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1910 Anzeigen-'PrciS MipligtrTagtblM Handelszeitung 25« Amtsblatt Les Rates und des Notizeiarntes der Ltadt Leiuzig !04. Jahrgang Sonntag, üen 17. Llprtt 1910. Nr. los 8^.10 L 85.18 L 21b.NL !.7S l.50 N N A> » 5 5 WLS >tvr. 81.10 L 80.50 L lOL SOL 168.85 L 80.8SL 80.55 L 80.SSL it 1I>. >008. * Nach einer Londoner Meldung aus Tschang - scha in der chinesischen Provinz Honan ist der dor tige Gouverneur bei den Unruhen schwer verwundet oder getötet worden. m pkal. 148-dr N.-L ZU« ItS- N.87S U2Ll Z 811Ä 85L KL 55L NL s^.8 * Der Reichstag überwies am Sonnabend das Reichsbesteuerungsgesetz und die Vorlage Uber Deckung von Ausstandsausgaben für Südwestafrika zur Kommissionsberatung und nahm die Begründung der Fernsprechgebüh renordnung entgegen. sS. Reichstagsb.) 'S 21 U 5S * Wie aus Tokio telegraphiert wird, ist ein japanischesUnterseeboot gesunken, wahrend es in der Hiroshimabai manövrierte. * Der Bundesrat hat in seiner Sonntags- Sitzung dem Entwurf eines Kolonialbeamtsn- Eesetzes die Zustimmung erteilt. tl Uk. ^L 80 L 82L 50 L — L -L LV 8. -L * Die Wahlrechtskommission des preußi schen Herrenhauses hat am Sonnabend ihre Arbeit begonnen. sS. Dtschs. R.) der direkten Wahl nach den Vorschlägen der Regierung und die Einführung der geheimen Wahl nach dem Vorschlag der Majorität des Abgeordnetenhauses. Exzellenz Hamm, dieser noch immer vorbild lich junge Nationalliberale, dieser Katholik mit freiem Manncssinn, der auch uns Leipzigern unvergessen ist, hat diese beiden Erundforde- rungen am Freitag von neuem im Herrenhaus stabiliert. Er hat damit den geraden Weg ge zeigt, den die Nationalliberalen zu gehen haben, und man sollte meinen, daß die Lebensarbeit dieses tapferen und besonnenen Mannes seine Vorschläge vor dem leisesten Verdacht der Ufer losigkeit wie der Demagogie schützen müßte. Wenn es nicht so komisch wäre, wäre es gerade zu betrüblich, daß diese beiden Forderungen der direkten und geheimen Wahl im Herrenhaus vom Grafen Mirbach mit einem demagogischen Vorgehen verglichen werden konnten. Graf Mirbach hat den famosen Vorwurf freilich in einer ta^on 'Io parier äußerlich abgeschwücht, in dem er sagte: Man könne den Vorwurf machen, aber er wolle nicht so unhöflich sein. Aber auch in dieser Form büßte der Ausspruch an seinem Charakter nichts ein und beweist nur, wie unbelehrbar die geborenen Konservativen sind. Die Taktik der Nationalliberalen war ja von Anfang an klar darauf gerichtet, die Fühlung bei der Behandlung der Wahlrechts angelegenheit nicht zu verlieren, die grundsätz liche Geneigtheit zum Verhandeln vielmehr stets zu betonen und sich in keinem Stadium der Verhandlungen durch ein Entweder-Oder die Mitarbeit abzuschneiden. Wer die Verhältnisse in der Partei, insbesondere'in Preußen, kennt, kann dieses Vorgehen nur billigen. Es würde vermutlich der Einigkeit in der Partei nicht dienlich gewesen sein, wenn durch schroffes Be stehen auf unerfüllbaren Forderungen von vorn herein die Möglichkeit zum Zusammengehen mit dm Konservativen ausgeschlossen worden wäre. Es würde auch der neuen Blockmajorität den willkommenen Anlaß geboten haben, zu sagen: „Ihr seht ja, mit den Nationalliberalen ist nicht zu arbeiten". Und dieser Hinweis würde manchem eine Entschuldigung für das Verharren der Konservativen an der Seite des Zentrums auch in dieser Frage gewesen sein. Gegen die Wahlrechtsvorlage in ihrer Ge stalt von Gnaden der Konservativen und Ultra montanen haben die Nationalliberalen im Ab geordnetenhaus stimmen