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annlinmr und er bietet alle sein« Autorität auf, um leine Rlontenegriner vor Torheiten zurückzuhalten. Es wird ihm dies nicht besonder» leicht gemacht, denn rm montenegrinitchrn Bolle, in welchem die Er innerung an die früheren Heldenkämpfe sortlebt, ist ein Krieg gegen die Türken immer populär. Wenn König Nikolaus jetzt bemüht ist, jeden Zwischenfall zu vermeiden, der einen eu-m-, delb bilden könnte, so darf nicht geleugnet werden, daß er damit einen guten Teil seiner Popularität riskiert, um so mehr, als er schon vor zwei Jahren bei der Annexionskrisis seine kriegslustigen Montenegriner von einem Friedensbrnche zurück gehalten hat, wozu sie sehr geneigt waren. Man höre nur darüber die Montenegriner unter sich reden! Dieser schwierige Stand des Königs sollte bei Beurteilung der Lag: billg in Rechnung ge zogen werden. An eine baldige Beilegung des albauesischen Aus standes glaubt hier niemand. Auch die auf Ver anlassung des Königs Nicolaus herbergeführte direkte Verhandlung des hiesigen türkischen Gesandten Sadredin Bey mit den nach Podgoritza ge kommenen Albanesenführern hat zu nichts geführt. Das von den Albanesen den Machten überreichte Memorandum, das rn 12 Punkten Forderungen ent hält, die in ihrer (Gesamtheit der Autonomie Albaniens gleichkommen, dürfte tuum den Beifall der Türken finden, wie schon das Schriftstück beweist, das Sadredin Ben namens seiner Negierung den Aibanesenführern über reichte. Dasselbe enthalt zwar sehr viele schöne Worte, gehl aber ans die Forderungen der Albanesen nicht ein und enthält auch sonst keine konkreten Vor schläge. Inzwischen suchen die Insurgenten durch allnächtliche Angriffe das Heer Tvrghut Paschas zu ermüden, bis ibnei ein größerer Schlag gelingen könnte. Für Montenegro in der albanesische Ausstand eine schwere La»,. Nicht weniger als rund 24 009 Flüchtlinge, Weiber uuo Kinder befinden sich inner halb seiner Grenzen und für sie alle mus; das ohne hin arme Land aus Menschcnpsticht sorgen. Die kürzlich in der auswärtigen Presse verbreitete Nach richt, dast dieierhalb Montenegro bei der Pforte eine Entschädigung von .'! bis!"> Millionen Kronen gefordert habe, ist unrichtig. Montenegro hat eine solche For derung bei der Pforte nicht gestellt, beabsichtigt auch nicht, sie zu stellen. Der König ist von seiner neulichen Krankheit wieder vollkommen hergestellt. Mit jugendlicher Elastizität und Geistesfrijche widmet er sich den Ltaatsgejchäften, in denen er ein Meister unter den gekrönten Häuptern ist. Der Kronprinz ist nicht dal er weilt mit seiner gleich ihm allverehrten Gattin in England, um Montenegro bei den dortigen Krö- nungstcierlichkeiten zu vertreten. Prinz Mirko, dessen beide reizende Kinder unter sorglicher Obhut bei oem jetzigen >chönen Wetter alltäglich rm Königlichen Parke spielen, unternimmt jeden Tag eine Spazier- iahrt nach der Paschöhe bei Belvedere, von^vo aus er mit ernsten Blicken den von dort sichtbaren Skutari see und die Berge betrachtet, in denen die Flinten der Insurgenten knallen. Auch Prinz Peter, der süngjte der drei Söhne des Königs, ein sehr liebens würdiger junger Manu — der auch dre deutsche Sprache vollkommen beherrscht —, ist bei seinen Spazierritten täglich sichtbar. Der Ministerpräsident und Minister des Aus wärtigen Dr. Tomanowitsch weilt seit einigen Tagen in der Bocche di Cattaro, wo er einen kurzen Urlaub zu verbringen gedenkt. Seine in der letzten Zeit sehr angestrengte Tätigkeit hat ihn krank ge macht und er findet dort unten an den lieblichen Gestaden des Adriatischen Meeres hoffentlich die er wünschte Wiederherstellung, so daß er sich wieder mit irischer Kraft seinem sehr