Volltext Seite (XML)
Dresöne* Nachrichten. Nr. 22. Seite 2. Sonntag, 22. Januar 18SS ichaicjch cs dr> Landiviilhfchast gut nicht so schlecht gehe. Der Arbeiti'r»ia»gcl liegt nur a» dein zu «rohen Umsaiige des Groß grundbesitzes. Redner geht daun weiter auf den Fall Delbrück ein, bei dein inan die Professoren zu politischen Beamten herabdrückcn wollte. Er wendet sich dann zu den, Minister des Innern, an dessen Massnahme» er scharfe Kritik übt. Warum sei kein neue» Wahlgesetz im Landtage, weshalb die Blamage der polizeilichen Mache mit dem Bombcnschwindel in Alexandria, weshalb der Schießerlaß, die Bersagnng der Umgrenzung des Friedhofs der Märzgefallenen in Berlin, die verzögerte Bestätigung des Berliner Oberbürgermeisters? Die legrere werde mit der Inschrift des Friedhofes in Verbindung gebracht, die lediglich eine geschichtliche r Hatsache seststelle, aber doch genüg nicht staatsgesährlich sei. — Finanzminisler Miguel: Den Etat hat Herr Richter nicht bemängelt, nur die Thesanrirnng, svlvie Gesetze bekrittelt, die noch nicht einmal vorlieacn. Wir erheben ilnn zuviel Stenern nnd tilgen ihm zuviel Schulde». Ich glaube nicht, dass irgend ein Geschäftsmann in unserer Schuldentilgung ein Ucbermah linden würde. Die Rede Richters besteht nur in Angriffen gegen meine Kollegen, die zu gegebener Zeit selbst antworteil werden. WaS die Schulden »bzahlung anlangt, so kann lein Betrieb bestehen ohne Abschreib nngen. Wir haben Jahre hinter uns, in denen wir unseren Bedarf nur durch Anleihen decken konnten : srencn wir nnS, dass wir seht Schulden tilgen können. Herrn Richters Reden steigern die Be gehrlichkeit der Bevölkerung an den Staat, namentlich wenn er stets sagt, die Steuern seien zu hoch. Er stellt auch Preußen dcni Reiche gegenüber : aber auch im Reiche ist die Schuldentilgung in erheblichem Maße gesteigert worden Er verlangt eine Reform der Gewerbesteuer, die gleichmäßig an allen Orten eingefuhrt werden kann - die Regierung ist viel liberaler, sic läßt jeder Kommune das Recht, die Steuer nach ihrem Bedarf cinzurichten. Sie berück sichtigt dabei sogar die Selbstverwaltung. Die Ecntral-Geiivssen- schastSknsse, die nicht niit 15 bis 20 Pnmvkassen in Verbindung steht, entwickelt sich vorzüglich, die Rückzahlungen übersteigen den Bedarf. Namentlich ist die solide Gcichästsgebahrnug der sämmt- lichcn Genossenschaften zu loben. Der Rückgang der Domüncnpachtcn ist allerdings ein bedenkliches Anzeichen für die Lage der Laud- wirthschast. Herr Richter hat einen Sah ans der Thronrede über den Wohlstand eitirt, weshalb citirt er nicht auch den Sah der Thronrede, welcher von der Landwirthschast handelt. (Beifall rechts.) Au den Auskaus kleinerer Wirthichasten seitens des Staats wird gar nicht gedacht, es handelt sich nur um Errichtung einiger Musterwirthschastcn. Richter meint, mit den Dispositionsfonds für Posen. Westprenßen und seht auch für Schleswig verschärften wir nur die Gegensähe. Wir haben lange, lange Jahre die Tinge gehen lassen, aber die Gegensähe sind durch die wachsende Dreistig keit der Agitation immer schärfer geworden. Solche nationale Fragen sollten angesichts des Auslandes nicht so behandelt werden, wie es in der Presse und im Parlament geschehen: das werden wir erst lernen müssen. (Beifall rechts.) Andere Länder sind uns darin meist voraus. Ich kann nur wünschen, daß der Etat auch sonst so wenig Anfechtungen erfährt, wie seitens des Abgeordneten Richter. (Große Heiterkeit. Lebhafter Beifall rechts.) Abg. Graf