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der seitlichen Versammlung mit Aljarm« aufgenom- mene» Lebehoch drachte, indem er zugleich im Auf trag« Er Majestät der Jubilarin ein wertvolles Ehrengeschenk, einen alten goldenen Pokal, den der König dis jetzt selbst besessen, überreichte und zugleich den Inhalt des eigenhändig unterzeichneten Schrei bens. welches Jr König an die Gejellschaft dabei ge lichtet, mitteilte. Ein zweites Fejtg«. schenk überreichte nun der Depu tierte Stadtrat Söhlmann, einen silbernen Pokal, lvclchcn die Stadt Leipzig der Gesellschaft zur Säkular- seier verehrte. Der Pokal ist ein wertvolles Geschenk und zugleich ein Meisterwerk der Kunst, welches unser Mitbürger, der Goldarbeiter Keuhl, in gelungener Weise hergestellt hat. In den Deckel sind Münzen aus verschiedenen Epochen der verflossenen vierhun dert Jahre eingesetzt, namentlich eine kleine seltene Münze vom Jahre 1443, ein Spezies von 1543 (Mr fürst Moritz), einer von 1043 (Johann GeW), einer von 1743 (Friedrich August, König von Polen), einer vom 5. Mai 1827 (König Anton), einer (ein Konstitutionsfpezies) vom 4. September 1831 (König Anton und Prinz Friedrich August, Mrt- regent), einer von 1830 (König Friedrich August II.), ein Bereinszweitalerstück und ein Eintalcr^tück von 18-13; die Figur des Schutzheiligen Sebastian steht auf dem Deckel. Der Körper des Pokals ist nnt Wappen und Schützeuemblemen in erhabener, aus freier Hand getriebener Arbeit geziert und trägt eine Inschrift. Der Hauptmann Apotheker Täschner übernahm es, für beide Ehrengeschenke dem Könige wie dem Stadtrate Len Dank der Gesellschaft auszusprechen und verband damit einen nochmaligen Toast auf den ersteren, indem er ausriej: „Beglückt, beglückt ist das Vaterland, von einem solchen Fürsten regiert zu wer den." Ihm folgten Bizebürgermeister Otto mit einem Trinlspruck)« auf das Wohl der Königin Maria, Stadt rat li. Seeburg mit einem aus den Stamm der Wettiner. Der derzeitige Hektor der Universität Domherr v. Schilling ging nun darauf über, der segensrelck)en und kräftigen Wirksamkeit der vcr- sammelten Stündekammerii zu gedenken, indem er in kräftigen und schönen Worten sich ausjprach, wie Kampf die Losung des Ledens überall sei, wie im Kampie sich der Akut bild«, die Geistesgegenwart be währe^ die rüstige Kraft sich steigere; wie auch ein Kamps der Meinungen nur die Wahrheit läutere. Darum Ehre denen, die für die gute Sache streiten! rief der Redner; kämpften auch verschiedene Meinun gen, Ansichten und Bestrebungen in d«n Kammern gegeneinander an, so gelte es doch nicht der Eitel keit, nicht selbstsüchtigen Absichten, sondern den höchsten Interessen des öfsentlichen Lebens, dem un zertrennlichen Wohle des Königs und Vaterlandes, die auf verschiedenen Wegen und durch verschieden artige Bestreoungen gefördert werden sollten. Hoch die ehrenhaften Bestrebungen der Kammern! Ein rauschender Jubel bezeigte den lebhaften Anklang- den diese Worte in der Versammlung sanden. Der anwesende Präsident der Zweiten Kammer Appel lationsrat I). Haase erwiderte den Toast mit Worten des Dankes, indem er zugleich im Namen beider Kammern, deren Mitglieder zu dem Feste eingeladen worden waren, der Schützcngejellschast die besten Segenswünsche brachte. Als Mitglied der Brüder schaft gedachte er sodann auch in einem besonderen Toaste der hochverdienten Staatsminister Sachsens, als der Männer, welche die höchsten Leiter unserer wahrhast tonstilutionellen Staatsregierung seien und das Vertrauen Les Königs besähen. Der Vorsteher der Stadtverordneten D. v. Zahn