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Eishöhle in Steiermark. 379 den Eishöhlen sein, die wohl im Winter wärmer scheinen als im Sommer, und wärmer sind in ihrem Innern als die Luft draußen, aber keines- weges etwa im Winter drei oder vier Grad über Null haben, während des Sommers aber eben so viel unter Null. Diese Eishöhlen, mit gefrornem Wasser an ihrem Grunde, führen den Namen, der ihnen beigelegt wird, übrigens mit keinem größeren Rechte als ein Eiskeller denselben führen würde, auch in diesem hält sich das hinein gebrachte Eis Jahre lang und ist einmal der Boden rund umher tief und fern genug erkaltet, vielleicht für immer; anders ist es mit einigen Eis höhlen in Steiermark, in Norwegen, deren überraschende Größe und Pracht sie zu wahren Wunderwerken erhebt. Von der am Brandsteine in der sogenannten Gems in Steiermark belegenen erzählt Sartori, welcher „die Wunder des Kaiserthums Oestreich" beschrieben hat, daß sie einer Tropf steinhöhle in ihrer ganzen Ausbildung ähnlich sehe, indem nicht blos der Boden, wie bei den früher erwähnten, sondern die Wand und die hoch gewölbte Decke mit Eis bekleidet seien und von dieser letzteren gerade solche Zapfen herunter hängen, nach und nach Säulen bildend, wie bei der be rühmten Adelsberger Höhle, wodurch der Phantasie so viel Nahrung ge geben wird, daß sie sich, besonders durch den wankenden Lichtschein der Fackeln unterstützt, tausend verschiedene Gestalten schafft, welche allerdings eigentlich nicht da sind, dennoch aber euch jedem Besucher — wenn schon unter anderen Titeln und Benennungen — wieder zeigen. Das Eis dieser Höhle ist vollkommen klar und durchsichtig, sie hat eine sehr große Ausdehnung und ist, da es gefährlich sein dürfte, sich auf dem spiegelblanken, schräge geneigten Fußboden weit hinab zu wagen, noch lange nicht in allen ihren Theilen erforscht, allein was man davon kennt, setzt schon in das höchste Erstaunen. Von allen Seiten strömt blendend der Wiederschein der Fackeln auf den Beschauer ein, so daß er vor dem Krhstallglanze anfänglich nichts zu sehen vermag, wie sich aber nach und nach das Auge an die Contraste von Dunkelheit und strahlendem Lichte gewöhnt, und besonders wenn die Führer mit den Fackeln weiter geschritten sind und die Flammen sich hinter den Eissäulen verbergen, wird die Scene so überwältigend prachtvoll und großartig, daß man nur wortlos in starrem Staunen sie betrachten kann. Da sieht man einen herrlichen, hochgewölbten Dom, wie nie eines Menschen Hand ihn gebaut, wie niemals eines Mei sters Griffel ihn zu zeichnen gewagt hat, aus durchsichtigem Krhstall auf geführt, da sieht man die schlanken Säulen, die phantastisch verzierten Knäufe das herrliche Gewölbe tragen, da stehen glanzende, durchsichtige Chlinder, hohe Pyramiden und Obelisken in wunderbarstem Glanze und Farbeuschimmer, hier bildet das Eis einen mit tiefen finstren Spalten den