Volltext Seite (XML)
Nr. 2«I S«ttr ^ — »Dr«d«rr NaiHrlchtruE —- «m»,»,.«. r«> ««7 Griindungsseier »er Technischen S,chs»nle. Sron Immergrünen Pflanzen und bunte» Blumen bas hvhe Katheder umrahmt, von de» Vertretern der studentische» Korporationen im vollen Wichs und ihren Fahnen flankiert empfing die Aula der Technischen Hochschule schon äußerlich die festlich-frvbe Note, die der Gründungsfeier würdig war. Vertreter der Behörde», an ihrer Spitze Minister Dr. Kaiser, Gönner und Freunde der Hochschule nahmen mit dem Pro- fessorenkollegium nach feierlichem Einzug die Ehrenplätze ein, und mit den weihevollen Klängen des PriesterchorS anS der „Zanberflöte". gespielt von der Kapelle der 4. Fahrabteilung. Hub der feierliche Akt an. Zuerst nahm der derzeitige Rektor, Le. Magnifizenz Pros Dr. Bruck, das Wort zu einer Ansprache, in der er zunächst nach stehende Ernennungen bekanntgab: Zn Ehrcnsenatorcn wurde» ernannt: Herr Dipl.-Ing. Alfred Ducke rhofs, Wiesbaden-Biebrich, Herr Generaldirektor Kurt H err m a n n, Leipzig, Herr Oesterreichiicber Hosrat Professor Dr. med. Dr. jur. h. e. Ferdinand Hueppe, Dresden, Herr Paul Jahn, Direktor der Sächsische» Granit-A.-G. vorm. E. G. Kunath, Dresden. Zum Doktor der technischen Wissenschaften e. h. Herr Professor Dr. phil. Georg Ge hl Hofs, Berlin. Zum Doktor-Ingenieur e. h. wurden ernannt: Herr Adolf Kertesz, vorm. Direktor der Leopold Eassella G. m. b. H., Fraiiktiirt a. M., Herr Oberbau rat Professor Max Säuger, Karlsruhe. Zum Doktor der Wirtschaftswissenschaften e. h. Herr Geheimer Iustizrat O. Dr. jur., phil., rer. pol. Rudolf Stammler, Wernigerode. Dann dankte der Redner allen Förderern der Hochschule, an erster Stelle dem Unterrichts ministerium, von dem neben dem Pt min er auch Ministerial direktor Dr. Wvelcker, Ministerialrat Dr. v. Leydewitz, Ober- regierungeral llhlich erschienen waren, nnd das trotz schwerer Zeiten immer die nötigen Mittel bewilligt habe. Er be grünte in Prof, Le Blaue dm Vertreter der Universität Leip zig. in Pros. Dr. Wandholt die Bergafademie Freiberg, in Prof. Dr. Müller die Forstakademie Tharandt, sowie alle Gönner und Freunde der Hochschule. Dann wies er hin auf Technik üblr bas Abendland hereingebrochen. Allmählich sei uns zu Bewußtsein gekommen, daß eine Schicksalswende sich vollzogen habe. Ihre Deutung sei nur möglich auf Grund einer Wesensschau. Es gelte, zunächst eine Analyse des tech- Nischen Gebildes zu vollziehen und dann dem Leben-sinn der Technik einen Platz in, Mythos unseres Lebens einzuräumen Technisches Handeln ist Einstellen von Mitteln auf einen Zweck Auch die Natur handelt zweckvoll. Immer neue Listen muh ihr der menschliche Geist ablauschen. Er stellt sich in den Dien der enthaltenden, verwirklichenden und umgestaltenden Technik. Erst zerstört die Technik, dann schafft sie bas neue Gebilde. Was aber die Technik schafft, hat nur als Zwcckgebilde Be rechtigung. Das erfordert unbedingte Nationalität. Die Maschine muh völlig zweckdienlich, naturgesetzlich und ökonomisch gebaut sein. Die Konzeption der Technik ist intuitiv, aber doch vollkommen rationalistisch. Ein System der Technik gibt es noch nicht. Der Redner gibt verschiedene Möglichkeiten an. zu einem solchen zu gelangen. Durch ihr Eigenleben ist die Maschine das Symbol