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Lsnalag. 12. Lepkrmber 1S2V — »Dresdner Nachrichten" — Nr. 42« «eite 3 Der Frarrenmör-er Lanöru VN- -te deutsche Skafrechtsresvrm. «e— Euthüllungr» zu« Prozeß de» Paris«« Blaubart« Von Polizeipräsident a. D. «oettig (Dresden). Der Fall de» soeben tn Verl!» v«r»asteten Mbrder« der Srdsln Lambsdorss zeigt genau da»s«lbe kriminalps,chol»,tsch« vtld ivl« der Kall de» Pariser yraueiimörder» vandru. voett- cher ,var berus-müßiger Handtaschenrüubrr, Landru pro - sessloneller HeiratSschwtndlrr. und beide mürbe» im Lause ii»cr «arriere fast zwang-lünsta zum Mörder. Je bster, je ge- schüst-müßiger jemand eine Handlung beaelil. desto lcichier wird er genelgt lein, auch über Widerstände hinweg zum gewohnten Ziel «u gelange». Und die «esetiigung de» Widerstande« bc deutet dann «ven Mord. «Sa» hier vorbeugend geschehen kann, um derartige Mord« »u verhüten, ist in den solgenden «„»stthrungcn klar- gelegt. Während Elemenceau und Brockdvrsf-Rantzau tn Ber stille- über den FriedenSvertrag verhandelten, erlebte PartS gletchzettig eine »wette Sensation. Die Ermordung von zehn grauen durch einen Heiratsschwindler wurde entdeckt. Die vollständige Aufklärung dieses Falles Landru gelang nur all- inähltch. Jeder Tag brachte neue haarsträubende Etnzelhctte», von Woche zu Woche vermehrt« sich die Zahl der nachgewtese- nen Morde. Wie ein Schauerroman tn Fortsetzungen wurde die BerbrechenSscrt« diese» modernen Blaubarts tn täglichen kleinen Dosen der Ocffentltchkett bekannt, und gerade dieses schrittweise Vordringen der Pariser Kriminalpolizei in da» geheimnisvolle Dunkel, dieses tropfenweise Durchsickern der vollen Wahrheit erhöhte die Spannung und erregte ein der artiges Aussehen, daß tn politischen Kreisen damals sogar die Vermutung austauchte, der Fall Landru sei von der fran zösischen Negierung absichtlich ansgebanscht worden, um durch -lesen zehnfachen Fraueiimord die Aufmerksamkeit von dem anderen Morde abzuleuken, den Elemenceau und sein Kom plice Tardteu an Deutschland zu begehen sich damals gerade anschickten. Wie Landru zu Werke ging, dürfte noch in Erinnerung sein. Er arbeitete stets nach demselben System. In der sentimentalen Ecke einer Tageszeitung erschien eine klein« Anzeige: «.Alleinstehender Herr, sich einsam fühlend, 45 I., 4990 Fr. Einkommen, ersehnt Heirat mit Dame tn gleicher Situation.- Auf jede Annonce gingen dem sich einsam FUH. lenden so zahlreiche Angebote von Frauen in allen Grüften, Kovpulcnzgraden, Haarfarben und BermögenSverhältntssen »u, daß er die Auswahl hatte. Er suchte sich stets mit Vor bedacht denselben Typ heraus: Frauen im gefährlichen Alter, Witwen, Geschiedene oder sonstwie ohne Anhang Lebende, bet deren Verschwinden keine Nachforschungen von Verwandten und Freunden zu befürchten ivaren. Auch zog er aus ähn- ltchcn Erwägungen kleine Ncntnerinnen Len reichen Partien vor. Frauen au» Kletnbürgerkreisen, die ein paar tausend Franken auf der Sparkasse und eine schöne Wohnungsein richtung besaßen, und deren ältliche» Herz durch die Itcbens würdigen Manieren des alleinstehenden Herrn sich rasch er obern lieft. Di« falschen Namen, die er führte, seine Visiten karte mit dem Titel «Ingenieur" oder „Consul" und der verschwenderische Gebrauch von technischen Fachausdrücken, mit denen der ehemalige Mcchanikergesell« um sich warf, ließen ihn tn den Augen seiner meist halbgebildeten Opfer als ötstiiiguterten Kavalier erscheinen. Die Bräute bewunderten ihn, liebten ihn, vertranten ihm ihr Sparkassenbuch und ihre Wertpapiere