledigte am Donnerstag die Berbotsbestim- mungen des 83 der Regierungsvorlage, soweit sie sich auf di« Seuchen und Geschlechtskrank heiten beziehen. Den nichtapprobierten gewerbs mäßigen Krankheitsbehandlern wird danach verboten die Behandlung von gemeingefährlichen Krankheiten, auf die sich das Reichsseuchengesetz bezieht, sowie die Behandlung aller Geschlechtskrankheiten. Die Regie rungsvorlage wurde in beiden Punkten schließlich angenommen mit Rücksicht auf das allgemeine Interesse, das in diesen Fällen die Rücksicht auf die eigenen Wünsche und Anschauungen des Patienten ausschließen müsse. Mit besonderer Dringlichkeit wutde das Verbot der Reklame für sexuelle Mittel verlangt das in späteren Paragraphen der Vorlage enthalten ist. Im Hinblick auf die Ge schlechtskrankheiten wurde verschiedentlich, nament lich auch von ärztlicher Seite, eine Vermehrung der Zahl der Aerztinnen gewünscht. Die Kalipropaganda in der Budgetkommission. Die Budgetkommission setzte am Donnerstag die begonnene Verhandlung über die Verwendung der Kaliabgabe fort. Das Zentrum hat in zwischen den ursprünglichen Antrag Speck, der in drei spezialisierenden Titeln im ganzen nur 950 000 .L für die Kalipropaganda hergeben und den ganzen Restbetrag ter im Betrage von 4 800 000 ln den Etat eingestellten Kaliabgabe für die Reichskasse ver einnahmen wollte, durch «inen neuen Antrag Speck ersetzt. Hiernach werden 3 100 000 für di« Propaganda zur Verfügung gestellt, und zwar für Propagandazwecke im Ausland: 1600 000 ^tl, zur Hebung des Kaltabsatzes an die Bundesstaaten nach näheren Bestimmungen des Bundesrates 600 000 ^l, zur Hebung des Kaliabsatzes und zu wissenschaftlichen und praktischen Versuchen an di« inländischen land- wirtschaftflichen Abnahmeverbände als Gesamtoer- einigung 30 Pf. pro Doppelzentner des von ihnen bezogenen reinen Kalis 600 000 und schließlich als Beitrag zu den Kosten der Untersuchung der Emp- fängerproben durch öffentliche Untersuchungsanstaften an die inländischen Abnehmeroerbände nach näherer Bestimmung de» Bundesrates 300 000 ^l. Von der restlichen Summe der Kaliabgabe sollen 500 000 «N für die Reichskasse gebucht werden zur Deckung der dem Reiche aus der Ausführung des Kaligesetzes er wachsenen Kosten, und die dann nach dem Etats ansatz noch oerbleibeirden 1 200 000 zur Bildung eines Reservefonds dienen, in den auch etwaige Mehr einnahmen fließen sollen. Die Sozialdemokraten beantragen zu nächst eine Heraufsetzung der in den Etat als Ein. nahnr« aus der Kaliabgabe eingestellten Summe um 520 000 und zur Kalipropaganda davon lediglich 600 000 .tt zu verwenden, die den Bundesstaaten hier für überwiesen werden sollen. Im übrigen sollen von der Kaliabgabe 2 Millionen Mark verwendet werden zur Erhöhung des außerordentlichen Fonds im Etat des Reichsamtes des Innern für den Bau von Ar beiterwohnungen usw. Die Fortschritt, liche Volkspartei beantragt in einer Resolution Heckscher, die verbündeten Regierungen um bal digste Vorlage einer Novelle in bezug auf Len 8 27 des vorjährigen Kaligesetzes zu ersuchen, wonach der Propagandasatz von 60 Pf. pro Doppelzentner auf 30 Pf. herabgesetzt und dementsprechend eine E r - Mäßigung der Kalipreise für das In und Ausland einireten soll. Der volksparteiliche Antragsteller glaubt nicht, daß der neue Antrag des Zrntrums zum Ziele führen werde. Was solle mit dem Reservefonds geschehen? Entweder wird er zu gunsten der Reichskasse verwendet, und dann ist's kein Reservefonds, oder man will Mittel aufspeichern zu Propagairdazwecken. Es müsse eine klare Antwort gegeben werden, was mit den Geldern geschehen soll, über Weif, Form und Instanz, die über die Gel der verfügt. Wer übernimmt dem Reichstag gegen über die Verantwortung? Es genüge doch als Beleg für die Verwendung mehrerer Millionen nicht, daß ein paar Bücher auf den Tisch des Hauses gelegt werden. Der Unterstaatssekretär im Reichsamt des Innern Richter wiederholt die Erklärung, daß eine Spe- zialisierung der Verwendung im Etat jetzt nicht mög lich sei. Die Verfügung über den Fonds hat der Reichskanzler. Das Kalisyndikat hat im vori gen Jahre drei Millionen für Propaganda ausge- geben, davon zwei Millionen im Ausland und eine Million im Inland verwendet, «wn letzterer 500 000 -N den