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Nr. 29. Sächsische Volkszeitung Seite » ^lotirsn Neltt slle mtt! Geben ist zwar seliger nls Nehmen, gleichwohl, Geben ist, oft gefordert, Opfer. Opfern aber fällt schwer. Hier fällt es dem Geiz, der Selbstsucht trotz Ueberflusses schwer. Dort fällt es schwer, weil der Ueberslutz fehlt, weil man selber scharf rechnen und haushalten mutz, um „rund" zu kommen: da wird dann das Geben nur mit Verzicht auf erlaubte Freuden und Genüsse möglich, die ohnehin knapp zugemessen sind. Das wirkliche Opfern beginnt damit. Zugleich setzt hier das Bekannt werden mit dem tiefen Sinn des Gebotes der Nächsten liebe ein. Liebe deinen Nächsten wie dich selbst! Ge dankenlos noch- und hingesprochen klingt das so selbst verständlich wie einfach. Aber wenn es einmal bis in die letzten Folgerungen wahr gemacht werden soll, wird es dem Vesten mit dem goldenen Herzen nicht leicht. Zwischen Selbstentäutzerung und Hartherzigkeit gibt es eine reichgegliederte Skala der Möglichkeiten, wohlzutun. Gelingt es, sie auszuschöpfen, dann mutz es gelingen, zu verhüten, datz der breite Strom des Helfer willens, der seit Oktober vorigen Jahres unser Volk in Bewegung gehalten hat, versiegt und versandet. Der drohende Gefahrenpunkt für glückliche siegreiche Vollendung des W i n t e r l; i l fs w e r k e s mutz überwunden werden. Widerspruch und Weigerungs neigung, widerwilliges Geben, das vom „letzten Male" denkt oder spricht, Abschieden der Pflicht in die kalten Regionen des unbeliebten Steuerzahlens — das ist gleich bedeutend mit der Ertötung der Liebe, die dem Opfer siir den notleidenden Volksgenossen erst ihren sittlichen Wert verleiht. Nur die Liebe aber gibt die Kraft, mit durchzuhalten im Spenden und im Opfern für das Winter- hilfswcrk. Durchhalten aber ist die Vorbedingung sieg hafter Vollendung. Daran wollen wir alle am heutigen Eintopfgericht-Sonntag denken. An solcher Voll endung sollen, wollen und werden alle Guten einen Löwenanteil volksgemeinschaftlichen Verdienstes haben. „6e63uei»u/eltt" Ich fand das herrliche Wort während eines Bum mels, den ich zwischen zwei Zügen unternahm, in einer mitteldeutschen Stadt. Da stand es grob, unübersehbar im Schaufenster eines Haarkünstlers: „Hier wird gednuer- wellt!" Mir gab's einen Ritz, es nervcnschockte mich ge radezu. Auf den Schreck mutzte ich einen Schnaps ge nehmigen, also gasthoste ich schleunigst, um zu steinhägern oder zu boonekampen. Ich wurde dort nicht beoberkell- nert, sondern persönlich bewirtstochtert. Ein nettes Madel — wenn sie blotz nicht so viel gelippenstistet hätte! — Man soll nicht trinken, ohne zu essen, also mittagatz ich gleich, speisenkartete, suppte, ochsenfleischte, brat- kartosfelte, wackelpuddingte, mundtuchte, mahlzeitete. Da bei bierte ich ein Helles. Gern wäre ich noch geblieben, aber mein Zug aufhaltete nicht länger. So rechnungte ich denn, trinkgeldete, manteltc und hütete, droschkete zur Bahn, denn schon dreiuhrte es vom Kirchturm. Gerade noch knapp konnte ich bahnsteigsperren, ehe der Zug nase- wegte, gepäcknetzte meinen Koffer, sitzplatzte, zeitungte ein bissel, speisenwagte — man reisczielt sich so durch. Noch lange aber wird mir das schöne Wort gedächtnissen: Melm ZeköMmmer jlomsn von Mris kense vaünlL! 31. bortsetrunN blactickruck verboten IX. Demarque war unglücklich, seit man die kleinere Woh nung gemietet hatte. Unablässig klagte er, er könne nur in schöner Umge bung arbeiten, seine Nollen nicht in kleinen engen Stuben kreieren: darunter leide seine Kunst. „Du bist ja nie zu Hause, sondern in der Weinstube", sagte seine Frau resigniert. Sie war jetzt oft so müde und verzweifelt: ihre Spannkraft hatte seit dem Unglück, das ihr widerfahren rvar, so sehr nachgelassen, datz man kaum noch die stolze, selbstbewußte Camilla Schütter an ihr er kannt hätte. „Du kannst nur Vorwürfe machen", sagte er grollend. „Ungerecht bist du jetzt, wo ich für alles allein sorgen mutz. Unsere Gemeinschaft