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Versicherung? Die herrschende Klass« wär« ver. pflichtet gewesen, für di« Arbeite, um jo mehr etwas zu tun, als sie auch in der Zeit der wirtschaftlichen Kris« ein gutes Geschäft gemacht haben. Dem Mittelstand ist nicht mehr zu helfen, und bei Licht besehen, wollen weder die Regierung noch die Parteien hier etwa« tun. Die Reichsfinanzreform hat das auch bewiesen. Nur das Kapital und der Großgrundbesitz wird be günstigt! (Beifall bei den Soz.) Staatssekretär Delbrück: Ich werde die volle Zu» sricdenheit der Vorredner aus sozialpolitischem Gebiet nicht erringen, auch nicht dle schiefen Vorstellungen zerstreuen. (Sehr richtig!) Ich habe hier nicht dog matische Vorträge über Sozialoolitik zu halten, so lange ich nicht diesbezügliche Anregungen aus dem Hause erhalte. Nur mein Vorredner hat über eigent lich sozialpolitische Fragen gesprochen. Ich kann nicht bloß ein Frage- und Antwortkasten sein. (Sehr richtig!) Ich konnte auf vorgebrachte Wünsche und Resolutionen nicht eingehen, solange sie nicht aus dem Hause besprochen und begründet waren. Die Regie rung kann unbegründete Anträge, deren Motive sie nicht kennt, nicht un voraus bekämpfen. Ich habe nie mals Zweifel darüber gelassen, daß ich bestrebt sein werde, den sozialpolitischen Ausgaben gerecht zu wer den, so wie es meine Amlsvorgünger getan haben. Sie (zu den Soz.) verlangen einen jähen Sprung in neue Verhältnisse, während wir bestrebt sind, in ruhiger Entwicklung allmählich diejenigen Forderungen zu erfüllen, die er füllbar sind unter Wahrung aller berechtigter Inter essen. Wir können nicht die einseitigen Interessen einer einzelnen Klasse schützen. Die miteinander kol lidierenden Interessen sind nach Möglichkeit zu be rücksichtigen, nur so kommen wir zur Evolution, sonst zur Revolution. (Hu! b. d. Sozialdemokraten; Sehr richtig! rechts.) Wochen hindurch haben wir uns sonst ausschließlich mit sozialpolitischen Fragen be schäftigt. Dazu gehörte das Stellenvermittlungsgesetz, durch das Schäden auf dem Gebiete des nichtaewerbs- müsjigen Arbeitsnachweises beseitigt werden sollen in einer Form, die nicht cingreist in die Koalitions freiheit der Arbeitgeber wie der Arbeitnehmer. So dann baben wir erneut über das Arbeitskammergesetz verhandelt. Dadurch mögen manche Wünsche der Rechten wie der Linken unerfüllt geblieben sein. Es wird darin aber znm ersten Male prinzipiell der Grundsatz sestgelegt, dass unter allen Umständen Stel len geschaffen werden müssen, wo man unter unpar teiischen Vorsitzenden Streitigkeiten zwischen beiden Teilen erörtert und schlichtet. Ist das kein Fortschritt auf sozialpolitischem Gebiete? Ferner ist in diesem Gesetz vorgesehen die Forderung eines Tarifvertrages durch die Arbeitskammer. Das ist ein viel wichtige rer Schritt, als man auf den ersten Blick glaubt; denn nicht die formale Seite der Regelung des Tarifver- tragswescns mache Schwierigkeiten, sondern die Ab neigung vieler Teile gegen den Tarifvertrag, die vielfach missverständliche Vorstellung vor Vor- und Nachteilen. Wenn eine Stelle geschaffen ist, die diese Auffassungen reformiert, ist das zweifellos ein großer sozialpolitischer Fortschritt. Diese Frage ist aber noch nicht reif, ebensowenig wie die obligatorische Einführung des paritätischen Arbeitsnachweises. Auch das Heimarbeitsgesetz ist ein Ansatz zu sozialpolitischer Entwickelung auf dem Gebiet, das sich