brachte es den 1833 cingeführten Miltelbehörden für Verwaltung und Justiz, der Kreisdircktion und dem Appellations gerichte und deren Vorständen Kreisdirektor v. v. Fal lenstein und Präsident O. Beck, Stadlrat O. Vollsack der Universität, Superintendent I). Großmann dem Rate der Stadt, der Vizevorsteher der Stadtverord neten I). Meisfner der Garnison und der Kommunal- garde und deren Chefs dem Obersten v. Buttlar und dem Major Aster, yauplmann Tüfchner den dermali- gen Ratsdcputierten der Schützengesellschaft, den Stadträtcn II. Seeburg und Söhlmann. Der Beisitzer Kunze brachte in poetischer Rede ..Dank den Deputierten der auswärtigen Schützen gilden für ihre Teilnahme! Dank den Gilden, die uns durch sinnige Geschenke erfreuen! Hoch allen Schiitzengilden im ganzen Deutschen Reiche!" aus. Hierauf erst sanden einige Deputierte anderer Städte Gelegenheit, ihre Glückwünsche auszusprechen, wie dies Buchhändler Rulandt von Merseburg, Ge richtsdirektor Gobert von Borna, Benedictus und Dr. Riessel von Dresden und andere taten. Lauter, allgemeiner Beifallsruf erscholl dem Trinkspruche eines Prcusfen „Ihrer Verfassung" und dem eines andern aus dem Nachbarstaate auf unser Sachsenland nach. Noch manches Wort für die Interessen des Jubel tages mochte in den Herzen der Anwesenden ruhen, aber die allgemeine Fröhlichkeit hatte sich der Ge sellschaft nun so sehr bemeistert, dasf die Rede des einzelnen untcrging. In ihr endete erst spät, nach 8 Uhr abends, die Festtafel. Der zweite Säkulartag, der 5. Juni, war einem groszen Adlerschießen mit Rüstungen gewidmet, bei dem ein Gast, Herr Höpfner von Annaberg, den Köniasschuff tat und den darauf gefetzten Preis, einen silbernen Becher, gewann. Für den Abend aber war auch das schöne tbeschlecht zur Teilnahme an den Fest freuden eingeladcn: ein zahlreich besuchter Ball währte bis gegen den andern Morgen. Am 6. Juni begann ein großes Schieben mit Feuergewehr. An einem ausgestellten Hirsch und einer Scheibe sollten die heimischen und fremden Schützen ihre Kunstfertigkeit beweisen. Nachmittags nahmen die Räume des Schützenhausgartens eine grosic Anzahl Kinder in sich auf, denen eben auch eine für sie genießbare Freude bereitet worden war, damit Erinnerungen an die Jubelfeier auch ihrem Gedächtnis sich einprägen möchten. Karussell, mecha nisches Kasperletheater, Spiele aller Art stunden für ihre Vergnügungen ihnen zu Gebote. Für jedes Kind waren einige Marken ausgcgeben morden, auf die es durch Auswürfeln hübsche Kleinigkeiten gewann. In kindlicher Heiterkeit nahmen di« Kinder an allem teil, was ihnen geboten wurde. Der vierte und letzte Festtag war der 7. Juni, an dem das an dem Tage vorher begonnene Schießen beendet wurde. Das VHI. Deutsche Bundesschießen. Der Julimonat 1884 brachte für Leipzig ganz be sondere Festtage, das VIII. Deutsche Bundesschießen. Schon wochenlang vorher machte es sich bemerkbar, seitenlange Artikel brachte das Leipziger Tageblatt. So wird man es verstehen, wenn wir heute nicht diese 18 Artikel abdrucken, sondern nur einen knappen Aus zug daraus bringe». Es waren wirklich große Tage für Leipzig, an dem die Schützenbrüder aus allen Gauen deutscher Zunge hier zusammcnströmten; da kamen neben den Han noveranern und Rheinländern di« Münchner und die anderen Süddeutschen, Wiener Schützen und eine De putation des Wiener Kemeinderats trafen am 19. Juli al>ends, festlich begrüßt, in Leipzig ein. Und eine besondere Weihe erhielt das Fest dadurch, daß der unvergeßliche König Albert ihm beiwohnte. Im Mittelpunkt der Tage stand der flroße Fcslzug nm 