war darauf begründet, datz wir beide verdienen." „Als ich noch verdiente, sorgte ich für alles allein. Dabei war deine Gage noch um etliches höher als die meine Und seit du für uns sorgen sollst, geht alles rück wärts." Trüb und matt kam die Verteidigung; sie mochte nicht mehr streiten, es war ja alles so zwecklos. „Ich bin ein Höhenmeusch", sagte er großartig. „Ick brauche Bewegungsfreiheit . . . Umgebung . . . Szene/' „Und Mkohol", warf sie lakonisch ein. Er zog die Brauen in die Höhe. „Das verstehst du nicht; bitter hab' ich mich in dir getäuscht. Trotz deinem großen Namen bist keine Künst lerin: philisterhafte Anschauungen hast du aus der Kin derstube witgebracht. Hättest bei deinem Papa Krämer bleibe» sollen." Er war jetzt gar nicht mehr liebenswürdig und takt voll, der Herr Hofschauspieler. Die ewig leidende Frau, die nichts verdiente, ikpn nur Vorwürfe machte und An sprüche an seinen Geldbeutel stellte für Nichtigkeiten wie Miete. Wirtschaftsgeld und nm Schulden zu bezahlen, sing an, ihm auf die Nerven zu gehe» „Hier wird gedauerwellt!" Deutsche Sprak, sweres Sprach besinget einmal einer unserer Klassiker. Ich habe dem nichts zu futznoten und schlutzpunkte daher diese kleine Betrachtung. Legen vevokioniilienkttsek — kill» eckte tlsuskunst Dieses immer zeitgemäße Thema -behandelt Hein rich Bachmann in der gemeinsam mit P. Sivoboda heraus gegebenen Schrift „Katholische Aktion und Kunst" (Ver lag Kcpplerhaus, Stuttgart). Er schreibt u. a.: Alle Ver suche, unser Volk mit den Flaschenzügen der Bildungs betreuung auf das Niveau der Intelligenzler heben zu wollen, sind völlig abwegig, zumal dieses Niveau meist einen sehr bedingten Wert darstellt. Solange dies ge schieht, wird das Volk, das die ihm gemäße Kunst ver mißt, immer wieder zum Kitsch greifen. Woher stammt eigentlich der Kitsch? Derselbe Ungeist, der die Kunst verindustrialisiert hat, hat auch den Kitsch geboren. Seit dem man Muttergottes-Statuen in allen Größen und Preislagen nach derselben Schablone maschinell Herstellen und fabrikfertig liefern kann, ist der Kitsch zum System erhoben und hält seinen Siegeszug in Haus und Volk. Am meisten Kitsch gibt es naturgemätz unter den Erzeugnissen religiöser Kunst, weil hier ganz besonders starke Verbreitung gewünscht wird. So mutz z. B. Leonardo da Vincis „Abendmahl" im Dreimal- Vriefmarkcnformat — vielleicht noch buntgedruckt — Kitsch werden. Freilich ist zu sagen, datz in unserem Volk aller Sinn und Drang zu echter, ihm gemäßer Kunst gestaltung immer mehr abgedrosselt wird. Erst wenn unsere Handwerker, die Töpfer, die Tischler, auch die Schneider und Schuster wieder das Gefühl haben, datz ihr Werk den Stempel ihres eigenen Wesens tragen mutz, erst dann wird um uns eine neue Kultur erwachsen. Wo sind die Oefcn, deren Kacheln einmal Kindern und Kindeskindern- die Geschichten der Heiligen Schrift, die Sagen und Märchen unseres Volkes erzählten? Wo die Zinnteller, die Tonkrüge, die Stickereien, die mehr al» ihren nackten Gebrauchszweck erfüllten? Aber Haus kunst, wie wir sie hier fordern, setzt wie alle Kunst ein besinnliches Verhältnis zum Dasein, zu den Dingen und zu den Vorgängen des Lebens voraus. Wenn irgendwo, so ist hier die Macht des Beispiels der Anfang von allem. Jeder Kolporteur, der den Devot'.onalienkitsch vertreibt, sollte von der Schwelle gewiesen werden. „Zieht echte und wirkliche Künstler heran!", so fordert Bachmann am Schluß seines Aussatzes. Der Führer vor den Gauleitern der NSDAP Das Dculsck-e Nachrichtenbüro meldet: Die Gauleitertagung in Berlin am Freitag sand ihren Höhepunkt und Abschluß mit der Rede des Führers vor den Neichsleitern, Gau- und Amtsleitern der politischen Leitung der PO. In eingehenden Ausführungen wies der Führer zu nächst aus die Größe und Bedeutung der Aufgabe hin, den nun mehr eroberten Staat nicht nur mit der nationalsozia listischen Weltanschauung völlig zu durchdringe», sondern auch den gesamten Staatsapparat im Geist der siegreichen