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BezugS-Preis ür Leipzig und «oror» durch «chm» Iräger uud Svedtleure 2»«l ttgltch 'n, vau« gebracht: Vv i soall., L.7V^« 1 irrtetiLhrl Bet unler« gilml« «. Lo» n^meftellen «»bgehollr 7L menatU, L.SL 0'ertetiLbrl. Durch di« Dost: Deuiichtanb« und der deutsch« Kolonie» v»ene>>ührl. US« «rk, mouLtl. l2i« ausichl. Postdeslellgcld. ferner a velgieo, Dänemark, den Donaustaate», Italien, Luremdurg, Niederlande, Nor» wegen. Oesterreich Ungarn, Rußland, Schweben, Schwei,«. Spanien. In allen ihrigen Staaten nur direkt durch di« Seich»tt»stelle de« Blatte« «rhä-Uud. Du« Leipziger Dageblett erscheiut 2 mal iLglich, Sonn» a. Jeicriagt nur morgen«. rwonne.i'em-Annaiimc: Auguftusplatz 8, oei unteren Drägern, Filialen, Spediteuren und Lnnadmestellen, sowie Postämtern uud Briefträgern. Sin>«lv«rkaul«pre»« der Morgen- >u«gade 1« L,, der p.bend u«gabe s -d. Redaktion und weschäftSstcll«: Ioyanni-gasfe d. 7>ernspr»cher; l40VU, 14ÜS3, 146S4. Morgen-Ausgabe. MpMer T agtblass Handelszeitung. Amtsvlatt -es Rates und des Rotizeiamtes der Stadt Leipzig. Anzeiqen-PreiS m» Inserate au« ueiviig uns Umgedang di« j^ipalten« SV nun breit» Betitel, L ch, dl, 7« mm breit» Neklamezeile l «n »u«wärt« bv Reklamen 1.20 Inserat« »»» Bebärden '» amtlich« Deil di« 74 m» breit» Petit^il» 40 «eschLit»an,eigen mit Piasvorschritt« und in der «b»ndau«aabe im Preu« erdäht. Rabatt nach Daris. Beilaaegedübr 5 p. Dauseno exkl. Postgebühr. Fefterteilt» Luiträge können mcht ,uridl- oe»ogea werden. Für da« ärscheinen an bestimmt« Dagen und Plätzen wird kein« Äaranti« übernommen. Antigen-Annahme: Luqukntzplntz bei lämUichen Filialen u. allen Annoncen- tppeditionen bet In» und Aullande«. Hanpr-Silial« «erki» Carl Duniter, »erzogt. Baur. Hofbuch- handlung Lützow-raß« lOl (Del.rhon Vl, Rr. 4S0V). Haupt-Siliale Dretzdmu Leestraße 4.1 (Delephoa 4621). Nr. 70. Sonnsvenü, üen 11. März 1911. Das Wichtigste. * Die Reichstagsersatzwahl im Wahl« kreise Kietzen, Nidda ergab Stichwahl zwischen dem Kandidaten der Wirtschaftlichen Ber einigung und der Sozialdemokratie. sS- Letzte Dep.j * Der Reichstag erledigte am Freitag bei zum Teil stürmischer Debatte rnzwciter Lesung den Postetat. sS- Reichstagsber.) * Die Reichsversicherungskom Mis sion beendete am Freitag die zweite Lesung des Entwurfs für die Reichsversichernngs- ordnung. sS. d. Kommisnonsber.) * Wegen der zunehmenden Viehseuche in Frankreich wurde die Iieheinfuhr von dort nach Bayern gesperrt. * Das österreichische Abgeordneten haus hat Len Antrag Pernersdorfer betr. die Zu lassung von Frauen zu politischen Ver einen und Aufhebung des Verbots einer Verbin dung politischer Vereine angenommen. Erinnerungen unü Gnttsulchungen. In seinem auch heute noch lesenswerten Buche „Ideen über die Organisationen des Deutschen Bundes" vertrat bereits in der Mitte des vorigen Jahrhunderts eins der befähigtesten Mitglieder der sog. Partei Bethmann Hollweg, Graf Robert o. d. Goltz, mit Entschiedenheit die Trennung von Kirche und Staat: „Das Bertrauen der katholischen Staatsbürger und die Gewissens freiheit der evangelischen könne nur durch völlige Trennung von Staat und Kirche, in Preußen durch Verzichtleistung auf die Leitung der Angelegenheiten der evan gelischen Kirche wiederhergestellt werden. Der Staat dürfe weder evangelisch, noch katho lisch, ja, nicht einmal christlich, er müsse all gemein menschlich sein." Das Organ dieser Partei, das „Preußische Wochenblatt", enthält im Januar 18S2 folgende Forderung: „Der Staat wahre nur sein Recht, seine Interessen und schlichte den Streit in jeder Sphäre, nur wo das Recht verletzt ist." August Moritz von Bethmann