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Königreich Lachsen. * Leipzig, N. Juli. Einige Mannschaften dcS Beurlaubten- standeS, welche im Radfahren geübt sind, sollen zu einer «tägigen Uebung, am 19. August 1893 beginnend, zum 107. Re giment einbcrusen werden. Mannschaften der Reserve bezw. Landwehr-Infanterie I. Aufgebots, welche gewillt sind, diese Uebung — welche ans die gesetzlichen Uebungen in Anrechnung kommt — mit ihrem Fahrrad abzuleisten, wollen sich schleunigst beim Bezirks-Feldwebel, Schloß Pleißenburg, Zimmer 13, melden. * Leipzig, 11. Juli. Die diesjährigen WahlfähigkeitS- Prüfungen für solche Hilfslehrer und Hilss- lehrerinnen, welche ihre Candidaten-Prüfung schon Ostern 1891 bestanden haben, sollen zwischen Michaelis und Weih nachten stattsinden. Hilfslehrer, welche sich dieser Prüfung unterwerfen wollen, haben spätestens am 30. September, Hilfslehrerinnen dagegen spätestens am 31. August ihre Zu lassungsgesuche bei dem Bezirköschulinspector ihres Wohnortes unter Beifügung der in tz. 1« der Prüsunzeordnung vom 1. November 1877 vorgeschriebenen Zeugnisse einzureichen, woraus sodann von den Bezirksschulinspecloren die Gesuche mit thunlichstcr Beschleunigung unter Beobachtung von 8^ 1« derPrüfungSordnung an den PrüsungScommissar abzugeben sind. Diejenigen, welche sich einer Fachlehrer-Prüfung unter werfen wollen, haben ihre Gesuche um Zulassung nebst den nach 8- 28 der PrüsungSortnung beizujügenden Zeugnissen bis spätestens de» 31. August laufenden Jahres, diejenigen, welche sich der Fachlehrer-Prüfung im Turnen unterwerfen wollen, bis zum 15. August bei dem Bezirksschulinspector ihres Wohnortes anzubringen, woraus den Nachsuchenben seiner Zeit weitere Bescheidung zugeben wird. -g- Leipzig» 10. Juli. Der außerordentliche Professor Herr Dr. mcck. Arthur Döderlein, hält seine Antritts vorlesung kommenden Sonnabend, den 15. Juli, Mittags 12 Uhr, in der Aula der Universität. TaS Thema lautet: „Fortschritte in der Geburtshilfe". -g- Leipzig. 10. Juli. In der am vergangenen Sonn abend abgehaltenen Sitzung des Bezirksausschusses wurde auch der sich jetzt immer fühlbarer machende Futter mangel in der Landwirthschast besprochen und dabei ins besondere bervorgehoben, daß die Ergreifung von Maßregeln zur Steuerung der Ealamität, die sich auch in der AmtS- hauptmannschafl Leipzig geltend mache, möglichst bald erfolgen möge. Diesem Wunsche wird entsprochen werden; denn Herr Geh. Regierungsrath AmtShauptmann Dr. Platz - mann beruft jetzt den Bezirkstag der Amtshaupt mannschaft Leipzig aus kommenden Sonnabend, den 15. Juli, in den Sitzungssaal der amlöhanptniannschastlichen Diensträunic ein. Auf der Tagesordnung stebt nur ein Ver- handlungSgcgenstand: „Tic Ergreifung besonderer Maß regeln zum Zwecke der Erleichterung der Beschaffung von Futtermitteln und Streumaterial wegen des süblbar ge wordenen Futtermangels". Bei der Wichtigkeit der Sache steht zu erwarten, daß dieser Aufforderung möglichst allseitig Folge gegeben werde. — Die Herzogin Friederike von Anhalt-Bern- burg lras heute Nachmittag auf dem Bayerischen Babnhose mit Gefolge und Bedienung hier ein und nahm im Hotel Hausse Wohnung. — Die Prinzessin Mathilde Salm-Salm traf, von Cassel kommend, hier ein und nahm im Hotel Kaiserhof Wohnung. —r. Sonderzug nach Wien. Nach den bereits er schienenen öffentlichen Bekanntmachungen wird am 17. Juli ein Sonderzug zu äußerst billigen Preisen von Leipzig und Dresden nach Wien über Tetschen abgesertigt, welcher Leipzig 2 Uhr 15 Minuten Nachmittags verläßt und 5 Ubr 15 Min. Nachm, in DreSden-Allstadt eintrisft. Die Weitersakrt des Leipziger Sonderzugs ab Dresken-Alistadt erfolgt 5 Ubr 15 Min. und die des Dresdener Sonderzugs 5 Uhr 50 Min. Nachm. Tie Ankunft