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258, 5. November 1S12. Nichtamtlicher Teil. «Srlmilatt I. d. Dtlchn. Buchhandü. 13733 sich erst einmal klar macht, daß man dadurch den Ast selbst absägt, auf dem man sitzt. Das Wort Wiederverkäufer hat, wie schon bemerkt, längst Eingang in die buchhändlerische Gesetzgebung gefunden, und wenn der Begriff auch nicht klar umschrieben war, so hat doch bisher jeder, der den erforderlichen guten Willen zum Ver ständnis mitbrachte, gewußt, was darunter zu verstehen ist. Gab wirklich einmal ein Verleger ihm eine mit seiner Bedeu tung nicht vereinbare Auslegung, so wurde ihm diese allzu freie Interpretation mit Recht vom Sortiment zum Vorwurf gemacht. Verstöße in dieser Richtung blieben jedoch auf Ausnahmen beschränkt, bis das Emporkommcn und die Ausdehnung des Zwischenhandels die Gefahren einer nicht ausdrücklich festgeleg ten begrifflichen Bestimmung zeigte. Lassen wir nun zunächst ein mal die Frage, ob die Schaffung einer Wiedervcrkäuferordnung zweckmäßig ist oder nicht, beiseite, so erwächst doch aus der unzweifelhaften Willkür, mit der der Begriff Wiederverkäuser seitens einer bestimmten Jntercssentengruppc im Widerspruche mit der Mehrheit des Buchhandels ausgelegt worden ist, dem Börfenverein nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht zur Klarstellung. Wer wäre dazu auch berufener als die Instanz, die das Wort in die Vcrkaufsorduung ciugcführt und damit einen ganz bestimmten, wenn auch dem Wandel der Zeiten und ihren Forderungen unterworfenen Begriff ver bunden hat? Aber nicht um einen Streit um Worte und ihre Auslegung handelt es sich hier, sondern um eine so wichtige Lebensfrage des gesamten Buchhandels, daß dahinter selbst die Rabattfrage zurücktritt. Denn was würde selbst eine allgemeine Rabatterhöhung — einmal angenommen, daß sie praktisch durchführbar wäre - bedeute», solange es dem au Umfang stetig zunehmenden Zwischenhandel möglich ist, aus eigener Machtvollkommenheit immer neue Konkurrenten dem Buchhandel zuzuführen, Konkurrenten, an denen die Allge meinheit des Verlags nicht das geringste Interesse hat, die aber gleichwohl auf Kosten dieser Allgemeinheit leben und die Lebensadern des Sortiments unterbinden? Ist die durch den Zwischenhandel geschaffene Gleichstellung dieser Elemente aus allen Berufskreisen mit den buchhändlcrischen Betrieben nicht eine so ungeheure Verschwendung von Kapital und Arbeits kraft, wie kein Beruf sic verschulden darf? Und das alles lediglich zu dem Zwecke, einigen wenigen Unternehmern zu einer, infolge der wüsten Konkurrenz untereinander derart beschnittenen Provision zu verhelfen, daß nur die Masse der Kunden noch für die Prosperität dieser Geschäfte entscheidend sein kann. Wie die Verhältnisse gegenwärtig liegen, glauben die Grossisten, nicht nur kein Interesse an einer Beschränkung der Konkurrenz zu haben, sondern find im Gegenteil bestrebt, immer neue Gründungen ins Leben zu rufen und dem Buch handel ständig neue Konkurrenten zuzuführen, unbekümmert aus welchen Ständen sie sich rekrutieren und ob ein Bedürfnis dafür vorhanden ist oder nicht. Nichts ist doch charakte ristischer für ihre Geschästspraxis als die von ihnen lan- eierten Inserate, in denen Papierhändlern, Druckern und allen möglichen Gewerbetreibenden empfohlen wird, sich mit ihnen in Verbindung zu setzen, wenn sie den vollen Buchhändler rabatt eingeräumt erhalten wollen. Letzten Endes haben ja auch sie die Zeche mit zu zahlen, denn es kann nicht aus- bleiben, daß der alte Stamm ihrer Kundschaft sich gegen sie erhebt, wenn erst eine derartige Überfüllung des Berufs ein- getreten ist, daß auch er vor lauter Konkurrenten keine Ab nehmer mehr sieht. Wie viele Existenzen aber, an deren Er- Haltung der Verlag in seiner Allgemeinheit ebenso interessiert ist wie der Staat und die städtischen Gemeinwesen, mögen zu grunde gehen, ehe sich auch in den Kreisen der Grossisten die Überzeugung Bahn bricht, daß jede künstliche Vermehrung der Verkaufsstellen den Ruin eines Berufsstandes herbei- Rörftnblatt fär den Deutschen Buchhandel. 