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Zns Sannenlan-. Ein Schiffsroman vom Mtttelmeer von Anny Wothe. l>>p^rirkt IS10 b, Wotk«, Uctp-t,. (NaSdruck verdolen.) Der alte Wahrsager und Märchenerzähler, von dem das Volk jetzt scheu zurückgewichen war, nickte und bekräftigte dadurch jedes Wort, was Mcnsing von seiner Rede zu Ilse-Dore wiederholte. Acngstlich, verwirrt blickte sie den Alten an, dann aber flog sie, ihren Arn» ungestüm aus dem Mcnsings befreiend, vor ihm her, die Rue Bandon hinab, als müsse sie jetzt vor dem Assessor fliehen. Die braunen Männer in ihrer malerischen Tracht lachten hinter Ilse-Dore her. Mensing lachte auch in sich hinein und stürzte ihr nach. Als er aber die fliehende, rosarote Gestalt eingeholt hatte, wurde sein Antlitz ganz ernst. Er neigte sich tief vor ihr, indem er ihr feierlichst ein Sträuhlein überreichte und mit warmem Blick zu ihr sprach: „Das hat mir der alte Märchenerzähler sür Sie mit auf den Weg gegeben. War das nicht hübsch?" Ilse-Dore hielt ein Sträuhlein blühender Myrten in ihrer Hand. Wie leuchtende Sterne schimmerten die weihen Blüten. Es fiel ihr gar nicht ein, auch nur ein Wort zu erwidern, sic atmete nur auf, als jetzt ein breiter Boulevard sie aufnahm. Die Kasba war abgetan, lind da stand ja auch schon ein Wagen, den sie gleich als einen von der Hapag erkannte. Hauptmann Lüderitz stand am Wagenschlag, und seine Augen strahlten auf, als er sie erblickte. „Gott sei Dank, gnädiges Fräulein, dah Sie da sind", rief er ihr schon von weitem entgegen. „Wir haben all« Kasten der Kasba vergebens nach Ihnen durchsucht; Ihr Herr Vater und Gernhausen sind jetzt nach dem Hotel, um, wenn Sic dort nicht zu finden sind, auf die Polizei zu gehen. Ich hatte die Auf gabe, auf Assessor Mensing hier zu warten, wenn ich Sie nicht gefunden. Wo haben Sie nur gesteckt, gnädiges Fräulein?" „Fräulein Herwctt wollte sich Märchen erzählen lassen, und nun ist daraus eine Wahrsagung ge worden", antwortete Mensing, mit Mißvergnügen gewahrend, dah Ilse-Dore sich wie Schutz suchend an den Arm des Hauptmannes klammerte. „Ist j" gar nicht wahr", rief Ilse-Dore dazwischen und lieh cs geschehen, dah Lüderitz sie in den Wagen hob. „Na, soll ich vielleicht erzählen, dah ich Sic in einer regelrechten Prügelei mit den Araberkindern sand?" lachte der Assessor auf. „Wie Sie wollen, kleines Fräulein." Der Hauptmann forschte mit einem ernsten Blick von einem zum andern. Und er sah in Ilse-Dores Hand dos blühende Myrtenzweiglein, das sie noch immer krampfhaft umschlossen hielt, und sein ge bräuntes Antlitz wurde um einen Schein blasser, dann aber beugte er sich, nachdem er an Mcnsings Seite Ilse-Dore gegenüber in dem Wagen Platz ge nommen hatte, voll Güte zu ihr hinüber, und sagte, ihr warm in die Augen sehend, die voll funkelnder Tränen standen: „Na, nur Mut, wir haben Sie ja wieder. Die Strafpredigt nehme ich auf mich. Und wenn wir Sie jetzt im Triumph ins Hotel bringen, so ist alles Ungemach