20. Juli. Neber ihn schreibt das Leipziger Tage blatt: „Von 9—11 Ubr ordnete sich allmälig der Festzug I auf dem dazu bestimmten Terrain vom Blauplatz der neuen Börse aus bis zum Kaufmännischen Ver- I einshaus, die Promenade und Ringstraße entlang. Einige Minuten nach 11 Uhr störte man die Töne der Fanfarenbläser, welche der ersten Grupp« des Zuges eingereiht waren, und dem Auge kamen die glänzen den costümirten Gestalt«» dieser Gruppe zur Erjchei- nung. Voran der Stadtherold, eine überaus stattliche Gestalt hoch »u Roß, darauf kamen die bereits ge nannten Fanfarenbläser, di« Schild- und Schwert träger, hinter denen unsere beliebte Bühnenkünstlerin Fräulein Saalbach, als Saxonia auf einem weißen Zelter in wahrhaft imponirender und bezaubernovr Erscheinung folgt«. Dies« wirkungsvolle Eröffnungs gruppe wurde durch die Reiter des Vereins „Sport", welck)« die Banner der deutschen Staaten trugen, be schlossen. Eines sehr herzlichen Empfanges hatte sich di« nächste, ans den nichtdeutschen Schützen bestehende Gruppe zu erfreuen. Originell und amüsant war di« dritte Gruppe anzuschauen, welche das große, gold glänzend« Sternbild des „Schützen" in ihrer Mitte führte. Voran kamen Fahnenschwenker, dann schritten einher Scheibenträger, Zieler, Trabanten und Speer träger, Pritschenmeister, Scheibenträger, hinter denen das Banner des St. Sebastian getragen wurde, worauf Teil und sein Knabe und wieder Fahnen schwenker folgten. Die vierte Gruppe wurde aus den deutschen Schützen in Anhalt, Baden, Braunschweig, Bremen, Hamburg, Hessen, Lippe, Lübeck, Mecklen burg und Oldenburg gebildet. Nunmehr kam die hochinteressante Gruppe, die von den Berussgenossen des hiesigen Gastwirtstandes gestellt war und einen Schützenzug aus dem 18. Jahrhundert darstellte. In buntem Aufzug, der damaligen Zeit getreu, erschienen Fanfarenbläser, der Stadtvogt, Stadtknechte, Stadt pfeifer, der Kranzherr (Schützenkönig), Trommler und Pfeifer, Pritschenmeister, denen sich d«r von Viirgerschützen getragene Gabenhort, welcher Ebr«n- geschenke zum 8. deutschen Bundesschießen entytelt, anfügte; Zieler, Kanzlisten, Rathsherren, Trommler und Pfeifer, Fahnenträger, der Schützenhaupimann und Ctahlschützen vervollständigten die Grupp«, welch« ihren Urhebern zu großer Ehre gereicht hat. Grupp« 6 brachte die Schützen lxr österreichisch ungarischen Monarchie, die mit lebhaften Sympathie kundgebungen überschüttet wurden und der das mun tere Spiel der rothcostümirten Tirolercapelle aus Meran sehr zu statte kam. Eine der schönsten und cfsectvollsten Gruppen war unstreitig die Grupp« 7, die Jagd aus derZcjt des 13. Jahrhunderts darstel lend, dies« Grupp« gestellt zu haben, ist das Verdienst des Bielers'schen Reitvereins. Hornbläser eröffneten diesen Jagdzug, woraus Jäger zu Pferde, Treiber, Jäger und Hörige zu Fuß und zu Pferde, die überaus gut dressirte Meute und ihr berittener Führer, Edel herren und Edelfrauen zu Pferde, eine von Maul eseln getragene Sänfte, der V«utewagen und endlich die Jäger und das Jagdgefolge, Wild-träger und der Küchenwagen folgten. Dieser Zug war überaus historisch getreu gruppirt und herzliches Lachen er tönte, als die Meute gerade, als ob es zu einer wirk lichen Jagd ginge, vorüber marschirte. Auf das lebhafteste begrüßt wurden die bayeri schen Schützen, welck)« in stattlicher Zahl die Gruppe 8 bildeten. Hier hatte man wieder Gelegenheit, den kräftigen Schlag von Menschen zu schauen, der im bayerischen Hochland sein vielbesch-riebenes und viel besungenes Dasein führt. In Gruppe 9 erregte der Festwagen der Germania und der