Bewegung zu einem geschlossenen lebensvollen Organismus auszubauen. Als stabiles Gerüst einer solchen Staatsorgani- sation brauche die Führung eine Garde von zuver lässigen politischen Funktionären, eine Vcr- waltungsapparatur, die die Führung in die Lage versetze, das nationalsozialistische Gedankengut auf allen Gebieten auch praktisch zu verwirklichen. Nur mit einem solchen schlagfertigen Instrument, das weltanschaulich durchknetet und von t r c u e st c m P s l i ch 1 b e w u tz t s e i n durchdrun gen sei, könne die Befchlstatigkeit der Führung nach unten voll zur Wirkung kommen. Wenn wir den nationalsozia listischen Staat, einen derart geschlossenen Apparat, geschaf fen Hütten, dann liege darin eine ganz außerordentliche Lei stling für die Zukunft unseres Balkes. Die Form, in der die Verschmelzung von Weltanschauung und Staat durchgesührt werde, sei die Partei. In der großen, vom ganzen Volk getragenen Gemeinschaft des Na tionalsozialismus müsse die Partei ein auserlesener Orden des Lübrertums sein,' Nachdem diese neue Fuhrerorganisation des deutschen Volkes durch eine einmalige schöpjerische Leistung errichtet sei, gewährleiste sie nunmehr in sich die durch nichts zu unter brechende Folge der höchsten F ü h r e r p e r s ö n l i ch- k c i t. Wer in kommenden Zeiten als Führer vor die Be wegung gestellt werde, werde immer die Partei als ein bei spiellos geschlossenes, in blindem Gehorsam der Idee dienen des Instrument und in ihr bereits den sicheren Garanten sür die weitere Zukunft finden. In seinen von wahrhafter G 'öße getragenen Ausfüh rungen unterstrich der Führer Weiler die starken krastlvcn- denden Wirkungen der Geschlossenheit, Autorität und Diszi plin, in der die gesamten Führer der Bewegung wie Kreuz ritter hinter jeden Entschluß der Partei treten. Das Be stehen dieser unerschütterlichen Einheit der Führergemein- schast der Partei und die Kraft, die sie ausströme, sei uner setzlich sür die zukünftige Existenz der gesamten Nation. Der Führer gab seiner festen llcberzeugung Ausdruck, datz das deutsche Volk allem widerstehen könne und werde, wenn die Bewegung diese ihre Ligenschaslcn ganz aus den Staat übertrage. In der Harmonie zwischen Partei und Staat liege somit letzten Endes die krast, die es dem Staat ermögliche, alle Probleme zu meistern. Die akkumulierte Kraft des Volkswillens, wie sie am 12. November der Welt sichtbar gemacht worden ist, sei dafür ein einzigartiger ve- weis. Der Führer schloß mit dcr vlahnung, stets diese, großen Gesichtspunktes eingedenk zn sein. Wer in ihrem Sinne handle, dcr trete ein für die Unsterblichkeit der Le- wegung und damit unseres Volkes. Mnarchistische Verbände werden aufgelöst Berkin, S. Februar. Aus Gründ einer Anregung des preußischen Minisierpkäsi- denten hat sich der Neichsminister des Innern veranlaßt gesehen, die Landesregierungen zu ersuchen, alle monarch'.stisckzen Ver bände sofort auszulösen und zn verbieten. Die Maßnahme hätte sich erübrigt, wenn sich die Verbände der gebotenen Zurückhaltung befleißigt und aus die Pflege rein geschichtlicher Erinnerungen beschränkt hätten. Der national sozialistische Staat wird die historischen Verdienste großer deut scher Fiisten und preußischer Könige stets ancrlennen. Er kann es aber nicht dulden, daß sich dunkle Elemente in die Monarch - stische Bewegung cinschlcichen und den Versuch machen, sie zu einer Opposition gegen den nationalsozialistischen Staat auszu bauen. Schon solche Versuche verstoßen gegen Sinn und Geist des Gesetzes gegen die 'Neubildung von Parteien vom it. Juli 1!M, das die Nationaliozialistische Deut che Arbeilernartei als einzige in Deutschland bestehende Partei anerkannt hat. Dazu Halle er doch nicht eine berühmte Künstler!» ge- heiratet, seine Freiheit aufgegcben und sich ins Ehejoch spannen lasten! Sie war bei seinen letzten Worten nervös zusammen gezuckt. Jetzt bli'!c es in ihren Augen auf, das alte Tem perament stammle hoch. „Wage es nicht, meinen Vater