an, und schließlich, wenn er sie genügend in Sicherheit gewiegt hatte, lud er sie zu einem AuSslug ins Grüne ein. Er hatte nämlich tn GamblaiS bet Paris ein kleines Häuschen, hübsch abseits gelegen und lauschig. Dort fuhren sie alle hin und keine kehrte wieder. Die Geschichte war stet» dieselbe. Die Dorfbewohner von yamblaiS sahen den Herrn mit dem stattlichen schivarzen Vollbart und sein« Dame vormittags ankvmmcn. Nach- mittags konnte man sie im Garten de» Häuschens die zu friedenen, glücklichen Sommerfrischler spielen sehen. Ste pflückte Blumen und er bcschnitt die Bäume. Und wenn der kühle Abend kam, schlossen sic sich ins Häuschen ein, und die ganze Nacht war es sttll. Am andern Tage aber stieg aus -cm Kamin de» Bnen Retiro ein übelriechender schwarzer Rauch auf. WaS war mit den Frauen geschehen? Der GtaatSanwalt beantwortete in der Schwiirgcrtchtsverhandlung diese Frage. Landru hat ste tn dem einsam gelegenen Hause mit einer Hacke erschlagen, mit einer Metallsäge zerstückelt und dann in dem kleinen Küchenofen, der vorzüglich zog, verbrannt. So endeten alle zarten Beziehungen Landrus in dem Ofen ron Olamblais, nachdem sic i» der Annoncenrubrik „Heiraten und Korrespondenz" begonnen. Der schnell getröstet« Bräuti gam aber fuhr nach Paris zurück und versteigerte den ge samten Nachlaß ber Ermordeten, um deren Verschwinden sich »jemand kümmerte. Nur einmal traf Landru eine unvorsichtige Wahl. Er ermordete ein« Frau, die Verwandte in Paris hatte, ohne -aß er eS wußte. Diese stellten Nachforschungen au. Die Spur führt« nach GamblaiS, führte zu dem kleinen Ofen, und nun wurde Landru verhaftet und das Serienspiel des Mör ders war zu Ende gespielt. Im Februar 1922 wurde er hingerichtet. Jetzt, nach 41L Jahren, kommt noch eine Kleinigkeit mehr ans Tageslicht — eine Kleinigkeit, die das Tragischste und zugleich kriminalpolitisch Wesentlichste des ganzen Falles ist. -te aber merkwürdigerweise erst durch das Buch eines Deut schen, durch daS soeben erscheinende Werk „Der Berufs- Verbrecher" von Hetndl (Berlin, Pan-Verlag) erstmals -er Oeffentlichkeit bekannt wird. Geh. Rat Heindl — zweifellos eine der ersten Autoritäten ans krtmtnalpolizetlichem Gebiete — behandelt in seinem hochinteressanten neuesten Buche den augenblicklich zur Beratung stehenden deutschen Strafgesetzentwurf und unter sucht die Zweckmäßigkeit unserer ganzen Krtminalpolttik. Er weist darauf hin. daß in Frankreich seit 1885 das sogenannte „Recidivistengesctz" tn Kraft ist, wonach Verbrecher, die bereit» mehrere Vorstrafen wegen gleichartiger, schwerer Delikt« er litten haben, lebenslänglich verwahrt werde». Heindl weist weiter darauf hin, daß der Strasgcsctzentivnrf der deutschen RctchSrcgierung vor der lebenslänglichen Inter nierung sdte Liszt und die von ihm geführte „moderne, soziologische Strasrcchtsschule" empfohlen haben) zurück, geschreckt Ist und nur eine „Sicherungsverwahrung -er gefährlichen Gewohnheitsverbrecher" von grundsätzlich dreiiähriger Dauer vorsieht. Nach drei jähriger Gefäugniskur soll — so lautet daS optimistische treu herzige Rezept — der alte BerufSgauner als geläuterter Sünder, als Ehrenmann ohne Schuld und Fehle wieder auf seine Mitmenschen losgelöste» werden. Ob daS französische Verfahren oder das von der -entschcn Negierung beabsichtigte empfehlenswerter ist, zeigt Heindl nun u. a. auch am Fall Landru und bringt dabei das unheil volle Mißgeschick zur Kenntnis der Allgemeinheit, daS der französischen Rechtspflege tn der Affäre Landru widerfuhr und das diesen schauerlichsten aller