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446 Das Wasser. wenn schon nicht am richtigen Orte, wir doch um der Ähnlichkeit der Ver hältnisse hier folgen lassen wollen. Der Eric- und der Ontariosee liegen ungefähr 22 englische Meilen von einander entfernt, haben aber einen Unterschied des Standes von 330 Fuß. Der höhere, der Eriesee liegt in einem sehr flachen Becken von Kalkgestein, welches ganz parallel und mächtig geschichtet ist, dessen Schichten beinahe horizontal, nur sehr wenig nach der Mitte des Eriesees zu geneigt sind und welche etwa 20 Meilen von dem jetzigen Ufer des Eriesees plötzlich und mit senkrechten Wänden aufhören. Da wo dieses stattfindet, in der tieferen Ebene, liegen die Städte Queentown auf kanadischer, und Lewiston auf amerikanischer Seite. Das jetzige Ufer des Eriesees war, wie man mit Gewißheit weiß, nicht sein früheres, dieser See umfaßte viele Hunderte von Quadrat meilen mehr und stand bedeutend höher als jetzt; er füllte nämlich die Hochebene, in deren Schooße er liegt, ganz aus, und da wo die Städte, welche wir vorher nannten, gegenwärtig aufblühen, war früher der Wasser fall, welcher unzweifelhaft eine viel größere Breite einnahm, als gegen wärtig. Ueber das ziemlich weiche Kalkgestein stürzte 300 Fuß hoch die ungeheure Wassermasse, welche in einem sehr wenig geneigten Bette zum Ontariosee geht. Diese Wassermasse aber spülte in der Gegend ihres stärksten Stromes und ihrer größten Mächtigkeit den Felsen mehr aus, als an anderen Stellen und so senkte sich nach und nach der Zug des ge waltigen Elements tiefer, untergrub sein eignes Bette durch den Sturz, Felsenplatten brachen ab und wurden zerkleinert, fortgestoßen und sortge- rollt, aber immer weiter bohrte und grub der fallende Strom und so spülte er sich nach und nach, wie das Regenwasser in den Sand der Steppe, so in den nicht eben festen Kalkfels eine von senkrechten Wänden eingeschlossene Bahn von 7 Meilen Länge und 8000 Fuß Breite. Der Winkel, in welchem jetzt der Fall besteht, ist der Punkt, auf welchem das grabende, unterwaschende Element angelangt ist, immer rück wärts schreitend und von welchem ab es gegenwärtig noch immer rückwärts geht, wiewohl wahrscheinlich nicht so rasch als früher, wo die — auch noch in ihrem gegenwärtigen Zustande ungeheure — Wassermasse doch noch viel größer war; denn die mit steilen Wänden eingefaßte Schlucht, in welcher er vom Wasserfalle ab zum Ontariosee fließt, wird bei weitem nicht mehr ausgesüllt und hat unter den prächtigen Kalkfelsen, welche ihre Schichtungs- Verhältnisse und ihre, dem bloßen Auge völlig horizontal scheinende Lage rung deutlich zeigen, einen breiten Saum von Geschiebe und Gerölle nach und nach mit fruchtbarem Lehm und Dammerde bedeckt, auf welcher die prächtigsten Bäume wurzeln, eine nie versiegende Nahrung aus dem Boden