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258, 5. November 1S12. Nichtamtlicher Teil. Mrs-nriatt f. d. DtI4n, «llchhaia-l. 13785 6. Ganz oder teilweise verboten gewesene, jetzt von neuem durchgesehene und erlaubte Bücher. Arnold, Hans: Magische Kräfte in uns. Was starker Wille und zweifellose Überzeugung ist und welche wunderbaren Wirkungen man durch diese Kräfte erreichen kann. 3. verbesserte Auflage von »Die Kraft der Überzeugung«. VIII, 184 S. 8°. Leipzig, Max Spohr. 2 80 Bogt, I. G.: Illustrierte Weltgeschichte für das Volk, mit besonde rer Berücksichtigung der Kulturentwickelung. 2. Ausl. Bd. I Urgeschichte und Altertum 024 n. III S>, Bd. II Altertum und Mittelalter 620 u. III S., Bd. III Mittelalter 570 u. XXX S., Bd. IV Neuzeit 622 ». II S. und Tabellen, gr. 8°. Leipzig 1800, Ernst Wiest Nachs. Geb. L 5 50 Kleine Mitteilungen« Eine Kunstausstellung von Zeitungsinseraten. — Im Früh jahr 1913 wird in London eine eigenartige Kunstausstellung er öffnet werden, die auch in mehreren großen deutschen Städten gezeigt werden soll. Es ist eine Ausstellung, deren Objekte ledig lich Zeitungsinserate sein werden. Das heutige Zeitungswesen hgt eine beachtenswerte künstlerische Höhe erreicht. Sowohl auf dem Gebiete des reinen Satzes, der nicht selten die schönsten Vor bilder der alten Elzevier-Drucke erreicht, als auch im figürlichen Schmuck sind sehr viel Inserate deutscher, französischer und eng lischer Zeitungen und Zeitschriften als neue und eigenartige Kunst werke zu bezeichnen, die den Charakter der Zeit stärker wider spiegeln als sehr viele unabhängige Kunstwerke. Es kommt dazu, daß das künstlerische Zeitungsinserat eine eigene Technik erfordert und erzeugt hat. Hervorragende Künstler besonders auf zeichnerischem Gebiete haben sich in den Dienst des Zeitungs wesens gestellt, andere sind durch das Zeitungsinserat und dessen Kunst für diese neue Jllustrationstechnik entdeckt worden. Es soll nun zum erstenmal eine umfassende Sammlung dieser zeitgemäßen Kunstwerke veranstaltet werden, um einen Überblick zu gewinnen, in welchem Maße das Zeitungswesen auf die Kunst befruchtend gewirkt hat. Deutsche, französische, englische und russische Künstler sollen auf der Ausstellung vertreten sein. Es werden nicht nur Originale der Zeichnungen ausgestellt werden, sondern ganze Zei tungs-Nummern, da dadurch am besten die Wirkung des künstleri schen Zeitungsinserats zum Ausdruck kommt. Zugleich soll an der Hand der Kunstwerke die Entwicklung des künstlerischen Zeitungs inserats gezeigt werden. Aus dieser Ausstellung sollen auch die besonderen Anforderungen erkannt werden, die das Zeitungsinserat an den Künstler stellt. Kulturgeschichte oder Schmutzliteratur ? Urteil des Reichs gerichts vom 1. November 1912. (Nachdruck verboten.) — Der moderne Kulturhistoriker und Soziologe, der das Leben der Gegenwart in seiner überwältigenden Fülle begreifen und dar stellen will, darf nicht, von dem Hellen Licht einer raffiniert entwickelten Kultur geblendet, an den tiefen Schatten, die das moderne Leben in alle Verhältnisse wirft, achtlos mit abgewandtem Blick vorübergehen. Auch die Dissonanz, die so oft und un vermittelt im Arbeitsrhythmus der Großstadt erklingt, die schleichenden Schritte der Dirne, die im Straßengewirr nach Opfern späht, die Mysterien des Lasters, das in winkligen Gäßchen, in prunkvollen Palästen gleich selbstbewußt, gleich beutegierig auf- tritt, müssen Uhren Historiker, ihren Schilderer finden, der als Anwalt der Volksgesundheit dem Publikum die Augen öffnet. Was Hans Ostwald, der Kulturhistoriker, auf diesem Gebiet als Sittenschil- derer Groß-Berlins geleistet hat, ist allbekannt. Auch das Reichs gericht hat jetzt entschieden, daß seine Werke, gleich fern von Prüderie wie Lüsternheit, Anspruch auf kulturhistorische Geltung besitzen. Folgender Sachverhalt lag diesem Urteil zu gründe: Ostwald gab im Jahre 1904 im Verlag von Walther Fiedler in Leipzig ein Werk, »Berliner Dirnentum« betitelt, in zehn Liefe rungen beraus. Davon erschien das 9. Heft »Dirnentypen« im Jahre 1905. Es behandelt in ernster, einwandfreier Sprache ohne senti mentale oder lüsterne Abschweifungen die verschiedenen Erschei nungsformen der modernen Prostituierten: die »Halbseidenen«, die »Zehn- und Dreimarkmädchen«, die lasterhaften jungen Witwen, die perversen, d. h. sadistisch und masochistisch