Massenmorde eigentlich erst ermöglichte. Heindl hatte Gelegenheit. In Paris die Strafliste LandruS «inzuschen und fand darin folgende Vorstrafen: 1991 3 Jahre Gefängnis wegen Betrugs (Heiratsschwindel), 199» 1» Monate „ „ „ 1996 8 Jahre „ „ „ 1919 8 Jahr« „ Ende Juli 1914 beschäftigte Landru abermals wegen Heiratsschwindels das Gericht. Nun hätte er auf Lebenszeit von den Pariser Boulevards verschwinden müssen. Denn nach dem Recidivistengesetz ist in solchen Füllen nach vier Ge- sängniSstrafen die dauernde Internierung auszusprechen. Ste wurde auch vom Gericht ordnungsgemäß auSgesprvchen. «ber — — — am selb»« Tage wt« -te Urteilsorrkllndung erfolgte die Kriegserklärung. In dem allgemeinen Tohuwabohu unter- blieb dt« lebenslängliche Internierung und — und da« ist da» Pikante an diesem unhetlschwangeren Zufall — Landru wurde versehentlich nur einer dreijährigen Strafverbüßung zugeführt. Nach drei Uahre», also genau nach der Frist,' die der deutsche RegierungScntwurf für die moralische Wiedergeburt ber „gefährliche» Gewohnheitsverbrecher" vor- sieht, gelangte Landru wieder in den Genuß der goldenen Freiheit. Wie er sie genoß, haben wir gesehen. Das Notiz, buch, in dem er als gewissenliaster Mörder all« seine TötungS- verbrechen registrierte, beginnt mit dem Jahre 1917. DteseS Menetekel des Falles Landru kann unseren Politikern, di« augenblicklich im RetchSrat und dem nächst im Reichstage den Entwurf des neuen deutschen Straf- »csetzbuches beraten, nicht eindringlich genug vor Augen ge- halten werden. Sie können aus dem Fall Landru ersehen, wie verfehlt der Abschnitt des Entwurfs ist, der von den gefährlichen Gewohnheitsverbrechern" handelt. (8 45 fs.) Die Lehre, die Retchsrat und Reichstag aus dem Fall Landru ziehen sollen, kann sich jeder Leser selbst formulieren. Der Unterschied zwischen der dreijährigen „Sicherungsver wahrung" des deutschen Ncgierlingscntwurss und der lcbens- länglichen Elnsperruug des französischen NecidivtstengeseheS besteht tn einem Dutzend Morde. Hütte man die unbefristete Internierung Landrus anordnungSgemäß durchgcsührt, wäre seine Verbrecherkarricre wohl zu Ende gewesen. Da aber Landru zufällig »ach dem Rezept, bas die deutsche Relchs- regterung für die gewerbsmäßigen Verbrecher vorschlägt, be handelt wurde, mußten zehn Frauen ihr Leben lassen. WaS tn Frankreich ein unglückseliger Zufall infolge der Krtcgs- wirrcn war, soll in Deutschland — so will es der Strafgesctz- entivurf der RctchSrcgierung — zur Regel werden. Daß der Fall Landru nicht vereinzelt, sondern typisch ist, zeigt das großangelcgte Hcindlschc Werk, das die inter- essantestcn Kriminalsällc ber letzte» Jahre mit umfassender Sachkenntnis und sicherem Blick für das Generelle schildert, in wirkungsvollster Darstellung. Der krimtnaltsttsche Fach- mann wird auf jeder Seite, insbesondere auch in den An merkungen, wertvollstes und völlig neue» Material finden. Der Laie aber wird sich dem Banne dieses blendend ge- schriebe»?» Buches nicht entziehen können, bevor er es trotz des großen Umfanges zn Ende gelesen hat. Mancher, der sich sonst nicht i'hett zu rcchtöivissenschaftltchcr »nö soziologischer Lektüre nimmt, wird — durch die nervenkitzclnde Materie und die spannende Schreibweise des Autors verlockt — viel leicht zum erstenmal ein vollständiges Bild des ganzen krt» mincvlpolitischcn Fragenkomplexes gewinnen, der zurzeit die gesetzgebenden Körperschaften Deutschland» boschästigt. Und er wird sich vielleicht »rft durch dies«» Buch der Tragweite bewußt werden, die die Entscheidung de» Reichstage» für