müssen, und es ist nicht eine Stimme in der Parei laut geworden, die der Fraktion dieserhalb den geringsten Vorwurf zu machen sich getraut hätte. Das ist gerade für den Kenner der Verhältnisse sehr viel wicht- tiger, als es scheinen mag, es ist ein sicheres Zeichen für die instinktive Erkenntnis in allen Kreisen des Nationalliberalismus, daß ein Paktieren mit den durch das Zentrumsbündnis diskreditierten Konservativen für die Partei lebensgefährlich wäre. Sollen wir noch auf Oletzko-Lyck-Johannisburg Hinweisen. Für die große Masse der Wähler kommt es auf die Unterschiede zwischen Reichs- und Landespolitik absolut nicht an. Das Volk drückt seine Ansichten über die Reichspolitik bei Landtagswahlen und über die Landcspolitik bei Ncichstagswahlen völlig ungeniert aus. Deshalb erlauben wir uns, das hocherfreuliche Resultat der Wahl im Kreise des verstorbenen Reichstagspräsidenten als ein gutes und zuverlässtgesSymptom für die Stim mung der Wählermassenin der Wahlrechtsvorlage anzusehen. Und wir vermuten nicht ohne Grund, daß gerade die bisherige tapfere und zuver lässige Haltung der Fraktion in der Wahlrechts vorlage ihr die Sympathien dieses kernpreußi schen Kreises mit zugeführt haben. Mag die Verlockung deshalb auch noch so groß sein, mag die alte löbliche Neigung der Partei zum Mit schaffen auch noch so sehr dazu drängen, durch Nachgiebigkeit die von der Regierung ver heißungsvoll vorgehaltene Vergrößerung der Stimmbezirke zu erlangen, so ist doch das ganze Gesetz, auch mit dieker positiven Verbesserung, zu jämmerlich, als daß es den Umfall rechtfertigen könnte. Wir haben nicht das Recht, der konservativen Fraktion des preußischen Abgeordnetenhauses Vorschriften zu machen. Wenn sie ihre bisherige, zweifellos geschickte, freilich auch nicht ganz ge fahrlose Taktik fortführen will, so wird sie ihre guten Gründe dafür haben. Aber dazu glauben wir die Zeit gekommen, um mit allem Ernst darauf hinzuweisen, daß die größten Rücksichten aufdieEestaltungdes deutschen wie despreußischen politischen Lebens, die wichtigsten Rücksichten auf das Wohl der eigenen Partei die Fraktion davor bewahren müssen, eine Vorlage anzu nehmen, für die das Epitheton „ungeheuerlich" noch schmuckhaft ist, und damit den Weg zur Sanierung unserer ganzen politischen Verhält nisse auf lange Zeit hinaus zu verbauen. Wie der Kampf gegen die klerikale Uebermacht ins besondere weitergeführt werden soll, wenn die preußische nationalliberale Fraktion in die klerikal - konservative Majorität eintritt, ohne ihre wirklich bescheidenen Forderungen der direkten und geheimen Wahl durchzusetzen, erscheint uns völlig rätselhaft. Damit hätte sich der Nationalliberalismus schuldig gemacht an der Stabilierung der ultramontancn Herrschaft in ganz Deutschland. Dieser unabsehbaren Folgen wegen, die durch die neuerlichen Lockrufe der Regierung nicht als völlig ausgeschlossen angesehen werden dürfen, haben wir es für nötig gehalten, beizeiten zu warnen. Auf der nationalliberalen Fraktion des preußischen Ab geordnetenhauses ruht eine immense Verant wortung, möge sie sich ihr gewachsen zeigen. Vie preußische Mage. Das Schicksal der preußischen Wahlrechtsvor lage ruht im Schoße einer Herrenhauskom mission von zwanzig Mitgliedern, und den Par teien ist eine kurze Frist zur Ueberlegung ihrer Wahlrechtstaktik gegeben. In Betracht kommen hier eigentlich nur die Konservativen und die Nationalliberalen, da von den übrigen eine Aenderung in der Haltung kaum zu erwarten ist. Die große Frage ist jetzt: ob die National