der unbegrenzten Möglichkeiten geworden, nur durch Rohstoff nnd Naturgesetz begrenzt. Die Maschine muh nun in die übrigen Geistes gebiete eingeordnet werde». Sie ist an sich Kunstwerk. Das technische Gebilde jeder Art soll schön sein. Daß noch soviel Kitsch geschaffen wird, ist Schuld der Profitgier der Wirtschaft Die Technik ist nicht schuld an der Verrohung des Geistes und der Gesellschaft Wir müssen ihr aber eine Stellung i in Mythos unseres Lebens schaffen, das Symbolische in ihr erkennen. Die Werke des Technikers veralte». Etwas von ihnen lebt aber fort. Sie hat Anteil an der Ewigkeit alles Seins. Die Technik ist aber auch Beherrschung. Sie befreit den Menschen von menschenunwürdigen Funktionen, von Schmerzen des Da seins, von den Schranken vv» Raum und Zeit. Sie schafft e r st die Möglichkeit einer Menschheit. Sie be freit uns von der Dämonie der Dinge. Mit der Technik verliert allerdings das Leben von seiner Fülle. Viele sehnen sich zurück, werden zu „Maschinen stürmern" im Geist. Aber das ist unmöglich. Die technisch ge staltete Welt ist unsere Welt. ' Wir müsse» die Technik ein bauen i» den letzten Lebensring. Sie muh uns von wirk- schaftlicher Sklaverei lvsreihen. Ist sie göttlich, schöpferisch, be freiend, so ist sie auch wieder dämonisch, knechtend. Sie ist zweideutig wie alles. Ihr Mythos muß e i n m ü n d e n in den groben Mythos vom Ge i st aller Kreaturen. Starker Beifall in studentischer Weise zeigte, die am 2. Mai >928 bevorstehende Hundert-Fahr-Feier der j wie stark die Ausführungen des geistvollen Redners gefesselt Hochschule und äußere ile und gab eine interenanke liebersicht über die i hatten. Mit den wuchtige i Klängen des Tvrgauer Marsches und innere Entwicklung der „Technischen Bildungs- schloß die bedeutungsvolle Feier, anstalt". Er gedachte dankbar der Männer, die dabei mit- Der am 17. Hunt verstorben« ^orpskommandant v. Trettschke als Generalmajor. gewirkt haben und gedachte wehmütig derer, die der Weltkrieg ans den Reihen znknnsissrolier Männer und Jünglinge ge rissen. Ihnen zu Ekre» erhob sich die Versammluiig und die Fahnen senkten sich. Trotzdem werde die Hochschule auch weiter hin daran Mitarbeiten. Deutschlands Weltgeltung wieder- herznstellen. Das sei das Gelöbnis an ihrem Geburtstage. 'Nun ergriff zur eigentlichen Festrede das Wort der Dozent für Religionswissenschaft, Professor Dr. Tillich, über „L o g o s und M nthoS der T e ch n i k". Er führte kurz svlgendes ans: Wie eine Katastrophe sei die moderne Grenzen öes Mutes. Über des dräuenden TDeltmeers endlos hinwogende Salzflut Flogen sie beide dahin, spottend jedweder Gefahr. Hoch in den eisigen Lüften durch Vslkengebirge und Klüfte Lenkten sie mutvoll den Flug, unter sich grauend das Grab. Fern war den Herzen die Furcht, und Zeus, der Allmächtige, sah es, Hob seinen Stab und gebot sichere Fahrt bis zum Ziel. Hubel erscholl, als die beiden dem Segler der Lüfte entstiegen, Hubel Lurchbrauste das Land, das sie in Kühnheit erreicht. Und nun richtete Freude den beiden die herrlichsten Tage: Festmahl, Reden, Empfang — Reden. Empfang. Festmahl. Und es wurde der Tag zur Nacht und die Nacht ward zum Tage, Und kein Ende, so schien, fand man des Feierns für sie. Da erlahmte die Kraft, und was keine Todesgefahren, Nie Elemente