Volltext Seite (XML)
Bezugs Pre»» m« Hau« g^rachr: US naaaü «rieljttrt «at unf«r» MluU uu-»»itiL«, ad^tzain 1» »PU »«rstjthU. Tmr«» du HUI»! Im«h«ld »«ullchland» »ad d« »««Sch«« Kolonien vtrrtelithri. d.t» »»»all. l^i* autichl. Pokdeilrllocld. ärr»«r m SU,,««, Däoemarl, d«» Domloslaatr«, Jtalj«, il»iemdulL diiederlaad«. «m» w«ge». Onilllcilf Uazarn, «iudlaa», kchwet»«. kchaxi« ». tzpa»«». I» allo, übrige» Staat«» »», dnott durch dch «chchllltlUrü« d«, vlatt«« «rhtlUich. La« vechpg« raqrdlatt ««lch«t« »nM >t»Iich. ko»». ». Fcherta,« »ar mmr^»«. Ld<ma«.u»»unLnnLM»«: »»»»«»«Platz 8, d«> »»Ur«» Lrtger». gUulte», Sp«»a««rE u»d Wumhmegcd«». sowie PoftLlater» »b vriesrrL,««». L«»»,l»«rl,»f«p,«t» »«« vior«». «»»«ad« tv der «dodialgad« »ch» Morgen-Ausgabe. Mp.ngcr TagMalt Handelszeitung. Amtsblatt des Rates und des Rokizeiarntes der Ltadt Leipzig. Änzeiqev-Preis chr IaUrar« «u» rriv«ig nno Umgedu», dch 8,«>i>al'rne dl) MW drri» Pendels« L> 4. dü 74 mu> dreite SteNuinezcilr l »«« »utwärr« ch) Ätrklamro t.Sll ukl Aller«« »«» Beddrde» m amUichrn Lol »U 74 wt» drrit« PeMleU, ttl ch G»ichL,i«anMq«n mu P apourichriit«» und t» do Adrndaudaade im prrn« «rhoor. iitadall «ach aarn. ÄeUage^edüdr ü ^«k ». Lausend e;Ü. Postgebühr. grsteNeilw SultrLge kLnnen nicht zurück- °e»oge» werden, gür da« »lrlcheinea au d«>tt»i»tra Lage» und PlL^n wird lei«, Garaall« übernommen. «apet-rn-Lnuahme: Uuguilu«pl«tz »<. bo sämtlichen Ailtalen u. allen «lnnoncra- itrpeditlone» da« In- uno Lutlanbe». tzlebakttou and Getchatttkell« Iobanniegasie a. gernwrecher: l4«tL läblti. l«<L>4. Haapl.Stltale rre»de«: keeslrav- 4,1 (Lelepbau 4Lll). Donnerstag, üen l0. November ISIS. Nr. 3lv 104. Zshrgsng. Vss Dlchtlglte. * 2« der gestrige« Stadtverordnetensitzung zu Leipzig teilte Oberbürgermeister Dr. Dittrich mit. das, der Theaterausschuß beschlosien hat, die städtische« Theater vom 1. April 1912 ab i« eigene Regie zu nehmen. Als Intendant «vrde einstimmig Direktor Max Martersteig» KN« gewählt. (S. d. bes. Art.) * Die Rekrutenvereidigungen der Gar nisonen von Berlin und Umgebung fanden am Mittwochvormittag im Beisein des Kaiser paares statt. (S. Dischs. R.) * Der Briefwechsel zwischen Prof. Kinder mann und Direktor von Strebel wird ver öffentlicht. (S. d. bes. Art.) * Bei den amerikanischen Kongretz wahlen errangen die Demokraten über die Republikaner eine Me hrheit von 40 Stimmen. (S. d. bes. Art.) * Aus Anlatz der Revolution in Hon duras ist der deutsche kleine Kreuzer „Bremen" zum Schutze deutscher Interessen dorthin be ordert worden. (S. Ausl. u. Letzte Dep.) Zu Simlons Gedächtnis. Am heutigen Luther- und Schillertage ziemt es dem nationalen Liberalismus, dankbar eines Mannes zu gedenken, der vor 100 Jahren das Licht der Welt erblickte und in der politischen Geschichte seines deutschen Vaterlands als Mit glied der Partei der Reichsgründung eine achtungheischende Stellung errang. Martin Eduard Simson; der vier deutschen Parla menten in entscheidungsschweren Stunden präsi dierte, ward am 10. November 1810 in Königs berg geboren. Ein außerordentlich befähigter Mann, der bereits mit 18 Jahren zum Doktor der Rechte promovierte und mit 26 Jahren als ordentlicher Professor selbst eine Lehrkanzel in der Universität seiner Vaterstadt bestieg. Die Stadt Kants war die Wiege jenes spezifisch ostpreutzischen Liberalismus, der mit scharfer, aber begründeter Kritik die Allmacht des Po lizeistaats anfocht und eine Liquidation der überlebten Versassungs- und Verwaltungsformen mit Unerbittlichkeit heischte. Es ist also nicht