in Wien-Nordwcstbahnhos am 18. Juli erfolgt früh 7 Uhr 24 Min. bez. 7 Uhr 34 Min. Als Neuerung bei diesen Zügen ist die Einrichtung getroffen worden, daß allen Teil nehmern an der Fahrt entweder schon in Tetschen, wo der Zollrevision rc. wegen für jeden Zng ein Aufenthalt von 20 Minuten vorgesehen ist, oter während der Weiterfahrt ab Tetschen Hotelanweisungen vorgelegt werden, nach welchen jeder Reisende sich ein Zimmer in einem der besten Wiener Hotels zu beliebige» Preisen und zwar zum Preise von 2 ab — einschließlich Licht und Service — vorher auSwäblen kann, so daß er der Sorge um Hvtelbeschafsung bei Ankunft in Wien enthoben ist und Kosten für VorauSbcstelluna nicht entstehen, ferner ist dafür gesorgt, daß bei Ankunft der Sonderzüge am Nordwestbabnhose in Wien eine genügende Anzahl Omnibusse bereit stehen, welche die Theilnebmer an der Fahrt gegen Erlegung des äußerst mäßigen Preises von 20 Kr. pro Person nach den vorbcr ausgewählten Hotels führen. Man hat sonach Alles ausgeboten, um den Besuch der Kaiserstadl an der Donau zu erleichtern, und die Aus wahl der Hotels spricht dafür, daß man für billiges Geld gut ausgehoben ist. Schließlich sei noch erwähnt, daß bei den Personencassen am Wiener Südbahnhofe (Richtung nach Graz und Triest) gegen Vorzeigung der zum Sonder zuge benutzten Fahrkarten für Auöslügc nach dem Semmering, Graz, Triest u. s. w. Fahrkarten mit 50 Proccnt Preis ermäßigung verabfolgt werben, so daß die Ausgabe für einen weiteren Ausflug bei dem obnehiu schon billigen Zonen tarife der österreichischen Bahnen eine sehr geringe ist und die Benutzung dieser Gelegenheit daher nur empfohlen werden kann. -rb- Das Leipziger Allerlei in der Fremde. Es wird unS geschrieben: In Berlin wie in Dresden, am Rheine und am Ostscestrande, ja selbst im Elsaß habe ich auf meinen Reisen das beliebte HeimathSgericht gefunden — aber leider nur auf cerSpeisekarte. Wen» ich mitTchnsucht dem zu erwartenden Genüsse cntgegensah, wurde ich fast immer gründlich ent täuscht. DaS soll Allerlei sein; keine Spur davon. Die aus wärtigen Köche glauben meist, wenn sie einige Sorten ver schiedener grüner Gemüse mischen, dann ist das „Allerlei" fertig. Daß aber diese Gemüsearten meist unvollständig oder gar unpassend gewählt sind, daß KrcbSbutter und manches Andere darin fehlt, das erscheint den Herren gleichgiltig. Dem Rufe dcS „Leipziger Allerlei" schadet solch Machwerk aber entschieden, wenn der Fremde anslalt eines besondere» und doch sicher hochfeinen Specialg-richtcü etwas findet, was er nach jeder andere» Speisekarte als „Mischgemüse" gegessen hat Möchte deshalb Ihr geschätztes Blatt, welches in bedeutendere» Städten unseres großen Vaterlandes gelesen wird, dazu bei tragen, das auswärtige Publicum darüber auszuklärc», daß das Milchgericht, das ihnen auswärts als „Leipziger Allerlei" vvrgesetzt wird, nur in Ausnahmefällen einige Aebn- lichkeit mit unserem weltbekannten Nationalgerichte bat. Dies zur Rettung unseres LocalpatriotiSmus in Küchen- Angelegenheiten. 8 Leipzig, 10. Juli. Auf der prächtig am Waldessaum gelegenen Wiese in der Burgaue bei Barneck beging am Sonntag die strebsame Turnerschafl des Vereins für Volkswohl ihr Sommerfest mit Wettturnen. Zu Letzterem War für die erwachsene» Turner ein Dreikampf, bestehend in Hochsprung, Sleinstoßcn und Weitsprung, gewählt worden, welcher in seinem Verlaufe durch die tlieilweise vorzüglichen Leistungen den Zuschauenden besonderes Interesse einslößte. Als Sieger in diesem Kampfe gingen die Herren Paul Kämpfer als 1., O. Enderlein als 2. und Alb. Bau mann als 3. hervor, während in dem darauffolgende» Ringkanips die Herren Earl Geithe und Otto Dietrich sich, nach zum Tbcil recht hartnäckigem, mit Gewandtheit und sorgfältiger