vermocht, siehe, sie lernten's: die Furcht. Und sie bestiegen halbtot ihr Fahrzeug, und. sich zu retten, Steuerten rasch sie gen Süd, ehe der Nut sie verließ Luginsland in den „Dresdner Nachrichten" Oertliches und Sächsisches. Geheimer Sliidienrxl Reliiiir a. D. Dr. Friedrichs. Am Sonnabend wurde der ehemalige Rektor des Neu städter Giimnasiiilns. Geheimer Ltnoienrat Prof. Dr. Richard Friedrich zur letzten Ruhe gebracht. Seinem eigenen Wunsche entsprechend erfolgt eine Kundgebung seines Todes erst nach dem Begräbnis. Mit dem Entschlafenen ging ein Mann von scharf aus geprägtem Eharaktcr und hoher geistiger Bedeutung in seinem Fache heim Er war ein überzeugter Vertreter des hnma nistischen Prinzips in dem seine Anschauung wurzelte. Tief gründig war sein Wissen, anfaßlich seine Art zu lehren und die Kunst, seine Schüler für das Leben vvrzubcreitcn nnd wissenschaftlich auSzurüsten. Insbesondere galt sei» Wirken der deutschen Sprache und Literatur, deren Tief« und Schön heit einen Interpreten voll Begeisterung und Klarheit an ihm fanden. Er wird in der Geschichte der Gymnasien zu Bautzen und Dresden, an denen er als Rektor wirkte, un vergessen bleiben. Gcheimrat Dr. Friedrich wurde 1843 In Pegau geboren. Nach Betuch der Volksschule seiner Vaterstadt kam er aus die Fürstcnschnle Grimma, der er v: >'-vrüfung angehörte. Hierauf studierte er in Leipzig alte Philologie und Germanistik. Nach kurzer Lchr- tatiakeit am Gnmnastum Albertinum zu Freiberg wurde er I88<1 an das damalige tänigliche Gnmnastum in Leipzig berufen. l8Sü erfolgte von hier ans seine Verschling als Rektor an das Gnmnastiim Bautzen. Tiefes Rektorat vertauschte er lOOc, mit dem des Ltaatsgymnasiumr Tresden-Neustadk. 1013 trat er ln den Ruhestand und lebte seitdem auf dem Weißen Hirsch. — Todesfall. Im 76. Lebensjahre ist gestern Sonnabend nach langer Krankheit Kommerzienrat August Silomon ge storben. Der Verblichene, der bis zuletzt dem Vorstande der Dresdner Albnminpapicre Fabrik sowie dem Auisichtsratc verschiedener Jndustriegesellschasten angehörte, war ein hervor- ragender Fachmann der photographischen Papierbranche, der namentlich im letzten Drittel des vorigen Jahrhunderts die sen Industriezweig des Dresdner Bezirks zu hoher Blüte brachte. d — Europatagung der deutschen Vereine im Ausland. Vom 26. bis 30. August findet in Dresden und Leipzig eine Enropatagung der deutschen Vereine und Verbände des europäischen Auslandes statt, deren Vorbereitung -er Bund der Ausländsdeutschen und der AuSlandsbund Deutschei Frauen besorgt. In Dresden ist nach einem Empfang !m Rathame eine Besichtigung der Dresdner Papier-Ausstellung vorgesehen. Mit einem Besuch -er Leipziger Messe soll die Tagung am 30. August schlichen. Referieren werden u. a.: Frau Dr. Matz, Direktor Hans Krämer, Dr. Heuh. Prof. Tr. Kuske, Prof. Dr. Menz, Negierungsrat Dr. Mohr, Tr. Roscher. — Plaszmnstk am Sonntag von 11.30 bis 12,80 auf dem Albert- vlatz tvor dem Alvert-Theateri, Kapelle der 4. (Zächs-i Nachrichten- Abteilung unter Leitung von Oberiiiustkmelstcr B n h l m a n n. Vor- tragsordnuna: Chor und Marsch a»S „Judas Makkabäus", von Händel. — Ouvertüre zur Oper „Der Bauer von Preston", von Adam. — Falter und Rosen, Intermezzo von Kockert. — Morgen- blätter, Walzer von Strauß. - Fantasie aus der Oper „TannbäuseL. von Wagner. — Einzug des 20. Husarcn-Ncgiments, Marsch von Buhlmaun. — Beginn der Frühkonzerte in der Großen Wirtschaft. In der Großen Wirtschaft im Großen Garten beginnt Sonntag das Friih- konzert Uhr. Beim Krühkonzert wie beim Mittagskonzert wirb der bereits mit starkem Beifall aufgenommenc Komponisten- und Dirigenten-Tarsteller Herr Karl Kar bürg auf vielseitigen Wunsch mit. Am Nachmittag und Abend gastiert die gesamte Kapelle KS 1. Batl. Inf.