schmierigen Amte widmen kann, in welchem er das volle Vertrauen seines Königs genießt. Während seiner Abwesenheit ver tritt ihn der Minister des Innern Djutanowitjch. Der bisherige Direktor im Auswärtigen - Ministerium, Slavo Ramadan o wi tsch, ist non dieser Stelle kürzlich entbunden worden, um sich ganz den Pflichten als Hofmarschall widmen zu können, welches Amt er gleichzeitig mit dem ersteren bereits seit einigen Jahren bekleidet. Seitdem der Hof königlich ge worden, Haden sich die Arbeiten des Hofmarschalls verdoppelt und es war daher Ramadanowitsch un möglich, beide Aemter, die zusammen allzu große Anforderungen an die menschliche Leistungsfähigkeit stellten, zu versehen. Ramadanowitsch ist derjenige, der infolge seiner amtlichen Tätigkeit am meisten mit den Ausländern in Berührung kommt. Seine graste Liebenswürdigkeit, mit der er jedermann begegnet, verbunden mit seinen umfassenden Sprachkennt- nisien, lassen ihn bei den Fremden gern in Erinnerung bleiben. — Eine Heldengestalt aus vergangenen Zeiten durchwandelt zur Freude aller noch immer die Strasten Cerinjes: der alte Woj- wode Plamenatz, der tapfere Held und Heerführer in vielen Schlachten. Mehr als 40 Jahre war er Kriegsminister. Fast hundertjährig geht er noch immer ungebeugten Hauptes und strammen Schrittes einher und leiht gern seinen erfahrenen Rat dem König, der ihm ein aufrichtiger Freund ist. Letinje selbst verschönt und vergröstert sich von Jahr zu Jahr. Aus dem ehemaligen nur aus wenigen Häusern bestehenden Weiler ist em schmuckes Städtchen geworden, mit schönen breiten Boule vards, öffentlichen Paris und elektrischer Be leuchtung — freilich auch mit groststädtischen Preisen. Die Mieten sollen iaum mehr zu erschwingen sein und auch über die Verteuerung der Lebensmittel wird männiglich geklagt. Auch einige Hotels sind neu erstanden, doch genügen diese nur niedrig ge stellten Ansprüchen. 2m Crösten und Ganzen fühlt man sich jedoch in Cctinic überaus wohl und behaglich, zumal cs auch die Einwohner an Zuvor kommenheit und Freundlichkeit den Fremden gegen über nicht fehlen lassen. Oie MUitkirluMchMshrt in Frankreich. Die eminente Bedeutung des Dienstbetriebes und der nach einheitlichen Grundsätzen geleiteten Militär aviatik bei den Franzosen liegt mit darin, daß an der Spitze aller Einrichtungen ein hoher Offizier, Generalleutnant Roques, steht, dem für seine An ordnungen völlig freie Hand gelassen ist und der nur einen Vorgesetzten, den Kriegsminister, über sich hat. Die neue Behörde ist noch im Entstehen be griffen und wird erst nach und nach mit dem Fort schritt der Erfahrungen bestimmtere Formen und ein einheitliches Aussehen annehmen. Aber über seine Pläne, über mancherlei Grundsätze von Wichtigkeit hat sich General Roques in einem interessanten Interview kürzlich ausgesprochen, jo daß es mög lich ist, sich schon setzt ein anschauliches Bild davon zu machen, wie sich insbeionderc der Flieger dienst entwickeln wird. General Roques erklärte zunächst, dast die ilnn unterstellte General inspektion ihren Sitz in Paris haben werde, da in den Departements der Seine und Scine-et-Oijc alle zu seinem Ressort gehörigen Truppen und Anstalten untergrbracht seien. Auch hätten fast alle Kon strukteure der Privatindustrie von Materialien aus dem Gebiete der Luitschistahrt ihren Sitz in diesen Gegenden. Die Zahl der bis jetzt als Flugzeug führer ausgebildeten Offiziere gab General Roques aus einige vierzig an, mit dem Zusatz, dast nahezu täglich neue Führer binzulämen, die die vorgcschriedene Prüfung ablegten, so dast dis Ende des Kahres ein ganz ansehnlich:-- Prlotenosfizier- korps vorhanden seur würde. Der Ersatz dieses Osfizierkorps regelt sich nach den