Uebung ausgeführtem Mühen, den Preis, bestehend in einem einfachen künstlichen Eichcnlaubkranz, wie solches bei der deutschen Turnerschafl Sitte ist, errangen. Bei den Kämpfen der Jugendklasse waren Berthold im Hinkkampf, Härtel im Stangenschieben und Altenburger im Ball- schleudcrn die Besten und wurden dieselben mit dem üblichen PrciStornister belohnt. Aber auch den zahlreich erschienenen Damen war Gelegenheit geboten in frischer, fröhlicher Weise an einer Anzahl Spiele unr Kämpfe tbeilzunehmen, wovon reichlich und in anerkennenSwerther Weise Gebrauch gemacht wurde. Den Beschluß des schön verlaufenen Festes machte ein Ringelreigen im Saale des Vereinshauses. — Das vom Südvorstädtischen Gartenverein am Sonntag Nachmittag abgehaltenc Sommer- und Kinder fest verlief unter sehr zahlreicher Beibeiligung in der ge lungensten Weise. Bald nach '^3 Ubr Nachmittags setzte sich der Kind er fest; ug vom „Tivoli" aus in Bewegung und unter den Klängen der Musik marschirtcn die Kleinen wohlgemuth, trotz der großen Hitze, nach dem vom Ralhe der Stadt Leipzig dem Verein zur Verfügung gestellten Fest- platz (zwischen Arndt- und Moltkestraße, dicht an der Bayerischen Bahn). Dort entwickelte sich gar schnell ei» außerordentlich reges Treiben, denn es war für die Belustigung und Unterhaltung von Jung und Alt in ausreichendster Weise Sorge getragen. Namentlich konnte sich die Jugend mit allerhand Spielen, wie durch Vogel- und Sternschicßen, in reichlichem Maße vergnügen, während das bis zum späten Abend dauernde Concert für fortwährend fröhliche Stimmung sorgte, in der auch der sich am Nachmittag erbebende Sturmwind keine Aenderung her vorzubringen vermochte. So endete kenn das Fest unter all- seitiger Befriedigung. — Der Magdalenen-Hilfsverein, der bekanntlich die Bewirthschaftung des FrauenbeimS übernommen bat, ist kaum mehr im Stande, den an ihn gestellten Geldforderungen zu genügen, wenn er nicht in höherem Maße durch Beiträge unterstützt wird. Die meisten der im Frauenbein, untcr- gebrachien Mädchen und Frauen zahlen keine Wegegelder; denn bei der Aufnahme wird nicht zuerst gefragt: „Hast du Geld?" sondern „willst du dich bessern?" Trotz fleißiger Arbeit können die Asylbewohncrinnen die Kosten des Asyles nicht selbst verdienen. Bei gegenwärtig 24 Insassen bedarf das Frauenheim monatlich 300—400 Zuschuß. Außer dieser Summe bat der MagdalcnenhilfSvercin »och die Pfleger- gelter in einer Höbe von jährlich 1600 ^ für die in aus wärtigen Asylen untcrzebrachten Mädchen zu zahlen. Des halb läßt der MagtaleneiibilfSvereiii heute abermals einen Ruf nach Hilfe ergeben. Möchte er nicht unerhört verklingen. Gaben nehme» entgegen Frau RegicrungSräthin Anger in Eythra und ?. I)r. Roch in Leipzig. — Wie ans der Bekannlmachung im Anzeigentheile dieses Blattes ersichtlich, findet die nächste MonatSversanimlung des HauSväterverbandeS im 3. Bezirk der St. Nicolai- gcmeinde morgen Mittwoch, den 12. Juli. AbcndS 8 Uhr im Saale der Tbi eine'scheu Brauerei. Tauckaer Straße 25, statt. Den Vortrag bat für diesen Abend Herr Gymnasial- Oberlcbrcr Professor I)r. Döring freuiidlicbst übernommen. Der Gegenstand, über den er spricht: „Walther von der Vogelweike in, Kampfe gegen das Papstthum" dürfte zu interessanten Vergleichen des MittelaltdrS mit der Gegenwart Veranlassung geben. L. Leipzig, 9. Juli. Sommerfest der Firma Oskar Sperling. Das glänzende Sommerfest der Firma: „Oskar Sperling", Leipzig-Reudnitz, Brommeslratze I, fand gestern in Niiaulliain, Wasltnis zur Muhle statt. Tank dem wundervollen Soiniuerwettcr kounte das überaus reichhaltige Programm un- veraudert ausgeiuhrt werden. Zur Mittagszeit stellten sich über 100 Festtheilnebmcr genannter Firma aus dein Bäuerischen Babnhose ein, um nul den 