-Regts. 3 aus Marienwcrder unter Leitung Ihres Ober- Musikmeisters St ein köpfst Am Montag konzertiert das neu- gegründete Dresdner Blasorchester unter Leitung von Kapellmeister Fischer. Dienstag bis mit Freitag finden Sonderkonzerte eben falls unter Mitwirkung des Herrn Karl Karburg statt. — Staatliche «rastwagenliuie Dresden—Moriszbnrg. Ab Sonn- tag ist für diese Linie am Neustäütcr Bahnhof ein« Bedarfshaltestelle ohne Tarisgrcnze eingerichtet worden. — Ehristlichcr Verein Junger Männer. Ammon st ratze Hauptabteilung: 8 Uhr Plaudcrabend: „Wie ich ln den C. V. I.M. kam" >Ltg. Hcischmaiinst Iung-E. V. I. M.: 7 Uhr, HanS Füssel: „Was du von der Lokomotive noch nicht weißt." Bückerabtctlungcn: Waldfest im Margarcthenpark. Petriheim, Leipziger Str. 8/>ii: Hauptabteilung: Lagerlcben auf der Miese hinter den Pionicrbcrgen. Treffen 7 Uhr oder 2 Uhr, Ende Linie 12. Bei ungünstiger Witte rung 7 Uhr im Heim: „Aus dem Leben eines Tangcnichis." Iung- E. B. I. M.: 7 Uhr Treffen im Heim, Lagerlebcn auf der Wiest hinter den Pionicrbergcn. Hei», Blascwitz, Sommerstr. l.Z: 7 Uhr: L. v. d. Decken: „Kriininalgcschichten." R o t k i r ch h c i m, Fichienstr. 2: 8 Uhr: Rudolf Sichler: „Die Perle des Griechen." Ao/ir-aM/ * Sor/i/rcDemk' Deutsches Shakespeare-Fest in Bochum. IBon unserem Sonderkorrespondent!: n.f Im Mittelpunkt des rheiiiisch-mcstsälische» Jndnstrie- bezirks hat sich dieser Tage ein künstlerisches Ereignis von größter Bedeutung vollzogen. Die Stadt B o ch n in ver- anstallete mit ihrem Ltadttheater vom kl. bis 17. Juni eine Deutsche Shakespeare-Woche, in der die gesamten K o n i g s d r a m e n Shakespeares zur Ausführung kamen. Die KönigS-ramen im Zusammenhang vorzuiühren, ist ein Ge danke, den schon Schiller erwogen hat. Dann wurde der Ge danke zum ersten Mal von Dingelstedt in die Tat »mgesetzt, der die Reihe von Richard II. bis Richard III. ans der Weimarer Hofbühne im Jahre 1804 zur Annnhruiig brachte. Im Lanre des folgende» halbe» Jahrhunderts hat noch manche denttche Bühne dieses Unternehmen aewagt, u. a. in Leipzig, Dresden, Berlin, Kaiicl. Hamburg, Hannover, Königsberg, Bremen. Breslau, im ganzen etwa 20 Theater. Bochum vollendete diese Bestrcbniiacn. indem cs als Anstatt mit König Johann begann und als AnSklana Heinrich VIII. hinznrüatc. Dazwischen liegen Richard II., Heinrich IV.. zwei Teile, Heinrich V.. Hein rich VI.. drei Teile, und Richard III. In langer, hingebender Vorberettungsarbeit ist das Werk entstanden und mit schön stem Gelingen vollendet worden. Die Deutsche Shakespeare-Woche findet im Rahmen einer außerordentlichen Tagung der Deutschen Shake speare-Gesellschaft statt. Znm ersten Mal seit ihrer Gründung hat die Gescilichast ihren Sitz Weimar verlassen, um in einer anderen dcittschen Stadt sich zu versammeln. Dre