Volltext Seite (XML)
482 Das Wasser. eine so vollständige Deltabildung ausgezeichnet als der Rhein. Der ein fache Strom spaltet sich, noch 25 Meilen von der Nordsee entfernt, bei Pannerden unterhalb Emmerich; doch auch erst seit l701 liegt sein Tren nungspunkt hier, früher lag er zwei Stunden oberhalb bei Schenkenschanz, wo man ihn lange zu erhalten bemüht war. Er nmsaßt das eigentliche Holland zwischen dem Zuhdersee und dem Meere als sein Deltaland, und wenn auch künstliche Hülfsmittel die Lage seiner Mündungen mannichfach verändert haben, so sind doch die Grundzüge der Bildung denen vollkommen gleich, die wir am Nil und am Ganges finden. Er bildet drei Haupt arme — zunächst die Issel, ein von den Römern*) gegrabener und später vom Strome erweiterter Canal, der in den Zuhdersee mündet — und süd lich die Waal, die sich an ihrer Mündung mit der Maas und der Schelde verwickelt, deren Verhältnisse sich seit den letzten 2000 Jahren unter ein ander mannichfaltig geändert haben." „Etwa in der Mitte zwischen beiden liegt der älteste Ausfluß, der den Namen des Rheins behalten hat und der bei Utrecht einen Arm (die Vechte) in den Zuhdersee giebt, der Hauptsache nach aber unterhalb Lehden bei Kattwhk aan Zee in's Meer fällt. Allein dieser Arm ist so versandet, daß er fast zu fließen aufgehört hat, woher denn die wunderliche Meinung früherer Geographen, der Rhein sei ein Steppenfluß.**)" Am Anfänge dieses Jahrhunderts hat man die Stauung, welche der Rhein sich selbst geschaffen, durch einen Durchstich überwunden, ihm eine neue Mündung gegeben; die Hauptwassermasse geht indessen durch den Leck seitwärts ab, der seinen Namen wahrscheinlich von seinem Seitenausbruche trägt, welcher schon früher vorhanden, dann durch einen absichtlichen Durchstich in einem Kriege der Römer mit den Batavern wieber ge öffnet ward. Auf diese Weise sich verzweigend und in unzählige Arme sich selbst spaltend, oder, durch Menschenhand dazu gezwungen, sich theilend, Canäle füllend, hat der Rhein das mächtigste Delta, welches wir in Europa ken nen, gebildet; seine Grenzen sehen wir in den Inseln Texel, Vlieland, Schilling, Ameland u. s. w.; denn der Zuhdersee ist erst entstanden, indem während des dreizehnten Jahrhunderts gewaltige, mehrfach wiederholte Unter Drusus, 12 Jahre vor Chr. Geb. In älteren geographischen Werken findet man diese Anficht völlig bestimmt aus gesprochen: „der Rhein verliert sich im Sande!" Es ist derselbe Vorgang, welchen wir bet der Weichsel zwischen Neufahrwaffer und Weichselmündc gesehen haben, kein Ver- lieren im Sande, sondern ein Selbstverschluß des Weges durch mitgeführten Sand und eine daraus als nothwendig hervorgehendc Eröffnung neuer Wege.