dafür vom Kriegs-' Ministerium erlassenen Bestimmungen. Diese besagen, dast jeder Offizier, der als Führer eines Flug apparates oder als Beobachlungsoffizier Verwendung ' finden will, seine Anmeldung au» dem Instanzenwege dein, Kriegsministerium zur Vorlage dringen must. Beiläufig gesagt, lägen bis jetzt bereits 1100 solcher Meldungen vor. Um diese Zahl nicht in» ungeheure anwacbsen zu lassen, um vor allen Dingen auch zu verhindern, dast nichr zu glercher Zeit eine «roste Zahl von Offizieren womöglich derselben Charge und vom gleichen Truppenteil aus dem Frontdienst ausscheide, um sich der neuen Tätigkeit ruzuwenden, während der Bedarf dafür längst gedeckt sei, wird von jetzt ab ein Fragebogen ausgestellt, der den Truppenteilen zur Ausfüllung seitens der betreffen den Anwärter zuaeht und nach erfolgter Beant wortung der Aviatiker-Inspektion als Basis für die Listenaufstellung der angemetdeten Bewerber dienen soll. Die gestellten Fragen beziehen sich auf das Gewicht des Offiziers, seine Erbfähigkeit, ob er schwindelfrei ist und besonders auf feine sportlichen Leistungen, ob er z. B. an Automobil- oder Pferde rennen aktiv beteiligt ist u. dgi. Aus der ihm vor- gclegren Kandidatenliste will General Roques Offi ziere der Fusttruppen wie der berittenen Waffen ausmählen, je nachdem er für sie Verwendung hat. Die Veobachtungsofslziere sollen grundiätz- lich dem Generalstab entnommen werden: sie müssen besonders ein gutes Auge und volle Sicherheit in feder Art von Truppendienst haben, um vom Flug apparat aus schnell und zuverlässig jede Formation aut dem Marsch in der Versammlung und auf dem Gefechtsfelde erkennen zu können. Ihre Ausbildung erfolgt auf einer der Fliegerschulen, wo sie nach be endetem Kursus ein Patent zdrevcu -omplm als Be- obachtungsosfizier erhalten. Als solche bleiben sie nicht dauerns im Luftschifferdienst beschäftigt, viel mehr treten sie immer wieder zu ihrer bisherigen Tätigkeit zurück und werden nur von Zeit zu Zeit zu Flugproben und llebungszweckeu aökommandiert. Km Gegensatz dazu stehen die Flugzeugführer, nachdem sie auf einer Fliegerschule das Befähigungs zeugnis chrcV't 8»pe!uuc erworben haben, dauernd nn Dienst der Militärluftichifiahrt und treten nur aus besonderen Befehl ober. lalts sie es leibst wünschen, wceder in die Front zurück. General Roques er klärte dazu, dast er es sich in fedem einzelnen Falle Vorbehalten müsse, Pilotenosfiztere, die nicht mehr im Vollbesitz ihrer hierfür erforderlichen Fähigkeiten seien, abzulösen und zu ihrer Truppe zurückzuschicken. Denn dazu sei der Dienst zu ernst und seine Berant- wortung zu grost. Von Len bis jetzt vorhandenen Piloten gehören acht der Kavallerie, einige mehr der Infanterie und Artillerie an. das Hauprkontingent aber stellt das Genie. Militärfliegerjchulen sind eingerichtet in Mourmelon, Sarory und Vincennes. Außerdem aber ist eine ganze Anzahl van Offizieren in Prioat- ctadlissements tätig: sie werden hier unter Aussicht der Konstrukteure ausgebildet, zumeist an solchen neuen Ftugmaschinen, dis von der Generalinspettion erprobt und angekaust sind. Die Zahl der bis jetzt im Militärgebrauch befindlichen Aeroplane ver schiedener Systeme stellt sich aus rund 60. Aber fast täglich kommen einzelne neue Modelle hinzu. Ein allen Anforderungen genügender Typ ist noch nicht gesunden. Die Heeresvcrwal.ung aber hofft aus dem für Oktober 1911 ausgeschriebenen Wettbewerb neuer Flugapparate dazu zu kommen. Oie „Kulturarbeit" lozialüemv- kratticher „Vilüunysststten". In einem Dortmunder Verlage ist in sozialdemo kratischem Auftrage ein« Sammlung „Gedichte" von Dr. Rudols Fron- unter dem geistreichen Titel er schienen: „Abrechnung, politische Vers