vergessen. — Kutscher, „Hotel Excelsior", aber schnell." Mensing sah mit sinstcrem Gesicht Ilse-Dore gegenüber. Wie selbstverständlich dieser Hauptmann die Kleine mit Beschlag belegte, und wie sie lieb und gläubig zu ihm aussah. Na, wenn der Racker nicht wirklich so süh, zum Fressen süh gewesen wäre, ihre Nichtswürdigkeit zu ihm hätte ihn längst verscheucht. Heute aber war sie weich wie Butter, und wenn erst der Alte und die Frau Mama, die sich wohl zu Tode geängstigt hatten, mit ihrer Strafpredigt antratcn, dann flüchtete sie am Ende doch auch zu ihm. Und darum wollte er heute um jeden Preis versuchen, wenigstens einen Tischplatz an ihrer Seit« in dem herrlichen „Hotel Excelsior", wo sie den Lunch ein nahmen, zu erobern. Und der Wagen rollte mit seinen drei Insassen durch die eleganten Strahen Algiers, nnd Astcssor Mensing war cs, als rückte Ilse-Dore mit jedem Schritt ein Stück iveiter und weiter von seinem Herzen, und er hatte sic doch vorhin sich schon so nahe geglaubt. Daran, dah Ilse-Dore wieder so patzig war, hatte natürlich der Hauptmann schuld, der ihr jetzt ein Bündel wundervoller, mattrosa Nelken überreichte, in welche Ilse-Dore errötend ihr. Näschen barg. Das fehlte auch noch, dachte Mensing. Er juchte nnd fand die kleine Verlorene, und errettete sie vielleicht vor allerhand Ungemach, und der Haupt mann heimste den Lohn als Held des Tages ein, nnd sie nahm seine Blumen und tat, als wäre ihr ein Heiligtum newolden. Da kenne einer die Weiber aus. Der Wagen hielt, und Mensing lam so um weitere Reflexionen. Als er aber jetzt kurz entschlossen Ilse-Dore aus dem Wagen hob, da sah er mit tiefer Genugtuung, dah das Myrtenzweiglein an ihrer Brust schimmerte. Nun glänzten seine Augen wieder hell, und sogar den Hauptmann strahlten sie freudig an. rst . -je Wie brennend Silber funkelte das Meer. Ter Tag hatte sich müde gekämpft mit seinen Gluten. Der Mond zog herauf. Mit seinem Silberlicht flirrte er gleihend über die Schlote und Masten des „Meteor", der am Kai von Algier hinaus träumte auf die leuchtende, silberschäumige, blaue Bucht. Algier lag mit seinen hoch emporstrebcndcn Terrassen und blinkenden Lichtern wie im Märchen schein in der stillen Mondnacht. Das weihe Schisf schien wie ausgcstorbcn. Gleich nach dem Abendessen hatten die Männer noch unter landeskundiger Führung einen Ausflug in die innere Stadt unternommen, um das Nacht leben von Algier kennen zu lernen. Ein Teil der Damenwelt hatte das „ganz abscheu lich" gefunden, darunter auch Frau Konsul Herwett, die erklärte, „ihr Emil dürfe nicht mit, das schicke sich nicht für einen Ehemann und Vater einer er wachsenen Tochter"; aber der dicke Konsul hatte be hauptet, „von solchen Dingen verstehe sein Winchen nichts, und er wollte mal sehen, wer Herr im Hause sei". Frau Winchen hatte sich fest vorgenommen, ihrem Emil, der durchaus mal mit den andern „aus latschen" wollte, sofort bei ihrer Rückkehr von der „Mctcor"-Fahrt zu zeigen, wer wirklich der „Herr im