bisher der Gesetzgebung entzogen hat. Wir zeigen also Interesse und Verständnis für diese Dinge, sonst hätte ich auch dies dornenvolle Amt nicht angenommen. Aber diese Fragen können nur im Zu sammenhang mit dem ganzen wirtschaftlichen Leben, der Gruppierung und den politischen Beziehungen ge löst werden. Die Arbeitslosigkeit wird von uns gar nicht geleugner. Aber ich habe den Eindruck, das; wir im letzten Jahre über diese Schwierigkeiten leichter und bester als andere Länder hinweggekommen sind. Die Versicherung der Privatbeamten kommt in dieser .Session, wre wir zugesagt haben. Der Herstellung von Wahlurnen, die das Wahlgeheimnis sichern, wird fortgesetzt von uns das größte Interesse entgegengebracht, etwas ILcases ist aber noch nicht gefunden worden. Dl« Urnen dürfen nicht kompliziert sein, ioust dürfren sie irgendwo im geeigneten Moment nicht funktionieren. Was dann? ( Sehr gut! und Heiterkeit.) Ber der Ge legenheit würde das Wahlgesetz auch sonst noch ge ändert werden, z. B. durch Mahnahmen zur Verhinde rung von Dovpelwahlen. Allen sozialpolitischen Fragen bringen war das grösste Interesse entgegen, t Lebhafter Beifall rechts.) Darauf wird die Weiterberatung auf Freitag 12 Uhr vertagt. Schlug gegen ^7 Uhr. * In unserem gestrigen Ncichstagsbericht ijt in der Rede des Staatssekretärs Dr. Delbrück die Stelle über die M ü h l e n u m s a tz st e u e r verstümmelt roieseraegeben worden. Der S'aatssekrctär hat sich nicht für, sondern gegen diese Steuer ausgesprochen. Wir geben die bctr. Stelle deshalb noch einmal aus führlich wieder: „Mit der gestaffelten Mühlenumsatz- sreucr wird man den Zweck des Schutzes der kleinen Mühlen gegen die Konkurrenz der großen nicht ereichen und würde andere Industrien schädigen. Es ist eine Reihe anderer Vor schläge gemacht worden; eine Kontingentierung der Mühlenbetriebe unter Beteiligung der kleinen Ve rriebe im vollen Umfang ihrer Leistungsfähigkeit einer Besteuerung des Ueberkontingents und einer mangsweilen Syndizierung des Mühlengewerbes. Ob der eine oder der andere Weg gangbar sein wird, kann ich nicht beantworten; das wird davon ab- nänoen, daß ziffernmässig die Verteilung der Pro duktion, der Anteil des Inlandskonsums usw. fest gestellt wird. Eine Produktionsstatistik ist zu diesem Zwecke cingcleitet." Sächsischer Lanütsg. Erste Kammer. 17. öffentliche Sitzung. I'. Dresden, 24. Februar. Präsident Dr. Graf Vitzthum 0. Eckstiidt eröffnet die Sitzung des die gewöhnliche Besetzung zeigenden Hauses um 12 Uhr. Am Regierungstische Finanzminister Dr. v. Rüger und Kommissare. Nach Erledigung der Registrande referiert Prinz Johann Georg namens der zweiten Deputation über die Kap. 73—76 und 78 des Etats, betr. Finanz ministerium, Verwaltung der Staats schulden, Großer Garten und Forstakademie Tharandt, worauf diese Kapitel dem Anträge der Deputation gemäß in Uebereinstimmung mrt der Zweiten Kammer nach der Regierungsvorlage be willigt werden. Das gleich« geschieht nach Referaten des Ober bürgermeisters Dr. Dittrich-Leipzig mit den Kap. l4, staatliches Fernheiz- und Elektrizitäts werk zu Dresden, und 15, Münze. Die Etatüberschreitung des Kap. 1, Forsten, wird g-nehmigt, rod darauf läßt man noch einige Eiienbal-npetitioneu in Ucber-instimmung mit der Z. ne, .ram u.i au s.ch beruhen. Vier Privat petitionen sind unzulässig. Nächste Sitzung: Freitag, 25. Februar, 12 Uhr. Tagesordnung: Etat der Brandverstcherungsanstalt und Dekret Nr. 15, Einwirkung von Armenunter stützung auf öffentliche Rechte. Zweite Kammer. 