Limburg-Stirnm (kons.) widerspricht der Behauptung von agrarischer Begehrlichkeit; Handel und Industrie seien viel anspruchsvoller. Parlamente seien im Allgemeinen nicht geeignet, aus Sparsamkeit hinzuwirken. In absoluten Staaten war man viel sparsamer. Den Diplomaten seien die landwirtkschaftlichen Fragen oft recht unbequem, er müsse aber dock wünschen, daß die Leitung unserer auswärtigen Politik dem Ausland gegenüber unsere Landwirthschast schützen möge. Dem Fürsten Bismarck sei cs zu statten gekommen, daß er Landwirt!) war und die Verhältnisse kannte. Mit dem Bau von Kanülen müsse man vorsichtig sein, denn unsere Finanzen würden dadurch gefährdet, wegen des EinnahmeausfallcS der Eisenbahnen. In Bezug auf die Ausweisungen aus Schles wig-Holstein stehe seine Partei vollkommen hinter der Regierung. Kultusminister Dr. Bosse: Eine Regelung der Volksfchuleu-Unter- haltungsvslicht ist dringend zu wünsche»; aber ich bin noch nicht rm Stande, die Laste» zu übersehen, die daraus erwachsen tonne», deshalb hat die Vorlage noch nickt vorgclcgt werden können. Herr Richter beklagt die Nichtaufnahme jüdischer Kinder in hiesigen Privatschulcn — aber ich kann doch den Vorsteherinnen nicht vor- schreiben, welches Kind sie anfnehmen sollen oder nicht. Was die jüdischen Lehrerinnen und Volksschulen betrifft, so haben sich Eltern beschwert, daß ihre Kinder in Klassen, wo kein jüdisches Kind ist, eine jüdische Lehrerin als Ordinaria haben. Ich habe in dieser Frage ganz gewissenhaft, ohne jede Tendenz gehandelt. (Beifall rechts ) Der Fall Delbrück liegt nicht auf dem Gebiete der Lehr freiheit. sondern auf dem des BeamtenrcchtS, die Professoren sind Staatsbeamte. Delbrück hat seine Kritik der Ausweisungen in einer Form ausgesprochen, welche dieselbe Regierung, die ihn in eine so hohe Vertrauensstellung berufen hat, unmöglich ertragen tonnte, wenn sie nicht allen Anspruch auf Autorität verlieren wollte, auch im AuSlande. Wo sollen wir, wenn wir solche Be schimpfungen eines solchen Mannes dulden, die Kraft hernehmen, gegen untere Beamte in Füllen vonJndisziplin vorzugehcn? Abg. Sattler (natlb.) erklärt die Zustimmung seiner Partei zur Polen- Politik der Regierung, ebenso zu den Kanalbauten: er empfiehlt Eiscnbahntarif-Reformcn und verlangt Scheidung der Eisenbahn- Verwaltung von der allgemeinen Finanzverwaltung. Was den Fall Delbrück betreffe, so könne Redner dem Minister objektiv die Einleitung des Disziplinarverfahrens nicht verdenken, aber man hätte doch besser gethan, das Verfahren zu unterlassen. Zu be dauern sei der Schießerlaß, die dänischen Ausweisungen dagegen seien zu billigen. Bist tiefstem Schmerze habe er vernommen, was Herr Blell gethan, ein Mann, der auch Reichstagsabgeordneter sein wolle. — Weiterberathung Montag. Berlin. Der Kaiser empfing heute den Gouverneur von Deutsch-Ostafrika, Major Liebert, der auf seinen Posten znrückkchrt, zur Abmeldung. — Der „Reichs-Anzeiger" gedenkt des heutigen 70. Geburtstages des Königs von Schweden und schreibt: „Der Deutsche Kaiser und das deutsche Volk vereinigen sich in herzlichen Glückwünschen für den edlen Herrscher der befreundeten, nordischen Länder". — Der kommandirende Admiral von Knorr hat dem König von Schweden, der fett 1888 ä la suite der deutschen Marine ge führt wird, in einem Telegramm die Glückwünsche der deutschen Marine übersandt. — Gegenüber anderweitiger Mittheilungen stellt der „Reichs-Anzeiger" fest, daß das Verhältniß zwischen den deutschen und den amerikanischen Seeoffizieren aus der ostasiatischen Station nicht nur frei von jeder Spannung ist, sondern daß der Verkehr im Gegentheil einen sehr entgegenkommen den und herzlichen Charakter trägt: das Verhalten der deutschen Seeoffiziere ist stets in jeder Beziehung korrekt gewesen. — Die Abrüstungskonferenz soll, wie verlautet, ans ausdrücktichcn Wunsch des Ezaren in Kopenhagen tagen.