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MNM Mittwoch, 16. Novrmder 1910 m. 316. 104. Jatzrysng Leimiger Tsyevlaa. den lc Grenz, pen stl wundc Kl je ein Inner Vas b schönst geschri uns g Bru ausstc im er Wank in Ti oft w drücke tain i der § Gefüh Uzio Sratr der A Ausd Dicht Reise dicht» recht verzic zudri mit modu Wie munk Ausd und plasti wie i Stell Hinz, „Ann viele ihn « Zustr, gibt- r im a liede dem den ' hott« das hat > der ginc gemc schar von die Stof Kun Wer ..Sch oder keit «r r sing« Kra to d Partei sei. Da die Verhandlungen mit dem in Aus sicht genommenen Kandidaten noch schweben, soll ein näheres Eingehen auf dessen Person noch nicht erfolgen. * Be li'che R Sovgi leuten > verböte! * Di Siid-Wr Haltenei besitze runger Höhung * Di Bekann mittags sich sof, Zur au Blätter Neuwal 3. Deze Winstoi gewillt einem < am M Wahtdc ausschr' 2. Dez, Wahlei zcmber, die En eine V Verfass Labor sollen, dem „t sozialis jchaftsr die Zu lösung tigen radikal lungen gcgent, öffentl gestellt nicht e erhalt. fluslsnü. Gelterrelch-Ungsru. * Die deutsch-tschechischen Verhandlungen ergeb nislos. Die Beratungen der Ausgleichskommission am Montag haben sowohl im deutschen als auch im tschechischen Lager die Erkenntnis gezeitigt, daß die Ausgleichsarbeit vorläufig als ergebnislos zu betrachten ist. Man will nun versuchen, das bis her Gewonnene durch di« Schaffung einer Dauer kommission zu retten, der die Ausgleichsvorlagen vorzuleaen sind. Die Tschechen verlangen je doch die vorherige Erledigung der Steuer vorlagen, wozu bet den Deutschen keine Neigung vorhanden ist, weil sie hierdurch die Ob- struktionswasse aus der Hand geben würden. Ueber diesen Punkt wird nunmehr verhandelt werden. — Der Prager Stadtrat hat einstimmig gegen den deutschen Sprachenvorschlag betreffend die zwei sprachige Amtierung in Prag Stellung genommen. — Wie weiter gemeldet wird, soll die auf den 2N. November angesetzte erste Sitzung des öster reichischen Reichsrates mit Rücksicht auf den un günstigen Stand der deutsch-tschechischen Ausgleichs verhandlungen verschoben werden. Wilhelm Rgsde -j-. Braunschweig, 15. November. (Eigene Drahtmeldung.j Der Schriftsteller und Ehren bürger der Stadt Braunschweig Wilhelm Naab« ist heute abend 5^ Uhr gestorben. Wilhelm Raabe war schon seit längerer Zeit krank. Als Todesursache wird Altersschwäche an genommen. Der teure Alte, nun ging auch er dahin. Vor wenig Wochen erst, als er ins achtzigste Lebensjahr ging und viele Blätter versehentlich ihn schon das achtzigste vollenden liegen, hat er sich heiter dagegen gewehrt. Dann hat ihm noch die Alma Mater Bero- linensis anläßlich ihrer Jubelfeier den medizinischen Ehrendoktor verliehen, weil seine unvergänglichen Werke wahre Medizin, Labsal für die Seele der Kranken seien. Er war krank, und niemand erfuhr davon draussen in der Welt, denn er lebte in stillster, völlig abgeschloffener Einsamkeit, von seiner Tochter treu gehegt und behütet. Nur ein paar alte Freunde unter den Literaten besuchten ihn dann und wieder, sahen mit dem Alten beim Weine. Nun ist er ge storben, still wie er gelebt hat, der Herr Professor und Doktor ehrenhalber zweier Fakultäten, der grohe Poet mit dem feinen, hcrzfrischen Humor und dem kerndeutschen Gemüt, der Greis mit dem unberührten Kinderherzen. Geschrieben hat er Jahr und Tag nichts mehr, so sehr ihn Verleger und Verehrer auch bittend bedrängten. „Das deutsche Volk soll erst mal alles lesen, was ich geschrieben habe." Das