Hollweg, nachmaliger preußischer Kultusminister im Ministerium der neuen Aera und Führer der nach ihm be nannten Partei, stimmte im preußischen Land tag für die Zulassung der Juden und Dissidenten zu den Staatsämtern, weil „der, welcher dem Vaterland Pflichten erfüllt und für dasselbe blutet, auch teil an den Rechten nehmen müsse". Für solche Forderungen warben schriftlich und mündlich bereits vor zwei Menschenaltern Männer, die man schlechterdings kaum als liberal zu bezeichnen wagen darf. Heute scheint man die Kühnheit des Verlangens der Großväter zu scheuen und begnügt sich trotz aller Fortschritte auf anderen Gebieten, gerade auf dem der Kultur mit viel geringfügigeren Wünschen. Wir haben resignieren gelernt, wir sind Epigonen geworden und zeigen uns schon relativ befriedigt, wenn der gegenwärtige preußische Ministerpräsident Theobald von Bethmann Hollweg, der Enkel jenes August Moritz, gegen Uebergriffe von römischer Seite seine warnende Stimme erhebt. In der jüngsten Kultusdebatte im preußischen Abgeordnetenhause erwog der oberste Staatsmann Preußens zwar eine Reihe von Möglichkeiten, die letzten Endes als Vorboten einer Trennung eingeschätzt werden dürfen — wir rechnen dazu vor allen Dingen die Aufhebung der preußischen Gesandtschaft am Vatikan —, aber einer Erörterung dieses Prin zips selbst wich er im Gegensatz zu preußischen Politikern und Staatsmännern früherer Zeiten sorgsam aus. Die einzige tatsächlich greifbare Wahrung des staatlichen Interesses gegenüber kirchlichen Machtansprüchen lag in der Ankündi, gung beschlossen, daß geistlichen Oberlehrern, die den Modernisteneid geleistet haben, künftig in den „Ersinnungsfächern", in Deutsch und Ge schichte, der Unterricht nicht neu übertragen werden soll. Schon diese Selbstbehauptung des Staates in einer ihn allein angehenden Sache, auf dem Gebiete de« Schulwesens, hat indes eine nicht unbedenkliche Einschränkung erfahren müssen. Das im „Reichsanzeiger" veröffent- lichte Stenogramm der Red« Bethmann Holl wegs enthält den die oben genannte Maß nahme verkümmernden Zusatz „in der Regel", der von den vielen Zuhörern im preußischen Parlament nicht vernommen worden ist, also wahrscheinlich auf einer nachträglichen Korrektur beruht. Und der preußische Kultusminister hat die Worte des Ministerpräsidenten ausdrücklich dahin kommen tiert, daß die Regierung in der Verwendung derart gebundener geistlicher Oberlehrer für die „Gesinnungsfächer" nur Zurückhaltung üben wolle. Diese bedeutungsvolle Einschränkung hat ihm ja auch bereits das besondere Lob der Konservativen eingetragen, die einen Vorstoß gegen die verbündeten Ultramontanen nicht verzeihen mögen. Was ist also geblieben'.' Der peinliche, nicht mehr zu tilgende Eindruck, daß Preußen im Gei st erkämpfe eine Batailleoerloren hat, daß das günstige Ergebnis des ersten Tages der Kultusdebatte durch Erläuterungen am zweiten Tage und durch eine Stenogramm korrektur verwischt worden ist. Theobald non Bethmann Hollweg bedeutet keinen Fort schritt, sondern euren Rückschritt gegen August Moritz non Bethmann Hollweg, obwohl zwischen der Zeit der politischen Tätigkeit beider Staats männer fast zwei Menschenalter liegen. Die Erinnerungen an die Vergangenheit und ihre Forderungen haben also nur große Ent täuschungen für die Gegenwart gebracht. Das einzige Mittel, das gegenwärtig wirk sam zu erscheinen vermag, wäre eine Erklärung der Eltern von Schülern höherer Lehranstalten gegen die Erteilung des Unterrichts in Deutsch und Geschichte durch derart beeidete geistliche Oberlehrer. Wir könnten uns sehr wohl den Fall denken, daß Eltern, auch katholische, den dringenden Wunsch hegen, daß sie ihre Kinder nicht von