79. Jahrgang. führen mutz! Und der Börsenverein, dazu berufen, die In teressen des Buchhandels zu schützen, sollte ruhig zusehen, wie seine ganze Arbeit zunichte gemacht wird, nur weil eine kleine Gruppe sogenannter Grotzkaufleute nicht von einer Praxis lassen kann, deren verderbliche Folgen über kurz oder lang sich auch gegen sie selbst kehren werden? (Ein Schlutzartikel folgt.) l^epreux, Leorxes, LsIIia l^pnZfgptiica ou keper- toire bioxi-spliique et ckroooloxique üe toug les imprimeurs tle prgnce äepuis les orixioeZ cle I'imprimerie jusqu ä lg Involution. Smi« karisisans (?ari8 st l'Ils-äs-k'rancs) Doms I I^ivrs ä'or äs8 irnprilQsurs äu Kol. 1^ s 2° partis. — 8sris äsparksmsntals Morris II. (kroviuess äs Oliampazns st äs karroiz. ?aris 1911, ü. Oüampion. (2) 543; (2) 235; (1) 390; (1) 152 88. 6r. 8<>. (ksvus äss bibliotdtzyuss. Zapplsmsnt II, III, V.) Beide Bände sind zwar schon im vorigen Jahre erschienen, aber das Werk verdient unbedingt nicht mit der Anzeige über den 1. Bd. in Nr. 192 vom Jahre 1909 d. Bl. abgetan, sondern vielmehr immer wieder erwähnt zu werden — besser spät, als gar nicht. Nachdem Elandin, der Verfasser einer groß angelegten Ge schichte der französischen Buchdruckerei des 15. und 16. Jahrhun derts, von der drei reich mit Schriftproben, Signeten n. a. m. aus gestattete schwere Großfolio-Bände, von 1900—1901 erschienen, ge storben war, unternahm Lepreux ein ähnliches Werk. Zwar steckte er sich die Grenze nicht beim 16. Jahrhundert, sondern ging bis zur französischen Revolution, dafür aber ließ er alle Illustrationen weg und legte den Hauptwert bei seiner Arbeit auf die hauptsächlich aus Archiven gezogenen, zum großen Teil noch unveröffentlichten Urkunden. Gewiß wird man die Beigabe vor allem der Signete ungern vermissen, aber man wird zugebcn müssen, daß durch Bei gabe solcher Illustrationen Umfang und Preis des Werks wesentlich hätten erhöht werden müssen. Wie Claudin, so hat auch Lepreux sich eine Niesenaufgabe ge stellt. Die 8sri6 Parisienne soll allein 5 Bände umfassen, jeder aus 2 Teilen bestehend, Biographie und Urkunden enthaltend, näm lich Band 1—4 Paris selbst, Band 5 Jle-de-France, d. h. das Departement Seine ohne Paris, Seine-et-Marne, Seine-et-Oise. Die 8sris Ospal'tsmsntrUs aber soll in 16 Bände zerfallen, wovon der letzte eine historische Einleitung und das Hauptregister für beide Serien bringen wird. Wünschen wir dem unerschrockenen Verfasser viel Glück zu seinem Unternehmen! Der erste Band der 8äris karwisluis bildet das goldene Buch der Buchdrucker des Königs und enthält die Biographie und Chronologie dieser seinerzeit wegen ihrer privilegierten Stellung über den gewöhnlichen Sterblichen stehenden Menschenklasse. Der erste, im Jahre 1487 unter König Karl VIII. erwähnte Buchdrucker des Königs, Pierre Le Rouge, führt in seinem Signet sogar die königliche Lilie, überragt von einer Krone, — nicht zu verwechseln mit dem in den Signeten anderer gleichzeitiger Buchdrucker zu findenden französischen Wappen. Der von 1515 an regierende König Franz I. schuf aber für diese Hofbuchdrucker dadurch eine besondere Bedeutung, daß sie außer den täglich zu veröffent lichenden amtlichen Drucksachen für die Gelehrten und Studierenden zu billigen Preisen möglichst vollkommene Texte liefern sollten. Ungefähr seit 1538 konnten sie den Titel von Gelehrten erringen. Es gab je einen fiir Griechisch, Lateinisch, Hebräisch, Französisch und für die Musik. Zu diesen kam im Jahre 1553 unter Heinrich II. ein Hofbuchdrucker für Mathematik, und unter Ludwig XIII. im Jahre 1630 einer für orientalische Sprachen. Im ganzen hat es von 1488 ab bis 1785 in Paris 97 Hofbuchdrucker gegeben, von denen, außer dem ersten und seinem Nachfolger Geoffroy Tory, wohl die bekanntesten die 7 Estienne (Stephanus) sein dürften, der erste von 1551, der letzte von 1652. Biographische Angaben füllen Seite 53—540 der ersten Hälfte des Bandes, während 203 Seiten der zweiten nur auf die Personen bezügliche geschichtliche Urkunden enthalten. 1786