— Von Einberufung-einer Kon ferenz nach Washington oder nach Berlin über die Samoasrage ist hier nichts bekannt. — Das Kanonenboot „Iltis" verläßt An sangs Februar die Hcimath und dampft zur Ablösung des Kreuzers „Cormoran" nach Ostasien, letzterer wird in den samoanischen Ge wässern stativnirt. Berlin. Bei dem hiesigen Schöffengericht fand heute aber mals Termin in der Privat-Beleidigungsklage Maximilian Harden und Professor Delbrück statt. Der Gerichtshof beschloß, sämmtlichc Bewcisanträgc Telbrück'S. soweit sic die Sachen Mehring, Treitschkc und Otto Erich Hartleben betreffen, abzulehnen: der Gerichtshof stellt sich auf den Standpunkt, wonach bei Beleidigungsklagen Beweisanträge nur so weit zulässig sind, als sie sich ganz korrekt auf die Beleidigung selbst beziehen. Delbrück habe aber erklärt, er besitze für Harden's Infamie urkund liche Beweise, und die habe er beizubringen. Berlin. Die „Krcuzzeitung" tritt der Behauptung entgegen, daß das Scheitern der Verhandlungen zwischen deni Detinolder Ministerium nnd der westfälischen Eisenbahngesellschaft auf politische Motive zniückznsühren sei. Für die Gesellschaft seien lediglich finanzielle Erwägungen maßgebend gewesen, als sie schließlich das Abkommen nicht ratlfizirte. Lippe aber werde entweder von dieser Gesellschaft oder von cmdercn Uiiteruehmungeil olle jene Eisenbahn Linien gebaut erhalten, die den Bedürfnissen des Ländchens ent Ivrechen. Es sollen darüber bereits aussichtsvolle Verhandlungen schwebe». W i c >r. Das Reichsgericht entschied über die Beschwerde des Rcickeubergcr Stadrathes wegen des Verbots des deutsche» Städtc- knindcs in Böhmen, durch die Statthaltcrci und das Ministerium des Inner» dahin, daß durch dieses Verbot eine Verletzung des volitffchen Rechts, Vereine zu bilden, nicht ftattgcfnnden habe, da es sich um die Gründung eines politischen Vereins gehandelt habe. Parks. AuS Tamatave wird gemeldet, daß die Pest in der Abnahme begriffen ist. Vom 6. bis 15. Januar kamen nur 28 Tckdesfällr vor; unter den Tobten befindet sich kein Europäer. Rom. Der Papst, welcher wieder hergrstrllt ist, empfing tzerrk ein» Deputation de» TkistShenen her LatkW» .. Lausall ii e. Das Bundesaericht hat sich heute mit der Frage der Festsetzung des Anlagekapitals bei der Ecntrulbahu beschäftigt. Die Ecntralbahn bcbaiiptet. das Anlagekapital sei identisch mit dem Aktienkapital. Der Bundesrath dagegen ist der Ansicht, das Anlage kapital umfasse das Baukviito und die Matcrialvorräthe. Gleichzeitig handele es sich um die Frage der Anwendbarkeit dcS RechiiungSgciedcS auf Baukosten. Das DundeSgcricht beschloß in der Erwägung, daß der Rückkauf der Centralbahn aus der Grundlage des Reinertrags stattsiiidc» müsse nnd da die Frage kein juristisches Interesse habe, ans diesen Pnntt angenblicklich nicht näher einzugcheli. Die Streit frage bezüglich des Anlagekapitals wird daher erst anläßlich des Rciilifcs der Schweizer Nordostbahn entschieden werden. Masfaua. Am Donnerstag ist der Friede zwischen RaS Malvnnen und Ras Mangascha in der Kirche von Enda Mariani beschworen worden unter dem Vorbehalte, daß