früheren sieben Fcststüdte des deutschen Schützenbundes mit unserer heimischen Schauspielerin Fräulein Wilhelm als „Germania" allgemeine freudige Bewunderung, zu Anfang und End« der Gruppe schritten Friedens boten. Gruppe 10 war die stärkst« Abteilung des Zuges, sie umfaßte die gesamten Schützen aus der preußischen Monarchie, die in sehr beträchtlicher Zahl zum Feste gekommen sind. Eine Prachtleistung war die nächstfolgende Grupp« der „Lipsia", welche sich aus Patriziern zu Pferde, die den Leipziger Reitverein repräsentirten, aus dem Festwagen der „Lipsia" und den Herolden zusammensetzte. Der Festwagen stellte eine Gallione als Sinnbild des Welthandels dar, in welcher „Lipsia" (Fräulein Starcke), umgeben von Kunst und Wissenschaft, Handel und Gewerbe am Steuer stand. Sehr stark vertreten waren in der näch sten Gruppe die Schützen aus dem Königreich Sach sen, in deren Mitte sogar eine Abteilung Reiterei, welche nach der uns gewordenen Mittheilung die Schützengesellschast in Grimma repräsentirte. erschien. Als die allerschönste Gruppe im Zuge in Bezug auf äußere Ausstattung dürfen wir wohl den Festwagen der Flora bezeichnen, in dem Fräulein Petri vom Stadttheater als lieblich anzuschauende Göttin, um geben von Genien, thronte und mit reizendem Wohl gefallen die ihr dargebrachten Huldigungen entgegen nahm. Die drei letzten Gruppen des Zuges waren aus Len Schützen der Reichsland«, aus Waldeck, Württem berg, durch Len Wagen des Bundesbanners, dem sich di« Oberbürgermeister von München und Leipzig, die sonstigen Ehrengäste, die Vorjitzeirden des Lentral- unL Gejamnuausjchusses, der Vorstand des deutschen Schüyenbundes, die Mitglieder des Centralausschuj- ses und die Mitglieder der Fachausjchüsse therls zu Wagen, theils zu Fuß anjchlojsen, und den Leipziger «chutzen gebildet. Eine hübsche Illustration zur Geschichte des VIII. Deutschen Bundesjchießens in Leipzig geben die Zahlen über den Verkehr, über die Frequenz aus den Bahnhöfen. Auf dem Bayrischen Bahnhof kamen am Sonnabend, den 19. Juli, etwa 0809 Personen an. am Sonntag gar 17 000; auf dem Dresdner Bahnhof bezifferte sich die Frequenz der beiden Tage auf zusammen 31 000, auf dem Thüringer Bahnhof aus annähernd 30 000, aus dem Magdeburger aus 30 000, auf dem Berliner auf 24 000 und auf dem Eilenburger auf ca. 20 000 Menschen. Unter den Ehrengaben des Festes war besonders bemerkenswert der Ehrenpreis des Königs Albert, eine große silberne Kredenzkanne. Kaiser Wilhelm hatte einen silbernen Tafelaufsatz gestiftet, ebenso der König von Württemberg, die Herzogin Wera von Württemberg einen kostbaren Trinkbecher. Prinz Lud. wig von Bayern einen goldenen Taschenchronometer, die Kgl. Privileg. Hauptschützengesellschaft in Mün chen einen „Prachtstuqcn". der Badische Landesjchützen- verein ein prachtvolles Trinkhorn, der Zentralaus. schuß des VIII. Bundesschießens einen Tafelaufsatz, die Leipziger Schützengesellschaft eine kostbare Bowle, der Kaufmännische Verein zu Leipzig eine große Standuhr mit Konsole, ebenso die Karlsruher Schützengesellschaft. Und dann gab's noch Hunderte von Humpen, Pokalen, Trinkhörnern, Standuhren. Chronometern und Preisbechern, deren einzelne Aus zählung zu weit führen würde. Werfen wir noch einen Blick auf ein großes lokales Schützenfest, auf das 4S0jährige Jubiläum der Leipziger Schützen gesellschaft. Auch bei diesem Fest, das am 27. Mai 1893 mit einem Festspiel in der Alberthalle seinen Anfang nahm, war besonders glänzend der Festzug zu nennen. Fünf große Grupvcn stellten die fünf Jahrhunderte der Leipziger Schützen dar. Die