zu schmähen. Menschen wie du können ihm nicht das Wasser reichen." „Ah, da schau an! Warum bist du denn dann aus gekniffen, dem Geizhals, dem z'wideren, wenn er so ein Edelmensch ist. Was schreibst denn dann jetzt nicht an ihn, daß er uns ein bisserl mit seine Talers aushilft?" „Ich bin aus dem Hause gegangen, weil wir uns nicht verstellen konnten: deshalb lasse ich ihn von dir aber nicht schmähen", sagte sie mit bösen Augen. „Na. kümmert hat er sich jedenfalls nct nm dich; könnt' bald mal damit anfangen." Er schnitt eine Grimasse. Willi, der mit seinem Baukasten gespielt hatte, war jetzt zu den Eltern getreten und hörte still mit großen fragenden Kindcraugen zu Demarque legte die Hand auf den Kopf seines Sohnes. „An feinen Großvater hast, Büberl. Noch net mal nach dir gefragt hat er. Aber nach ihm hast heißen müssen, wies in 'ncr braven Vürgersamilie Sitte ist. Das hat deine künstlerische Mama so haben müssen." „Geh schau, zank doch net immer mit Mami!" sagte der kleine Altklug. „Dann weint's eh' wieder." „Der König zürnt, und meine schöne Mutter weint", spöttelte der heute besonders schlecht aufgelegte Schau spieler. Willi aber hängte sich an die Mutter „Hab' i denn a Großvater, Mami'?" fragte er. „Und was für anen" warf der riater ein Camilla streichelte über die Wange des Kleinen. „Freilich, Liebling, aber er Ist weit weg von hier..." „... und hockt fest auf seine Eeldsäck'..fragt net nach uns", lachte Demarque höhnisch. Camillas Augen blitzten zornig. „Ich verbitte mir solche Worte über meinen Vater vor meinem Kinde." „Na, ist doch wohl auch mein Kind!" Er wurde setzt versöhnlicher gestimmt. „Komm her, Frauerl," sagte er in seinem alten, gewinnenden Tone, ..das Büberl hat recht, wollen uns net zanken! Aber schreib' doch «mal an dei nen hochedlen Herrn Vater, «r soll uns den Mtetsztn« schicken. Dann schick ich ihm a Bild mit Unterschrift von mir: sind grad neue ranskommen: als Don Philipp." Er lachte jetzt wie über einen gute» Witz Camilla aber faßte das Kind um die Schultern und ging mit ihm hinaus. Zorn und Empörung im Herzen u»d ein tiefes, tiefes Weh. Acht Tage später.zog man in die kleinere Wohnung. Trotz des heftigen Protestes des Hosschruspielers „Die richtige Armelcntewohnung", grollte er, als er die drei Zimmer in Augenschein nahm Camilla aber Halle mit dem einen Mädchen, das ihnen noch verblieben war, die Wohnung nett und behaglich ein zurichten versucht, hatte ihr mit viel künstlerischem Ge schmack eine persönliche Note zu gebe» gewußt Sie hatte trotz heftigen Schmerzen in der Hüfte stets den ganzen Tag gearbeitet und war endlich am Abend todmüde ins Bett gefallen. Trotz der großen Mühe also, die sie sich geaeben hatte, gefiel Demarque die neue Behausung nicht. Er konnte in diesen engen Verhältnissen nicht leben, wie er sagte: nun würde er noch weniger daheim sein als sonst. Ob c^ we nigstens heut am ersten Abend, den sie in der neuen Woh nung verbrachten, nach dcr Vorstellung heim kam? Oder ob er wieder ins Weinhaus ging? Stunde um Stunde wartete sic vergeblich ans ihn. bi« sie endlich, von Müdigkeit und non Tränen tiefster Hoff nungslosigkeit übermannt, einschlief. Tief in der Nacht erst kam Alfons Demarque nach Hause. Es lzatte ziemlich lange gedauert, bis er seine Wohnung gesunden hatte. Der verschlafene Türhüter hatte ihn eingelassen, und ein schiefes Lächeln war in sein gut mütiges Gesicht gekommen, als er sah, wie der neue Mieter schwankte und sich vorsichtig tastend die schmale Treppe hlnaufbewegte. „Bis der Herr Hofsthauspieler oben in der dritten Etage angelangt sein wird, muß er zur Probe", sagt« der Mann und ging in seine Wohnung zurück Demarque klomm die Stiegen hinan, langsam Schlitt sür Schritt: denn er fühlte sich recht unsicher aus den Füßen und war mit der neuen Umgebung noch zu wenig vertraut. Leis« Verwünschungen über die Höhe der Wohnung hervorstoßend — die vorige hatte im ersten Sto "werk ge, legei^—, hatte er endlich seine Behausung eneickl.