verwunderlich, wenn Simson gleichfalls von den Ideen erfüllt wurde, die die besten Geister seiner engeren Heimat beseelten. Dazu kam aber als wertvolle Ergänzung in dem Wesen des jungen Rechtsgelehrten noch die heiße Sehnsucht nach einer Einigung der deutschen Nation, die ihm im Verlaufe der Jahre dazu führte, sich der nationalliberalen Partei anzu schließen, der Partei, die ein einiges Reich auf parteilicher Grundlage erstrebte. Dieser geistig aufs beste ausgerüstete Mann, den das Vertrauen seiner Mitbürger bereits in das Stadtverordnetenkollegium Königsbergs berufen hatte, ward ausersehen, seine Vater stadt auf der Frankfurter National versammlung zu vertreten. Mit Basier mann, Beckerath, Dahlmann, Grimm, Mevissen und anderen bildete er hier das rechte Zentrum, die sogenannte Profesiorenpartei, die den Standpunkt vertrat, daß die National versammlung als Organ der Nation eine Ver fassung zu gründen habe. Seine scharfe Auf fassungsgabe, seine kühle Gemessenheit, sein kritischer Verstand befähigten ihn wie keinen Zweiten zur Leitung der parlamentarischen Ge schäfte. Die Mitglieder derNationalversammlung hatten das längst erkannt, sie hatten ihn früh zeitig mit dem Posten des ersten Schriftführers, bald darauf mit dem des ersten Vizepräsidenten betraut und wählten ihn schließlich nach Gagerns Eintritt ins Reichsministerium zum Präsi denten der Nationalversammlung selbst. Unter Simsons Präsidium stimmte das Frank furter Parlament für die Wahl eines „Kaisers der Deutschen"; unterSimson als Sprecher ging die Kaiserdeputation zu Friedrich Wilhelm IV., deren Mission an den Einwirkungen der Ka marilla auf den seine Zeit nicht verstehenden König scheiterte. Maßlose Beschlüsse der National versammlung, in der die radikalen Elemente immer mehr überwogen, veranlaßten dann im Mai 1849 Simson zur Niederlegung seines Amtes und, zugleich mit einer Anzahl von Gesinnungs genossen, zum Ausscheiden aus dem Parlament. Der erste Versuch zu einer Einigung der deutschen Staaten auf konstitutioneller Basis war an Preußens Widerstand in die Brüche Vegangen. Der erneuerte Versuch auf dem Erfurter Parlament im Jahre 1850, das j wiederum Simson zu seinem Präsidenten wählte, i wurde gleichfalls infolge des Widerstands Preußens zunichte. Die Stadt Königs berg entsandte Simson weiterhin in die preußische Zweite Kammer, wo er im Sinne der gemäßigt - liberalen Partei mächtige Wirkungen auslöste und dem reak tionären Ministerium sauere Stunden bereitete. Während der Konfliktszeit verwaltete Simson im preußischen Abgeordnetenhaus das Präsi dium und vertrat gegenüber der Regierung mit Energie und Gewandtheit den Standpunkt der Mehrheit des Hauses. Erst die Ereignisse des Jahres 1866 führten eine Versöhnung Simsons mit Bismarck herbei. Seit dem Erfurter Parla ment, wo diese beiden Männer ihren ersten Zusammenstoß erlebt hatten, war das Verhältnis eisig kühl gewesen, und erst als sich Bismarck der nationalliberalen Parteizu nähern begann,lenkte auch Simson ein. Als Präsident des Norddeutschen Reichstes leitete er mit Umsicht die Verhand lungen über die Verfassung des Norddeutschen Bundes; unter seiner Führung wurde die Kriegs anleihe des Jahres 1870 bewilligt, und zum zweiten Male wurde er als Sprecher einer Kaiserdeputation im Dezember dieses Jahres nach Versailles entsandt, um dort König Wilhelm im Namen des Reichstags um An nahme der Kaiserkrone zu bitten. Damit war das heiße Sehnen EduardSimsons eigentlich erfüllt. Die Reichscinhcit war gewon nen, die Grundgedanken der Reichsverfasiung, in der Verfassung