12 Uhr 44 Minuten absahrenden Zuge nach Letzich zu gelangen. Am Bahnhof zu Oetzsch wurde» die Theilnehiner von der Knaulhaincr Cur-Capelle einmaligen. Mit Kränze», Fahnen und Schärpen geschmückt, bewegte sich der Festzug durch die Lauer nach Knauthain in den Gaslhos zur Mühle. Bon 3—5 Uhr fand Concert, ausgcsührt von der Curcapelle, statt. Während des Concerts wurde» Herren- und Taineuiviele und ein Preisschiege» auSgesührt; auch war hinreichend für die Kinder Sorge getragen. Herr Hinsching begrüßte de» Inhaber der Firma Oskar Sperling, Herr» Oskar Dornheim, sowie dessen Angehörige und dankte derzlichst ii» Raine» des Personals dein Chef für das stets bewiesene Wohlwollen desselben. Tie Rede fand ihren Höhepunkt in einem brausenden Hoch aus Herrn Oskar Dornheim. In Erwiderung der sreundlichen Worte bekundete der Chei Herr Oskar Dornheim, der mit icine» An- gehörigen dem Feste vom Anfang bis z»ni Schlüsse beiwohnte, seinen herzlichste» Taut und gab i» seiner schlagsertigc» Rede dem Wunsche Ausdruck, daß das Geiühl der Einigkeit und der Z»sai»i»engehörig- kei! doch iminer »nter seinem Personal bleiben mochte. Der Redner g p' lte s.ine Ansprache in einen» kräftigen Hoch aus das geianinite Äei.l ästsrerional, welches zinu guten Gelinge» so viel beigetragen hatte. Nachdem die Belustigungen aus der Festwiese durch Auf« steigen von Luftballons ihren Abichlusz gesunden, fand eine präch tige Präiinenvertheilung statt. Bo» 5—lo llhr war Festtafel und Ball, verbunden nnt Geiangs» und humoristische» Borirägen. Nach Absingen einiger gehaltvoller TaiclUeder, von Mitgliedern der Firma verfaßt, folgte» in den Zwischenpausen ernste, geniüthvvlle und heitere Darbietungen. Nach allgemeiner Stärkung erfolgte der Abmarsch von Knauthain mil Musik und Lampions gegen 10 Uhr nach Oetzsch. Fröhlichen Sinnes kehrte die inunlerc Schaar der Fesltheilnchmer von hier 11 Uhr Abends »ach Leipzig heim. —8- Es gehl die allgemeine Klage, daß ein bedeutender Proccntsatz der jungen Kanfleute ungenügende Fach- kenntnisse besitze. Besonders für die besseren, gut be zahlten Stellungen mache sich trotz des bedeutenden Andranges ei» Mangel an tüchtigen Kräften bemerkbar. Wenn diese Klage auch übertrieben ist, so ist es doch Tbalsache, daß mancher junge Mann eine bessere Stellung erbalten könnte, wenn er auf Vermehrung seiner Kenntnisse fleißiger Bedacht nehme, wozu ihm mancherlei und reichlich^ Gelegenheit jeder zeit geboten wird. Es sei bier u. A. nur auf den Privat unterricht hingewiesen, den der Buchhalter und Handels lehrer Herr R. Taeuber, Grenzstraße 18, 3. Etage, in allen handelöwissenschaftlichen Fächern ertheilt. —* Das gestern Mittag in dem Droguengeschäfte von Hahnemann, Tauchaer Straße 6, stattgefundene Schaden- feuer, von dem wir bereits in der gestrige» Abendausgabe unseren Lesern Kcnntniß gegeben babcu, ist beim Kochen von Parquelfußbodenwichse, die dem Kessel übergelaufen ist, auS- gebrocken Der verursachte Schaden ist, wie wir hören, nicht unbedeutend. Menschen sind zum Glücke nicht verletzt worden. 8 Stadtthcater. Im Neuen Theater findet heute das sechste Gastspiel von Lilli Petri und Frau Marie v. Moser- Sperner statt und zwar wird Jbjen's fesselndes Schauspiel „Nora" zum ersten Male wiederholt. — Morgen wird „Carmen" gegeben mit Frl. Mark in der Titelrolle, den Herren Merkel (Don JosS) und Demuth iEScamillo), den Damen P. DöagtS (Micaöla), Dunca».Chambers (MercsdsS) und Kernic (FraS- quita) in den sonstigen Hauptpartien. — Im Krqstall-Palast findet heute Dienstag Concert deS allgemeiner Beliebtheit erfreuenden Leipziger Philharmonische» Orchesters unter Leitung des herzoglichen Musikdirektor- Peter- hänsel statt. — Im Zoologischen Garten findet heute großes Concert der 107er unter