fuhtrit te." Um den Geist, der in der neuen ..Kulturpartei" herrscht, zu kennzeichnen, seien einige Proben weiter gegeben: Hätt' einer weuigMnh die Schnauze — Und sag« c» frei: Macht gehr rwr Recht! — L och b!eö Gegirre und Geqc.nje... —. M»t, »erl»! iMr» e»ch de« »Ich» stecht» »'« »«« edle» Magen trotzen — So ekelhaftem Siedebretl — Normal« Mensche» müsse» k — So würde thne» schlecht dadel. Gegen di«, welch« sich b«i Streikerzessen und Etrastenunruhen de» „Lumpenproletariats" der ihre Pflicht erfüllenden Echutzmannschaft angenommen und ihren Dienst verteidigt Huben, donnert folgendes wohlrieck>ende poetische Erzeugnis: Hast D« de» Patra», — Der da lamM« I-Stzefpttzell — Astr de» k. >cht»rafchr»lvh» — >» der Rai« r»m ,«kitzelt, — Haust D» dem Pollen Schuft — »ar rin« t» öle Lpitzelsrefse, — stch dann schrei» die Bettel»: Luft: Polizei, wen» sie doch schütz«! — Roheit! Rote Hetzerei! — HSrt man ei verzweifelt mecker», — Und die ganze Bolldpartei — St.ht man i» dre Hose klecker». Dast es auch an ordinären Beschimpfungen der auf deutschem Boden Erholung suchenden Zarensamtlte nicht fehlt, versteht sich. Zum Schluß noch da» „schöne" (Gedicht „Deutscher Rat" gegen die Kriegervereine: Und wen» die Zett erfüllet ward, — Wirst kriegerisch D« eingescharrt — Vd sreu n sich Sameraoe» — Und treue deutsche Maten. — O, welche Lust stritt bei und einst — Gewese»«« Soldat z» f«t». . . — Lod Such, ihr roten Riecher, — Hoch »er Verein der - Krieger!" Die sozialdemokratisch« Parteileitung pflegt der artig« Cchmutzproduktionen heruntergekommener „L«. nossen" gern von sich abzuschütteln. Doch geht da» auch in diesem Fall« nicht an. Dena die hier aus zugsweise vorgetragene Kaschemmenpoesi« hat direkt parteioffiziellen Charakter:,,Di« „politischen Versfusttritte" sind nämlich von der H e n t r a l k o m- mis ion der sozialdemokratischen Bll« dungsausschüsse von Rheinland und Westfalen in Auftrag gegeben, weil es „bei festlichen Veranstal tungen der Arbeiterschaft an geeignetem Vortrags material auf dem Gebiete politisch-sozialer Satire bisher fast völlig fehlt". Nun. man kann den um die „Bildung" der Arbeiterschaft bemühten, verantwort lichen Parteikreisen der Sozialdemokratie zu dieser Selbstkennzeichnung nur gratulieren. Wer zu dem traurigen Los bestimmt ist, der „Kulturpar tei" im Wahlkampfe «ntgegenzutretsn, versäume nicht, die „Politischen Versfusttritte" des Herrn Dr. Franz jederzeit zur Hand zu Haden. Morslststlltik unü Klmfellmn. Weithin galt es bisher als feststehend, dast zwar im allgemeinen in Deutschland sie katholische Be völkerung kriminell schwerer belaste! sei als die pro testantische, dies aber durch die höheren Zahlen bei den Polen und Bauern hinlänglich erklärt sei, und dast von den sozialen Kranlheitserjcheinungen der Selbstmord auf protestantischer Seite häufiger ange troffen werde: auch der starke Rückgang der Zahl der Geourtcn komme wesentlich auf d'« protestanrischen Teile Deutschlands. Besonders Arbeiten des bekann ten, dem Jesuitenorden angehörigen Sta tistikers Kroje haben in dieser Beziehung manches ungünstige Urteil über den Protestantis mus verbreitet. Jetzt beweist eine bedeutende statistische Arbeit von Iah. Forberger: „Moral- stotistik und Konfession", wie viel irrige Vorstellun gen bisher auf diesem Gebiet vorhanden waren. Dast der Selbst mord unter protestanti schen Völkern häufiger ist als unter katho lischen, diese Tatsache bleibt bestehen, ober sie wird durch Heranziehung des gesamten internationalen Materials (hohe Seldsimordzahlca in dcm kaiho lischen Frankrs'.ck, in oem nicytchristlichcn Japan! und der Derufsstatistik in neues Licht gerückt und großenteils erklärt: irr Deutschland und der