die Sicherheit von Leben und Eigentum aller Volksgenossen haben wird. Erst kürzlich hat sich der für dt« Strafrechtsreform zu- ständige Ministerialdirektor der RetchSjustlzverwaltiinq tn der Oeffentlichkeit darüber beklagt, -aß die breite Masse dem doch so wichtigen Problem ber Strafrechtsneugestaltung biSH« interesselos gegenübcrgestanben sei. Da» Heindltrße BuH wirb sicherlich da» Interesse wachrütteln. ES wird den DISpnt Uber diese legislatorische Frage auch in den Kreisen der Nichtjuristen. ber Pädagogen und vor allem der Geilst»« lenke und Industriellen, die unter dem Berufsverbrechertum am empfindlichsten zu leiden haben, heftiger und kritischer ent fachen. als der ReichSjusttzoerwoltung viellrtcht lieb ist. ES beweist durch eine erdrückend« Fülle von Beispielen, welche» Elend dadurch heraufbeschworen wurde, daß man in Deutsch land bisher die ./gefährlichen Gewohnheitsverbrecher" mit der befristeten „Bergeltungöstrase" bestraft hat. Und e» bemon- stricrt, welches Unheil von der Durchführung des Regterungs- entwiirfs zu erwarten wäre. Der Verfasser zeigt anderseits ans Grund seiner großen Erfahrung, die er tn Frankreich. England, Amerika und Australien sammeln konnte, wie er- solgreich tm Auslande das gewerbsmäßige Verbrechertum be- kämpft wird durch die unbefristete Einsperrung derer, die durch ihr« Taten (und nicht durch ihr« Führung Im Ge- fängnisl» sich als unverbesserlich erwiesen. Das fast 600 Seiten und weit über 200 Bilder (polizeiliche Tatortphotographien usni.) umfassend« Werk gehört zn dem Erschütterndsten, was in den letzten Jahrzehnten geschrieben wurde. Die unverblümten Schilderungen der „Fälle", die der Autor während seiner Dienstzeit als Krimtnalpolizei- chef, während seiner kriminalistischen Beschäftigung diesseits und jenseits des AequatorS erlebte, sind in literarisch hoch, kultiviertem Stil geschrieben und äußerst spannend: aber es ist die Spannung des Grauens. Die zahlreichen Illustrationen wirken faszinierend: aber cs ist die Faszination der Gorgo. Und trotzdem ist das Buch alles eher wie Sensations- lektüre. Hinter der künstlerisch raffinierten Form birgt sich — wie der Name des an den Gesetzgebungsarbeiten ber letzten Zeit praktisch beteiligten Verfassers nicht anders erwarte» ließ — solide wissenschaftliche Gründlichkeit, und auch di« bei» gcgebenen Photographien sind keine bloße Sammlung von Schauerbildcrn, sondern stehen in engstem logischen Zusam- menhang mit der Tendenz de» Buche«: Bor einer veränderten Annahme de» Regterungsentwurs» zu warnen und nachzu- weisen, wie unbedingt notwendig die unbefristete Siche rungsverwahrung der gefährlichen Gewohnheitsverbrecher ist. Der Lokaltermin bei Leiser-e. Anklage gegen Schlesinger un- Weber aus Mord. Rekonstruktion der Unglücksstelle von Leiferde. Hannover, 11. Sept. Am Orte des Attentats auf den Berlin—Kölner V-Zug zwischen Leiferde und Meinersen fand heute der angekiindlgtc Lokaltermin statt, der Klarheit bringen sollte über die verbrecherische Tat Schlesingers und Willi Webers. An der Kreuzung tn der Nähe der Unglücks stelle hatte sich schon frühzeitig eine große Anzahl von Per sonen elngefunden, in erster Linie die Landiägerct des Be zirks und Kriminalbeamte. Die Unfallstelle ist jetzt vollkom men aufgeräumt, die Gleise sind wieder tadellos in Ordnung. Der Zugverkehr vollzieht sich vollständig planmäßig. Nur am Bahndamm steht man noch die Spuren, die die umgcstürzte» Wagen hintcrlasscn haben. Zu dem Termin wurden die beiden Verbrecher in einem Ge- fangcnentransportwagen zum Tatort