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84 DaS Wasser. schlossen scheint, ist doch von so vielen kleinen Gängen, Oeffnungen und Kanälen durchzogen, daß die Gewässer, welche die Insel umgeben, mit denen, welche von ihrem Kranze eingeschlossen sind, in Communication stehen, daher sie denn auch an dem Steigen und Fallen der Meeresmasse Antheil nehmen müssen. Die gedachten Oeffnungen sind hingegen nicht groß genug, um dem Zu- und Abfließen kein Hinderniß in den Weg zu setzen; daher die Fluth erst beginnt, wenn sie im äußeren Wasser bereits begonnen und ein paar Zoll hoch gestiegen ist, wodurch ein bemerkbarer hydrostatischer Druck hervorgebracht wird. Umgekehrt beginnt in der La gune die Ebbe erst, wenn das Meer sich bereits von dem äußeren Ufer ein paar Fuß weit zurückgezogen, d. h. sich ein paar Zoll gesenkt hat. Der Bau, welchen die Corallenthierchen aufführen, prangt in den verschiedensten Farben. Die Bruchfläche entspricht in ihrer Färbung dem Aeußern, ist jedoch nicht so schön und nicht so glänzend; die äußere Seite, die man unbedenklich mit einem feinen Lederübcrzng vergleichen kann, wie wir oben gethan, hat so prächtige Farben, daß man sie für künstlich er zeugt, für einen aufgetragenen Lack halten möchte. Die Aeste und Zweige (die Stämme selbst bekommen wir nicht zu sehen, sie stecken zu tief im Innern des Baues) sind von einem prachtvollen Zinnober oder Carmin oder Amaranthroth, von nicht minder schönem Blau, Grün oder Gelb, sie kommen dunkelbraun, glänzend schwarz, purpurviolet (wie Jodinedampf) vor, oder sie springen aus dem Schatten dieser mannigfaltigen Färbungen im reinsten Weiß hervor. Zwischen diesen wunderbaren Verzweigungen eines unterseeischen Gar tens schwimmen die nicht minder schön und glänzend gefärbten Fische herum; bei stillem, heiterem Wetter auf der spiegelglatten Fläche der Lagune oder der nächsten Umgebung der Coralleninsel schwebend in einem leichten Boote und die Bevölkerung des Zaubergartens sehend, denkt man sich in eine verkehrte Welt versetzt, in welcher die Fische auf den Bäumen zu haben sind. Die Corallenbauten treten selten einzeln auf, sondern gewöhnlich er scheinen sie gruppenweise in mehr oder minder zahlreichen Archipelen und zwar sind diese mehrentheils lang gestreckt, wie die Malediven und Lake diven an der Küste Malabar (Vorderindien) oder die Carolinen, manchmal bilden sie auch ganz unregelmäßige Gruppen, wie in den Umgebungen der Gesellschaftsinseln; doch gehört auch dieser „Archipel der niedrigen Inseln", wenn schon gewissermaßen eine Inselgruppe für sich bildend, zu der großen langgestreckten Reihe von Flachholmen, die sich von hier vom 120. Grad westlicher Länge von Ferro bis zum 200sten Grad erstreckt, in einer fast ganz geradlinigen Zone vom 20. Grad südlicher Breite aufsteigend, den