der NeguS den selben billigt. Menelik ist durch Boten benachrichtigt worden. ES tcheint, als habe Ras Mangascha nin Frieden nachgcsucht, da ihm die Versheidigniig von Ada Aaainus fraglich erschien. Es gewinnt also den Anschein, als ob die Absicht, Ava AgainuL zu halten, anfgegebeii sei. Die heutige Berliner Börse verkehrte im Ganzen in schwacher Haltung. Namentlich übte die Dcroutc ans dem Schweizerbahn-Aktlenmarktc einen stark verstauenden Einfluß aus, die Aktien der Schweizerbahncii waren nin 4 bis 6 Prozent nied riger. namentlich Gotthardbahn, Eciitratbalni und Nordostbahn gedrückt. Dazu kommt, daß die Lage am Geldmärkte immer noch für recht drückend angesehen wird und von einer größeren Spekulation zurückhält. Die Ultiiiioregllliruna wird nur vereinzelt in Angriff genommen. Bankaktien hielten sich ungefähr ans dein gestrigen Kurse, Kreditaktien ans Wien fest. Eiscilbahnaktieii still, Schwcizerbahnen sehr flau, österreichische Werthe ans Wien be hauptet, die übrigen niedriger. Vo» Mvntanaktieii waren Hütteii- wcrthe bevorzugt aus die neuen Tarifbestimmniigeii, Kohlcnwerthc abgeschwächt. Renten fast ohne Umsatz. Heimische Fonds nied riger, Privatdiskont 4V« Prvz. — Am Locv-2 piritus -Markte war die Haltung aus Hamburger Käufe recht fest. 70er 40,00 oder 70 Pfennige böhcr. 50cr 00 Mar!. Termine Anfangs abgcschwäcbt, später ans hohe Locvpreise anziehend. Im Getreide-Verkehr blieb die Tendenz schwach, von einem Geschäft ist kam» noch die Rede. Verstimmend wirkten »aineilttich angebliches Haserangebot von La Plata-Weizen und Hafcrznfuhr vom Jnlande. Weizen und Roggen etwa 50Psg. niedriger, Hafer schwach. Nach privaten Erinittclnngen wurden bezahlt: Weizen etwa I5!>,25 bis 15!) Mark, Roggen 117,25 bis 147 Mark, effektive Mciisieferung. Nach Er mittelung der Eeiitralnotirilnasstellc der preußischen Landwirth- schaftskainmem wurde» bezahlt in Berlin: Weizen 166, Roggen 149, Hafer 140 Mark: Stettin-Stadt: Weizen 100, Roggen 144,50 bis 145, Hafer 185 Mark. — Wetter: regnerisch; Süd- Westwind. Frankfurt a. M. (Schluß.1 Credit 225,9V. DiSconto 199.00. Dresdner Bank —. Staatsbahn —. Lombarden 80,9V. Laurahütte —. Ungar. Güld —. Portugiesen 21,30. Still. Parlö. 13 Uhr Nachmittags.) Rente 102,17. Italiener 93,75. Spanier 49,36. Portugiesen 23,80. Türken 23.50. Tllrkenloose 111,60. Ottomanbauk 556.00. StaatS- bahn —. Lombarden 168,00. Fest. Paris. Produktenmarkt. Weizen per Januar 21,78, per März-Juni 21,85. fest. Mböl per Januar 44,28, per Mm-August 44,25, matt. Spiritus per Januar 48,25, per Mai-Äugust 49,75, behauptet. Amsterdam. Produkten-Bericht. Welzen per März 178, per Mai 179, Roggen per März 148, per Mai 140. OeetltchcS nnv Sächsisches. — Gestern früh begab sich Se. Majestät der König mit Ihren König!. Hoheiten dem Prinzen Georg und dem Prinzen Friedrich August zur Hochwildjagd nach dem Langebrücker Revier. Zu dieser Jagd waren noch einige Kavaliere mit Einladungen aus gezeichnet worden. Die Jagdtafel fand in der König!. Billa Strehlen statt. — Se. Königl. Hoheit Prinz Friedrich August begab sich vorgestern mit mehreren Kavalieren zur Jagd auf Kaninche» am Prvichhübel in der Nähe des Hellers. Tie Zujammenknnft erfolgte halb 1 Uhr hinter der Grenadierkaserne und das Ende der Jagd gegen 4 Uhr an der Schatzeichc. Es wurden 86 Kaninchen nnd 4 Haien zur Strecke gebracht. — Se. Königl. Hoheit Prinz Friedrich August erhielt von Sr. Durchlaucht dem Fürsten zu Schaumburg-Lippc das Ehrenkreuz 1. Klasse des Schanmbiirg-Lippcschcii