war seine Antwort. Wenn er auch im Winkel seiner Heimat lebte, er war kein Vergessener, unser Wilhelm Raabe. Nun sich die Gruft über seinem sterblichen Leibe schlicht, wird mit erneuter Kraft aufleben, was sein unsterb licher Geist in jene Bücher von der Sperlingsgasse, vom Hungerpastor und andere köstliche unverlierbar niedergelegt hat, in jene Bücher, di« zu den besten der Weltliteratur zählen. Er war einer von den gröhten lebenden Poeten und zugleich einer der ältesten mit. Die Reihe der Alten lichtet sich mehr und mehr mit jedem Tag. Raab« ist berufen, sie wohl alle zu überleben. Sei er auch in uns nicht erstorben! Nehme jeder, den es zu Wilhelm Raabe drängt — und wen sollte der Name diese« Toten nicht bezwingen! — in diesen stillen Tagen seine Romane zur Hand. Wilhelm Raabe wird in uns allen lebendig, mächtig wirken. Er ist wie ein« trutzige Mauer gegen entartende, angekränkelte Lite- raturrichtungen. Er war ja auch ein wahrhafter, grosser Dichter. Ein grosser deutscher Dichter zog in Walhall ein. Endlich i zu erroäf führt. 4 Der Rest bar «MS stammen! der obig« * De, treffend gegen U> Verkehrs nahmen, worden Havre u räumen, gute Na dass er k lag« fr, holten h Zur Linderung der Fleischnvk. Von verschiedenen Städten, darunter auch Leip zig, find in letzter Zeit Petitionen wegen Linde rung der Fleischnot an die Regierung gerichtet war- den. Auch von einzelnen Körperschaften und wirt schaftlichen Organisationen hat man sich mit dem gleichen Ersuchen an die Regierung gewandt. So hat der Landesverband Evangelischer Arbeitervereine für da« Königreich Sachsen eine Resolution an die Regierung beschlossen, worin diese im Namen der ungefähr 18 000 Mitglieder des genannten Verbandes aufgesordert wird, im Bundesrat dahin zu wirken, dass 1. die Grenzen für die Einfuhr von lebendem Vieh in grösserem Um fange al« bisher geöffnet werden: 2. die Einfuhrzölle auf Lebendvieh und Fleisch ermässigt werden: 3. Er hebungen über dir Rolle des Zwischenhandels auf dem Schlachtoiehmarkt lmit der Absicht daraus zu folgernder praktischer Massnahmen) veranlasst wer den. — Ebenso hat der Vorstand der sozialdemo kratischen Landtagsfraktion an die Re gierung eine Eingabe gerichtet, worin auf den immer 'chlimmer werdenden Mangel an Schlachtvieh «nd auf die dadurch verursachten hohen Fleischvrrise hin gewiesen und die Regierung erneut um Massregeln zur Milderung des Notstandes ersucht wird. Die s ä ch s i s ch e R e g i e r u n g hat sich kürzlich in einem Artikel dahin geäussert, dass alle Vorschläge, die zur Linderung der Fleischteuerung gemacht worden sind, unausführbar seien. Sie scheint jedoch jetzt ihre frühere A n s i ch i geändert zu haben, denn sie stellt gegenwärtig Erörterungen darüber an, ob es ange,zeigt ist, zur Linderung der Fleischnot für Sachsen ähnliche Einfuhrerleichterungen für Schlachtvieh zu gestatten, wie sie jetzt in Baden und Elsass-Lothrmgen bestehen und in Bayern geplant sind. Es würde sich darum handeln, dass in jeder Woche eine bestimmte Menge Schlachtvieh aus seuchenfreien Auslandsgebieten nach den grösseren sächsischen Diehhöfen eingeführt wird. Die endgültige Entscheidung wird voraussichtlich in der nächsten Sitzung des Landeskulturrates fallen, die Ende No vember stattfindet. ganzen Dichters, vorausgesagt, dass einst um den stillen Ozean Kämpfe um die Weltherrschaft auch zwischen den europäischen Völkern ausgcsochten wer den würden. Ein Meister der historischen Erzählung, auch, wie betont