Leitung des königl. Musikdirektor- Herrn Walther statt. Das kalifornische Mähnenpserd und die a»-gebrüt«t«o Juugea der Pythonschlange sind ausgestellt. n. Dübeln, 9. Juli. Am 8. d. M., in der elften Lor- mittagSstunde, versammelten sich im Schützenhause eine größere Anzahl Herren, die Spitzen der hiesigen kaiserlichen, königlichen und städtischen Behörden und zahlreiche Bürger, um an dem feierlichen Acte der Eröffnung der hiesigen Gewerbe- und Industrie-Ausstellung theilzunehmen. lim 11 Uhr bewegte sich der Festzug unter Vorantritt der hiesigen Regimentscapelle nach dem Ausstellungsplatze und begab sich in die sogenannte Döbelner Halle, wo der Act stattfand. Nackwem die Capelle die Beelhoven'sche Ouvertüre: „Die Weihe deS Hauses" vorgetragen hatte, betrat Herr Bürgermeister Thiele die Rednertribüne und begrüßte die Fcstversauimlung sowohl im Namen der Stadt, als auch als Ehrenvorsitzender de» CentralauSstellungS- auSschusses auf da-Herzlichste und brachte weiter den Ehren gästen dafür, daß sic durch ihre Anwesenheit daS Unternehmen und die Gesammlheit der Aussteller ausgezeichnet, den aufrichtigsten Dank dar. Alsbald erklang der Männcrchor „Grüß Gott" von Oberreich, gesungen vom Verein „Arion" (Liedermeister Herr Stadtmusikdirector Richter). Nach dem erbebenden Gesänge hielt der Vorsitzende deS CentralauS- schusseS und Leiter deS AusstellungSunternehmenS, Herr Maschinenfabrikant Stadtrath Richter die Eröffnungsrede, welche mit dem Wunsche schloß: Möge der Zweck der Aus stellung, den Ausstellern Freude und Nutzen, zedem Besucher aber etwas Neues und Interessantes aus dem Gebiete geistigen Schaffens der Industrie und des Gewerbes vor Augen zu führe», voll und ganz erreicht werden. Mit einem Hoch aus Se. Maj. den König Albert und dem Vertrage des Finales aus „Lvhengrin" wurde die Frier beendet. Hieran schloß sich der übliche Umgang in den Ausstellungshallen. Die Ausstellung bedarf keiner Empfehlung, sie empfiehlt sich selbst und ladet zum fleißige» Besuche ein. Die Stadt hatte am Eröffnungstage reichen Flaggenschmuck angelegt. u. Ehemiiitz, 9. Juli. Herr OberreaicrungSrath AmtS- bauptnianu Merr ist zum Vortragenden Rath im königlichen Ministerium des Innern ernannt worden und wird sein Amt demnächst anlreten. Sei» Amtsnachfolger in der hiesigen Aintsbauptmannschasr ist Herr AmtShauptmann l)r. Rumpelt in Glauchau. TaS Scheiden deS Herrn AmtShauptmann« Merz, der sich in der kurzen Zeit seiner hiesigen Amts führung große Beliebtheit erworben hatte, wird allseitig bedauert. -tm- Chemnitz, 10. Juli. Nicht nur im zweiten hiesigen LandtagSwahlkreiS, welcher bislang von Herrn Liebknecht vertreten war, hat eine Neuwahl stattzusinden, sondern auch infolge freiwilligen Rücktritts des Herrn Esche im ersten Wahlkreise. — Ein wegen Verübung schwerer Diebstähle verhafteter Eisenarbeiter endete sein Leben durch Er hängen in der Zelle. Zur Strangulation benutzte er seine zusanimengcknüpften Strümpfe. — Ein heftiger Wald brand vernichtete gestern Mittag einen Theil deS „sechs Ruthen" genannten Walde», an der Riesaer Bahnlinie gelegen. Zum Opfer ist ihm großer Fichtenbestand gefallen; haushoch schlugen die Flammen auS dem Walde heraus. * Zwickau, 10. Juli. Vorgestern Nachmittag 3 Uhr ist abermals in Maricntbal, in Nähe der Schicßstände des diesige» Regiments, ein Waldbrand vorgekoinmcn. Um 5 Uhr desselben Nachmittags wurde auch Feuer in der Richtung von Kirchberg gemeldet. -m- -Ins dkl» Vogtlaudr, 10. Juli. Eine erfolgreiche Schatzgräbrrei fand dieser Tage im Walde in der Nähe von Rautenkranz statt. Ein gewisser Dressel, früher Pbotograpben-Lehrling, dann Handarbeiter und erst 17 Jahre alt, hatte in letzter Zeit in Rautenkranz, Multenhammer, Friedrichsgrlln, Zwota und Grünbach eine