des Norddeutschen Bundes nieder gelegt, waren von liberalem Geiste getragen. Aber auch der deutsche Reichstag sollte den wackeren Vorkämpfer deutscher Freiheit und Einheit als seinen Leiter sehen. Simson, „die verkörperte Geschichte gleichsam der parlamen tarischen Einheitsbewegung der Nation, der erprobre Leiter der Reichstage von Frankfurt und Erfurt", wurde 1871 erster Präsident des neuen Deutschen Reichstags. Er waltete dieses Amtes bis 1874 und schied 1877 endgültig aus dem Reichstage aus. Die deutsche Geschichte wird ihm für alle Zeiten die Aner kennung zollen, daß er mit bewunderungs würdigem Takte das Präsidium der deutschen Volksvertretung führte und sic auf der ihr gebührenden Höhe des Ansehens zu halten verstand. Simsons politisch-parlamentarische Tätigkeit war damit beendet, seine öffentliche Tätigkeit noch nicht. 1879 zum ersten Reichsgerichts präsidenten berufen, leitete er in glänzender Weise 12 Jahre lang die Geschäfte der obersten Richterbehörde im Deutschen Reich. Kaiser Friedrich würdigte bald nach seinem Regie rungsantritt die Verdienste dieses unvergeß lichen Mannes durch Verleihung des Schwarzen Adlerordens „als aufrichtige Anerkennung der wahrhaft patriotischen Empfindungen, mit welchen Sie von jeher den deutschen Ein heitsbestrebungen die besten Kräfte widmeten und mehr als wie einmal in hochwichtigen Stunden das Wort zu führen berufen waren." Am 2. Mai 1899 schloß Simson als müder Mann in Berlin seine Augen und sein Partei freund Hammacher sprach es mit Recht in einem warmempfundenen Nachruf aus, daß die nationalliberale Partei den köstlichsten Besitz, den ihr Simson mit vermacht, allezeit ehren, heben und pflegen werde. Wir Nachlebenden jenes Zeitalters, in dem an ausgeprägten politischen Persönlichkeiten schier Ueberfluß herrschte, haben gerade in diesen Wochen innerer Zerfahrenheit und Unsicherheit die doppelte Pflicht, bei der Erinnerung an Simsons ereignisreiches Leben uns bewußt zu werden, was uns die Väter hinterlassen haben, was wir bewahren, was wir ausbauen und erweitern müssen. Dahlen in Amerika. Bon dem Ausgang der vorgestrigen Kongreß- wählen in den Bereinigten Staaten wurde eine Aenderung der parteipolitischen Machtverhältnisse erwartet. Zn der Tat ist diese Erwartung ringe- troffen, denn die Mehrheit der Republikaner ist ge- brachen worden, und »n das Repräsentantenhaus ziehen mehr Demokraten als Revublikaner ein Der demokratischen Partei, die 1904 so herunter war, daß selbst ihr „fester Süden" erschüttert wurde, winkt endlich nam 14jähriger Bedeutungslosigkeit wieder eine Aussicht, ein maßgebender Faktor für die Ent. Wicklung des großen Freistaates zu werden. Freilich nur ein Faktor. Denn noch sitzt im Weißen Hause das oaikserwählte Staatsoberhaupt aus der Mitte der anderen Partei. Noch ist auf Jahre hinaus nicht mit einer Zertrümmerung der republika. Nischen Mehrheit desSenateszu rechnen, der nur durch Teilerneuerungen ergänzt wird. Und welche Bedeutung diesem beharrenden Elemente der ame rikanischen Verfassung ^ukommt, hat das Beispiel des Jahres 1877 gezeigt. Das Ergebnis der Präsidenten. wähl war strittig geworden. Der größte Teil der einzelstaatlichen Verwaltunaskörper, der sich in den Händen der demokratischen Partei befand, hatte eine Mehrheit der Elektoralstimmen für den demokratischen Kandidaten Tilden gemeldet. Aber der Senat kassierte kraft seiner verfassungsmäßigen Befug nis genau so viele demokratische Wahlmänner mandate und sprach sie den Republikanern zu, daß eine republikanische Mehrheit von einer einzigen