liberalen sich durch die Lockungen der Konser vativen und der Regierung dazu bestimmen lassen, mit in die klerikal-konservative Majorität für das Gesetz einzutreten oder nicht. Wir haben der tapferen und doch nicht intransigenten Haltung der preußischen Fraktion die Anerken nung nicht versagen können. Die Künste der Verführung werden jedoch täglich raffinierter, und wer die Ereignisse zu deuten und aneinander zureihen weiß, kann sich nicht verhehlen, daß eine direkte Aktion zur Verleitung der Nationalliberalen im Gange ist. Diese Aktion knüpft an gewiße taktische Unklarheiten in ein zelnen Reden nationalliberaler Abgeordneter an und ihre letzte Offenbarung war die Kund gebung des Ministerpräsidenten im Herrenhause, der die Drittelung in den Urwahlbezirken ver wirft und die Vergrößerung der Stimmbezirke den nationalliberalen Wünschen entsprechend von neuem vorschlägt. Es ist ganz richtig, daß die Erfüllung dieser nationalliberalen Forderung eine für die Praxis erhebliche Verbesserung oes Gesetzentwurfes bringen würde, und gerade darum ist die Gefahr nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen, daß ein solches Zugeständnis die Fraktion im Abgeordnetenhause zur An nahme des Entwurfs in Gemeinschaft mit den Konservativen und dem Zentrum bewegen könnte. Wir würden dies für den größten politischen Fehler halten, der gegenwärtig be gangen werden kann. Auf Jahre hinaus wäre das Ansehen der Partei bei den Wählern erschüttert, und nicht nur in Preußen, sondern im ganzen Reiche würden die Folgen bei den Wahlen des Jahres 1911 zu spüren sein. Nachdem so viel und so heftig über die partei-egoistische Skrupellosigkeit des Bünd nisses zwischen den Konservativen und den Klerikalen gescholten worden ist, müßte es direkt ruinös werden, wenn jetzt die national liberale Partei in diese feste Majorität ein treten wollte, ohne die einfachsten und natür lichsten Forderungen ihres Programms und der weitaus größten Anzahl ihrer Wähler durchzu setzen. Darunter verstehen wir die Einführung lü» Initiale au« e«<pzig »na Umpedimi dl« Kgeipallene 50 mm breit» Petitzeile 25 bt« 74 mm brate NeNamejeile I vou aaswän» M Reklamen l.Ä) Ins»ra«e v»n Behörden 'M amtlichen leit die 74 m« breit» Petit,eil» 40 9Z. G»schLit5nn,einen mit P avimrlchnste» und t» der Abendauraad« un Preiie ereil' Rabatt nach Tarst. Beilageaebübr 5 p. Tausend exkl. Postgebühr. Hestert eilt« «ustrLge können nicht zurück- gezogen werben. Für da» Erscheinen an beitiminken Tagen und PILpeu wird keine Garantie übernommen. Anzeigen-Annahme: Auguftubvlatz !n, bei sinnlichen Filiale» n. allen Annoncen- iLjpeoitionen de« In- und Auslandes z?anpk-Filiale Berlin: Lari Dnucker Herzogl. Bohr. Hofbu - bandlung, Lützowftiatze IV !Le:ephon VI. Ar. 4->B) Hauvt-Filiaie Dresden: Stcltrabe i «Telephon 4621). )L >8. idr * Der erste Landesparteitag der Fortschritt lichen Nolkspartei im Königreich Sachsen findet am 2t. April in Dresden statt. (S. Dtschs. N.) o> 1 ! «5 1/nb > - Nt 2l'ü75 Das Wichtigste. * Aus allen Teilen des Reiches liegen Meldungen über die Ausdehnung der Bauarbeiter-Aus sperrungen vor. (S. d. bes. Art.) >.