werden muss, der historischen No velle (,D>ie schwarze Galeere"), bleibt er auch da immer wieder der Menscl-endarsteller, dem das Mi lieu nicht zur Hauptsache wird, weil er es mit schein-' bar einfachen Mitteln ganz gegenwärtig macht, so. dass wir mit seinen Gestalten gleich drin sind, ohne immer wieder eigens darauf gestossen zu werden. Und nun diese Gestalten selbst, diese Fülle von Menschen, alten und jungen, Männern und Frauen, Fürsten und Niedrigen, Gelehrten und Ungelehrten. Jene wundervollen Frauen tauchen da vor allem auf, die nicht durch äusseren Reiz, anziehen, sondern deren gc prüfte Herzen immer wieder die Menschen um sie her und uns an das Göttliche im Menschen glauben lassen. Da ist die Frau Claudine im „Abu Telfan", da das Frcifräulein von Poppen in den „Leuten aus dem Walde", die zarte Phöbe in den „Unruhigen Gästen", und ihnen gegenüber gleich unvergesslich jene unruhigen Herzen, jene stürmischen Dränger ins Leben, die wir halten und warnen möchten, und die vor uns auflodcrn wie sich selbst verzehrende Flam men — ihr schönster Typus Velten Andres in den „Akten des Vogelsangs". Raabe gab das ganze deutsche und damit das ganze menschliche Leben in deutscher Ausprägung. Und, kein Heimatdichter im engen Sinn, war er es doch in jenem weiten, grossen, dass sein Niedersachsen- tum immer wieder durchschlug, so dass wir am Sol ling, am Harz, an der Weser, an der Innerste, in Braunschweig und Helmstedt, in Hameln und Hildes heim, in Goslar und Magdeburg vor allem Naabischcs Land zu betreten glauben. Lange hatte Deutschland viel an dem Dichter gutzumachen, hat Loch eins seiner schönsten Bücher nach seinem Erscheinen buchstäblich nur einen Rezensenten gefunden, und der hat es für wertlos erklärt. Lange hat er im Winkel gesessen, lange wurden seine Werke, von den leichteren Erst lingen abgesehen, übertönt von den erfolgreichen Schlagern der Mode nicht nur, auch von den Dichtun gen der Künstler, die, leichter als er, rascher die Her zen gewannen. Dafür hat er nun freilich noch als ein Lebender ernten dürfen. Uns ist er als Erzähler, als Romandichter über alle Altersgenossen hinaus gewachsen, hinausgewachsen auch über die grossen Er zähler des Auslandes, die noch kurz vor seiner Renaissance ganz Deutschland im Banne hielten. Er ist von Einfluss auf das junge deutsche Erzähler geschlecht gewesen und wird, wie ich glaube, auf die werdende Jugend von noch viel grösserem Einfluss sein. Denn er hat alles, was wir brauchen, eine ae wattige Phantasie, die das Höchste und das Tiefste umfasst, einen trotz allen scheinbaren Abwegen sehr einheitlichen, konstruktiven Stil, einen unerschöpf lichen, immer ins Zentrum des Lebens dringenden Humor, einen unverkennbar deutschen, ungeiuchten Erzählerton. Man kann von ihm wie von wenigen sagen: er hat nichts geschrieben, was auch ein andrer geschrieben haben könnte; und dennoch ist er mit jeiner feinen Psychologie und seiner allmählich aus bauenden Charakterisierung ein Führer, von dem sicb unendlich viel lernen lässt. Er gehört zu den wem gen Dichtern, mit denen man ein ganzes Leben lang auskommen kann, denn er ist nahezu unerschöpflich, zieht einen immer mehr an, je öfter man ihn liest, und lässt den, den er einmal hat, nicht wieder los. Die Schar seiner Leser wächst und wächst, und sie alle ver bindet — das erlebt man immer wieder — wie ein unsichtbares Band die Liebe zu diesem Dichter. Er ist einer von denen, die das deutsche Volk sich crit erobern musste; und