Hausordens: der versönliche Adjntcmt. Rittmeister v. Tümpling, erhielt das Ehren kreuz 8. Klasse dieses Ordens. — Ihre Hoheit die Herzogin von Schleswig-Holstein besuchte mit ihrer Hofdame die Papier- und Kunsthandlung M. Wcndt, Pragcrstr. Nr. 1. — Den Kammerherrndicnst bei Sr. Majestät dem König übernimmt von heute bis mit 28. Januar der Kvnigl. Kammerherr v. Wuthenau. — Se. Majestät der König hat dem Pfarrer Gotthold Franz Schmalz in Glaubitz das Ritterkreuz 1. Klasse vom Albrcchts- orden, und dem Oberschassncr bei der Staatseisenbahnvcrwaltung H änig in Löbau das Albrechtskreuz verliehen. — Dem prinzlichcn Leibjäger Kaufmann und dem prinz- lichen Lakai Schafsrath ward von Sr. Durchlaucht dem Fürsten zu Schaumburg-Lippe die silberne Verdienstmedaille verliehen. — Die Trauung der Komtesse Lucy v. Nadolin, der Tochter des deutschen Botschafters zu Petersburg, mit dem Legativnsrath und bayerischen Kamnierherrn Grasen M o y erfolgt morgen Vonnittag 11 llhr in der Kirche des katholischen Joscphinen- stifts Hierselbst. Heute findet die Polterabendfeicr im Hotel du Nord statt. — Ucker das Kartell in Sachsen schreibt daZ'„Vtld.": Wie bekannt, hat eine am 28. November vorigen Jahres in Dres den abgehaltene außerordentliche Generalversammlung des „Konser vativen Landesvereins im Königreich Sachsen" einstimmig einen Beschluß angenommen, in dem sich die sächsischen Konservativen für ein Zusammengehen der staatserhaltenden Parteien ausgesprochen nnd der Parteileitung Auftrag ertheilt haben, mit den anderen in Frage kommenden Parteien zum Zweck der Aufrechtcrhaltung eines Wahlkartells in Verbindung zu treten. Einen gleichen bez. ähn lichen Beschluß hat später auch der „Nationalliberale Verein für das Königreich Sachsen" gefaßt, und damit war die Grundlage gegeben, ans der mit Erfolg zwischen den beiden Parteien weiter verhandelt werde» tonnte. Nachdem inzwischen diese Verhand lungen dem Abschluß nahe sind, beabsichtigen demnächst die Partei borstände des Konservativen und Nativnalliberalen Landcsvereins mit einein gcmcinsnmen „Aufruf" vordie Oeffentlichkeit zu treten, in welchem sie die Parteigenossen ersuchen, auch bei den bevorstehen den Landtagswahlen wieder wie in früheren Jahren behufs Auf stellung gemeinsamer Kandidaten unter Wahrung des gegenseitigen Besitzstandes sich ziisammcnzuschließeii. da aber, wo eine solche Einigung unter den Parteigenossen selbst nicht zu Stande kommen sollte, die vermittelnde Thätigkcit der Parteivorstände, hier des Konservativen und dort des Nationnlliberalen Landcsvereins, an zurufen und dadurch eine Einigung womöglich herbeizuführcn. Es rsl nun zu hoffen und zu wünschen, daß diesem Ausruf, der ohne Zweifel den besten Interessen deS Landes entspricht, in recht weiten Kreisen der Wählerschaft entsprochen und dadurch ein gemeinsames Vorgehen der beiden Parteien und ein guter Erfolg derselben bei den Wahlen, wie in früheren Jahren, so auch m diesem möge hcrbeigeführt werden. Das wird aber sicher dann der Fall sein, wenn man sich allseitig von dem Grundsatz durchdringen läßt, der bei ihrem Vorgehen auch die Parteivorstände iclbst geleitet hat. daß nämlich im Zweifelsfalle bas Wohl des Vaterlandes höher stehen müsse, als das der Partei, und daß man allerseits die feste Absicht hat, das getroffene Ucbereinkommen auch ehrlich zu halten. Es versteht sich von selbst, daß die Ausstellung gemeinsamer Kandi daten der beiderseitigen Parteien zunächst nur Sache der einzelnen Wahlkreise selbst