ganze Reihe er folgreicher Eiilbrnchödiebslähle verübt und daS erbeutete Baar- geld lweit über 100 ^l) vergraben. Nach der am 5. Juli erfolgten Festnahme des Einbrechers bequemte sich Letzterer nicht allein zu einem umfasscnden Geständniß der von ihm verübten Diebstähle, er bezcichnete auch die Verstecke seiner Beute, worauf diese zum größten Tdeile wieder herbeigeschaffl werden konnte. — Wie erinnerlich sein wird, wurde am 4. April d. I. im Dörfelbolze bei Adorf ein gewisser Pcnzel er schossen ausgefundcn. Ein des Mordes Verdächtiger be- Feuilleton. Jubiläum der Stadt Lhemulh. Eine Jubelfeier seltener Art, wie sic Wohl kaum noch ein anderer Ort in unserem Vaterlande beging, feiert heute, am 9. Juli, Cbemnitz: das 750jäbrige Jubiläum der Erhebung zur Stadt. Dreiviertel Jahrtausend ist verflossen seit jenen Tagen, da Chemnitz auS der Reihe seiner Nachbarn herauSgchoben und durch landesherrliche Gunst mit dem Sladtrcchte begnadet wurde, auf dem es sich weiter entwickeln und emporblüben konnte. Heute zählt Chemnitz zu den ältesten Städten des Landes, ohne Zweifel aber zu den aller ältesten derjenigen, die am Nordabhange des Erzgebirges ent standen sind. Wie alt Chemnitz ist? Diese Frage kann Niemand be antworten, man kann nicht einmal mit Bestimmtheit feststellen, ob Chemnitz von Deutschen oder von Slawen gegründet wurde. Schon in alten Zeiten berührten zwei wichtige Straßen die Gegend, in der sich heute die Stadl Cbemnitz erbebt; die eine führte auS Bobinen über das Erzgebirge, und ihr Dasein ist bereits aus dem Jahre 892 verengt, da der bei Cbemnitz in diesem Jahre gefallene Würzburger Bischof Arno dieselbe zog; eine andere Straße führte auS Franken nach dem Osten und durchscknitt die böhmische Straße bei Cbemnitz. Es ist aber wobl als sicher anzunebmen, daß an einem Puncte, an dem sich wichtige Straßen kreuzten, an dem eine Furth zur Uebcrschreitung einer Wasserader vor handen war, an dem jedenfalls ein nicht unbeträchtlicher Durchgangshandel herrschte, schon frühzeitig ein Ort entstand. Wahrscheinlich auf Veranlassung des Kaiser« Lothar wurde 1125, an derselben Stelle vielleicht, an der Bischof Arno den Märtyrertod gestorben war, auf dem heutigen Schloß berge, von Pegauer Mönchen das Benedictinerkloster erbaut. Im Jahre 1143 ist der „locus kamcnir clictus" La, denn König Konrad III. verleiht ihm da- Marktrccht, daS dem Kloster als dem Grundherrn deS OrteS im genannten Jahre bewilligt und zu älteren Rechten als ein neues binzu- geschenkt wird. Die Urkunde Uber die Verleihung der Markt- aerechtigkeit ist aber nicht nur die älteste Nachricht über den Ort überhaupt, sondern sie ist auch die erste verbürgte Kunde über eine Förderung der Siedelung Cbemnitz, für welche die in dem VerleibungSbriese angekündigle Be freiung von allen Zöllen in königlichen Ländern von wesent lichem Vortbeile gewesen sein muß. AuS dem Orte (locus) Cbemnitz war eine Stadt (eivitas, oppickuw) geworden, in der neben dem Ackerbau auch seßhafter Handel, teßbastcS Gewerbe ihren Platz fanden. Bald scheinen sich Mauern um die Stadt zum Schutze der Einwohner erhoben zu haben, denn bereits am Ende tcö 12. Jahrhunderts wird Cbemnitz in einem Zinsregister civitas genannt, und in einer Urkunde vom Jabre 1264 werden die Mauern ausdrücklich erwähnt. Im Jabre l29l schmückt Chemnitz sein Wappen mit den Zeichen städtischen Rechtes, den drei Thürmcn. Die junge Stadt wächst schnell empor, bis zum Jahre 1264 mackst sich die Erbauung einer zweiten Kirche, der Kirche St. Johannis, nötbig, und um dieselbe Zeit mag die Nicolai kirche entstanden sein. Letztere lag „extrs wuros", die Jakobikirche lag in den Mauern der Stadt; letztere wird bereits 1204 urkundlich erwähnt. Eine Ortschaft aber, die außer der