Hanse" sei. Empört und grollend hatte sic sich bald nach dem Abendessen in ihre KaMc zurückgezogen. Ei» Teil der Damenwelt, mehr oder minder mih- mutig über die ungetreue Männerwelt, die eine Nacht i» Algier ihrer (Gesellschaft vorziehen konnte, haue noch ein Weilchen in den Liegestühlcn aus dem Promenadendeck herumgclcgen, um noch ein wenig der Musik zu lauschen. Wieder andere hatten sich in den Gesclljchastssaal zurückgezogen, um bei einem gemütlichen „Klatsch" sich die Zeit zu vertreiben. Ilse Dore, Heidi Riemerslädt, Mih Hampton und Fräulein Stubenrauch hatten im Rauchzimmer, stolz, dah sie heute den Raum allein beherrschten, eine ver gnügte Kneiperei eröffnet. Ilse-Dore dehnte sich in einem tiefen Klubsessel und rauchte Zigaretten, und Mih Hampton ruhte, langansgestreckt, aus einem der grohen, schwarzen Ledcrsofas und rauchte aus einer Wasserpfeife, die sie heute einem alten, schmutzigen Araber abgchandelt. Fräulein Stubenrauch und Heidi waren zu ge sittet, um auch zu rauchen. Sie tranken desto mehr von der Erdbeerbowle, die in der Mitte des Tisches, van einem Kranz weiher Rosen umgeben, vor ihnen prangte. Dabei besorgten sie eifrig das Füllen der Gläser sür die rauchenden Schönen, die nach dem Bei spiel des abwesenden Amtsrichters immerwährend etwas anderes hochleben liehen. „Auf unsere Verachtung des ganzen Männerge schlechts", rief Fräulein Stubenrauch, ihr mageres Gesicht in ernste Falten legend, und das Glas er hebend, „die Sorte ist keinen Schuh Pulver wert!" „Wenn wir nur ohne die Sorte auskommen könnten", seufzte Miß Hampton und tat einen kräf tigen Schluck. „Wir müssen gar nicht mehr mit ihnen reden", rief Heidi eifrig. „Morgen abend, wenn kein Algier mehr winkt, da sind wir ihnen gut genug, und heute amüsieren sie sich allein. Ich könnte weinen." „Rede doch keinen Stuh", rief Ilse-Dore ärgerlich. „Um solche Bande noch ein LVort zu verlieren. Ich jage mich ein für allemal von den Männern los, die uns hier allein haben sitzen lassen. Auf ewigen Hah und Feindschaft gegen die „Meteoriten"!" Hell klangen die Gläser aneinander. Der auf wartende Steward schmunzelte vergnügt. So was hatte er doch noch nicht auf dem „Meteor" erlebt, dah sich ein paar Weitstem in dem ganz leeren Rauchsaal auf eigene Faust bei einer Bowle so ausgiebig vergnügten. „Auf unsere Selbständigkeit!" rief Mih Hampton. „Auf unsere Freiheit!" echote Ilse-Dore. „Hurra, Hurra, Hurra!" rief Heidi begeistert. „Hurra, Hurra, Hurra!" hallte es von der Tür her. Fräulein Stubenrauch kreischte laut auf und deckte sich verschämt das Taschentuch über ihr errötendes Gesicht. „Männer!" schrie sie auf, „barmherziger Gott, Männer!" „Na, das ist was Rechtes", gab Ilse-Dore gelosten zurück und stäubte die Asche ihrer Zigarette ad. „Schlichen Sie die Tür, Steward." Ehe der dienstbare Geist aber den Befehl aus führe» konnte, standen schon Assessor Mensing und Erwin Eernhausen vor den erschreckten Mädchen. Heidi deckte beide Arme über die Bowle, als