sein kann. Daß hierbei der Besitzstand zum Aus gangspunkt zu nehmen ist. ist einfach selbstverständlich. Kleine Bedenken und Sonberwünschc Einzelner müssen dein Ganzen zum Opfer gebracht werden. Wenn in diesen« Sinne überall vor- gcgangen wird, dann dürfte der Erfolg nicht zweifelhaft sein: zu einein solchen nach bestem Können mltzuwirken, erscheint uns als Pflicht eines jeden guten Patrioten, namentlich auch im Hinblick auf später konnnende ReichStagswahle», für welche ein festes Zn- saiilincnstehen der staatserhaltenden Parteien vielleicht noch noth- wendigcr ist, als jetzt bei den Landtagswahlcn. Einem solchen Zusammenstchen aber bei den Neichstagswohlen kann durch das Verhalten der Ordnungspartelen bei den Landtagswahlen ebenso wohl genützt, als empfindlich geschadet werden. Reichen sich die Ordnunasparteien kn unserem Lande setzt bei den Landtagswahlen di« Hand und halten sie gute Kameradschaft während derselben, so ist uns auch für die.Reichstagswahlen nicht bonge: umgekehrt wird eine Entzweiung unter denselben angesichts der Landtags- wähl«, nothwnidig« Weise künftig; lyrrwiaetupgrn M Folge haben und den Zutainmenschluß derselben für die Reichstagswahlri« nicht bloß erschwere», sondern vielleicht ganz unmöglich machen. — Zn einem lustigen „Jagd sc st in de» bayrischen Berge n" hatte die Dresdner Sektion deS Dentsch'Lcitcneichischcn AkpellvereinS vorgestern Abend ihre Getreuen zusammen wandern, das Pirschen aus ülplerischcn Höhen und das Schuh- Platte!» im Freien zu Dingen der Unmöglichkeit macht, hatte man einmal auSnahiilüMeisc die Reise nach den südlichen Bergen aus gestellt und lieber die bayrischen Bergricscn samint ihrem ganzen alpinen Zauber nach Dresdens stattlichem Gewerbchaussaale berbcigehoit, und so mitte» zwischen — brrrr! — Gcrbcrgasse, Zwinaerteich und Malersaal ein Stück reizvollster Alpenszenene entstehen lassen, dem auch ein Hauch vo» reinster Hvchgcbirgspoesie nicht maiigelte. An der Stätte, wo sonst erlesene Rünsllerschaaien aller Nationen eine kunstbegeisterte Zuhörermciiae mit den Gaben ihres Talents erfreuen, reckten vorgestern die beiden trotzig in die Glctscherwelt hinausschauendcu Felsgivfcl der Zug spitze ihre Häupter in die Luft; vor ihnen dehnte sich das grausig wilde Höllenthal mit der Knorrhütte aus. während im Vordergrund ein lieblicher Tannenwald zu lauschigem Ausent halte und zu froher Waidmannslust einlud. Zur Rechten grüßte der freundliche Eibsee. überragt von den schroffen Schnec- häupteru des Wetterstcingebirges, während im Mittelfelde sich der eigentliche Fest- und Tummelplatz für die fröhlichen Jagdlheilnehmcr und deren festliche Genossen ansbreitcte. Welch' herrliche Um rahmung bot derselbe, und was war nicht Alles gethan, um die Reize der alpinen Natur durch künstlerische Hand »och zu erhöhen! Da erhoben sich auf rantenumwnndeneiiSäntcii bunte Fahnen »>w stolze Wappenschilder, da glänzten von oben herab nietcrgroße Edelweik- Sterne. da erblickte das Auge allenthalben Jagdtrophäen und die feistesten Prachtexemplare von Aucrhähnen, Hasen, Rehen. Hirschen nnd Gemsböcken, da winkle ein „nrccht" eingerichteter Weinschaak allen durstige» Kehlen zu zechender Einkehr, dort erhob sich das schmucke Jorsthaus mit dem mindestens vierzigendigen Hirschgeweih über der Hausthür, hier hantirten in der Schicßhalle fleißige Schützen mit Stutze» und Büchse, dort war ein ländlicher Tempel Fvrtniias ausgestellt, wo man ein Mal über das andere glückliche Gewinner rcichbclade» mit