-L ^-L z-L s.40L 10L reo. i«e»lol> ktI g«d»aä«t. °»t«ach IVi. 4) 1./Ü. o. i.,Ä. , 1-8^ 1VS.». i. I8)l)t«ot,» -L 508- ZZL >ä«s «u. llki«, Oer Kvnlerusüsums unü Sie Ksuenüemegung. Der Dresdner Ortsoerein für Frauen- st i.m mrecht veranstaltet in den nächsten Wochen einen Vortraaszyklus über die politischen Par teien im Deutschen Reiche. Es ist ihm ge lungen, eine Anzahl bekannter Politiker der ver schiedensten Richtungen für diese Vorträge zu ge winnen. Als erster Redner sprach am Freitag abend im Kleinen Saale des Gewerbehauses Geh. Hofrat Opitz. Vizepräsident der Zweiten Stände kammer, üüber die konservative Partei. Der Abend wurde von Frau Marie Stritt mit einer begrüßenden Ansprache eingeleitet. Sie wies darauf hin, daß der Verein nicht auf parteipolitischem Stand punkte stehe, und daß seine Mitglieder vas Bestreben Hütten, sich über alle modernen politischen Strö mungen zu unterrichten und über die Welt anschauungen, in denen die Grundsätze der einzelnen Parteien wurzeln, zu informieren. Sie könne mit Dank konstatieren, daß sich zu dem geplanten Vor tragszyklus Vertreter aller Parteien zur Verfügung gestellt hätten. Nunmehr ergriff Geh. Hosrat Opitz das Wort zu seinem Vortrage. Er sei der Einladung hierzu mit Vergnügen gefolgt, trotzdem sei er mit einer ge wissen Befangenheit an seine Aufgabe hcrangetreten, einmal, weil ihn die Einladung während der sehr anstrengenden parlamentarischen Tätigkeit getroffen habe, und das anderemal, weil er nicht genau sagen könne, ob seine Ausführungen bei den Damen das selbe Interesse finden würden, wie vielleicht bei den Männern, lieber die konservative Partei spreche er bier mit besonderer Freude, denn er habe sein ganzes Leben im Dienste des Konservatismus gestanden. Es würde ihm sehr angenehm sein, wenn er mit seinen Ausführungen Sympathien in der heutigen Ver sammlung für die konservative Sache erwecken würde. Der Konservatismus und der Liberalismus seien zwei verschiedene Weltanschauungen. Der Konservatismus bestrebe sich, an eine ethische Weltanschauung anzuschlicßen. und durch den konser vativen Gedanken ziehe sich wie ein roter Faden der Monarchismus und das C h r i st e n t u m. Seine Partei sehe den Monarchismus als die zweckmäßigste Regierungsform an. Bei der republikanischen Regic- rungsform mit der Wählbarkeit des Präsidenten komme nicht immer die richtige Persönlichkeit an die Spitze des Staats: denn das Volk könne sich bei der Wahl sehr leicht und schwer durch Stimmungen täuschen laßen. Der Konservatismus stehe ferner auf dem Standpunkte, daß die Parlamente im Staats wesen nicht allein ausschlaggebend sein dürften, son dern der Monarch müße die Grundsätze der Regie- rungsform persönlich mit anqeben Nur eine starke Monarchie, die auf höherer Warte stehe, könne in kri tischen Fällen wirksam eingreifen. Der Konservatis mus sei aber auch ein Faktor des sozialen und des po litischen Ausgleichs. In anderen republikanisch regierten Staaten, z. B. in Amerika, herrsche der Goldlack, und in Frankreich würden den Massen allerband Konzessionen gemacht, so daß die Aufhebung der Ordnung nicht mehr außerhalb der Möglichkeit liege. Gegenüber solchen Bestrebungen bilde der Kon servatismus in monarchischen Staaten einen Faktor des Ausgleichs. Der Konservatismus sei aber auch jederzeit ein Freund des wirklichen und berechtigten Fortschritts gewesen. Er wolle selbstverständlich das wertvolle Bestehende auch für die Zukunft er halten und daneben auch dem guten und zweckmäßigen Neuen Eingang verschaffen. Infolgedessen sei die konservative Partei weit davon entfernt, rückständig zu sein, sondern sie sei eine Fortschrittspartei im edelsten und besten Sinne des Wortes. Sie tret« keiner ein für die Aufrechterhaltung der Ordnung in Staat und Gesellschaft. Jeder verständige Mensch werde sich dieser Ordnung gern fügen.weil er wisse, daß dies im Interesse der Allgemeinheit sei. Auch in liberal regierten Staaten, z. B. in England, habe der Konservatismus seine dominierende Stellung be hauptet. Der Redner ging nunmehr auf die Stellung der konservativen Partei zur Frauen- >4ü94üUg--<i Siöll«. 