wollte sie das köstliche Nah vor unberufenen Augen schützen; Mih Hampton blieb ruhig liegen, kreuzte die hübschen Fühe übereinander und meinte lakonisch: „Es kommt nur darauf an, was für Männer. Steward, tun Sie die Männer raus, heute haben wir hier das Feld." Der Steward stand unschlüssig. „Meine Damen", nahm Mensing lachend, mit einer tiefen Verbeugung das Wort: „Wir sind un glücklich, dah wir hier Ihr Festgelage so grausam stören müsse», aber wir hatten eine solche Sehnsucht nach unserem „Meteor" und unseren verwaisten, holden Frauen, dah wir es bei den arabischen Tänze rinnen. die man uns vorführte, nicht aushieltcn, sondern spornstreichs zu den heimischen Penaten zu- rückkehrtcn." „Wie stehen wir nun da?" Gernhausen und Heidi Riemerstädt sahen sich be glückt in die Augen. Fräulein Stubenrauch aber sagte anerkennend: „Krohartig. Wirklich die einzigen Braven unter den „Meteoriten"!" „Lia, und unsere Belohnung?" fragte Gcrnhausen und äugte begehrlich auf die Bowle. „Is nich", rief Ilse-Dore, sich eine neue Zigaictrc anzündend. „Das fehlte auch noch, hier mit zu kneipen, wo wir Ihnen eben Feindschaft fürs ganze Leben geschworen!" Fräulein Stubenrauch aber, das ältliche Mädchen, das keinem Herrn einen Korb geben konnte, füllte mit verschämtem Lächeln die Gläser und sagte be gütigend: „Kinder, diese sind doch gar nicht gemeint. Sie sind ja umgekehrt, laht sie doch mittrinken." „Meinetwegen", rief Mih Hampton, „es ist so wie so mordslangweilig." Ilse-Dore sagte gar nichts, paffte nur wie ein Schornstein vor sich hin. Als aber Mensings Glas hell an das ihre klang, und er ihr mit einem beihen, aufleuchtenden Blick in die Augen sah, da trank sie ihr Glas in einem Zug leer. Das war ein lustiger Abend auf dem „Meteor", und zuletzt, da sangen dann auch noch die jungen, frohen Menschenkinder lustig um die Wette: „Sah ein Knab' ein Röslein steh'n." Und „Am Brunnen vor dem Tore." (Fortsetzung folgt.) De/- BeKs/zMe -De/Bsr// m/> A-e/M m mo/7e/»/z A7e/öe/--HvMs, Dsmea- ssö Fmöe/-- Ao/r/eA/oa, k?e//»/r /mö /e/Z/Fe/- MsMe, Ae/ve/r- L/oFes, Sscöme/?, ^ez>z?/'<Se/r s/?ö SeFmM SM Do/Men/SA, öe/? §7. DosemFe/- D/s/es ar» VoO- rmS WS 2,- s. z- 777. ss TcMm/-öcke ar» rmö em/o/S. M>/y?oLen WS 5F0 s. 777. ss M>/7ese T/s/e/7-öc^e mr/Ao-ea Do/ss»s. ?>eF'e//Fs/'m7r//' WS 2,6c» s. 4,9c» Ä7. ss Ds/e/ok St» HvAm, moöeme 7o/me/i WS 42,- s. 45.- 777. SS 70—§zc>cm /SSF, FS/» arr/^e/öe WS 9,- s. 45,- 777. ss ^esö-777ss/e7 s. Ts/e/ok m DsF) rmö ^e/drm WS 45,- 777. ss ^sc^eEe/'öe/- m SeOmoak, FS/» ar// Le/'öe WS 44,- 777. SN ar» /emm. Fs/» ar// Le/öe ws 777 ss Tk/e/öe/- St» /VMM. §/oFe/7 m/7 /v/cSer-LZ/ake/v/' ws 49,- 777. ss T/e/'öe/- St» 5e/öe/7Sa//A rmS ?c>/7F/e ws 6,- s. 42.- 777. ss As/N/ez-SLe D/s/es m// ce/'s-e/- LZ/aße/v/' 4,zc> 777. DsmesLemöes m/7/-e/'6)cc^cyme»c/-L>/cikc/'c/Fa/'M/r//' LOcß 2,4c) 777. cm L7cB. 2,^5^- -5^/v/e^es 56/56 cm 5,^6 777. D?/Osms/Z L? cm AMaS/v/Ze !M/ec 4,70 777. no cm DeokSe/z-r-e/'/e 4,49 777. 6u/?sv Ae<S/?e/-