42. öffentliche Sitzung. l'. Dresden, 24. Febuar. Präsident Dr. Vagrl eröffnet die Sitzung des gut besetzten Hauses um 10 Uhr 35 Min. Die Tribünen sind dicht gefüllt. Am Regierungstische: Minister des Innern Graf Vitzthum v. Eckstädt und.Kommissare. Sekretär Anders trägt die Eingänge zur Regi strande vor. Vor Eintritt in die Tagesordnung kam es zu einem Zwischenfalle. Der Abg. Langhammer (Ratlib.) gab eine Erklä rung folgenden Inhaltes ab: In der Landtagsbeilage des „Dresdner Journals" Str. 41 ist die Rede des national - liberalen Abgeordneten wesentlich abge kürzt worden. Ein ähnliches Verhältnis zeige sich bei jenen Rednern, die sich für die Reform der Ersten Kammer verwendet und gegen die Negierung gesprochen hätten. Das sei eine ten denziöse Art der Berichterstattung, dis nicht zum ersten Male auftrete. Er müsse sich über diese Art der Berichterstattung zugleich im Namen des Abg. Merkel beschweren und erwarte vom Mi nister des Innern, daß er in Zukunft für objektive Berichterstattung sorge. Minister des Innern Graf Vitzthum: Der Abg. Langhammer hat eben in sehr scharfer Weise... (erregte Ruse: Rein, nein. Hört! hört!) Minister forlfahrend: Der Abg. Langhainmer hat eben in sehr scharfer Weise (erneute Zwischenrufe, die sich wieder holen, als der Minister dieselben Worte zum dritten Male gebraucht, so daß der Präsident bitten muß, den Redner nicht zu unterbrechen). Minister fort fahrend: Der Abo. Langhammer hat eben in sehr scharfer Weise über das „Dresdner Journal" ge sprochen. Er müsse dem entgegenlreten. Die Be amten hätten die Instruktion, durchaus objektiv zu berichten, aber aus Kürzungen bedacht zu sein um die Kosten jür die Landtagsbcilage nicht unnötig zu erhöhen. Die Kürzungen sollen in der Weise erfolgen, daß de: Gedankengang der Reden wiedergegebcn werde, aber Wieder holungen zu vermeiden seien. Bei der Schnellig keit, in der die Herren arbeiten müssen, könne es vorkommen, daß ein einzelner Redner sich dadurch beschwert fühle, daß seine Rede mehr als aut gekürzt worden sei. Das sei um so mehr der Fall, als die Redner sehr verschieden sprechen. Die Berechtigung einer Beschwerde über übermäßige Kür zungen seien demnach außerordentlich schwer zu prüfen. Die Regierung habe aber Kenntnis von der Be schwerde erhalten und habe die Beamten auf gefordert, sich darüber auszusprechen. Das sei unter Vorlegung des einschlägigen Materials geschehen. Daraus habe der Minister die Ueberzeugung erlangt, daß die Beamten pflichtgemäß die ihnen obliegende Objektivität beobachtet hätten. Grundsatz sei, den ersten Redner jeder Fraktion möglichst ausführlich zu geben, bei dem zweiten und dritten Redner aber Kürzungen eintreten zu lassen. Die Redner der einzelnen Parteien wür den durchaus nach gleichen Grundsätzen be handelt. Redner führt die Zeilenzahl der Reden der Abg. Hettner und Opitz au» der Sitzung der Zweiten Kammer vom 17. Februar an. Es gebe daraus hervor, daß sie durchaus nach gleichen Grund sätzen behandelt worden seien. Bei den Reden der Abgg. Langhammer und Dr. Spieß zeige sich ein ähnliches zahlenmäßiges Verhältnis. Die Rede des Abg. Merkel sei allerdings stark gekürzt worden, wohl weil er als dritter Redner manches wiederholt habe, was schon die Vorredner gesagt und weil er sich auf das Gebiet der persönlichen Angriffe begeben habe. (Zwischenruf: Stimmt nicht!) Der Minister sei bereit, die Korrekturen auf den Tisch des Hauses zur Einsichr der Abgeordneten nicder- zulegen. Er habe zu erklären und bitte, ihm dabei zu glauben, daß die Berichterstatter keinen Auftrag hätten, tendenziös zu färben. (Zwischenruf: Sie tun's aber doch!) Präsident Dr. Vogel: Es lägen verschiedene Wort meldungen vor. Was die Sache betreffe, so sei 8 1 der Geschäftsordnung maßgebend, wonach ein Ein gehen auf diese Sache möglich sei, wenn die Kammer dies nach 8 43 der Geschäftsordnung ausdrücklich be schließe. Es stehe aber doch der Rechenschafts bericht des „Dresdner Journals" aus der Tagesordnung und bei dieser Gelegenheit könne man ja ausnahmsweise, auch wenn es sich lediglich um den Rechenschaftsbericht handelt, auf diese vache zurückkominen. Abg. Günther (Freis.) zur Geschäftsordnung : Er könne die Ansicht des Präsidenten nicht für zutreffend halten. Es handle sich nicht um eine solche Ange legenheit, die unter den 8 LO der Geschäftsordnung falle, sondern um eine Erklärung, wie sic außerhalb der Tagesordnung nach dem im Hause geübten Brauche stets als zulässig erklärt worden sei. Nach dem die Regierung das Wort zu der Erklärung Lang hammers ergriffen habe, muffe auch den Abgeordneten Gelegenheit geboten werden, sich dazu zu äußern. Das Haus dürfe doch nicht ungünstiger gestellt wer den als die Regierung. Präsident Dr. Vogel: Es fei fraglich, ob eine Er klärung wie die heutige unter 8 30 Absatz 3 der Geschäftsordnung falle. Nach der Praxis des Hauses sei sie zulässig. Die Praxis habe sich aber auch dahin ausgebildet, daß weitere Wortmeldungen sich an eine solche Erklärung nicht knüpfen könnten. Ueberdies sei doch, wie schon erwähnt, Gelegenheit, sich später darüber auszusprechen. Abg. Langhammer bittet den Präsidenten, das Haus zu befragen, ob es die außergewöhnliche Er klärung zulasten will oder nicht. Die Abgg. Opitz und Hettner verzichten nach den Worten Langhammers aus das Wort. Abg. Günther: Er wolle jetzt davon absehen, die Sache weiter zu verfolgen, halte aber an seiner Auf fassung fest, daß das Haus ebensoviel Recht haben müsse wie die Regierung. Die Tagesordnung, in die man dann eintritt, enthält zunächst Rechenschaftssachen. Berichterstatter ist zu Punkt 1 Abg. Friedrich (Kons.). Er beantragt im Namen der Deputation, di« Etatüberschreitunaen bei Kap. 102, Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten, mit 8809.4 9 und bei Kap. 103, Gesandtschaften, mit 5429 .4 86 nachträglich zu genehmigen. (Die Kapitel haben bereits am 18. Januar das Plenum beschäftigt, sind aber damals an die Deputation zu- rückvcrunesen worden.) Abg. EüntherlFrs.lkommt nochmals auf die Debatte vom 18.Januar zurück und bemängelt die Höhe der Umzugs kosten des neuernannten Gesandten nach Berlin und der Kosten der ersten Einrichtung. Abg. Kleinhempel-Wilkau (Natt.) weist darauf hin, daß die Kosten sich nicht nur auf 9000, sondern auf 15—16 000 >> belaufen. Er bitte aber nunmehr, nachdem die Sache klargestcllt sei, die Nackbcw - lligun aa-.szusprechen. Minister Graf Vitzthum 0. Eckstädt: Nock dem neuen Retsekostengesetz sei ja die Rech^la^ gegen früher verändert, er möchte aber auf den alten Brauch Hinweisen, wonach dem neu ernannten Ge sandten ein Eautpierungsgeld gegeben werden. Ueber die Höhe wolle er sich weiter nicht aussorechen, da diese auch nicht besonders beanstandet worden sei. Gegen die Stimmen der Freisinigen (mit