es würde von dem Besten, was es besitzt, etwas aufgcben wenn es ihn jemals wieder Hesse Hsiiuiolr Lpiol» Denen, die sein Andenken im Herzen behalten sei hier über sein Leben und Wirken berichtet: Lin grosses, tiefes Zimmer mit nachgedunkelter Tapete. Auf dem Tische eine Oellampe, an den Wänden alte Bilder, unter denen Shakespeares Kopf hervorleuchtet, alte Bücher, unter ihnen der seltene Erstdruck der „Thronik der Sperlingrgasse". und am Tis»«, auf dem einst der „Schüdderump , der „Abu Telfan", die „Akten des Vogelsangs" geschrieben Deutsches «eich. Leipzig, 16. November. * Die Sitzung de« Schulgesetzausschuss«» de» Na tionalliberalen Landesvereins, die für den 16. No vember angesetzt war, findet am 4. Dezember in Dresden statt. * Konservative Vereinsgriinduna. In Lenge- feld i. S. ist ein konservativer Verein gegründet worden, dem am Gründungstage 41 Mitglieder bei getreten sind. Der „Vaterländische Verein" in Marienberg hat sich aufgelöst. * Der Freisinnige Arbeiterverein zu Leipzig nahm in einer Versammlung den Bericht des Vorsitzenden über die Gründung einer Zeitschrift der Fortschritt lichen Volkspartei im Königreich Sachsen, die in den nächsten Tagen erstmalig zur Ausgabe gelangt, sowie über den Entwurf eines Orgamsationsstatuts der Vereine der Fortschrittlichen Volkspartei Leipzigs entgegen. Ferner wurde zur Kandidatenfrage im 23. Landtagswahlkreise Stellung genommen und be- scblossen, nur einen Kandidaten zu unterstützen, der gemeinsam von sämtlichen liberalen Parteien auf gestellt, aber Anhänger der Fortschrittlichen Dolks- Frsnkrelch. * Nachklänge zum Eisenbahnerstreik. Auf Antrag des Untersuchungsrichters wurde der Sekretär der Nordbahngruppe des Eisendahnersyndikatg Fiollet verhaftet, weil festgestellt wurde, dass er der Verfasser der bei mehreren Mitgliedern des Streikkomitees vor gefundenen Briefe ist, in denen Anweisungen zur Sabotage der Lokomotiven und Signale er teilt werden. * Die Rekrutierung in den französischen Kolonien. Ueber die Rekrutierung in den französischen Kolonien Algier, Tunis, Tongkina, Kotschinchrna, Kambodscha, Westafrika und Neu-Kaledonien werden folgende amt liche Zahlen in der Zeitschrift „La France militaire" veröffentlicht: Die grösste Anzahl der neuen Rekruten entfällt auf Algier, da hier 6202 Mann ausgehoben wurden. Von diesen waren 324 Mann gänzlich un brauchbar, 5 wurden wegen Vorstrafen vom Heeres dienste ausgeschlossen, 59 wurden zurückgestellt, da sie ihren Studien oblagen, und 403 wurden als zu schwach für den Heeresdienst befunden. Von den 531 Zurückgöstellten der vorigen Zahresklasse wurden 279 Mann eingestellt und 38 zur Neserve überschrieben. Die Gesamtzahl der von Algier gestellten Rekruten be trägt demgemäss 4671 Mann, von denen 2910 zur In fanterie kamen, 435 wurden Kavalleristen, 530 der Artillerie überwiesen, 75 der Genietruppe, 100 kamen zum Train, 70 zu den Kolonialtruppen, 60 zur Flotte und der Rest von 471 Mann wurde auf Verwaltung im Krankendienst verteilt. Tunis stellte kaum den 20. Teil der Rekruten von Algier. Hier waren 326 Mann in den Listen geführt worden, von denen 80 als untauglich oder Studien halber ausschieden. Der Rest von 246 Mann wurde den Truppen überwiesen, die in Tunis stehen. Tongking hatte im ganzen nur 46 Wehrpflichtige. Zn diese Zahl find die Wehrpflichtigen einzurechnen, die aus Anam und Lao» kamen. Neun von den Wehrpflichtigen waren unbrauchbar, davon zwei wegen Vorstrafen. 