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Deutsche Colonien und ihr europäischer Mittelpunkt. 77 sondern müßten auch schließlich ganz unfehlbar zu solchen Kleinkrämern der englischen Weltwirthschaft werden, wie Herr F. C. Philippson es uns an jener Stelle in sehr klarer Weise veranschaulicht. Sein Jrrthum aber, daß für die Products deutscher Colonien England der Absatzmarkt sein würde — ein Jrrthum, der bei einem volkswirthschaftlich gebildeten Manne fast unbegreiflich erscheinen könnte — erklärt sich aus dem Umstande, daß er hier bei „deutschen Colonien" an überseeische Länder denkt, die nur politisch, nicht aber wirthschastlich und culturell deutsch wären. Gewiß, wenn wir in einem Kriege gegen England uns das Cap land oder Australien eroberten, dann könnten solche Länder noch einige Zeit die besten Absatzmärkte für brittische Products bleiben, und wahr scheinlich würde auch England noch eine Zeit lang der hauptsächlichste Markt für die Products solcher Colonialländer und der Centralpunkt für ihr geistiges und materielles Leben sein. „Deutsche Colonien" aber im Sinne unserer kommenden Generation sind Länder, die durch deutsches Capital, deutsche Intelligenz und deutsche Arbeitskraft cultivirt und der deutschen Nationalität erworben sind. Solche Länder werden ebenso selbstverständlich der deutschen Production als Absatzgebiet dienen, wie dies in gleicher Weise mit den überseeischen Gebieten aller anderen culturkräftigen Nationen der Fall ist; die Products solcher Länder werden ohne alle künstlichen Maßregeln in Deutschland ihren Hauptabsatzmarkt finden; es wird gegen diese Products sogut wie gegen die von hier ausgesandten Maaren, auf Deutschland, auf deutsche Commissionshäuser und auf deutsche Banken trassirt werden, genau so und ganz aus demselben Grunde, weshalb sich jetzt für die eigentlichen und uneigentlichen Gebiete der brittischen Weltwirthschaft der Wechselverkehr in London cvncentrirt. Deutschland wird naturgemäß der Stapelplatz und der Centralpunkt für jede Erweiterung des deutschen Wirtschaftsgebietes sein und bleiben. Sowie schon der Geldverkehr dies bedingt, so bürgt dafür in noch viel stärkerem Maße der geistige Verkehr, der Austausch der Intelligenz zwischen Stammland und Colonie, die gemeinsame Sprache, gemein same Sitte und gemeinsame Lebensanschauung. Die politische Abhängig keit eines solchen Landes von unserer Reichsregierung wäre das aller nebensächlichste Moment solcher nationalen Connexion; das wesent lichste Element ist stets die wirthschaftliche Gemeinschaft und die kulturelle Abhängigkeit solches Coloniallandes von unserer Nation. Noch ist es nicht zu spät! Wenn wir ruhig und sicher, aber energisch und unverzagt vorangehen, so wird, so muß es uns gelingen unserer Nationalität und unserer Cultnr eine Zukunft zu