erste das 15. Jahr- hundert, führte den prächtigen Festwagen der „Lipsia" mit sich. In der zweiten Gruppe fah man Bannerträger. Zieler. Pritschenmeister, den Schützen, könig, umgeben von Ehrendamen und Patriziern und gefolgt von Landsknechten, Bürgern und Bürge rinnen, ferner auf einem Wagen das Modell des ersten Heims der Schützengesellschast. des 1580 er bauten „Ranstädter Schießhauses. Die »texte Gruppe zeigte das plastische Bild de^ ehemaligen Petersschießgrabens. Die letzte Gruppe brachte meh rere Kompanien Schützen zu Fuß und zu Pferd und in ihrer Mitte als Festwagen das Modell des Alten Schützenhauses. Daran schlossen sich an die auswär tigen Schützenkorporationen. Sachsen« Militärver einsbund, die Leipziger Innungen, Gesangvereine und zahlreiche andere Verein« sowie die meisten Turn vereine. Nach dem Festspiel fand am Sonnabend abend ei« glänzender Festkommers statt, der ausgezeichnet wurde durch den Besuch des Prinzen Johann Georg, der als Vertreter des Königs Albert den Jubiläums veranstaltungen beiwohnte. Reiche Ehren und Ge schenke wurden der Leipziger Schützengesellschast zu teil. und aufs neue bewährte sich Leimig als Echützen- feststadt. Das Mitteldeutsche Bundesschiehen ist in Leipzig geboren worden am 30. März 1tz73 in der Zentralhalle in Anwesenheit von zwanzig Ver tretern zwölf mitteldeutscher Städte. Leipzig wurde damals der Sitz des Bundes, und in Leipzig wurde auch vom 17. bis 20. August 1873 da» 1. Mitteldeutsche Bundesschießen abgehalten, ebenso vom 19. bis 22. Auli 1874 das 2. Mitteldeutsche Bundesschießen. Nach 25 Jahren, zum Jubiläum des Mitteldeutschen Bundesschießens, war Leipzig wiederum Feststadt und sah den Besuch des erhabenen Protektors des Bunde», des Königs, in seinen Mauern. Am 2. Juli traf König Albert in Leipzig ein. Der 3. Juli brachte den großen Festzug, von der Iohannisallee beginnend. Da wir aber die Ge schichte des Mitteldeutschen Bundesschießens in einem besonderen Artikel behandeln, können wir hier schließen. Stets haben die großen Schützenfeste in Leipzig durch den gewaltigen Zustrom von Schützenbrüdern und von verqnügungsfrohen Fremden aus allen Teilen Deutschlands gezeigt, daß sich Leipzig großer Beliebtheit erfreute. Willkommen heißen wir auch heute die Schützen in unseren Mauern. Mögen sie sich wohl fühlen hier, wie ihre Altvorderen früher, mögen sie, befriedigt von ihren Erfolgen, fröhlich« Tage in Leipzig verleben und aus Ueberzeugung mit uns einstimmen in den Ruf: „Mein Leipzig lob' ich mir!" V. v. stuttlar. vom MlttelüeuMen Lchützenbunü, seinem werüen unü wachsen. Zehn Jahre nach der in Gotha vollzogenen Grün dung des großen Deutschen Schützenbundes trat, am 30. März 1873, in Leipzig der Mitteldeutsche Schützen bund ins Leben. Es war unser hochverdienter, leider zu früh Heimgegangener Mitbürger, Herr F. A. Trietschler, welcher den ersten Gedanken für diese Schöpfung erfaßte und ihn mit der ihm eigenen Energie und Zähigkeit im Verein mit anderen gleich gesinnten, dem deutschen Schützenwesen zugetanen kün digen Männern verwirklichte. So entstand vor fünf undzwanzig Jahren in unseren Mauern der Mittel' deutsche Schützenbund, der, das Königreich Sachsen umspannend, seine Peripherie bis Schlesien, Böhmen, Oberfranken, Thüringen, die Provinz Sachsen, Sachsen-Altenburg und Reuß erweiterte, auch weiter gelegene einzelne Schützenkreise aufnahm, und der zu seinem ständigen Sitz Leipzig erwählte. Hier, an der Wiege des Mitteldeutschen Schützenbundes, soll nun auch sein 38. Bestehen auf das glänzendste gefeiert werden. Es war am 30. März 1873, als