Klosterkirche noch drei Kirchen besitzt, kann nicht ganz unbedeutend gewesen sein. Eine Reihe von Jahren hängt die Stadt Cbemnitz völlig vom Kloster ab, dessen Herrschaft ostmalS drückend genug ge wesen sein mag; sie hat sich aber frei gemacht, denn 1291 erscheint Cbemnitz als eine eivitas impcrio »ttinens, als eine Statt, die dcni Reiche, nicht niebr dem Kloster ge kört. Lange konnte die Reichsunmittelbarkeit allerdings nicht be hauptet werben, denn Cbemnitz, daS bereits an Böhmen, wahr scheinlich auch aus kurze Zeit an Brandenburg verpfändet worden war, verfiel den Wettinern, denen eS vorher feindlich gegenüber getreten war, als Pfandgut und ging, da an Ein lösung seitens des Reiches nicht mebr zu denken war, seit 1308 unbemerkt in deren Besitz über. Chemnitz ist also meißnische Landstadt geworden, und nur der Name Kaiserchemnitz, die Bezeichnung deS Zeisigwaldes als Kaiser forst und der Reichsadler im alten Cladtwappen erinnern noch an die früheren Verkältnisse. Zum Glück für die Stadt Cbemnitz war es, daß sie in die Hände der Wettiner überging. Durch eine Feuersbrunst wurde sie 1334 verwüstet und zerstört, auch der „Schwarze Tod" hielt seinen Einzug, und die Stadt ging zurück. Meißens Fürsten ließen eS an Fürsorge nickt fehle», der Entwickelung von Cbemnitz Vorschub zu leisten. Markgraf Friedrich bestätigte der Stadt 1334 das Recht der Bannmeile, die Markgrafen Friedrich und Ballbasar verleihen ihr 1357 das Bleichprivileg, welches den Grund zu der später fick entwickelnden Industrie legte unk da- sich als ein Handels- und Gewerbemonopol berausstellte, wie ein solches schärfer wohl Niemals ausgesprochen wurde. Cbemnitz wird hierdurch der Mittelpunkt nicht nur de« Blcickerei- gewerbes, sondern auck de« GarnbandelS, FlackSbandelS und eines Zweige« der Weberei. Markgras Wilhelm übecwieS der Stadt 1393 den Salzverkauf, und 1398 ward dem Kloster und zwei Bürgern die Errichtung einer Papiermühle (der ersten und einzigen in Sachsen und der zweiten in Deutsch land) gestattet. So ist Cbemnitz schon damals eine Stadt der Industrie; um das Jabr 1400 besteben 7 Innungen, darunter die der Wollenwcber oder der Tuchmacher und die der Leinweber. Die Stadt dehnte sich aus, überall zeigte sich Wohlstand, da Handwerk und Gewerbe sich entfalteten, der Handwerkerstand macht sogar den bis jetzt bevorzugten Geschlechtern ihre Alleinherrschaft in den VerwaliniigS- gesckäften der Stadt streitig und erreicht, daß Markgraf friedlich 1414 der ganzen Gemeinde die Mitwirkung au den RalhSgeschästen zusichcrt. Von der Mitte des 14. bis in den ersten Theil deS 15. Jahr hunderts durchlebt die Stadt eine Zeit blühenden Aufschwungs, bis VerHussiten- und der Bruderkrieg ins Land kommen und Cbemnitz in Mitleidenschaft ziehen. Durch Belagerungen, Plünderungen, Truppcndurchzügc u. s. w. leidet Cbemnitz ungemein, der Handel wird geschwächt, die Bleichindustrie crsabrt großen Abbruch, die Vorrechte sind geschmälert. Er freulicher Weise tritt bald wieder bessere Zeit ein; der Hantel bebt sich, die Leineweberzunst erstarkt und erkämpft die Gleich berechtigung mit anderen Ständen, die Tuchmacher arbeiten sich zu einer starke» Innung empor, und die Metallindustrie blüht auf. Hierzu kommt der Segen deS Bergbaues in Geyer, Schneeberg und Freiber^, an welche» Unter nehmungen die Bürger Tdiele und Schütz, andere Bürger, der Abt Heinrich von Schleinitz und die Stadt selbst be- tbeiligt waren. Alle diese Factoren führten zum Wohlstand, und für Cbemnitz brach eine Zeit herein, wie sie vorder noch nickt dagewe en war. Ueberall regt sickS. Zum Tbcil aus Mitteln begüterter Bürger wird das zweite Kloster der Stadt, da« Franziskanerkloster, auf dem Plane erbaut; 118«! entsteht die neue -schule, das Lycealgebäudc, 1487 