2-se^qS.PreiS für e«lvz:a und Barortr durch n»iec« Träger und Hpedlicure 2ma> täglich in» hau« gebracht: 90 2, monatl., 2.7V merteljährl Bei unlern Filialen u. An» nahmellellen adgeholi: 7S H manatl., u.rs vierreljödrl. Durch dir Poft: innerdaid Deuii-bland» und der druvchm »olvnien vierlclläkrl ll.vi) monatl. l.20 auilchl. Poftbeliellaeld. Ferner 'N Belgien, Dänemark, den Donaustaaten, .Italien, Lnremburz, Niederlande, Nur» menen, Lesierreich - Ungarn, «»bland, Schweden, Schwei, u. Spanien. In allen übrigen Staaten nur direkt durch di» Ge:chttt«siell» bei Blatte» erhiltlich. Ta« Ueivziger Tageblatt erschein: 2 mal löglich, Sonn- o. Feiertag« nur morgen«, "ldonne» rnl-Annuum«: Augullu-Platz 8, de: unseren Trägern, Filialen, Spediteuren i.nd Annabmestellen, sowie Postämtern und Briefträgern rinjelveckautcprei« »er Morgen, luögad« IV der -5bendau«gabe S »b, Nedaktton und Geschäftsstelle! Johanmtlgasse 8. F-rnwrecher: 14692. 14696. 14694. frage ein. Das konservative Programm berühre aUerviugs die Frauensrage tatsächlich nicht, doch >er es io gehalten, dag er in der Lage jel, die Frage aus Gruno bes lonfervaliven Programms zu beantworten. Die kontervallve Partei erblicke die Hauptaufgabe der Frau bariu, day ge aua) m Zulunst die we- f ä h r t i n d e s M a n n e s, und dag sieHausfrau und Mutter sei. Die Frauen,rage sei eigentlich erst durch den sich iminer mehr ausvreitenden I n - o u st r t a l i s m u s entstanden. Staat unü Eefetl- jchaft müßten so eingerichtet jein, daß die Frau eine ihrer Leoeutung entsprechende Stellung erhalte. Hundertraujenbe von Frauen aus Arbeiterkreijen harten allerdings lohnende Beschäftigung in der In- dthtrie gefunden, buch würden sie dadurch ihrer Fa milie entzogen. Auch bei den Frauen der höheren und mittleren Stände, die sich der Frage mit lobens werter Energie angenommen hätten, mache sich das Bedürsnis nach der Lösung der Frauenfrage immer mehr bemerkbar, und zwar in erster Linie infolge der immer mehr zunehmenden Ehelosigkeit. Der Konservatismus könne sich nicht auf den Standpunkt der sogenannten freien Menschenrechte stellen, weil da mit das Prinzip der freien Liebe und die Erziehung der Kinder in allgemeinen Findelhäusern verbunden sei, wie dies Bebel in seinem Buche über die Frau des näheren ausgeführt habe. Trotz dieses Buches sei Bebel nachgewiesenermaßen ein ireuer und liebe voller Ehegatte gewesen. Er persönlich stehe also nicht auf den in seinem Buche wiedergegeöenen An sichten. Bei der Durchführung des Gedankens der allgemeinen Menschenrechte würde die Menschheit sicher einem Abgrunde entgegengeführt werden. Notwendig sei es, bei der Industrie Einrich tungen zu schaffen, wodurch die Mithilfe der Frau mehr und mehr entbehrt und diese wieder dem Hause zuqeführt werden könne. Notwendig sei auch eine Hebung der Lage der mitt leren Stände und eine Zurückstellung zu hoch geschraubter Ansprüche an die Lebens haltung. Die konservative Partei sei bereit, hier mil- ,zuwirken, wo dies nötig sei. Selbstverständlich sei es auch wichtig, den Frauen andere Berufe, z. B. die kaufmännischen, die Anstellung bei der Post und den Telegraphenämtern usw. zu eröffnen und ihnen den Besuch höherer Schulen und das akademische Studium zu ermöglichen. Alles dies seien jedoch nur Palliativmittel, die Hauptsache müsse immer bleiben, die Frau wieder an die Seite des Mannes zurückzuführen und