sich in der Zentral halle zu Leipzig aus 12 Städten Mitteldeutschlands (Preußen, Sachsen und Thüringische Staaten) 20 Schützen, welche insgesamt 171 Stimmen ver traten, mit einer Anzahl Leipziger Schützen ver sammelten, um über die Gründung eines Mitteldeut schen Schützenbundes zu beraten. Die Versammlung leitete Friedrich August Trietschler aus Leipzig, einer der eifrigsten Schützen seiner Zeit, welcher unentwegt und unermüdlich, selbst auf dem Krankenlager noch, bis zu seinem Tode ununterbrochen den Vorsitz im Bundesvorstände führte. Fr. A. Trietschler wurde am 10. August 1831 in Zittau geboren; er verheiratete sich am 2. September 1858, betrieb bis 1891 in mehreren angesehenen Lokalen Leipzigs die Gastwirtschaft (während des Turnfestes 1863 war er Wirt des Burgkellers) und starb als Privatmann am 28. April 1895 in Leipzig. Von den Mitgliedern des ersten Bundesvorstandes lebt nur noch einer, es ist der hochverehrte stellver tretende Bundesvorsitzende Otto Hüffler aus Leipzig, der seit jener Zeit aufopfernd und pflicht getreu bis auf den heutigen Tag seine Vorstands pflichten erfüllt und ein Vorbild edler Schützen tugenden geworden ist. Die erste Stadt, welche dem aus 619 Mitgliedern bestehenden Vereine vom 17. bis 20. August 1873 ihre gastlichen Tore zur Abhaltung des I. Mittel deutschen Bundesschießens öffnete, war Leipzig. Verbunden wurde das Fest mit dem 3 Preisschieben der Leipziger Schützenaesellschaft. 498 Schützen, darunter Vertreter der Schweiz, betei ligten sich an dem Schießen nach den aufgestellten 12 Stand- und 7 Feldscheiben; je 2 Festscheiben auf Stand und Feld waren aufgestellt; 46 Becher wurden ausgeschossen. Der Festkommers wurde durch die „Leipziger Liedertäfler" trefflich unterstützt, am Dienstag der Festwoche wurde ein Feuerwerk abge brannt, welches Schaustück später bei jedem Bundes schießen geboten wurde. Zwar blieb der Erfolg des Festes hinter den Erwartungen zurück, dennoch wurde vom 19. bis 22. Juli 1874 das I. Mitteldeutsche Bundesschießen abgehalten, und zwar mangels einer anderen Feststadt wiederum in Leipzig. Laut Statut wurden zwei Drittel des Kaffenbestandes zu Preisen gestiftet. Am letzten Festtage wurde eine Feldscheibe im Schnellfeuer beschaffen. Jeder Schütze konnte innerhalb 3 Minuten soviel Schüffe auf diese nicht wechselnde Scheibe abgeben, als ihm möglich war; hierauf wurde die Zahl der Treffer ermittelt. Diese „Schnellfeuerscheibe" beschaffen 15 Mann. Die Punkte auf den gewöhnlichen Scheiben wurden für jeden Tag besonders berechnet und mit ie 26 bis 34 Pf. bezahlt. Die Feldfestscheibe wurde diesmal „Kaiser Wilhelm", die Standfestscheibe „König Albert" genannt. Eingegangen waren 109 Ehren gaben, darunter befanden sich 44 au« Leipzig. Zwei Drittel der Schützen erhielten Preise. Auch eine Dame. Fräul. Mant'l au» Dresden, erschoß einen Becher. (Fräul. Mant'l war bi« 1897 Mitglied de» Bundes.) In der Generalversammluno. welche katzungsgemäß an jedem Bundesschießen abzubalten ist. wurde u. a. beschl»ffen. in den Jahren, in denen ein „Deutsches Bundesschießen" stattfindet, von der Abhaltung eines Mitteldeutschen Bundesschießens abzviehen. Die Wahl der nächsten Feststadt bereitete anfangs wieder einioe Schwierigkeiten, und es wurde dem Vorstand« überlasten, in dieser Frao« mit Maade. bürg zu verbandeln: später beschloß man. das III Mitteldeutsche Bundesschießen vom 8. »4« 10. August ILM tu MeuSurg «Verhalten. Hier wurde am ersten Festloge da« für oa. 800 von der Firma I. A. Hietel i» Leipzig hergestellte Bunderbanne, in Gegenwart de» Festpräsidenten