37 wurden der Infanterie überwiesen. Westafrika hatte 56 Mann aufzuweisen, von denen 1 als unwürdig und 6 als dienstuntauglich befunden wurden. Kotschinchina undKambodschi hatten zusammen eine Anzahl von 111 Mann aufzuweisen. Hier war die Anzahl der Untauglichen ganz besonders gross, da sie 45 Proz. der ganzen Mannschaften betrug. Es waren nämlich 68 brauchbar und 42 unbrauchbar. Don diesen 42 waren 11 Mann wegen schwerer Vor strafen als unwürdig befunden worden, 2 wurden Studien halber zuruAgestellt und der Rest war für den * Der Reichskanzler Uber unsere Gesetzessprache. Der Reichskanzler Hal jetzt dem Allgemeinen Deut schen Sprachverein, zu Händen seines Vorsitzenden, des Geheimen Oberbaurate« Dr. Otto Sarrazin, seinen Dank für die Uebersendung der Fachschrift übermittelt, die anlässlich der 25-Jahrfeier des Ver eins die deutsche Sprachbewegung des letzten Viertel jahrhunderts aus der Feder von Prof. Dr. Hermann Dünger in Dresden darstellt. Der Reichskanzler schreibt: „Mit Befriedigung darf der Verein auf seine vielseitige und erfolgreiche Tätigkeit zurück blicken. Ich werde die Vereinsbestrebungen gern dadurch fördern, dass ich nach Kräften für eine gut deutsche Fassung unserer Gesetze eintrete, und ich hoffe, dass der Verein seine Mitwirkung für diesen Zweck auch künftig nicht versagen wird. * Spende de» Zaren. Der Zar übermittelte vor seiner Rückkehr nach Russland dem Staatsminister Ewald 10000 zum Besten der Wohltätigkeitsan stalten und der Armen Darmstadts, sowie der ärmeren Bevölkerung in der Umgebung von Wolfsgarten. — Aus Darmstadt wird weiter gemeldet: Der Ge sundheitszustand der Zarin hat sich während ihres Kuraufenthalts in Nauheim b»w. Friedberg derart gebessert, dass die Zarin die Absicht hat, im nächsten Iabr eine längere Kur durchzumachen. Sie wird bereits Ende April in Friedberg eintreffcn. Der Zar wird später kommen und seine Gattin abholen. * Die Bankbeamten und di« Teuerung. Die Vereinsleitung des Deutschen Bankbeamtenvereins richtet einen Appell an die Bankorganisationen und Firmen, die Angestellten angesichts der herrschenden Teuerung durch eine besondere Zuwendung zu unterstützen. Die Bankleitung weist darauf hin. dass die Bankbeamten nicht in der Lage seien, die durch Wohnungsmiete und Lebensmittelteuerung erhöhten Kosten der Lebenshaltung in irgendeiner Weise abzuwälzen. * Die liberale Einigung in Thüringen. Aus Gotha wird gemeldet: Eine ausserordentliche Haupt versammlung de» Volkspartetlichen Reichsvereins erklärte sich mit einem Zusammengehen mit den Rationalliberalen in Thüringen unter der Voraus setzung einverstanden, dass die gemeinsamen Kandi daten nach Vereinbarung mit den örtlichen Organi. sationen gewählt werden. Ferner wird gemeldet: Nachdem bereits erwähnten Wahlabkommen der Nattonalliberalen und Fortschrittler in Thüringen fallen die Kreise Rudolstadt, Sondershausen, Gotha, Eisenach, Erfurt und Gera den Nattonalliberalen und Meiningen l und II, Altenburg, Greiz, Weimar und Nordhausen den Fortschrittlern zu. Unberührt von dem Abkommen bleiben di« Kreise Jena und Koburg. * Konservativ« „Sammlungspolitik". Ueber ein neues Beispiel konservativ - sozialdemokratischer „Sammlungsvolitik" wird aus Knielingen bei Karlsruhe folgendes mitgeteilt: „Unserer Gemeinde war es wieder einmal Vor behalten, praktisch die „Sammlungspolitik" der kon servativen Elemente kennen zu lernen. Konser vatives Bündlertum ging mit der So zialdemokratie bei den Bürgerausschuss. wählen vor; es folgte die gleiche