Veranlassung ist wichtig genug: hat doch die Shakespcarc-Gc- sellichait eine ihrer wichtigste» Ausgaben in der ständigen Ver bindung des ästhetische» nnd lvineiischafttichen Shakespcarc- SttldttlmS mit der Praxis des Theaters gesehen. Und diese Praxis und lebendig gewordene Dichtung sollte ihr in Bochum geboten werden. Bochum, wie seine Nachbarstädte Esse», Dortmund, Duisburg von größter Bedeutung für Deutschlands Wirt schaftsleben, bat ans dem Gebiete des Theaters keine große Ge schichte und Tradition auszuiveiscn. Aber es bekundet den festen Wille», nunmehr mttzuwirken in dem Wettkampf um künstlerüche Meistcrleistnnge» nnd hochstrebendc Kulturarbeit. Man muß einmal de» Weg hierher finden, um unrichtige Vor stellungen von westiälischen Industriestädten durch Anschauung zu klären. Bochum ist die Stadt der Kohle und des Eisens; aber man irrt, wenn man glaubt, daß sie grau, düster, verrußt sei. Sie ist bnrchslochien von ausgedehnten Parkanlage» und Grünflächen, sie hat den schönsten Ttadtpark des Ruhrbezirks und in naher Umgebung zieht sich das bergige Ruhrtal hin, das thüringischen Landschaflscharakicr zeigt, und wo die ehr würdige Ruine Blankenstein von weit zurückreichender ge- ichjchtlicher Vergangenheit erzählt. Die Männer, denen Bochum den kulturellen Aufschwung der Stadt verdankt, sind der Oberbürgermeister Dr. Ruer, der Sladlral Wilhelm Stumps und der Theateriittcndant Dr. SaladinS ch m i t t. Tie Deutsche Shakespeare-Woche bildet den Höhepunkt der bisherigen Entwicklung. Was Saladin Schmitt mit seiner Aufführung der K o n i g s d r a m e n für die Industriestadt Bochum und die Deutsche Shakespeare-Gemeinde geschaffen hat, ist eine große Tat. Wir können hier nur den Gesamteindrnck wiedergeben, ans die Fülle der Einzelheiten einzugchen, müssen wir uns versagen. Schmitt hat mit seiner Inszenierung der Künigs- dramen neue Wege cingeschlagen, an denen man künftig nicht mehr vornbergchc» kann. Es gehen starke Anregungen von ihr ans. Vorbei ist die Zeit der übergroßen Vereinfachung, der Andeutungen, der Nüchternheit. Hier handelt es sich um Königtum und Hof, um Lebenskreiic, die in Reichtum und Fülle leben: daher gebühren ihnen Pracht nnd sublimer Gc- ichmack der Räume und Kostüme. Dabei ist Schmitt keines wegs ein Realist im Sinne der Meininger; aber er hat von ihnen gelernt, wie von allen Bühnenstilen der letzten Jahr zehnte, und indem er davon aufnimmt, was ihm für seine Aufgaben dienlich erscheint, sucht er zu einem neuen Bühnen stil zu gelangen. Den gewaltigen Schicksalen, die in den Königsdramen sich abipielen, entspricht die unerhörte Wucht und Bewegtheit der Darstellung. In diesen Aufführungen gibt es keinen toten Punkt; sie halten den Zuschauer von An fang bis zu Ende im Banne des Geschehens und der zu er staunlicher Lcbensfülle erstehenden Dichtung. Die Massen, die in allen diesen Dramen eine io große Rolle spielen, mögen sie nun Lords, Soldaten oder Volk sein, sind in sich diszipliniert; in Ruhe verharrend oder in leidenschaftlicher Bewegung, wie es die Szene erfordert. Es ist junge Mannschaft, mit der Schmitt arbeitet und die er befeuert: daher die unbedingte Einordnung aller in die Gesamtheit, die fast militärische Straffheit der Wiedergabe, die Einsetzung aller Kräfte für das gemeinsame