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Richtung der Flußbetten. 439 Ostsee u. s. w. Daß ein Franzose (dessen Stolz ist, die übrige Welt nicht zu kennen, da Frankreich Alles ersetzt und höher als alles Andere steht) solche Behauptungen machen konnte, war begreiflich — geben doch ganz gebildete Leute dem von Paris nach München gehenden Courier Briefe zur Besorgung mit, die er unterwegs in Kopenhagen oder Petersburg abgeben soll — dem Franzosen liegt alles außer Frankreich Befindliche „Is bas", und er glaubt nicht, daß la bas eben sehr groß sei. Daß aber andere Naturkundige dergleichen aufnehmen konnten, ist bei alledem sehr sonderbar. — Daß die skandinavischen Gebirge senkrecht auf die Ostsee gerichtet sind, daß die Appenninen, die dalmatischen, die Gebirge von Palästina dieser Hy pothese von der Richtung der Meere und Ströme nicht günstig sind, daß die größeren Flüsse, Rhein, Rhone, Donau, Elbe, Weser rc. Gebirge geradezu durchbrechen, aber keineswcges sich von ihnen leiten lassen, wußte man und konnte sich doch nicht von der Ansicht Buffon's trennen, bis mit dem Beginn dieses Jahrhunderts mit L. v. Buch, Humboldt und anderen großen Gelehrten die Zeit der träumerischen Hypothesen aufhörte und die Periode der Anschauung begann, seit welcher Zeit man denn auch rie senhaft fortgeschritten ist. Es ist dieses hochwichtig, man lernt daraus vor Allem, daß sich die Natur in kein System zwängen läßt, selbst wenn es noch so wahrscheinlich und noch so anschaulich wäre. Hausmann, ein bekannter gelehrter Rei sender, sagt in seiner Beschreibung von Norwegen: daß die Ströme, wenn nicht andere, mächtigere Kräfte dagegen wirken, die Gebirgsmassen in der Richtung durchschneiden, in welcher sie den geringsten Widerstand finden, also da, wo die Gebirge aufgerichtete Schichten haben, mit den Kan ten derselben parallel, da, wo sie horizontal liegen, in der Richtung der ausgezeichnetesten Kluftabsonderung; ferner: daß, wenn sie hartes Ge stein finden, sie sich nach dessen Umgrenzung richten und ausweichen, eckige Biegungen und Krümmungen machen, hingegen da, wo sic in aufgcschwemm- tes Land treten, sich in sanften Wellenlinien bewegen, aus welcher Configuration man auf die Bodenbeschaffenheit des Flußbettes mit einer nicht geringen Sicherheit schließen könne, wenn man nur eine richtige Karte desselben vor sich habe; endlich, sagt er, werde meistentheils bei dem Zusammenstoß zweier Flüsse das Gesetz des Paralellelogramms der Kräfte offenbar. Alle diese Behauptungen sind vollkommen richtig, denn sie sind aus der genauen Beobachtung des Laufes eines norwegisch-schwedischen Flusses, des Dal Elf, abgeleitet, welcher auf dem Ostabhange des südlichsten Theiles der norwegischen Gebirge als Zwillingsfluß (Oster- und Wester-Dal Elf) entspringt, den Gebirgsformationen in der gedachten Art folgt und bei