Verbindung und sittliches Elend verstricken wolle«. Sv zeigt der „Schüdderump" in seiner erschütternden Grösse den Streit einer reinen Seele gegen die Eier schmutziger Seelenverkäufer, die sie umgibt, und wenn hier die Kämpferin schliesslich zerbrochen dahingeht, so wissen wir doch, dass ihr und nicht den andern das Reich bleiben muss. Aus der Unsauberkeit, aus der Schuld in die Klarheit, in das allein des Lebens werte Leben zu gelangen, das ist immer wieder das Streben Raabesck^er Helden, wenn man denn den prunklos kämpfenden, äusserlich oft so unscheinbaren Naturen feiner Dichtung den Heldennamen geben will. Ob nun in „Alte Nester" eine ganze junge Generation sich durchringt, ob in der kleinen Meisternovelle „Im wilden Mann" ein einzelner alternder Mann inner lich siegreich, sittlich der wahr« Held, dem äusserlich alles gewinnenden, kalten Abenteurer gegenüber streitet und das letzte Heil doch für sich gewinnt — immer bleibt der Dichter diesem seinem Grundgefühl treu, für das das Wort Tendenz nicht richtig wäre. Als Raabe, alter Student und junger Schriftsteller, in der Spreegasse zu Berlin wohnt«, die er dann als Sperlingsgasse unsterblich machte, lebte und schrieb nicht weit von ihm ein anderer alter Student und junger Dichter, Gottfried Keller. Die beiden Grossen haben sich damals nicht gesehen, aber sie grühen sich mit ihren jungen, wie mit ihren späteren Werken, denn beide haben immer wieder der gleisnerischen Welt den Spiegel vorgehalten und immer wieder be zeugt, wie abseits von Schein und Glanz echte Grösse in den Dingen ruht, die still wachsen und werden, die „keinen Lärm machen, wie die Blume, die sich erschliesst". Darum auch Raabes eigentümliche nationale Stellung. Er, der ein eifriges Mitglied des Natio- nal-Vereins war und in Süddeutschland manchen Strauss auszufechten hatte, hat noch nie mit Trom petentönen das geeinte Deutsche Reich begrüht. Wie Uhland überall mit scharfen Dichteraugen den Schwindelhaber herausfand, so hat dieser Nieder sachse das Ungesunde herausgefunden, das jeder allzu raschen Entwicklung anhaftet, bat er ruhig zu manchem das Haupt geschüttelt mit der Skepsis des grossen Humoristen, die doch immer Positives wirkt und hat das festgehalten, was am deutschen Wesen auch in den Zeiten deutscher Kleinstaaterei und na tionaler Zerrissenheit Ewigkeitszug hatte, was für alle Zeiten von deutschen Herzen festychalten werden muss. Nicht der Idealismus, der immer auf den Lippen lebt, war Raabes Feldgeschrei; wenn er, etwa in „Gutmanns Reisen" eine Tagung des Na- tional-Vereins, oder im „Dräumling" das Schiller fest von 1859 in seine Dichtung verwob, so gab er wenig von dem nur zu rasch entgleitenden Rausch solcher Tage, aber er hielt das das Beste fest, die oft so wunderliche Geschichte menschlicher Herzen, über die dann wie ein Schcinmerferlicht der Abglanz sol cher Tage hinläust. So können wir uns denn doch mit voller Wahrheit gerade aus diesen Schilderungen die Stimmung wieder vergegenwärtigen, die unsere Vorfahren damals erlebten, und können es besser als aus allen rhetorischen Darstellunaen, deren Klang nur zu rasch mit dem Tage verhallt. „Ich habe nur ein Vaterland, und das ist Deutsch land , diese Worte des Freiherrn von Stein schrieb Raabe, über dessen Motti man überhaupt eine Ab handlung für sich schreiben könnte, auf den Titel eines seiner schönsten Werke. Und wie ist er in die sem Vaterland zu Hause, in feiner Geschichte und in seiner Landschaft. Er. zu dessen