Ausnahme des Abg. Koch) und der Sozialdemo kraten wird hieraus die Nachbewilligung aus gesprochen. Unter Punkt 2 berichtet für die Rechenschafts deputation Abg. Schiebler (Natl.) und beantragt, die Etats überschreilungen bei den Kapiteln 42, Ministe rium des Innern, mit 13 987 .4 64 43, Kreis - und Amtshauptmannschaften, mit 29 764 44, Akademle der bildenden Künste zu Dres den, mit 6038 .4 92 ., 45, Dresdner Journal" niit 7000 27 H nachträglich zu genehmigen. Abg. Lange-Leipzig (Soz.) wünscht Auskunft vom Ministerium des Innern, weshalb die Kosten für die Landarmenfürsorgc unverändert wieder ein gestellt worden seien, trotz der am 1. April in Kraft getretenen Novelle zum Unterstützungswohnsitzgesetz, wodurch die Kosten herabgcmindert würden. Er wünsche keine Kürzung der Kosten, aber die Hand habung der Kostenzahlung durch den Staat gefalle ihm nicht. Der Staat zahle an die Landarmenver bände nicht die Pauschaljätze des Tarifs, sondern nur die tatsächlich entstandenen Aufwandskoslen, fordere aber von den Gemeinden die Tarifsätze. Das bedeute eine ungerechtfertigte Belastung der Gemeinden. Debattelos werden hieraus die Etatüberschrei tunaen bei den Kap. 42—44 nachträglich genehmigt. Bei Kap. 45 „Dresdner Journal" kennzeichnet Abg. Longhammer (Natl.) die Situation wie folgt: Der Minister des Innern habe vorhin an Derbheit und Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig gelassen. Da wisse man wenigstens, woran man sei mit den Ministern. Mit Unrecht habe der Minister seine, Lanabammers, Erklärung als sehr scharf bezeichnet, wohl unter dem Eindruck des Ge hörten. Ihm selbst, Langhainmer, Hütten die Aus führungen des Ministers den Eindruck gemacht, als wollte Gras Vitzthum die Berichterstattung des „Dresdner Journals" verteidigen. Die Angabe, daß bei der Wiedergabe der Reden nach einem be stimmten, objektiven Rezept verjähren werde, stimmte mit den Tatsachen nicht überein. Er müsse sich eine jede sachliche Kritik von einem amtlichen Organ entschieden verbitten, die würde er nicht einmal vom Minister akzeptieren. Minister Graf Vitzthum: Er wolle mit dem Abg. Langhainmer nicht streiten, wer der höflichere ei. Wenn sein Eindruck einer scharfen Erklärung alsch gewesen sei, so sage auch er, daß er keine charfe Erklärung habe abgeben wollen. Aber der Abg. Langhammer habe nicht ihn persönlich, sondern die ihm unterstellten Beamten angegriffen, und diese werde er stets mit aller Entschie denheit schützen. (Abg. Langhammer: Auch wenn sie mit Recht angegriffen werden?) Er stimme mit dem Abg. Langhainmer durchaus überein, daß ein amtliches Organ keine Kritik üben solle, Streichungen seien aber unvermeidlich. Im übrigen sehe er ein, daß die Berichterstattung des „Dresdner Journals" große Schwierigkeiten mache, und sei deshalb bereit, die Landtagsbeilage ganz eingehen zu lasten. Abg. Günther-Plauen (Freis.) erklärte ebenfalls auf Grund eigener Erfahrung, die Redaktion der Landtagsbeilage verfahre nicht ganz objektiv. Ihm selbst sei der Sinn seiner Reden schon ganz entstellt wiedergegeben worden, und seine Freunde hätten bereits vor Langhammers Erklärung die Absicht gehabt, die Sache beim Etat, Kap. 45, zur Sprache zu bringen. Auch seine letzten Ausführungen über die Reform der Ersten Kammer seien stark ge kürzt wiedergegebcn und gerade sehr wichtige Stellen seien weggelastrn worden. Möge die Negierung Er örterungen anstellen im Sinne der heutigen Kammer