Schweiz sind, wie auch anderwärts, Selbstmorde unter der städtischen und industriellen Bevölkerung viel häu »iae: als unter der ländlichen und ackerbautreiben den: bei der ersteren überwiegen aber die Protestan ten viel stärker. Dast die kriminelle Mehrbelastung der deutschen Katholiken durch die Polen und Bayern zu LlfineMche Vranzensusttelluntz im Leipziger kunllyemerbemuleum. Ostasiatische Bronzen sind ein beliebter Basar artikel. Exportwaren aller Stile und Formen kom men massenweije nach Europa. Neben modernem Hausgerät werden auch Nachahmungen antiker Mo delle an den Markt gebracht. Besonders Japan expor- liert vortrefflich.' Fälschungen, die leider zu ost Ein gang in unseren Museen gefunden haben. Die Formen entsprechen alten Zeichnungen chinesischer Bücher und die geradeste Oberfläche besticht dos ungeschulte Auge, aber Material und Ausiuhrung sind minderwertig. Wirklich cchre chineiisck)« Bronzen aus dcm XVH- oder XVI t l. Jahrhundert find sehr selten, da in der Zeit der Chinoiserie ,,ur Interesie für die farbigen Porzellane vorhanden war. Originale aus noch frühe rer Zeit sind nur ganz vereinzelt während der Kriegs wirren von 1860 und in neuerer Zeit nach Europa verschlagen. Eine umfangreiche Spezialsammlung ist bisher nur im Muste Cernuschi zu Paris vorhanden. Im Jahre 1W6 wurde in Japan eine Ausstellung der im Lande befindlichen chinesischen Bronzen veran staltet und trotzdem der kaiserliche Hof, die Fürsten uns die Tempel ihre Schätze hergeliehen hatten, sind in dem Katalog ('lUtckürsu nurkuiiulLcilcuun icurmnL- Ix»oc>ku) nur 26 Gcfästc aus antiker Zeit abgebildet, von denen nwhl die Hälfte erst den nachchristlichen Jahrhunderten angehören dürste. Die zahlreichen Lrabbügel in China liesten die Hoffnung offen, dast Ausgrabungen neues Material zutage fördern würden. LMrch den Eisenbahnbau sind Millionen Kubikmeter Erde bewegt, Hunderte Gräber wurden blostgelegt, aber neben zaylreichen Töpfereien, oft in nachgebildrten Bronzeformen, ka men nur ganz wenige llcine Bronzcstücke zutage. Die Bronze war in der alten Zeit ein begehrtes Material rür Geld und Waffen und wurde ebenso wie bei uns nie Gold- und Silberarbeiten in Zeilen der Not ein geschmolzen Antike Bronzen erzielen in Peking sehr hohe Preise und in Paris und New Bark werden t Tausende selbst für kleine Stücke bezahlt. Es ist daher mit besonderer Freude zu begrüßen, dast ein hunger deutscher Kaufmann, E. K nnth in Tsi- nanfu, eine Sammlung zusammengebracht hat, die in diesem Umfange und Qualität noch niemals in Europa gesehen worden ist. Nickst am Markt in Pe king oder Tientsin machte er scinr Einkäufe, sondern aus erster Hand in der Provinz. Sein Berus führte ihn in entlegene, von Europäern selten betretene Gegenden der alten Kulturländer Shantung und Lbensi, wo er bei Bauern und Beamten in zehn jähriger mühevoller Arbeit olle Bronzen anfkaujte, die er als alt erkannte. Zur Prüfung der Echtheit benutzte er ein ein faches Mittel. Bei den modernen Fälschungen ist die Patina ein« künstlich ausgetraaene Schicht, die zwar Soda, aber nicht dem ätzenden Ammoniak stand hält, vielmehr bei energischem Bürsten das blanke Metall hervortreten lässt. Bei alten Bronzen ist da gegen die Patina mit dem Metall eine innige, un lösbare Verbindung eingegangen. Ein Bronzcbecher mit runder Fingerös« und Daumcnplattc sowie ein kleines Kultgefäst aus Fust mit spitzem, bcrgförmigem Deckel in durchbrochener ! und reüssierter Arbeit entstammen einem Grab, in dem gleichzeitig Münzen der Han-Period« (220 vor bis 220 noch Christi) gefunden wurden. Diese somit datierten Originalarbciten weisen hellenistische, chine sisch ausgestaltete Formen und Verzierungen auf. Der Becher