einem antimodernistisch befangenen und auf diese Befangenheit auch noch durch Eid verpflichteten Manne unterrichtet werden, und daß sie deshalb lieber anderen Schulen zuweisen. Hat der preußische Kultusminister, hat der preußische Ministerpräsident auch diese Konse quenz erwogen ? Wir stehen also noch nicht am Ende aller Schwierigkeiten, sondern vielmehr noch mitten darin, und die Zeit wird nicht fern sein, die uns doch entschiedenere und zielbewußter durchgeführte Maßnahmen zur un bedingten Wahrung der staatlichen Autorität gegenüber klerikalen Ansprüchen bringen muß. Ein Dlntermsnüner. Die Vereinigten Staaten ziehen an der mexi. konischen Grenze ein Heer von 23 Regimentern aller Waffengattungen zusammen und beordern Aolei- tungen ihrer Flotte nach den Häfen von Ealoeston, Los Angeles und Euantanamo auf Kuba. Mit dieser Sensation wird auf einmal die Welt überrascht, wie drei Wochen zuvor durch das russische Ultimatum an China. Was ist geschehen? Die nördlichen Provinzen Mexikos befinden sich seit dem November im Ausstande, und der Ausstand richtet« sich angeblich gegen die amerikanerfreundliche Politik des Präsidenten Diaz, der zur Aufschließung seines Jahrhunderte hindurch heruntergewirtschaficlcn Landes Kapital und Intelligenz aus dem vorge schritteneren Nachbarstaats heranzog, durch Duldung der amerikanischen Betriebsart und ihre unsoziale Kapitalstyrannei die Abhängigkeit und gedrückte Lage der Eingesessenen noch weiter verschlimmert». Der längst glimmende Pankeehaß schlug anläß lich eines Lynchmordes, von dem ein Mexikaner in San Antonio (Texas) betroffen war, zur Flamme aus und entzündete eine bewaffnete Erhebung, deren Kerntruppe merkwürdigerweise in voller kriegs mäßiger Ausrüstung über die Grenze desselben Amerikas herüberkam, gegen dessen Interessen der Aufruhr gerichtet war. Freilich geht ia „dussineß" über alles: weshalb soll ein smarter Pankee nicht auch Leute bewaffnen, die gegen die Vereinigten Staaten zu kämpfen sich vorgesetzt haben? So die offizielle Lesart. Auch wenn sie richtig war, stand Mexikos Sache nicht gdnst g, falls es nicht gelang, des Ausstandes m't derselben Schneidigkeit und Pünktlichkeit Herr zu werden, mit der Don Porfirio in 35jähriger Staatsleitung frübere Unternehmungen unterdrückt batte. Zog er sich in die Länge, so drohte eine Wiederholung der kuba nischen Vorgänge: eine Einmischung der Union, um den gesetzlosen Zustand in der Nahe ihrer Grenzen zu beendigen und die geschädigten Interessen ihrer Leute zu schützen. Weshalb sollte nun freilich nicht ge lingen, was früher immer geglückt war ? Lebte doch noch der alte Herr, der achtmal zum Präsidenten ge wählt war, und ohne den Kaisernamen seine Herr schaft fester gegründet hatte, als Augustin Zcusbide mit dem verhängnisvollen Titel! Und wenn er per sönlich den Oberbefehl nicht mehr übernehmen mochte, so hatte er doch seine Gehilfen, sein Heer mit seinem Geiste erfüllt. Aber es wollte nicht« mehr recht gehen. Es wurden Siege erfochten; aver die Auf ständischen waren so gut gerüstet und im Waffen- gebrauche geübt, daß dre Verluste der Sieger die Höhe der ihrigen erreichten. Und immer an neu?n Stellen loderte die Flamme des sorgfältig vorbereiteten und in seiner Entwickelung vorausberechneten Aufruhrs empor. Es war offenbar, daß fortwährend frischer Zündstoff dem Feuer zugeführt wurde. War es bloß sträfliche Nachlässigkeit der amerikanischen Erenzbe- Hörden, welche den Fortgang der Waffenzufuhr er- möglichte. oder steckte bewußte Absicht dahinter? War das politisch« Gewissen der Panker« so robust, daß sie nicht einmal das doch nicht mehr jo ferne Ableben ihres alten Freundes erwarten mochten — ob auch seine