wird die Nikolai- kirckc völlig erneut. An Stelle des zum größten Tbeile auS Holz aufgefübrten alten Ratbhauses tritt in den Jabre» > 496—1498 ein stilvoller Neubau aus Steinen; 1498—1500 wird daö Gewandhaus mit architektonisch reichverziertem Giebel erbaut. Der prachtliebende Abt Heinrich II. von Schleinitz (1183 bis 1522), überhaupt der vorletzte Abt des Berg- klcsterS, wird der Schöpfer eine» neuen KlosterbaueS und er neuert fast sämmlliche Gebäude. Im Jahre 1514 beginnt der Bau eine« neuen Gotteshauses. Durch die verschiedenen Bauten wurden manche Meister in der Bau kunst bcrbeigesübrt, und auch auf dem Gebiete der Wissen schaft blieb Cbeninitz nicht zurück Abt Heinrich von SchleiniH war ein Freilich bumanistiscker Studien, der be kannte Schriftsteller Paul NiaviS war Rector deS Lyceums, weiter waren >n Cbemnitz der Naturforscher Georg Agricola, die Aerzte Johann und Kaspar Neese, die Schulmänner Georg FabriciuS und Adam Siber. Man sieht hieraus, daß Cbemnitz in dieser Periode in der Pflege der Wissenschaften hinter keiner Stadt Sachsen« zurückstand. Auf dem Gebiete der Verwaltung erwarb Cbemnitz ebenfalls weitere Rechte, 1423 erbiclt eS nicht nur von, Kurfürsten Friedrich den ihm am Gerichte zuftehenrcn Anibeil, sondern kaufte 1493 dem Abte daS noch übrig gebliebene Drittel der Stadt gerichte ab, so daß im Stadtgebiet der Rath di« volle Gerichtsbarkeit selbst ausübt. Im Jahre 1539 wird Cbemnitz lutherisch, die Macht deS Klosters ist völlig gebrochen, die Mönche, welche der neuen Lekrr nicht huldigen wollen, ziehen davon, von den Franzis kanern alle, von den Benedictinern die Minderzahl. Freilich kam ein trauriges Nachspiel für die Stadt Chemnitz, die im Scknialkaldischen Kiege entsetzli^> litt. Doch in kurzer Zeit überwand sie die erlittenen Schäden, und bald wieder blühte daS Handwerk fröhlich auf. Die Stadt erreicht bald wieder denselben Stand wie zu Anfang des Jahrhunderts unk zählte über 7000 Einwohner, obschon die Pest wiederholt, besonder- stark aber 1584, gekauft batte. Innerlich gefestigt tritt die Stadt in daS neue, da- 17. Jahrhundert, ein, doch der Dreißigjährige Krieg ver schonte auch Cbeninitz nickt. Vom Jahre 1631 bis zum Jahre >614 reihte sich ein Unglück an daS andere. Am 12. Juni 1631 brannten 200 Häuser nieder, am 8. Juli deS genannten Jahres wurde Cbemnitz geplündert, 1632 belagerten Holck'scke Truppen die Stadt, dann zogen Wallenstem'sche und schwedische Truppen durch Cbeninitz, 1633 hielt Holck seinen zweite» Zug durch Cbemnitz, 1634 entstand der zweite große Sladibrand, der 150 Häuser in Asche legte, und Schweden wie Kaiserliche ziehen plündernd durch. Im Jahre 1639 setzten Bancr'S Schaaren der Stadt und dem Schlosse hart zu »nd bleiben abwechselnd mit den Kaiserlichen bis in« Jahr 1640 in ihrem Besitze. Dir Schwedenplage erneuert sich 1640, und 1644 muß die arme Stadt wieder die Beschießung durch kurfürstliche Truppen ertragen. WaS in Jahrhunderte währendem Ringen geschaffen worden, ist in wenigen Jahren vernichtet, und mehr als ein Jahrhundert bat sich die Stabt zu mühen, »m auf den alten Stand zu kommen. Die zwei ältesten Gewerbe der Stadt, die Tuchmacherei und die Leinen weberei. sind dem Untergange verfallen. Als neues Gewerbe erscheint tcbon zu Anfang des 18. Jahrhunderts die Strumpf wirkerei, die bereits 1728 „fabrikmäßig" betrieben wird. Als Abkömmling der alten Leinenindustrie arbeitete sich die Bruniwollenmanusactur mächtig empor; 1789 gewährten 820 Meister der Weberzunst 600 Gesellen Beschäftigung und 1800 soll die Zahl der Leute, die sich von der Weberei nährten, 1900 betragen haben. Von 1750 ab gesellte sich der Weberei ein neue« Gewerbe, die Kattundruckerei, zu; im Jahre 1795 allein wurden 90 000 Stück Kattune gedruckt.