lebhaftesten Er innerungen es gehört, dass er noch einen Mann mit einem Zopf kannte, kennt die Zopfzeit so gut wie die der Freiheitskriege, kennt das Deutschtum daheim und draussen in Kalifornien und Südafrika, ja, er hat schon in den sechziger Jahren, nicht mit flammen dem Pathos, aber mit der sicheren Prophetie eines bei den Gemeinderatswahlen, wo die bündlerisch - sozialistische Rathausmajorität die Uebcrlassung auch nur eines Gemeindcratssitzes an die Liberalen brüsk ablehnte. Der dies aus sprechende Brief ist bezeichnenderweise vom sozial demokratischen Führer geschrieben und vom biind- lerischen unterschrieben. Die neueste Leistung kam bei den Kreiswahlen zutage. Ganz im geheimen wurde eine gemeinsame sozialistisch-bünd- lerisch-konservative Liste ausgestellt und kurz vor der Wahl herausgegeben, nachdem die konservativ- bündlerischcn und sozialdemokratischen Elemente schon längst hierüber orientiert waren. Die Ueber- rumpelung führte aber nicht zum gewünschten Zweck. Die Liberalen waren vorbereitet. Wenn sie gegenüber dieser interessanten Konstellation auch nicht vollkommen durchdringen konnten, so erhielten sie doch im ersten Bezirk 107 Stimmen gegen 82 gegnerische, während im zweiten Bezirk 67 liberalen 104 gegnerische gegenüberstehen. Gewählt wurden 7 nationalliberale, 4 bündlerisch-konservative und 2 sozialdemokratische Wahlmänner. Die konser vativen Wahlmünner standen auf ein und derselben Seite." Als die nationalliberale Presse diese nationale Tat der Konservativen aufoeckte, verlangte die kon servative Parteileitung Beweise. Am 14. Oktober wurde ihr nach der „Natl- Korr." ein Name der kon servativen Männer übermittelt, die bei der Landtags- stichwabl für den sozialdemokratischen Kandidaten Trinks in Liedolsheim agitierten. Seitdem schweigt sich die konservative Presse vollkommen über diese Fälle aus und macht nur noch „Samm- lungspolttik", wie sie oben geschildert ist. * Dom badischen Nationalliberalen Parteitag. In der geschlossenen Sitzung des Badischen Nattonal liberalen Parteitages in Karlsrube wurde folgendes Telegramm des Abgeordneten Dafsermann be kanntgegeben: * Leider bin ich verhindert teilzunehmen. Ich sende herzlichen Gruss und wünsche gutes Gelingen. Einigkeit und Festigkeit der Partei in schwerer politischer Zeit sei gute Vorbedeutung für den Sieg unserer guten liberalen Sache." Der Generalsekretär der Partei Rechtsanwalt Torbecke teilte in der geschlossenen Sitzung mit, dass die Partei in der letzten Zeit einen erfreulichen Zuwachs zu re-zeichnen habe. * Ein neues Mittelalter. Im klerikalen Seminar zv Würzburg, in dem junge Geistliche von 20 bis 30 Jahren erzogen werden, dürfen seit einigen Wochen äusser den theologischen Werken des Mittelalters und der bischöflich approbierten Lehrbücher hier keine Zeitungen, keine wissenschaftlichen Zeitschriften oder Broschüren und keine Bücher mehr gelesen werden: nicht einmal das dem Zentrumsabgeordneten Gersten berger gehörige „Fränkische Volksblatt" und ebenso wenig der jesuitische „Herz Jesubote" finden Ein gang. Die völlige Abschliessung der Heranwachsenden Klerikalen entspricht dem schroffen päpstlichen Gebot. wurden, «in aufrechter Mann, der fiebenundfiebzig Jahre trägt wie manch anderer sechzig. Einer, dem die Worte meist langsam quellen, der aber nichts aus spricht, was nicht träfe, ein Mann, der den krausen Lauf der Welt ein Menschenleben lang durchaus studiert und immer wieder beschrieben hat, ein Mensch, von dem es