ganmcncrsceucndeii Dingen — vom simplen Chocoladenpacketchen bis zum leckeren Gemsbraten — freudestrahlend von daimc» ziehen sah! Und was war das für ein buntes, lustiges Bölklein, das sich ans diesem Schauplatz hvchgebirglicher Freuden tummelte' Da waren sie Alle in ihrem Sonntagsstaat herbcigceilt. die Jäger, Bauer», Hvlzknechte, Bildschnitzer, Soldaten. Musikanten, Forst beamten, Polizisten, die Marttfieranten von lebendigen Gänsen und Schweinchen, aber auch die Wilderer. Landstreicher und Bettler aus dem benachbarten Partenkirchcn, Garmisch und Mittenwald, aus dem Allgäu und Vorarlberg, ans dem Engadin und Oetzthal, auS Kitzbichl und dem Zillerthal, sogar aus dem fernen Vintschga» »nd ans Meran und Bozen waren sie erschienen, um Zeugen zu sein des im ganzen Umkreis bereiteten Jagdfestes, das der splendide „Herr Baron" anläßlich seines Namenstages am Fuße der Zngsliike veranstaltete. Nachdem bereits ein vo» Bcracshöh' heimsahrcnder hvchbcladcner Hcnschlittcn, von welchem herab bildsaubere Dirndeln mit freigebiger Hand den selbslbereitcten Alpenkäse an die An wesenden verthcilten, jubelnd begrüßt worden war. begann daß eigentliche Jagdfest mit dem Einzug der unter Führung eine- Mllsikkvrps heimkehrenden Pirschtheilnehmer. Die lustige Dors- jugend, die sich im Purzelbanmschlage» eine Güte that, stürmte voran; day» kamen die Bursche» des Torfes mit ihren Schönen am Arm, dann die Jäger, die kläffende Mente an der Leine führend, dann folgte, von einem leibhaftigen Pferde gezogen, der reisiggeschinuckte Wagen mit der Strecke, ilnter der sich nicht blos manch' armes Gamsli, sonder» u. A. auch ei» stattlicher Keiler befand. Als werlhvollsle Jagdbeute ward sodann ein eben erlegter Bär aus einer Schultertrage hcreingcschlepvt: Gendarmen und Förster führten einige ans irischer That ertappte Wildschützen herein, auch der hohe „geistliche Herr" fehlte nicht im Zuge. Den Mittelpunkt desselben bildeten aber der noble Herr Baron (Herr Sensal Schröder), der heute „oalls zoalilte". sowie der teurer Würde stvlzbewnßtc „Jagd- könig" (Herr P. Tenchcr). An diesem war es nun, den Festgcber in längerer Rede zu begrüßen und zu feiern, woraus Letzterer in wohlgesetzte» Versen antwortete. Und nun trat des Festes langersehnter Gipfelpunkt, der fröhliche Tanz, in seine unumschränkten Rechte. Zunächst war die Reihe an den Kleinen; in niedlichen Tirolcrkostümcn tanzten zehn liebliche Kindcr einen prächtigen Polkareigcn. woran sich ein vom gemächlichen Tiroler bis zum tollen Rutscher steigernder Tanz der Bursche» und Dirndeln (12 Paare) schloß. Beide Darbietungen, von Herr» Äalletmcister Thieme seit Wochen fleißig einstndirt. erregten lamen Jubel und fanden stürmischen Beifall. Ter durch allerlei heitere Episoden (n. A. dnrch's Auftreten einer echten oberbayrischen Sänaergesellschasl) unterbrochene weitere Verlauf deS hochgetungcacn Trachtenfestes, um dessen Arrangement sich insbesondere die Herren Fabrikbesitzer Atbin Schnitze und Maler Schupp Lorbeeren ver dient haben, war dermaßen von ungebundener Stimmung und jubelndem Frohsinn durchweht, daß man vor Jodel», Jauchzen, Lache». Orchestermnsit (Röpenack's 177 er in Tirvleranziigm und eine den wirklichen Tiroler Bergen entstammende Nationaltapellc) vst kaum sein eigen Wort verstand. Doch wer kennte dieses urwüchsige, muntere Treiben, daS in seiner Eigenart eben nur bei den dcrg lnstsrohen Alvenvereiiilcril zu finden ist, noch nicht? Wcr's ja noch nicht kennt, ver gedulde sich bis znm nächsten