gebracht. Kriminal- kommissar Näh, der die Untersuchung geführt hat. leitete den Transport. Von der Reichsbahndircktion Hannover war Vizepräsident Wagner mit mehreren Hekten erschienen. Die Leitung des Lokaltermins hatte ber Untersuchungsrichter vom Landgericht HildeSheim, LandgerichtSrat Schub arth, in Hände». Während es sich beim ersten Teile des Lokal- termins um die Geschehnisse um und am Tatorte handelte, wurde später der Schauplatz des Lokaltermins nach dem Bahn hof Meinersen verlegt, wo die Lokomotive des verunglückten Zuges sich befindet, die gegenwärtig abmonttert wird. Außer dem ist dort noch der Schlafwagen und der Rest der Wagen, die bereits zerlegt worden sind, auf den Nachbargleisen zu sehen. In der Hauptsache handelt es sich darum, daß Schlesinger und Weber zeigen sollten, wie ste die Tat verübten. Zu diesem Zwecke hatte man tm Garte» des Bahnhofs- geländeS zwischen den Obstbäumen das Gleis rekonstruiert, das Schlesinger und Weber zerstört haben. ES ist eine reguläre Schotterung hergestellt worden. Aus dieser lagern die Originalschwellen von der Unfallstelle, und darauf wurde Las GletS montiert. Man hat an Stelle der abgerissenen Schiene eine neue eingelegt »nd diese vorschriftsmäßig mit allen Bolzenverschranbungen und Laschen befestigt, also genau den Zustand hergestellt, wie er beim Attentat bestand. Zwischen den Gleisen liegt die von den Attentätern losgelöste Schiene. DaS Gleisstück mit dem Eindruck -er Räter ist auf etwa I einen Meter Länge loSgeschweißt worben, da eS als Beweis stück für die Uebcrführung der Verbrecher gebraucht werden kann. An dem rekonstruierten GletS sollen nun Schlesinger und Weber noch einmal alles auSsühren, was sie in der Un glücksnacht am Tatort des Verbrechens gemacht haben. Es wird also die ganze Vorbereitung und Durchführung des Attentats noch einmal aufgerollt, wodurch eS den Gerichts behörden möglich ist, ein genaues Bild von dem Verbrechen zu gewinnen. Der Termin, der schon am Vormittag begann, wird sich wahrscheinlich bis in die NachmittagSstundcn hin- ziehen. Die Angeklagte« machten bei ihrer Ankunft am Tatort einen sehr gedrückten Eindruck: ste wurden von den Kriminal beamten getrennt an die Unfallstelle geführt. Schlesinger, der von Weber etwas abseits stand, wurde vom Unter suchungsrichter beauftragt, vorzuführen, wie das Verbrechen sich ereignete. Schlesinger war an den Händen mit Hand schellen gefesselt. Außerdem wurde er von den Kriminal beamte« an einer Kette geführt. Der Untersuchungsrichter ließ die Fesseln lösen und Schlesinger an die Stelle führen, an der er die Schienen gelockert hatte. Während Schlesinger sofort an die Stelle ging und zeigte, wie er an den Schienen entlang die Schrauben gelöst und herausgenommen hatte, war Willy Weber auf der anderen Seite des Bahn- dammcs so untergebracht, damit er nichts sehen und hören konnte, was sein Komplize ausführte. Im weiteren Verlauf des Lokaltermins wurde dann auch Weber herangeholt. Er ging ohne Zögern an die Stelle heran, wo die Schienen gelockert waren und demonstrierte in gleicher Art wie Schlesinger, wie man die Schrauben nach, einander herausgenommen hatte. Beide Attentäter gaben heute «och z«. daß ste in der Nacht vor der Katastrophe bereits einmal ei« Attentat auf de» Amsterdamer D-Zug verübt hatte«, indem ste eine« Hemmschuh auf die Schienen legten und mit Holz befestigten, der aber dann von der Lokomotive beiseitegeschlendert würbe. Im übrigen werden Schlesinger un- Weber von der Kriminalpolizei Hannover dem Untersuchungsrichter unter der Beschuldigung -es