debatte, damit Wandel geschaffen werde. (Beifall.) Abg. Merkel-Mylau (Natl.): Er sei bei der Erklä rung des Ministers schlechter weggekommen, als Abg. Langhainmer, denn der Minister habe an seinen (Merkels) Ausführungen direkt Zensur geübt. Von seiner letzten Rede sei der ganze zweite Teil weggelassen worden. Dasselbe sei in den Amtsblättern geschehen, die doch, wie Graf Hohcnthal festgcstellt habe, der Regierung zu folgen hätten. Aber gegen den Liberalisinus werde planmäßig vorgegangen, das beweise der Ar tikel in der „Leipziger Zeitung", der nicht ver söhnend wirken wüste, sondern in entgegengesetzter Richtung. Seine Freunde hätten den Eindruck, man greise sie absichtlich an und suche sie ins Unrecht zu setzen, um einen Vorwand zu haben, sie heimzu schicken. Tun Sie es doch, Herr Minister, Ichicken Sie uns nach Hause, dann werden wir ja sehen! (Beifall links.) Abg. Riem-Dresden (Soz.): Seine Freunde hätten am allerersten Gelegenheit, sich über tendenziöse Berichterstattung des „Dr. Iourn." zu beklagen, sie täten es aber nicht, denn das „Dr. Iourn." fei nur ein konservatives Parteiblatt. Deshalb müsse beim Etat Kap. 45 diese Frage erörtert werden, wie man mit der Landtagsbeilage aufräumen könne. Die Erklärung Langhammers sei keineswegs scharf, sondern eher zu milde gewesen. Vor einem frischen fröhlichen Landlagsmahlkampf fürchte die Sozialdemokratie sich nicht, sie sei stets bereit dazu. Alan werde dann ja sehen, ob nicht noch ein ganz anderer Landtag daraus hervorgehe, als der jetzige. (Beifall.) Abg. Dr. Hähne! (Kons.) würde ein Eingehen der Landtagsbeilage bedauern, da sonst den Lesern draußen im Lande nur das vorgesetzt werde, was die Partei presse für gut befinde. Eine Be vorzugung der konservativen Redner im „Dr. I." habe keineswegs stattgesunden, was er an seiner eigenen Person nachweisen könne. Man möge die offizielle Berichterstattung nicht einstellen, sondern im Sinne der Objeltioität korrigieren, wo es nötig sei. Beim Etat werde man vorurteilsfrei weiter über die Sache reden können. Präsident Dr. Vogel: Es ständen noch 8 Redner auf der Liste, wohin komme man da mit der Tagesordnung? Er sei nicht in der Lage, die Debatte abzukürzen, bitte aber die Redner, so kurz zu sprechen, daß das „Dresdner Journal" kein Wort daran kurzen könne. Abg. Heldt (Soz.): Ohne die Ausführungen des Ministers Hütten wir die ganze Debatte nicht gehabt. Mit Fortfall der Landtagsbeilage seien seine Freunde der Kostenersparnis wegen einver standen. Wenn der Minister auch noch 7 mal 7 Jahre rede, so werde er den Vorwurf der tendenziösen Berichterstattung vom ,,Dresdner Journal" nicht fortnehmen können. Da» sie tendenziös fei, laste sich aus jeder Nummer nachweisen. Dabei nähmen die betreffenden Beamten noch nicht einmal den Be richt selbst auf, sondern verfaßten ihn auf Grund der amtlichen Stenogramme. Diese Art Berichterstattung grenze an das, was man „Re volverjournalismus" nenne. (Präsident Dr. Boa«!: Dieser Ausdruck geht über das Maß des Zu lässigen hinaus!) Die Rationalliberalen würden von der Regierung nach dem Rezept behandelt: Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, der Mohr kann gehen! Abg. Dr. Mangler (Kons.): Wie komme man da- zp sich hier so lange über unwesentliche Diil^c zu unterhalte:,? Es hani'le sich dot^ nur um die Empfindlichkeit der Abgg. Merkel und Lang- hanzmer. Sie wünschten das System, daß nach der Elle die Reden gemessen