mit Wahrheit gesagt werden darf: „Wir Dichter sehen alles nackt. Denn er hat jedem untern Brustlatz oder unter die gestickte Weste geschaut und immer wieder die Geschichte menschlicher Herzen dargestellt, wenn er nur die Geschicke mensch licher Guttat und Fehle zu schildern schien. Lor dem Fenster dehnt sich ein weiter Platz, ver an Hellen Nachmittagen voll spielender Kinder ist, vom Magni- Kirchhof, aus dem Lessina begraben liegt, grüßen grüne Wipfel herüber, und weitab liegt das alte Braunschweig mit seinen wundervollen Bürger häusern, mit dem Altstadtratbaus, liegt der schöne oblonge Platz mit dem Obelisken für dre zu Deutsch lands Ehre gefallenen braunschweigischen Fürsten, liegt auch — der Eulenspiegel-Brunnen. Aus Vieser Heimat ist Wilhelm Raabe ausge zogen, nach Magdeburg, Berlin und Stuttgart ge gangen und dann wieder zu ihr heimyekehrt, zuerst ein unbemerkter East, dessen Ruhm dre Mitbürger manchmal ungläubig ausserhalb ihrer Mauern wachsen hörten, jetzt der gefeierte Ehrenbürger, dessen Büste der Regent dem Museum einoerleibt hat, dessen Brust hohe Ehrenzeichen des Herzogttrms schmücken, zu dessen Tür ganz Deutschland vom Thron bis zur Hütte im mer wieder Vertreter sendet, die getrost Hereinzu kommen geheissen sind, wofern sie nur guten Willen und gute Laune mitbringen. Wilhelm Raabe hat nun seit Jahren die sonst so fleissige Feder nicht mehr geführt und nannte sich einen Schriftsteller a. D. Er war eben fertig, nicht in dem Sinne, dass er nichts mehr zu sagen gewusst hätte, sondern in dem, dasi er den Kreis umschritten zu haben glaubte, den sein Genius ihm zugewiesen hatte. Und dieser Schaffenskreis umfasst nicht mehr und nicht minder als das ganze deutsche Leben in Höhen und Tiefen, und damit eine volle Darstellung der Menschheit^ gespiegelt in dem Wesen eines grossen Humoristen. Sern Humor ist nicht glatter Witz und nicht kaltherzig« Ironie, sondern eine liebevolle Be trachtung und Ausdeutung des Lebens, die nicht jedes Rätsel lösen, die nicht mit kühnen Turnersprüngen über Unüberbrückbares Hinwegbalancieren will, son dern den Zwiespalt zeigt, dem vergeblichen Kampf nicht einen Talmifieg verknüpft, aber immer wieder jenen Trost gibt, der noch ein wehmütiges Lächeln hat, wo ein anderer nur fluchen oder roh auslachen will. Immer wieder wird Raabes Kunst positiv, zeigt immer wieder, wie feste Herzen, starke Seelen das Leden überwinden und an den Quellen, die die laute Welt nicht sieht, Nahrung und Reinheit schöpfen. Viel Druck und Drang, viel Trübes und Unseliges offenbaren Raabes höchste Schöpfungen, aber wenn schliesslich der der Welt Äbgewandte siegt, so gibt da» stille Beharren dieser nicht satt zufriede nen, aber in ihrem Hunger nach dem Ewigen streben den Seelen un, das Letzte, was die Dichtung über haupt gewähren kann: das Gefühl, dass wir nicht in der Schöpfung verloren sind, sondern mit ewigen Bändern unsterblich an Ewiges geknüpft bleiben. Ein Buch vom Hunger hat Raabe seinen volks tümlichsten, ob auch nicht besten Roman, den „Hungerpastor", ja ausdrücklich genannt; aber all seine Werkc, und aerad« di« grössten, zeigten diesen gleichen Drang erkenntnishungriger Seelen, liebes- dungriger Naturen zum Lichte. So weist „Abu Telfan^ chie Kämpf«, in denen der eben aus der afri kanischen Sklaverei heimgekehrte Sohn des klein städtischen Philister» geaen di« neu« Sklaverei zu be stehen hatte, die Kämpfe, di« reine weibliche Herzen durchhalten müssen «egen die Mächte, die sie in Lüge