darauf hinzuwtrken, daß die Eheschließungen wieder zunehmen, um so mehr, als auch zahlreiche andere Berufe der Gesundheit der Frau nicht zuträglich seien. Die ganze Gesellschaft müsse mithelfen, der Frau wieder diejenige Stellung zu schaffen, die ihr gebühre, und die konservative Losung taute in dieser Frage nicht: „Los vom Mann", sondern „zurück zum Mann". Der Redner schloß mit den Worten Schillers: „Der Menschheit Würde ist in eure Hand gegeben . . ." und fand mit seinen Aus führungen lebhaften Beifall. An den Vortrag schloß sich noch eine lebhafte De batte. Romantiker May. Karl May, dessen Phantasie blitzend in fünf Erd teilen umfuhr, der Romantiker der Rothäute. Araber und fast noch unecfundener Völker, der Romantiker Karl May, für den eine Reise non Bagdad nach Stamdul eine Kleinigkeit war. weil er täglich Strecken vom La Plata zum Himalaia, von den crussterbenden Wildwestrittern der Union zu Afrikas vergcssensten Wüstensöhnen bereiste: der gro,;e Golt der jungen Bleichgesichter wird jetzt seinen Kunst- tomahawk begraben müssen. Der große Gott starb nicht in den Gefilden Winnetous: der Krie^srat, der im Schöffengericht Eharlottenburg dieser Tage zur Verhandlung saß, hinterließ den Eindruck, daß hier der greise Romantiker ein ganz nüchtern europäisch Ende fand. Dis Geschichte des Mannes ist in jeder Rück sicht interessant. Indianisch edel und lakonisch z-i- nächsi die Verteidigung, die er der Anschuldigung eines Beleidigers — der hatte ihn „einen geborenen Verbrecher" genannt — vor den Richtern entgegen warf. Der Beleidiger halte, wie er meinte, Grund zu dem Epitheton, denn Karl Mays Sauaw selbst hatte ihm Material geliefert. Da erzählte der Romantiker, daß er zwar vorbestraft sei. aber daß cs immer noch Revolver gebe, wenn man so etwas nicht überleben wolle. Die Sache mit der ungetreuen Squaw ließ ihn kalt. Er stand noch einmal auf und sagte mit de?n Gesicht der inneren Erregung: Es ist ja alles nicht wahr." Das wirkte. Und der Kriegs rat von Eharlottenburg sprach den angcklagten Be leidiger frei. Es war ein Ende, wie es selten ein tritt. Die Romantik im Leben des Dichters blieb ohne Widerspruch. Es war ein feierliches Begraben werden bei lebendigem Leib. Man muß dies be rücksichtigen, wenn man sich von Karl Mays Leiche seiner Hinterlassenschaft zuwendet: nämlich Kail Mays Geist. Vielleicht fünfzig Romanbände. „Aus iuncier Ueberzeugung und reinem Gottesglauben" ge schrieben Er ist ein Jugendschriftsteller und man gab ihn also, obgleich er auch bei untadeliger persön licher Führung ein Eeschmackverdcrber von unzwenel. Hafter Oualität gewesen wäre, den Buben in die Hand. Er schilderte Gegenden, die er nie gesehen, Dinge, die er nie gekannt hatte. Das hätte nichts gemacht auch Schiller schilderte ein Stück Schweiz, das er nie betreten hatte. Dann gab er Phantasie, gab Abenteuer. Auch dagegen wäre nichts einzu wenden: man muß die Einbildungskraft der Jugend anregen, muß sie anfeucrn. Aber er gab Gauner phantasien, die sich literarisch maskierten und von Edelmut trieften. In schön gebundene Bände gepaat gab man sie unbedenklich, kritiklos den Jungen. Kern Kritiker hätte das verhindern können. Jetzt erst wird man die schön gebundenen Bände zur Makulatur werfen: weil zufällig ein Gerichtstermin enthüllte, daß der Romantiker den Jungen eine Variante seines eigenen edlen Lebens vorsekte. Seine Karriere bewegte sich, dem frei« gesprochenen Herrn Lebius und anderen zu- "k. IN. lOVI. -68L sthL S5ÜL k-iSL W 5tck -L 10 L :d»cä-l.-k. b L 94 1N.-L 181L0L N.SUL 1M.Z6L