würden; es gebe aber p»nh einen anderen Eefi«:tspunkt. ki ru beurteilen. das sei der Geist, der in ihnen zum Ausdruck komme. (Schallende Heiterkeit.) Abg. Fleißner habe selbst einmal in einer der letzten Sitzungen gesagt: Abg. Opitz sei der einzige, der die Sache tiefer erfaßt habe. Abg. Fleihner-Dresden (Soz.): Die tendenziöse Art der Berichterstattung im „Dresdner Journal" sei nicht zu leugnen. Warum machen Assessoren und nicht erfahrene Journalisten den Be richt? An der Erhaltung der Landtagsbeilage bittren die Sozialdemokraten nicht das geringste Intereste. Abg. Dr. Spieß-Pirna (Kons.): Positive Beweise dafür, daß die Berichterstattung des „Dr. Iourn." tendenziös sei, seien nicht erbracht worden. Der einzige, der Positives vorgebracht habe, sei Abg. Dr. Hähnel. Der Minister könne doch nicht mehr tun, als die Anweisung objektiver Berichterstattung zu geben. Abg. Opitz-Treuen i. V. lKons.) verteidigt die Berichterstattung des „Dr. Iourn.", die keineswegs tendenziös sei. Mit dem Rechte der Kürzung sei eine gewisse Kritik untrennbar verbunden. Abg. Langhammer (Natl.) weist darauf hin, daß auch früher schon Beschwerden über die Bericht erstattung gekommen seien. Seine Freunde ließen sich nicht vom Rechten und nicht vom Linken umgarnen, sondern gingen stets geradeaus. Redner wendet sich dann gegen den Abg. Dr. Menzler. Wenn die Reden nach den» Geist länger oder kürzer gegeben werden sollten, so würde Dr. Mangler in dieser Session recht schlecht weggekommen sein. (Präsident Dr. Vogel bittet, nicht amEei st der Ab geordneten Kritik zu üben.) Er habe auch nicht vom Geist des Abg. Dr. Mangler gesprochen. An der heutigen Debatte sei lediglich der Minister schuld. Reden, wie wir sie vom Negierungstische gehört hätten, kämen aus einem ganz bestimmten Milieu, und zwar aus dem, dem auch der letzte Artikel der „Leipziger Zeitung" entsprungen sei. An eineKriseglaube er nicht. Wenn aber von der Rechten und von der Regierung so weiter gearbeitet werde, so würden sie die Reichstagswahlen 1911 im Sinne der Sozial demokratie nachhaltig beeinflussen. Abg. Dr. Bohme-Pirna (Kons.) polemisiert heftig gegen den Abg. Langbammer und die National liberalen und nimmt die Regierung in Schutz, die als Vertreter des Königs hier sitze. Solange die Nationalliberalen der heutigen Füyrung folgten, sei es für die Konservativen un möglich, mit ihnen zu arbeiten. Aber die Rationalliberalen arbeiteten nach Zeitungsmeldungen direkt auf einen Konflikt mit der Negierung hin, ein Mitglied von ihnen (auf Zuruf aus dem Hause nennt Redner den Namen des Abg. Clauß) solle sogar gesagt haben, die Nationalliberalcn wollten den Finanzminister zum Gehen zwingen. Das werde weder zum Heile des Landes, noch der Nationalliberalen jein. Abg. Langhammer (Natl.) erklärt, es sei uner hört, ein Zwiegespräch, das noch dazu bestritten werde, hier in die Debatte zu ziehen. Weiter wolle er feststellen, daß die Regierung die Erregung in die Debatte gebracht habe, nicht die Erklärung der Nationalliberalen. Abg. Clauß bezeichnet die ihm zugeschriebene Aeußerung als Klatsch. Abg. Dr. Böhme (Kons.) erwidert darauf, Abg. Clauß habe geäußert, in einem Freundschafts verhältnis zur Sozialdemokratie zu stehen. Abg. Schmidt-Freiberg (Kons.) beruft sich für die Aeußerung des Abg. Clauß aus dessen Vetter und seine Ehegattin als Zeugen. (Große Heiterkeit.) Abg. Sindermann (Soz.): Don seiner Fraktion habe nieniand verlangt, daß