Wagner-Altenburg und des Bundespräsidenten Trietschler auf dem Schützenplatze geweiht. Als Zeugen waren geladen: Se. Hoheit Herzog Ernst und Erbprinz Moritz von Sachsen-Altenburg, ein Ver treter der Feststadt, der Präsident de» „Deutschen Schützenbunde»" Iustizrat Sterzing-Gotha, die Ver. einsmitglieder Stier-Gotha und Richters-Magde burg. Die fürstlichen Zeuaen hatten Vertreter ge sandt und ließe» einen großen silbernen Pokal und eine große Kristallglasschale mit silbernem Fuß als Geschenke überreichen. Ferner Übergab Richters aus Anlaß der Weihe das in massivem Silber getriebene Wappen der Stadt Maqdebura. Da« Bundesbanner zeigt ans einer Seite auf weitzseldenem Grunde den deutschen Reichsadler, auf der andern (roten) Seite die in Silber gestickte Schrift' Mitteldeutscher Schützenbund. gegründet am SO. März 1873. Jede Seite führt in sinniger Zusammenstellung die deut schen Rcichsfarben. Das Konkurrenzschießen, mit dem zuw ersten Male in Altenburg das Schießen er öffnet wurde dauerte 1 Stund« 38 Minuten. Die Güte der Treffer auf Standfestscheibe wurde nunmehr mit der für 107,50 neu angeschafften Teiler maschine genau ermittelt. Das IV. Mitteldeutsche Bunde», schießen fand am 15. bis IS. Juli 1877 in dem reizend gelegenen Annaberg statt, das sich freiwillig zur Ausrichtung des Festes erboten hatte. Neu war hier die Aufstellung von Ehrenscheiden, den jetzigen Meisterscheiben. Zweierlei Festbecher konnten er rungen werden, und zwar kleinere in Römerform für 100 und größere in Becherform für 200 Punkte. Be sondere Bewunderung erregte im Festzuge die Verg- paradeabteiluna. Beim Festbankett wurde der an läßlich der Weihe des Bundesbanners von Sr. Hoheit dem regierenden Herzog von Sachsen-Altenburg ge schenkte Humpen beim Toast auf Kaiser Wilhelm l. und König Albert von Sachsen, welch letzterer die Teilnehmer des Festes durch ein Telegramm huldvoll begrüßt hatte, eingeweiht. Der Ehrenvorsitzende des Festausschusses, Herr Dr. jur. Böhme in Annaberg, wurde in dankbarer Würdigung seiner Verdienste zum Ehrenmitglieds des Bundes ernannt. Schön, sehr schön waren die Tage in Annaberg, schließt Trietschler einen seiner Festberichte. Jnjotge des im irächiren Jahre stattfiirdenden Deurjchen Bundesschießens in Düsseldorf serene man das V. Mitteldeutsche Bundesschießen vom 27. bis 31. Juni 1879 in Magdeburg. Das Fest wurde gegen früher um einen Tag verlängert, tzlaggenschmuck der Häuser uird Fejtzug untervlreven, dennoch fand ein herzlicher Eurpjarrg statt. Die Preise sür die Sieger beim Konlurrenzschießen be standen in silbernen Lorbeerkräirzen, die aus blauen Atlaskissen ruhten. Als Neuerungen sind die Prä gung eurer Festmedaille mit dem Bilde des Doms von Magdeburg und die Benennung zweier Fest- scheiben nach gestörten zu erwähnen. In der am 27. Juni abgchaltenen Generalversammlung wurde der jetzige Bundespräsident Earl Liidecle-Lerpzrg, ein ausgezeichneter Schütze urrd eifriger Förderer Les Schützerrweseirs, in den Vorstaird berufen. C. Lübeck« wurde geboren am 18. November 1835 in Wittenberg und ist zurzeit Lotalrichter in Leipzig. Seit 1879 war er stellvertretender Vorsitzender, und nach Trietschlers Tode wurde er Bundespräsident. Fast in jedem Jahre hatte der neugegründete Bund den Tod eines Vorstandsmitglieds zu beklagen. In der oben erwähnten Sitzung wurde noch beschlossen, daß Las Rechnungsjahr nicht mehr mit dem 30. Juni, sondern am 31. Dezember endigen solle. Durch den Besuch Sr. Majestät des Königs Albert von Sachsen und Er. Königl. Hoheit des Prinzen Georg, Herzog zu Sachsen, wurde Las vom 11. bis 