Stimme für Hayes herauskam. Solange aber Präsident und Senat einig sind, können sie bekanntlich jeden Kongretzbeschlutz, und sei er mit der stärksten Ueberzahl gefaßt, zunichte machen. Die amerikanische Berfassung ist eben weit davon entfernt, eine Demokratie — im Wortsinn natürlich, nicht im Sinne des willkürlichen, transozeanischen Partei namens — zu sein. Die heutige Lage hat die allergrößte Ähnlichkeit mit der vor zwanzig Jahren. Damals erlangten so gar die Demokraten ein außergewöhnlich großes Üebergewicht im Repräsentantenhause. Damals mar schierte aber die gesonderte „Populistenpartei" der Weststaaten, also die freihändlerischen Agrarier, in viel engerer Fühlung mit den geistigen Abkömm lingen der englischen Tories als heute die „Insur genten" um Roosevelt. Der Mac-Kinley-Tarif hatte alle in den Harnisch gebracht, die irgendwie an billiger Einfuhr der Werkzeuge und gesicherter Aus fuhr der Bodenfrüchte interessiert waren. Aber die Begeisterung des gewaltigen Sieges mußte auf wenigstens 2^ Jahre in den Kühlraum geschoben werden, weil noch die beiden starken Bürge« der Gegenpartei, der erzrepublikanische Senat und der seinem Ideenkreise entnommene Präsident Harrison unerschüttert standen. 1892 kehrte nun freilich der entschieden freihändlerisch gesinnte Lleoeland in den Washingtoner Regierungssitz zurück und nahm sofort dir Rückbildung der Tarifsätze, die den Namen seines Nachfolgers tragen, in die Hand. Allein da es nur zum Teile gelungen war, den Senat zu entrepubli- kanifieren, die demokratische Mehrheit des Re präsentantenhauses aber bereits wieder vermindert und außerdem gerade in der Handelsfrage gespalten war, so ist selbst in der sechsjährigen demokratischen Periode von damals nur ein dürftiges Flickwerk einer freihändlerischen Tarifumgestaltung zustande gebracht. Solche Erinnerungen mahnen heute zur Vorsicht und Beschränkung in den Hoffnungen, die an den demo kratischen Erfolg unter anderen Umständen geknüpft werden könnten. Bislang ist die Kurve der amen- konischen Zollsätze im ganzen immer aufwärts ge- gangen. Der unter schweren Kämpfen geborenen leichten Herabsetzung unter Elevclands erster Präsi dentschaft folgte de» maßlose Mac-Kinley-Tarif, des wiedergekehrten Cleveland knappen Ermäßigungen aber die noch schärfer angespannten Sätze des nach Dingley benannten Zollschemas aus Mac Kinleys Präsidentschaft. Diese Sätze gelten im wesentlichen bis auf den heutigen Tag: der jüngste Payne. Alldrich-Tarif hat mindestens ebensoviel Verschlimme rungen wie Besserungen gebracht. Die Handelsfragen sind es aber ziemlich allein, um derentwillen Europa Ursache hat, an den Wahl kämpfen der Bereinigten Staaten Anteil zu nehmen. Denn auch unsere begeistertsten Schutzzöllner, soweit sie nicht verbohrte Theoretiker sind, lieben den Frei handel in Amerika, überhaupt außerhalb des eigenen Vaterlandes. Die Silberbewegung, die auch noch europäische Interessen in Mitleidenschaft zog, erscheint nach Bryans dreimaliger Niederlage wohl end gültig eingesargt. In allen anderen Fragen aber sind uns die amerikanischen Parteigegensätze längst fremd geworden. Der Kampf um die Sklaverei, der noch ein idealistisches Mäntelchen trug, ist längst ver schollen. Welche der beiden großen Parteien rücksichts loser am Aufbau von Monroes System und an jenem „Imperialismus" gezimmert hat, der auch nach Asien und nach Ozeanien hinübcrgreift, läßt sich schwer sagen. Europa und Japan haben alle Ursache, den Herren Amerikanern mit gleicher Aufmerksamkeit auf die Finger zu sehen, ist einerlei, ob