landwirtschaftlichen Verbänden gegeben, dem Bund der Landwirte ca. 57 000 <K, der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft 179 491 dem West fälischen Bauernverein in Münster ca. 50 030 F. Der Abgabenfonds aus 8 27 des Kaligesetzes wird nicht aus Reichsmitteln gespeist, zum Unterschied von den anderen Fonds. Dem Kalisyndikat soll keine freie Verfügung über den Fonds gegeben werden. Es ist die Frage, ob nicht das Geld direkt den Verbänden gegeben werden soll: darüber schweben Verhandlungen zwischen dem Reichskanzler und dem Landwirtschaftsminister. Höhere Beträge können aus der Kaliabgabe nicht in den Etat ein gestellt werden, da die Verhältnisse zu unsicher liegen. Das gelte auch gegenüber der fortschrittlichen Reso lution; man könne bei der Unklarheit der Verhält nisse derartige Schritte jetzt nicht unternehmen. Ein Vertreter des Zentrums wendet sich gegen die fortschrittliche Resolution und wünscht Klarstellung über die Verwendung der Gelder für 1911. Die Debatten im Reichstage und in den einzelnen Par lamenten der Bundesstaaten seien die beste Propa ganda. Es müßte daher aus der Abgabe auch ein Betrag in den Etat des Reichstages eingestellt wer den für hie Kosten her Reichstagsdrucksachen usw. Der Vorsitzende der Kommission, Frhr. v. G a m p, gibt Kenntnis von einem soeben eingegangenen Schreiben oes Kalisyndikats, in dem Verwahrung eingelegt wird gegen die Charak terisierung des Propagandafonds als Schmier fonds, und das auf den Etat des Syndikates, der mit dem Schreiben überreicht wird, hinweist, in dem die einzelnen Verwendungszwecke genau bezeichnet sind. Der Vorsitzende hebt hervor, daß nach diesem Etat die Propagandagelder für das Ausland ge ringer sind, als der vom Unterstaatssekretär ange gebene Betrag. Die Ursachen dieser Differenz sucht ein Regierungskommrssar aufzuklären. Der preußische Handelsminister gibt die Er klärung ab, daß die Regierung trotz der Schwierig keiten versuchen wolle, schon in diesem Jahre eine Spezialisierung des Etats zu geben. Ein Zen trumsredner erhebt Einspruch dagegen, Laß der Verwendungszweck der Kaliabgabe, der im Kaligesetz festgelegt sei, durch das rein formelle Etalsgesctz ab geändert werden könne; dazu bedürfe es einer No velle zum Kaligesetz. Der Schatzsekretär be stätigt das; der 8 27 des Kaligesetzes habe die Bc- deutung, daß über die nicht verwendeten Gelder durch Gesetz verfügt werden müsse. Der Wortführer der Konservativen betont, daß die Propaganda gelder nicht an den Bund der Landwirte, sondern an dessen Verkaufsstelle gegeben würden. Durch das Kali gesetz sollte keine Einnahmequelle für das Reich ge schaffen werden. Zurzeit sei ein« Aenderung des Kaligesetzes nicht möglich. Der Sprecher der Ratio- nalliberalen erklärt gleichfalls, daß seine Freunde zurzeit gegen jede Aenderung des Kaligeietzes seien. Der Forderung, daß eine Denkschrift vorgelegt werde, stimmen sie zu und wünschen eine Speziali sierung im Etat.. Der Zentrumsantrag aber greife in das Kaligesetz ein. Der fortschrittliche Antragsteller betont die gesetzlich und etatrechtlich schwierige Lage, aus der nur eine Aenderung des Kaligesetzes heraushelfe. Es sei nicht erträglich, daß Gelder, die in die Reichskasse fließen, von Reichs wegen an politische Verbände gegeben würden. Der Unterstaatssekretär erklärt, zu politischen Zwecken seien keine Reichsmittel verwendet worden. Julius VIMImvr, Ualaerl. und Lüalxl. Uot-Planokortekadrikant. riüssv! '»4 piLllillvs. iiipiklititz >!l »t mir» I»It»itttzIIiiin»nItti. »still I» Krüssel 1910 wtt äsm „Oranä krix do4»11 Wttiicim Srlisim»! ftosnM ' llr. vrrl mi Ur» kmllrrr in Ieva sobriod: l>io Lründune lbrer Lroockial-Uastillen ist eiv rvabre» Verdienst nm die leidende Uensckdeit. Und niebt our um die leidende, leb bette sie durck )lit- teüung eines kreunde» bei etrras ksakigkeit de, Halses gedrnnebt, und bemerkte da, dass dadureb Uderdaupt die Ltimmv dell und ausdauernd vurde. 80 pedrancke iek sie jvtst völlig gesund, und es nürd mir dadureb um viele« leiokter, eine 8tunde, an einigen Tagen der iVocbe «Mei 8tnodvn n»eb Kursen 2vi«edenpau»«n kintereinander laut ru «preeken, vrie es mein hmt mit sieb bringt. Und so werden viele im stillen lbnen danken. do,i» ksebe's Sroneblal-rasllllen rn baben in den Xpatkeken.