der Finanzministcr Dr. v. Rüger aus seinem Amt entfernt werden solle. Mit einer Auflösung der Kammer werde die Re gierung nichts erreichen. Abg. Merkel-Molau (Natl.) wendet sich gegen den Abg. Dr. Böhme, der gesagt habe, die Abgeordneten säßen hier als Vertreter des Königs, während sie doch hier säßen als Vertreter des sächsischen Volkes. Im übrigen wolle er nochmals feststellen, daß der ganze zweite Teil seiner Rede über die Re form der I. Kammer unterdrückt worden sei. Abg. Clauß bezeichnet auch die zweite ihm zu geschriebene Aeußerung als unrichtig. Abg. Kleinhempel (Natl.): Seine Freunde dächten nicht daran, den Finanzminister zu stürzen. Sie ständen ihm auch nicht grundsätzlich feindlich gegen über, sondern würden ihre Stellung zu ihm so nehmen, wie sie es jeweils für erforderlich und richtig hielten. Nach Aeußerungen persönlicher Natur der Abg. Heldt (Soz.), Dr. Böhme (Kons.) schließt die Debatte. Es folgen persönliche Bemerkungen der Abgg. Laughammer, Dr. Spieß, Dr. Böhme und Heldt, wo rauf die Etatüberschrcitung bei Kap. 45 mit 49 gegen 19 sozialdemokratische Stimmen nach träglich genehmigt wird. Zu Kap. 46 ist kein Beschluß zu fasten. Ueber Punkt 3 und 4 berichtet Abg. Dr. Mangler-Freiberg und beantragt: zu Punkt 3 bei Kap. 47, Gendarmerieanstalt, nach der Vorlage die Einnahmen mit 21200 .4 zu genehmigen, die Ausgaben mit 1359616 zu be willigen; bei Kap. 48, Polizeidirektion Dresden, die Einnahmen mit 1 113 533.4 zu genehmigen, die Aus gaben mit 3197 200 .4, darunter 5385-4 künftig weg fallend, zu bewilligen (beides nach der Vorlage). Abg, Dürr-Leipzig (Freikons.) begrüßt freudig die Einstellung eines Postens für das Telephon der Landgendarmerie. Das sei entschieden ein Fort schritt, denn man müsse die Hilfe der Gendarmerie rasch erreichen können. Abg. Kleinhempel-Wilkau (Natl.) bringt eine große Reihe von Einzclwünschen, die Gendarmerie betreffend, vor, so unter anderem betreffs Waffenfüh rung, Reiten der Gendarmen, Urlaub der Gendarmen und anderes. Geh. Nea.-Rat Dr. Rumpelt erwidert darauf. Abg. Muller-Zwickau (Soz.) bringt Beschwerden über die Tätigkeit der Gendarmerie vor, unter An führung eines Einzelfalles. Abg. Kleinhempel (Natl.) erwidert dem Negie rungsvertreter. Der Schutz des Publikums sei gewiß manchmal notwendig bei großen Manövcrn usw., aber man möge nicht in Kleinlichkeiten verfallen. Dem Abg. Müller gegenüber bemerke er, daß auch die Gendarmen nur Menschen und also mit menschlicher Schwäche behaftet seien. Damit schließt die Debatte. Nach einer kurzen Schlußbemerkung des Berichterstatters wird das Kap. 47 mit 34 gegen 17 sozialdemokratische Stimmen bewilligt. Bei Kap. 48 erkennt Abg. Kleinhempel-Wilkau lNatl.). Das loyale Verhalten der Polireidirektion Dresden an Wenn das Entgegenkommen, das am Fastnachts dienstag geübt worden sei, auch bei anderen Ge legenheiten und von anderen Polizeiorganen geübt werde, so werde das der Polizeidirektivn und dem Ministerium des Innern nur Dank und Freude ein tragen. Die Kosten der Polizeidirektion Dresden seien allerdings sehr hoch und sielen stark dem Lande zur Last, während sie doch zum größten Teile von der L.adt Tresdrn getragen werden joll>-i. Abg. Fleißner wendet sich qegen eine trüber vom Minister gegebene Darstellung der Waylrechts- demonstrationen am 17. Januar 1909. Triefe Dar stellung sei tatsächlich unrichtig. Der Minister trap« an di^er Darstellung allerdings keine