Amerikanerfreundschaft natürlich auf berech nender, die Riachtverhältnisse abwägender Politik beruhte —, daß sie jetzt den antiamerikanischen Auf stand begünstigten, um die mexikanische Frucht vor ihrer Reife in die Scheuern zu bringen'.' Die Dinge scheinen etwas andecs zu liegen. Es heißt, daß die Union Grund habe, sicy über Diaz zu beklagen. Er soll tatsächlich in jüngster Zeit versucht haben, sich dem amerikanischen Zwange zu entziehen, dem er nur so lange als einer Schicksalsordnung sich widerstandslos gesungen gab, als er pessimistisch jede Denkbarkeit eines Erfolges verneinen zu müssen wähnte. Von den Mächten Europas hatte er keinen Schutz gegen die um klammernden Polypenarme des länderiüchtigen Un geheuers erhoffen dürfen, seit Napoleons III. Versuch so schmählich gescheitert war, gegen den Stachel Monroes zu löten. Aber seit vier Zähren hat sich eine neue Aussicht eröffnet, daß ein Stacker es wagen werde, dem Hundertmillionenvolke der Westfeste den Handschuh hinzuwerfcn, ihm seine ungemessenen An sprüche an politische und wirtschaftliche Alleinherr schaft über Kolumbus' Erdteil und jetzt sogar über den gewaltigsten der Ozeane streitig zu machen. Der Gedanke, mit Japans Hilfe sich des über mächtigen Nachbarn zu erwehren, soll in des Altern den Gehirn aufgeblitzt sein. Tatsächlich ist ein Vertrag zwischen Mexiko und Japan abgeschlossen, der den Gelbhäutcn ein Niederlassungsrecht in jener unbeschränkten Aus dehnung gewährleistet, die sie von üer Union jahre lang vergeblick; erstrebten und neuerdings auch nur nach dem Buchstaben erlangt haben, um ihr empfind liches Nationalgefühl zu oeschwichtigen; da sie doch sich durch schriftlich unfixierte Zusage verpflichten mußten, ihrerseits den Auswandererstrom von Kali forniens ungastlichen Gestaden abzulenken. Schon in Mexikos veröffentlichtem Vertrage ist eine Spitze gegen die Union, ein Suchen der Freundschaft mit dem Sonnenaufgangslande unverkennbar. Nun spricht man aber auch von dem Dasein eines Ge heimvertrages, durch den sich das Azteken land zur Unterstützung japanischer An, schlüge auf den Panamakanal in einem Kriegsfälle anheischig gemacht haben soll, also einer Unternehmung, die an die verwund Varste Stelle des amerikanischen Verteidigungssystems griffe! Sollt« di« Regierung zu Washington irgendwelche Unter- lagen für diese Gerüchte erlangt haben, so wäre allerdings die Plötzlichkeit ihrer Demonstration be greifbar. Denn als eine Demonstration wird man zu nächst die „Mobilmachung" betrachten müssen. Selbst die Tatsächlichkeit eines japanisch-mexikanischen Bündnisses angenommen: die gelbe Großmacht ist heute weder finanziell kriegsbereit, noch hat sie ihre Flotte auf einen siegverheißendcn Stand zu erheben vermocht. Diaz wird von ferner NtU-„Orientierung" ohne zu mucksen zurücktreten, vielleicht auch seine Person auf dem Altar der amerikanischen Freund schaft opfern müssen; sein hohes Alter macht ja alle ärztliche Bezeugung der in solchen Fällen beliebten „Gesundheitsrücksichten" entbehrlich. Ein Krieg wäre Wahnsinn für Mexiko; schon vor 60 Jahren hat es einen gegen die Union verloren, eh« die Machtmittel so ungleich geworden waren, wie heute. Er würde bloß den Verlust Chihuahuas und Baja Californias beschleunigen, dessen Gelegenheit Unkle Sam schon längst erspäht Sein Ergebnis würde außerdem die Selbständigkeit Mexikos selbst staatsrechtlich vielleicht auf jen»s bescheidene Maß herabdrücken, dessen sich das glorreich „befreite" Kuba erfreut. Zur ellstz-lothringischen verlsllungstrage. Die geschäftliche Behandlung der elsaß- lotbringischen Derfassungssrage wird sich so voll ziehen, daß die Kommission am 14. März in die zweite Lesung