ist in dem für diese Zeit charakteristischen dünnwandigen Gust ausgefühlt, der in späteren Zeiten nm selten glerchwertig zu finden ist. Der ältesten Zeit — vielleicht zum Teil vor der Hcni-Pcriave — gehören eine Reihe von Kultgcfästen der Sammlung an, die in ihren wuchtigen Formen, den gut gezeichneten, aber nicht vordringlichen Orna menten und der technischen Ausführung Zeugnis van der Vollendung des chinesischen Bronz gusses in oor- chnjtlichcr Zeit geben. Qb die Stücke Jahrhunderte vor oder nach Christi hergestellt sind, tonnen wir heute noch nicht mit Bestimmtyeit sagen, da die alten For men auch mit Inschriften nachgegossen wurden, aber dast sie der vorbuddhistischen Zeit angehören, ist sicher. Wir finden die runden, offenen Kessel mit auf recht auf dem Rand stehendem Henkel auf drei Firsten für Fleischopser, die kleinen runden Gesästc auf Ranü- fust mit seitlichen Handgriffen für di« Kornopfer und die schlanken, oft am Rande trompctenartig ausge buchteten Vasen für die Blutopfer. Die Verzierungen sind bei den ältesten Gefasten verständnisvoll und sauber, aber stets hinter der Wirkung d«r Desaintform zurücktretend ausgeführt. Im Vergleich mit späteren Stücken aus der Ausstel lung lernen wir die geistlos« Verflachung in der Zeich nung und vor allem die schärfere, in erhöhtem Relief aufdringliche Ornamentik kennen. In dem Neben einander ähnlicher Gefaste aus verschiedenen, umJahr« Hunderte getrennten Epochen können wir hier, wie sonst noch nirgends in einem Museum, die Entwicklung der Formensprache studieren. Dabei ergeben sich viele Rastel, deren Losung erst allmählich durch Spezial forschungen möglich sein wird. Ganz besonders hervorzuhcben ist ein Korngefäh, dessen Bauch mit wagrechten Rillen und besten Rand mit einer Borde aus eckigen Spiralen verziert ist. Die etwas restaurierten Henkel sind in Drachenaestalt, der Randsuh mit antikisierendem Ornament steht auf drei kleinen Füstchen, und die wuchtige Form findet ihren Abschluß in einem Deckel, der abgcnommcn ein selbst ständiges, flaches Gefast bildet. Dieses Stück weist eine rote und grüne Patina von ganz hervoragenöcr Qualität auf. Bisher sind nur zwei gleiche Stücke bekannt geworden, das eine hat der Kaiser Kien lung 1771 dem Confuciustempel zu Kusu in Chan- tung verehrt und das andere ist im Besitz des Kaisers von Japan. Ein kleinerer, ebenfalls vortreffliches, Korngcfäst mit seitlichen Henkeln hat eine schmale Mäonderborie mit einem Tierkopf im Relief in der Mitte. Auf der japanischen Ausstellung von 1906 wur ein sehr ähnliches Stück vorhanden. Ganz eigen artig unü in keinem chinesischen Katalog abgebildet ist eine offene Schale aus acht nach außen gebogenen und Lurchorochen gearbeiteten Fügen und einem bau chigen, mit verjchnörkelten Schlangen in Relief ver- zretten Körper. Auf dem Boden ist eine Marke an gebracht. Von den Dreisätzen sind mehrere zu beachten. Be- sonders reizvoll in Form, Patina und edler Mäander verzierung erscheint mir eine kleine, leider etwas zer brochene Bronze. Ein größerer Kessel auf drei blafcn- förmigen Fügen sowie Hache, schlank« Blutgefäße sind ebenfalls in selten schöner Qualität vorhanden. Eine viereckig« und eine ovale flache Schale sino auch aus dcm Boden außen mit Reliefmustern überzogen unv wirken sehr eigenartig. Ich kann nur einzelne Arbeiten hrrvorheben, aber ^lbst die in der reichen Ausstellung zurücktretenden Äücke würden in einem Musenm Zierstücke bilden. Runde Schüsseln mit archaischer Inschrift und dem vorchristlichen Fischpaar in Relief, Schalen und Ge- säße aller Art für Tempel, Haue und Küche und mancherlei eigenartig« Dina«, wie zum Beispiel eine durchbrochene Schale für Obst mit tlntersatz für