Ziel. Schmitt ist gewiß ein guter Erzieher seiner Schauspieler; aber er züchtet kein Startum; auch die Darsteller der Helden sind dem Gesamttvcrk dienstbar. Unter ihnen ragen Schauspieler von künstlerischer Begabung hervor, von denen aus der großen Zahl der Mitwirkendcn einige ge nannt sein mögen: Hermann Heuser als König Johann, Northumberland und ?)ork, Willi Busch als Richard II. nnd Pcrcy Heißsporn, Hans Hinrich als Heinrich IV., Dr. Werner Kurz als Prinz Heinz und Heinrich V., Margarete Thcle- mann als dessen Braut Kätchen, Gustav Landauer als Hein rich VI. und Adele Schönfeld als dessen Gemahlin Marga retha, Gerhard Mcinecke als Richard III., Fritz Eßler als Falstaff, Elly Lipp als Frau Hurtig. Ter Sinn des Ganzen aber kam mit jeder Vorstellung immer leuchtender zur Erkenntnis: den äußeren nnd innercn Zusammenhang der Kvnigsdramcu aufzuzeigen, die Wolf gang Keller in ihrer Gesamtheit der homerischen JliaS ver glichen hat. Um sein Ziel z» erreichen, hat Schmitt Maschinen lind Proipcktc und eine vorgeschrittene Beleuchtungstechnik nutzbar gemacht. Da einzelne der Dramen einen 24- bis 30- maligen Szenenwechsel erfordern, sind schnelle Verwandln», gen notig. Schmitt bewältigt sic durch geteilte Spiclcbcnen, die aber niemals die szenische Illusion stören, und verbindet die einzelnen Szenen durch charakteristische musikalische Unter malungen. In dieser musikalischen Begleitung des Gciaini- wertes, die durchaus eigenartig und reizvoll ist, hat Emil Peeters Bedeutendes gegeben. Für die Bühnenbilder fand Schmitt in Johannes Schröder einen Helfer von starkem Stilgefühl nnd schöpferischer Phantasie. Auf sieben Tage ver teilten sich lo Dramen, von denen für die beiden Teile Hein- ric' IV. und die drei Teile Heinrich VI. je zwei Vorstellungen an einem Tage eingesetzt wutdcn, so daß Schauspieler und Publikum je sieben Stunden mit einer stündigen Pause mit voller Anspannung beschäftigt waren. Jedem einzelnen Werk wußte Schmitt einen besonderen Charakter zu geben, der in der Darstellung ebenso wie in der Dekoration, den Kostümen, der Musik zutage trat. Einzelne Ausstellungen wollen dem GcsamtcindrilcL gegenüber nicht viel besagen, daß z. B. der Ton vielfach zu laut und dröhnend genommen wurde, die Falstaff-Szenen überladen wäre». Auf die Ge« saiittlcistiing kann das deutsche Theater stolz sein, nnd sie wird in der Dhcatergcschichtc ihren Platz behaupten. Ergänzt wurden die Aufführungen durch eine Neiße von Vorträge», die täglich mittags im Parkhaus stait- faiidc». Namhafte Vertreter der Wissenschaft behandelte» ge meinsam das Thema „Shakespeare im Spiegel deutscher Kultur". Professor Keller sMünstcrl entwarf ei» »m- sassendes Gesamtbild der Kviiigsdramen, Professor Gun. dolf sHeidelbergi gab eine geistvolle Analnse Richards II., a» Hand von Lichtbildern nnterrichielen Professor Hecht lGöttingcitt über Shakespeares Bühne nnd Professor Förster iMünche»! über Shakespeares England, und schließ lich sprach Professor Schick lMünchen! über Shakespeares Genie. An allen Vorträgen und Ausführungen nahmen das Publikum Bochums und des Indnstriebezirks, die Deutsche Shakespeare-Gesellschaft und andere auswärtige Gäste leb hafte» Anteil. Tgs Publikum war begeistert, der Beifall stürmisch. Dr. Ludwig S t e t t e » h e i m.