nun Taft. Roose velt oder ein Parteigenosse Bryans unsere Diplo maten zum Tee oder Wein ins Weiße Hause emladen. New York, 9. November. (Tel.) Die Demo kraten erzielten durch die bisherige Eroberung von 37 Sitzen im Repräsentantenhause in Washington eine Majorität von 13 Sitzen über die Republikaner, und gewannen außerdem acht Sitze für den Senat. Dadurch ist die republikanisch« Mehrheit des Senats herabge mindert. Demokratische Gouverneure wurden gewählt in den ausschlaggebenden Staaten New Park, Ohio, den republikanischen Hoch burgen New Jersey, Connecticut und Massachusetts. Dre Republikaner verloren auch in anderen Staaten viele Stimmen. Außerdem unterlag der Roosevelt-Kandidat für den Gouver- neurposten von New York dem Demokraten. Infolge der im Staate New York zusammengekommenen demokratischen Mehrheit gilt bei der gemeinsamen Abstimmung der beiden Kammern die Wahl eines demokratischen Senators zum Nachfolger Depews als gesichert. New York. g. November. (Tel.) Die Demo kraten sind bei den Wahlen zum Kongresse weiterhin siegreich und haben, nach den letzten Meldungen, eine Mehrheit von wenigstens 49 Stimme« in der Kammer. Zum Ml Sinüermsnn. Wir berichteten kürzlich, daß argen Professor Kind er mann an der Landwirtschaftlichen Hoch, schule von dem Direktor dieses Instituts. Strebel, Vorwürfe wegen des politischen Verhaltens gemacht worden seien. Die Vermutung war nicht von der Hand zu weisen, daß hierbei agrarisch-bündlerrsche Einflüsse ausschlaggebend waren. Diese Vermutung findet durch die Veröffentlichung des hierfür in Frage kommenden Briefwechsels zwisckfen Strebel und Kindermann ihre volle Bestätigung. Unterm 6. Oktober schrieb mit ausdrücklicher Berufung auf die Rede von Professor Kindermann aus dem Ratio nalliberalen Parteitag in Kassel Direktor von Strebel an Professor Kindermann u. a.: „Es liegt mir fern, die politischen Ansichten eines Mannes beeinflussen zu wollen, aber es ist meine Pflicht, Sie darauf aufmerksam zu machen, daß ein Staatsbeamter sich gewisse Rücksichten beim öffentlichen Auftreten auszuerlegen und Rück sicht zu nehmen hat, über die der Privatmann sich vielleicht hinwegsetzt. Sie haben oas außer acht gelassen. Die Folgen werden nrchl ausdleiben Ich bin jetzt schon sicher, daß bei den nächsten Kammer verhandlungen die Regierung und ich durch Ihr Vor gehen in eine Lage gebracht werden, die für Hohenheim nur schädlich sein kann." Unterm 18. Oktober antwortete Professor Kindermann: „Sehr geehrter Herr Direktor! Ihr wertes Schreiben vom 6. Oktober will meine Lehrfreiheit und bürgerliche Frei heit durch eine Rüge über meine politische Tätig keit beeinflussen und stellt diese als pflichtwidrig hin. Als ich im Ministerium die Berufung 1906 ent gegennahm, wurde beides mir in vollstem Maße zugesichert: man sagte zu mir: „Sie kommen in das liberalste Land Deutschlands", und freudig habe ich dies in meinen Borträgen vor dcm deutschen Bolle oft anerkannt. Als deutscher Hoch schulprofessor lehne ich aus das entschie denste jede derartige Beeinflussung a b. Ich erkenne nur meine Forschung und mein Ge wissen als maßgebend an. Ich bin kein Staars- beamter in engerem Sinne, der Verhaltungsmaß regeln von oben herab entgegenzunehmen hat, und wäre ich es, so stände mir die Freiheit des Ministers von Bodmann zur Seite. Herztick' be dauere ich, daß ein deutscher Hochschulprofessor sich zum Vermittler der Unterdrückung der höchsten Güter der deutschen Hoch schule machen läßt. Ergebenst C. Kindermann." Die Antwort ist eines feiner Stellung bewußten