15. Juli 1880 in Pirna abgehaltene VI. Mittel- deutj che Bundesschießen ausgezeichnet. Die hohe» Gäste zeigten trotz der ungünstigen Witterung reges Interesse am Schießen und an den Vortrügen der vereinigten Gesangvereine Pirnas. Als Fest platz mar der große Artillerie-Exerzierplatz mit seinen bewaldeten Höhen im Hintergrund« gütigst überlassen worden. Herr Amtshauptmann v. Ehrenstein, jetzt Kreishauptmann in Leipzig, begrüßte in herzlicher Weise beim Kommers die fremden Schützen. Beim Schießen wurden zum ersten Male Serienkarten, und zwar zu 100 Schuß, ausgegeben, von denen die mit den meisten Treffern Prämien erhielten. Laut Ge. neralversammlungsbcschluß erhöhte man die Zahl der Vorstandsmitglieder von 9 auf 10. Den Glanzpunkt der Vergnügungen bildete eine nächtliche Elbsahrr, die wie durch Zaubergewalt die Teilnehmer in das Reich der Märchen versetzte. Beide wie mit leuch tenden Perlschnüren eingefaßten Ufer von Wehlen - bi? Pirna erglänzten im Feuerscheine. Leuchtfeuer er hellten die Bergoorspriinge, tausendfach hallte das Echo vom Donner der Völler und Büchsen. Sehr unter der Unbill des Welters hatte das vom 11. bis 18. Juni 1882 in Berlin veranstaltete VII. Mitteldeutsche Bundesschießen zu leiden, das mit dem 7. Brandenburgischen Provin zialbundesschießen verbunden wurde. Auf dem Schießplätze zu Weißensee bei Berlin waren 50 Schei ben aufgestellt, von denen 25 für di« Schützen dien ten. die nicht freihändig, sondern aufgelegt schossen. Den ersten Konkurrenzbecher schoß Hoppe-Licguitz auf Stand in 20 Minuten. Gesangsaufführungen. Feuerwerk und ein großes Trabwettfahren sorgten für Abwechslung während der Festtage. Nach dem Fest« erfolgte auf gegebene Anregung die Druck legung eines Mitqliederverzeichniffes, auch wurde seit dieser Zeit dem Rechenschaftsbericht« das Verzeichnis des dem Bunde gehörigen Besitzstandes beigefügt. Nock vor Beginn des vom 17. bi» 21. Juni 1883 in Dresden adgehalttnen 8. Mitteldeutschen Bundesschießen», welches sowohl durch den Be such des Festplatzes von feiten Sr. Mas. des Königs und Sr. Kgl. Hoheit des Prinzen Georg, als auch durch Stiftung zweier Ehrengästen beider hoher Gön ner verherrlicht wurde, beschloß der Bundesvorstand, fernerhin die Hälfte der Schützen auf jeder Festfcheibe zu prämiieren und das behufs Erringung von Hah- nenbändern beschlossene Gesellschaftsschieben, zu welchem für jede beim Bunde beteiligte Schützengesell- schast je drei Schützen auserlesen werden durften, „Desellschastswettschiehen" zu benennen. Für das Ausschießen einer Festmünze setzt« man 20, für die Erlangung eines silbernen Becher» 150 Punkte auf Stand oder Feld fest. Das Fest leitet« ein groß artiger F«stzug ein, den Se. Majestät vom Balkon des Schlosses rn Augenschein zu nehmen geruhte. Zahl reich waren die Schützen erschienen, und ein reger Wetttampf entspann sich um die gesttftelen Fahnen bänder. Statt der früher üblichen Schußmarken hatte man di« viel praktischeren Schutzkarten eingeführt, und die Abrechnung der geschossenen Punkte geschah nicht mehr an jedem einzelnen Schietztaqe, sondern erst nach Schluß des Festes. Soviel Anklang fand das Schießen, daß es bis auf den Freitag ausgedehnt wurde. Herr Oberbürgermeister Dr. Stübel in Dres den (gest. 1895), welcher den Vhrenvorsitz im Fest ausschuß übernommen hatte, wurde für die dem Bunde erwiesenen hohen Verdienste zum Ehrenmit glied« ernannt, welche Ehrung in den nachfolgenden Feststädten den Ehrenvorsitzenden ebenfalls zuteil wurde. — In Dresden waren 68 411 Schutz abgegeben worden; über ISO Kilogramm Pulver wrucheg tu