Eis, lernen wir in antikem oder jüngerem Gust kennen. Eine besondere Gruppe bilden die Spiegel, Vie in verschiedenen Größen und Ausführungen vorhanden sind. Besonders kostbar ist ein kleiner Traul>en- spiegel mit tieffchwarzerPatina. Diese in Europa wohl nocb kaum bekannte schwarze Bronze wird in China am höchsten geschätzt, »ie entsteht merkwürdigerweise unter einer Licken Rostschicht. Wenn letztere adge- klopft wird, so kommt das wie glänzend poliert er scheinende, leuchtens jchwarze Metall zum Vorschein. Ein Spiegel ist nun teilweise abgeklopft und zeigt deutlich, wie die dicke grüne Kruste die glatte Fläche bedeckt. In diesem Falle hat die Rostschicht sich nicht mit dem Rohmaterial verbunden, sondern durch eine bisher unbekannte Behandlung wird diese schöne Wir- kung erzielt. Glöckchen in den verschiedensten Trö sten sind in antikem Gust mit Schriftzeichen und geo metrischen Mustern und eigenartigen Formen aus gestellt. Mit dem Aufkommen des Buddhismus wurden die Blutgefäße al» Dlumenvajen und die Korn gefäße al» RLucherurne« verwendet; gleichzeitig ver lieren die Forme« ihre ernste Wucht und erhalten elegantere Ausführungen. Die Ausstellung zeigt uns vortreffliche Vasen und ganze Aitarsätz« aus der Sung- unü Ming-Zsit. Tine reich« Wassenkollektion enthält aus der vor christlichen Bronzezeit Kunstschwerter, Lanze Spitzen, Messer, Veile, Slchellanzcn, Katupultschlösscr und zahi'eiche Pfeilspitzen, deren Formen an sibirische und japanisch« Funde erinnern. Ans den. letzten Jahrhunderten sind mit durchbrochener unü vergol deter Bronze oder SilbertauIchierunZ reich verzierte breite Schwerter, Streitiolben und Schlagüegcn aus gestellt. Besondcrs interessant und bisher noch! wenig bekannt sind Ltichblatter rn Bronze und Eisen, durch brochen oder ziseliert, mit Sclüeriauschierung oder Metallauflaaen. Hier sehen wir bi« Vorbilder für die von den Japanern zur Vollendung gebrachte Stich- blattluust. Eine Sammlung kleiner Brorncstücke werft beson ders elegant geschwungene Gürtelhaken mit Schlan gen- oder Drachcnkop! oder in Gestalt von Enten, Haken und Oesen mit Relief und viel« andere Orna mentteile in antiken unü jüngeren Formen auf. Dem letzten Jahrtausend gehören Darstellungen von Menschen und Tieren an. Neben uekannteir Motiven fallen besonders zwei groteske dichbauchtge Leuchterträgcr auf. Von Reiz ist die kleine Bronze eines nackten Heiligen. Die Beine sind rechtwinklig ge kreuzt, uiid auf dem cnrsgerichtclen Knie ruhen die Hände, während die Arme rechts und links gleich mäßig vom hageren Körper abstehen. Das Gesicht ist mit sinnendem Ausdruck modelliert. Den Gegensatz bildet ein Paar lebensfreudiger, wohlgenährter Man darinen, bei denen das elegante Liniengefüge der Hal tung und Gewandung die liebenswürdige Knnst einer moderneren Zeit verrät. Neben massigen und plum pen Tiergestalten für Kultzweüe ist ein« vortreffliche Ente als Räuchergesäß vorhanden. In dem kurzen Rahmen dieser Ankündigung kann ich nur einzelne Stücke erwähnen. Jedenfalls rst eine so umfangreiche Sammlung unzweifelhaft echter und alter Bronzen aus China noch niemals in Europa ge zeigt worden. Die Ausstellung wird dem Liebhaber ästhetischen Genust gewäbren, den Techniker anregen zu neuen Formen und Qualitäten und dem Kunst- forscl)«r und Ethnologen nach vieler Richtung Be lehrung und Aufklärung bringen. Wir müssen Herrn Knuth besonders dankvar sein, dast er diese Aus- stelluug in Leipzig ermöglicht hat, wo der rührige Leiter des Kunstgewerbemuseums, Dr. Kraul, in rich tigem Erkennen des grosten Wertes dieser Sammlung Gastfreundschaft gewährt und Dr. Pelka mit verständ nisvoller Sorgfalt die Aufstellung ausgesahrt hat. Oslrnr Llünstei-stsirg.