vorsätzlichen Mordes vorgesührt werben. Die bisher ergangenen Haftbefehle sind gleichfalls unter der Beschuldigung des Mordes ergangen. Di« be««« Angeklagte« habe» in ihre« Aussage« mehrfach eiugeftande«, daß sie sich darüber klar waren, daß Personen bei ihrem Atten, tat in Mitleidenschaft gezogen eventuell getötet werde« konnte«. Daraus gründet sich jetzt die Anschuldiguug auf Mord. Neue dänische Brüslierung Deutschlands. Wie-er zwei -rutsche Reisende aus Dänemark ausgewiesen. Svpeuhagc«, 11. Sesitember. Die AuSweisungdeut- cher Reisender durch die dänische Polizei sängt all mählich an, Spuren von Methode zu zeigen. Jetzt liegt schon wieder ein neuer Fall vor, wett krasser als die vorigen. Zwei Typographen a«S Sachseu mit Pässen, Mitgliedskarten -e» Buchdruckerverbandes, TouristenvereinSauSwetsen usw.. nach- weislich unbescholten und unverdächtig, die eine ZwettagS- tour über die Grenze unternehmen wollten. Um sich Sonder burg und die Düppeler Schanzen anzus-ehen. sind non der dänischen Polizei an der Grenze »urückgewiesen worden, weil ie nur SO Marl in -er Tasche hatten. Nach Ansicht der bä- ntschen Polizei müsse ein Reisender für oine ZweitagStvur in Dänemark 00 Kronen mitbringen. Die Polizei setzt also den AuSgabectat für den Touristen aus 85 Mark pro K""k und Tag fest. Dieses Verhalten ber dänischen Polizei ist aber so ungeheuerlich, daß die deutschen amtlichen Stellen wohl nicht uinlilu können werden, auf diplomatischem Wege auf die N,<- Haltbarkeit solcher Methoden tn Kopenhagen hinzuwciscn. Ausweisung evangellscher Geistlicher aus Polen. Pose«, 11. September. Die evangelische Kirche in Polen, die sich schon fetzt bei rund 400 Kirchengcmeinden mit 241 Geist lichen begnügen muß, wird durch, erneute Ausweisung von Geistlichen vor neue Schwierigkeiten gestellt. Ohne scde An gabe von Gründen haben neuerdings die Pfarrer Krause in Könitz und Stolpe tn Zdurny den Ausivetsuugsbeseßl erhalten. Obwohl sich die Kirchenbehvrde um die Zurück nahme der Ausweisung tm Interesse -er geistlichen Ber- orguirg der Gemeinden weitgehend bemüht, hat man bisher keinen Erfolg zeitigen können. Die milttürische Zusammenarbeit mil«nmllnle». Warschau, 10. Sept. Honte traf tn Warschau ein« Mission rumänischer Generalstabsoffizier« ein, um. wie die Blätter angeben, die Kriegsindustrie Polen» zu besichtigen. Der „Kurier Polski" erwähnt noch, -atz sich die rumänischen Generalstabsoffiziere auch mit der Krage der Rüstungs industrie beschäftigen werden. (W. T. B.) Französische Flottille s» Gdingen. (Durch Funkspruch.) Warschau, kV. Sept. Gestern abend ist in Gdingen et»« französische Klottenabtetlung, bestehend aus dret Torpedobootzerstörern und zwei Unterseebooten, eingelaufen. In Warschau sind zu Ehren der Offiziere der Schiffe große Feierlichkeiten geplant. (W. T. B.) MUtge Auhe i« «lhe». Athen, 11. September. Der Bürgermeister von Athen stattete am Freitag in Begleitung der Mitglieder des GemeinderateS dem General KondyliS eine» Besuch ab und beglückwünschte die Regierung dazu, baß sie die Ordnung wiederhergestellt und die Armee von einem wahren Krebs- leiden befreit habe. Der Nachtverkehr ist wieder wie in nor- malen Zeiten gestattet. Nur Versammlungen sind verboten. Die Bevölkerung wird zur Waffenablieferuna ansgefordert. Weiter wird berichtet, daß der Prozeß gegen die Urheber des Putsches bereits am heutigen Tage stattfinben soll. rs role und soo Derwundsile ln «lhen. Paris, 11. Sept. Nach Meldungen aus Athen sind bet be« Unruhen 28 Personen getötet und 500 Personen verwundet worben. (T. U.)