der Entwürfe tritt. Da keine Regie rungsstelle vorhanden ist, die die vom Staatssekretär Delbrück gemachten Vorschläge als Abänderungs anträge zu den Entwürfen in der Kommission ecn- bringen kann, muß es den Parteien überlassen werden, ihrerseits Anträge nach dieser Richtung zu stellen. Offizielle Beschlüsse der Parteien liegen naturgemäß bis jetzt noch nicht vor. Die Frak tionen werden in den nächsten Tagen be raten. Bei den Nationalliberalen und den Fort schrittlern ist die Sache verhältnismäßig einfach. Dio Mehrheit der Nationalliberalen steht den neuen Vorschlägen freundlich gegenüber. D:e Lösung bewegt sich ungefähr auf der Linie, die schon Abg. Ballermann bei der ersten Lesung im Plenum vorgezeichnet hat. Die Fortschrittliche Volkspartei wird dem Vernehmen nach sich be mühen, beim Wahlrecht noch Zugeständ nisse zu erlangen und die Altersstimme zu be seitigen. Grundsätzlicher Widerstand ist auch von dieser Seite nicht zu erwarten. Dem Zentrum würden die Entscheidungen erleichtert werden, wenn die Nachricht sich bestätigt, daß die Sozialdemo kraten auch von einer radikalen Agitation absehen wollen. Dadurch würde das Zentrum um so weniger in Elsaß-Lothringen auszustchen haben, wenn es j«ine Forderungen bis auf die Vorschläge des Staats- sekretärs Delbrück herabmindert. Ueber oie Haltung der Konservatlven verlautet nichts Neues, ihr Widerstand gegen das demokratUche Wahlrecht ist bisher nicht gebrochen. Bon der Reichs Partei ist ein Teil unter Führung des Fürsten Häufele geneigt, sich die Vorschläge zu eigen zu machen. Vie «UtrSrll-e Karriere ües Kronprinzen Zu d«r angeblichen Beförderung des Kronprinzen «erben folgende Einzelheiten über seine bisherig« militärisch« Karriere von Interesse sein: Die Ein- reihnng de« Thronerben in di« Armee fand am 105. Jahrgang. 6. Mai 1892 in besonders feierlicher Weise statt, in dem der Kaiser selbst seinen Sohn dem Offiziers korps vorstellte, Zm Anschluß an die Feierlichkeit war Frühstückstafel im Marmorsaale ves Stadt schlosses; der Kronprinz nahm an ihr als jüngster Leutnant teil und der Kaiser brachte das Wohl sei- nes Sohnes in einem Trinkspruche aus. Das Fähn richsexamen legte der Kronprinz am 20. Februar 1899 in Plön ab, aktiven Dienst als Leutnant tat er indessen erst vom Tage seiner Großjährigkeit ab, nachdem er in das Stadtschloß zu Potsdam überge siedelt war. An diesem Tage seiner Großjährigkeit war er vom Kaiser L la suite des Grenadierregi- mcnts „Kronprinz" (1. Ostoreußisches) Nr. 1 in Königsberg gestellt worden und am 30. Mai 1900 wurde er der zweiten Kompanie im 1. Earderegi- ment zugeteilt. Am 1. September desselben Jahres erfolgte seine Ernennung zum Oberleutnant. Aber dann unterbrach das Studium in Bonn die mili tärische Tätigkeit, und erst nach der Rückkehr vom Rhein nahm er sie wieder auf. Am 18. September 1903 zum Hauptmann und Chef der 2. Kompanie des 1. Earderegiments er nannt, befehligte der Kronprinz diese bis kurz vor seiner Vermählung am 6. Juni 1905. Nach seiner Vermählung ward der Konprinz, um nun auch die Reiterwaffe kennen zu lernen, zu den Gardedukorps in Potsdam kommandiert, ohne jedoch in diesen Truppenteil eingereiht zu werden, und am 22. Ok tober 1905, am Geburtstage seiner kaiserlichen Mut ter, ?» In snitc des Pasewalker Kürassierregiments „Königin" gestellt. Der Kronprinz wird auch L In suite des 2. Gardelandwehrregiments und de« 1. Seebataillons geführt. Im Jahre 1895 wurde er vom Kaiser Nikolaus H. von Rußland L In suite des russischen Leibgrenadierregiments in Petersburg und am 2. September 1897 vom Prinzregenten Luitpold von Bayern L In suite des 1. bayrischen Manenregiments „Kaiser Wilhelm II, König von