Hochschullehrers durchaus würdig, wird aber den Zorn der Agrarier ins Angemessene sie.gern. OeuMes Keich. Leipzig, 10. November. * Der Landeskulturrat wird seine nächste Plenar sitzung, die 50. seit seinem 38jährigen Bestehen, am 28. und 29. November im Ständehaus in Dresden ab halten. Ueber die Tagesordnung verlautet noch nichts. * Nationalliberale Vereinsgründung. In Fal ke nste in i. Dgtl. ist ein Nationallibcraler Wahl verein gegründet worden. Den Vorsitz übernahm Fabrikbesitzer Lange. Der neue Verein zählt be reits 50 Mitglieder. * Die Mittelstandsvereinigung im Königreiche Sachsen veranstaltet, wie schon berichtet. Sonntag, den 13. November, in Dresden den IV. Sächsischen Mittelstandstag. Der Tagung geht am Sonn abendvormittag 9 Uhr eine Vorbesprechung der Delegierten voraus. Im Konzertfaale des Städtischen Ausstellungspalastes am Stübelplatz findet dann Sonntag vormittag 9 Uhr eine Landes-Vorstandssrtzung statt, an die sich um 11 Uhr der Allgemeine Sächsische Mittelstandstag anschließt. Auf der Tagesordnung stehen u. a. Refe rate über die allgemeine Lage der Mittelstands bewegung, Auswüchse des Koalitionswesens, Lub- missionswesen und Submissionsaint, Forderungen des Kleinhandels, Fragen des Haus- und Grund besitzes. * Nachklänge zur vorjährigen Landtagswahl. Vor dem Landgericht in Freiberg wurde am Mittwoch die Privatklage des Pfarrers Starke in Eibenstock, der bei der letzten Landtagswahl im 14. ländlichen Wahlkreise kandidierte, gegen den nationallibcralen Parteisekretär M, Ereupner verhandelt. Greupner hatte Starke während der Wahlbcwegung beleidigt und war deshalb vom Schöffengericht zu 150.//. Geld strafe verurteilt worden. Vor der heutigen Ve- rusungsverhandlung kam ein Vergleich zustande, wonach Ereupner die Beleidigung zurücknimmt und die Kosten des Verfahrens trägt. * * Die Rekrutenvereidigungen der Garnisonen von Berlin und Umgebung fanden am Mittwoch vor mittag um 11 Uhr im Berliner Lustgarten statt. Der Kaiser und die Kaiserin trafen um 10 Uhr 40 Min. vom Reuen Palais im Königlichen Schlosse ein. Die Kaiserin sah mit der Prin essin Viktoria Luise vom Balkon aus der Feierlichkeit zu. Der Kaiser, gefolgt von den Prinzen Eitel Friedrich und Joachim, ritt die Fronten der im Viereck auf gestellten Rekruten ab und nahm dann mit dcm Kommandierenden General von Lüwenfeld bei dem gegenüber dem Schlosse errichteten FeldaUar Aufstellung, wohin die Fahnen und Standarten ge bracht worden sind. Rach den Reden der Geistlichen erfolgte die Vereidigung brigadewelje. Hierauf hielt der Kaiser eine Ansprache und nahm den Vorbei marsch der Ehrenkompanie mit den Feldzeichen ab. * Zum Tage von Havanna. Der Staatssekretär des Reichsmarineamts v. Tirpitz richtete nachfolgendes Telegramm an Admiral o. Knorr: Anläßlich der 40iährigen Wiederkehr des Tages von Ha vanna gedenkt die Marine des tapferen Komman danten des „Meteors", späteren kommandierenden Ad mirals. Mögen Euere Exzellenz die W eo-rkchr die ses Ehrentages noch oft in voller Gesundheit »mern. — Admiral v. Knorr befehligte 1870 im Dcutfch-Franzv- fischen Kriege das Kanonenboot .,M cteo r". mit dem er am 9. November vor Havanna glücklich gegen den größeren französischen Aviso „Bouvet" focht * Die Beratungen des Bundesrates über den Etat werden in der Zeit vom 15. bis 25. November statt finden. « Zu Dr. Sols, Abschied von Samoa. In einem Bericht der „Samoaischen Ztg." heißt es, daß zu Ehren Dr. Solfs von der gesamten Bevölkerung aller Nationalitäten herzliche Abschieüsfeiern veranstaltet und ihm zahlreiche Dankadressen