Jahr nnd schaue sich'S mit eigenen Augen an — gleichviel ob Jung oder Alt, od Männlein oder Weiblein — beim Alpenvcrcinssest muß sich ein Jeder unterhalten und für manche folgende saure Woche als fröh liches Geleit die prächtigsten Erinnerungen mit hcinmehmcn. Holdriarioh! — Die von der „Freien Vereinigung Kampf genossen don 1870/71 zu Dresden" am Dienstag Abend im „Tivoli" zur Erinnerung an die Wicderaufrichtnng des Deutschen Reiches veranstaltete patriotische Feier batte sich einer zahlreichen Betheiligung zu erfreuen, nnd nahm einen dem Zweck der Feier durchaus angemessenen würdigen Verlaus. Dem Conecrt, aus geführt von der Kapelle dcS Jnsantcrie-Rcgimeiits Nr. 177, unter Direktion dcS Kampfgenossen Königt. Mnsitdirigcntcn Herrn Röpc- nack, und dem Mannergesangverein „Jäger und Schützen" unter Leitung des Herrn Lehrer Anders, lag ein gewähltes Programm zu Grunde, dessen einzelne Nummern denn auch mit lebhaftem Beifall ausgezeichnet wurden. Als Gäste anwesend waren ». A. die Herren Stadtkommandant Gencrallcntnant v. Schmalz. Excelleirz. Generalleutnant z. D. v. Schubert, Excellenz, General major z. D- Freiherr v. Friesen:c. Herr Prrvatns Lorenz begrüßte als Vorstand des Vereins die Anwesenden und schloß seine An sprache mit einem Hoch ans Kaiser nnd König, das begeisterten Widerhall fand. Herr Diakonus Dr- Költzsch hielt eine von Patriotismus getragene Festansprache, an die sich der Allgemeni- gesang des Liedes „Deutschland, Deutschland über Alles" schloß. — Der „Klcrdderadats ch" verzeichnet im Briestastcn seiner nencstcir Nummer die Meldung unseres Blattes vom 9. Januar, daß dem verstorbenen Scminaroberlchrcr Höpner in Zschopau doS Ritterkreuz 2. Klaffe des AlbrechtSordcns verliehen worden ist, als Kuriosität und knüpft hieran die Frage: „Werden im Jenseits auch Orden getragen?" — Trotz alledem beruht die Meldung aber ans Thcttsachen. Es ist dies aber eine Ehrung, die dem Lebenden schon zngesprochcn war, im Tode. Der Bedachte ist in der Zeit zwischen der Unterzeichnung des Königlichen Dekrets nnd der Aushändigung des Ordens verschiede». In solchen Fällen wird den Hintcrblic- benen die Verleihung bekannt gegeben, der Orden selbst ober der Ordcnskanzlci sogleich zurückerstattet. — Wohl selten hat ein Wintcrvcrgnügcn der Gesellschaft „H off»ll ii g" einen so fröhlichen Verlauf genommen wie das vorgestern Abend ln den Räumen des Königl. Belvedere ob- gehaltene Kostümfest, das sich einer ganz außerordentlichen Be- thciligung zu erfreuen hatte und am's Nene den Beweis von der Beliebtheit dieser gesellschaftlichen Vereinigung erbrachte. Der in allen Theilcn trefflich gelungenen festlichen Veranstaltung lag der Gedanke einer „Weinlese in Meran" zu Grunde. Der Saal war in einen reizend dekorirten traulichen Tiroler Platz verwandelt, aus welchem sich ein lustiges Völkchen aus den verschiedensten Alpcn- Ortschaften nebst seine» Gästen zu Spiel und Tanz, Kurzweil und Schmaus eingesundeu hotte, uni bis gegen 4 llhr Morgens sich nach Herzenslust zu amüsiren. Selbstverständlich fehlte es nicht an allerhand Aufführungen: so fand der Winzerzug. mit dem dcr offizielle Tbeil des Programms eröffnet wurde, ebenso wie de, Schuhplattler, ein Winzertanz und ein Tiroler Ländler allgemeine Bewunderung, nachdem schon vorher ein launiger Prolog die Stimmung außerordentlich gemüthlich angelassen hatte. Wer sich nkcht am Taru vergnügte, der hielt wohl ewe stille Einkehr m dem gemüthlichen RotMtübrrk. stattete der herrlichen ,Hu»rK^ l»,