Preußen", gestellt. Am 7. September 1899 stellte ihn der König von Württemberg L In suite des In fanterieregiments „Kaiser Wilhelm" s2. württem bergisches) Nr. 120 Am 6. Mai 1900 wurde er zum Inhaber des österreichischen 13. Husarenregi ments und am 16. Januar 1903 zum Chef des klein- russischen Dragonerregiments Nr. 40 ernannt. All,- diese Ernennungen und Auszeichnungen gelten frei lich mehr der hohen Würde des deutschen Kronprinzen als nur seiner Person aks Soldat Die Schulgelülreihelt in üen Volksschulen ist in Sachsen gesetzlich verboten, und die Forderung, jetzt endlich bei der Reform des Schulgesetzes mit diesem Grundsatz zu brechen, wird immer noch mit dem Einwand bekämpft: „Die Menschen schätzen nur. was sie bezahlen müssen. Mit der Einführung der Schulgeldfreiheit kommt die Achtung der Schule in Gefahr." In Ländern mit Schulgeldfreiheit, in Frankreich und in der Schweiz, in Preußen und in Oldenburg hat man davon bis heute zwar noch nicbts gemerkt; die Behauptung kehrt aber gleich wohl nut Hartnäckigkeit wieder, sobald die Forderung nach Schulgeldfreiheit erhoben wird. Weit eher könnte man noch behaupten, daß die Meinung von der Schule durch die Schulgeldpflicht ungünstig beeinflußt werden könne. Denn das ist doch wohl klar: Durch den Gerichtsvollzieher, der die Schulgeldreste einzleht, wird die Wertschätzung der Schule und ihre Arbeit kaum gehoben werden. Das kommt aber gar nicht so selten vor. In Chemnitz mußten im Jahre 1908 rund 14 500 .st! Schulgeldrestc im Wege der Zwangsvollstreckung „beiaetrieben" werden. Und in Leipzin wurden im Schuljahre ' 1908/09 an die 39 500 Zahlungserinnerungen erlassen und 8800 Anträge auf Zwangsvollstreckung gestellt, in rund 1850 Fällen war die Zwangsvollstreckung ohne Erfolg. Im vergangenen Jahre kam es wieder zu 40000 Zahlungsauflagen und zu 8100 Anträgen auf Zwangsvollstreckung. In anderen Orten mit Schulgeld werden die Verhältnisse nicht viel anders liegen. Daß die säumigen Zahler samt und sonders nicht zahlen wollen, ist nicht anzunebmen. Es wird sich vielmehr meist um Fälle handeln, in denen ihnen die Zahlung des Schulgeldes in der Tat unmöglich war. Der Besuch des Auspfänders, den ohnehin niemand gern kommen sieht, wird von ihnen darum als soziale Ungerechtig keit empfunden. Fürst Bismarck hatte schon recht, als er sagte: „Wenn jemand nicht weiß, wo er Geld überhaupt hernehmen soll, so ist es ihm schon lieber, wenn er nichts bezahlt, und ohne Schulgeld ist ihm die Schule bei weitem noch lieber als mit Schulgeld." Die Schule kann durch die Häufung der zwangs weisen Einziehung des Schulgeldes nicht gewinnen, der Schulaeldzwang liegt nicht im Interesse der Schule. An die Stelle des Schulgeldzwanges muß die Schulgeldfreiheit treten. Der verhältnis mäßig geringe Betrag, den das Schulgeld von den Gesamtkosten der Schule ausmacht — in Sachsen z. B. nur 12,4 o. H. — wird dann wie der übrige Schul- aufwand aufgebracht werden, und jedermann wird zugeben, daß dieser Weg bequemer, billiger und gerechter ist. Deutsches Seich. Leipzig, 11. März. * Eine außerordentliche Konferenz der sächsischen Bezirksschulinspeltoren fand, wie schon kurz gemeldet, am Donnerstag in Dresden im Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts statt. Nach einer einleitenden Ansprache bemerkte Kultusminister Dr. Beck inbezua auf den Stand der Volksschule reform etwa folgendes: In der Presse seien hierüber widersprechende Vermutungen zutage getreten. Dem gegenüber sei zunächst festzustellen, daß im vorigen Landtage die Reform in Aussicht gestellt und die Hoffnung ausgesprochen worden sei. daß der Entwurf noch in den nächsten Landtag gevracht werden könne. Auf diesem Standpunkte