veranlagten Dirnen und schließlich die verbrecherischen Prostituierten, die Hoch- staplerinnen und Diebinnen. Die Leipziger Staatsanwaltschaft sah in diesem Buche eine unzüchtige Schrift im Sinne des tz 184, Abs. 1 des Strafgesetzbuchs und erhob daher Anklage gegen den Verleger Fiedler. Dieser hatte sich auch am 24. April 1912 vor dem Landgericht Leipzig wegen Verbreitung unzüchtiger Schriften zu verantworten, wurde aber freigesprochen, da die Straf kammer zu der Überzeugung gelangte, daß Ostwalds Werk nicht als unzüchtig zu betrachten sei, da es die Unzucht rein sachlich nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten behandle, keine Absicht erkennen lasse, die Lüsternheit zu erwecken und somit auch das Scham- und Sittlichkeitsgeftthl des normalen Menschen nicht verletzen könne. Gegen die Freisprechung legte die Leipziger Staatsanwaltschaft Revision beim Reichsgericht ein. Der höchste Gerichtshof verwarf jedoch das Rechtsmittel als unbegründet und bestätigte das Urteil der Vorinstanz, da das Buch tatsächlich nur als kulturhistorische Darstellung, nicht als ein Werk der Schmutzliteratur zu betrachten sei. (Aktenzeichen 4v. 643/12.) Barfrankierung von Masscnbriefscndungen. Die seit einiger Zeit angestellten Versuche mit einer Maschine, die Mengen gleich artiger Briefsendnngcn mit Freimarken beklebt, diese mit dem Auf gabestempel bedruckt und die aufgeklebten Marken zählt, sind abge schlossen. Bei den Postämtern Berlin 0. 2, 8>V. 11, 8^V. 68, Frankfurt (Main) 9 und Mannheim 2, können fortan gewöhnliche Briefe, Postkarten, Drucksachen, Warenproben und Geschäftspapiere in Mengen von mindestens 500 Stück zum Frankosatz von 3, 5 oder 10 ^ gegen bare Entrichtung des Gesamtfrankobetrags zur Post beförderung eingeliefert werden. Die Briefpostgegenstände einer Auflieferung müssen alle einer Gattung angehören, nach Gewicht, Frankosatz, Einlage, Verpackung usw. vollständig übereinstimmen und zur Abstempelung mit der Stempelmaschinc geeignet sein. Welchen Anforderungen die Sendungen in bezug auf äußere Be schaffenheit usw. genügen müssen, darüber geben die genannten Postämter Auskunft. Ausgeschlossen von der Annahme zur Barfrankierung sind Sen dungen, die mehr als 40 am lang, 30 em breit oder 3 am stark sind; ferner solche, die mit Blcchklammern usw. verschlossen oder mit Bindfaden umschnttrt oder in bauschiger Form gefaltet oder ver packt sind, sowie Sendungen in Rollenform. Uber die Zulassung der Sendungen zur Barfrankierung ent scheidet die Aufgabe-Postanstalt. Es empfiehlt sich, dieser vor der .Einlieferung einige Probesendungen vorzulegen. Die Sendungen werden werktäglich in den vom Vorsteher der Aufgabe-Postanstalt festzusetzenden, nicht vor 8 Uhr vormittags und nach 4 Uhr nachmittags fallenden Stunden auf Grund eines An meldescheines angenommen, worin Zahl, Gattung und Frankofatz der Sendungen anzngeben sind. Formulare zu den Anmeldescheinen werden bei der Aufgabe-Postanstalt unentgeltlich abgegeben. Bei der Berechnung des bei der Einlieferung der Sendungen zu entrichtenden Frankobetrags wird zunächst die in der Anmel dung angegebene Stückzahl zugrunde gelegt. Uber den gezahlten Geldbetrag erhält der Auflieferer eine Quittung. Für die end gültige Feststellung des Frankobetrags und u. U. für eine Nach forderung oder Erstattung an Franko ist die vom Zählwerk der Maschine nach der Frankierung angezeigte Stückzahl der ver wandten Freimarken maßgebend. Die Frist für die Frankierung und Bearbeitung der Sendungen bestimmt die Attfgabe-Postanstalt. Verkäuferinnen. — Im Kleinhandelsausschuß der Handels kammer zu Kassel bildete die geschäftliche und gesellschaftliche Lage der Verkäuferinnen den Gegenstand längerer Verhandlungen. Es wurde besonders als wünschenswert bezeichnet, daß Töchter ge bildeter Familien sich wieder mehr dem Beruf der Verkäuferin zuwenden möchten. Dieser Beruf biete solchen jungen Mädchen ans besseren Kreisen, die gute Umgangsformen und ausgeprägten Geschmack mitbrächten, eine anregende, befriedigende und vor allem auch gut bezahlte Tätigkeit. Es sei daher kaum zu begreifen, weshalb so viele Eltern ihre Töchter aus un angebrachtem Vorurteil vom Beruf der Verkäuferin abhielten und die Stellung einer Kontoristin, Buchhalterin, Telephonistin usw. vorzögen. Es wäre sehr wünschenswert, wenn das Publikum darüber aufgeklärt werden würde, daß der Berits einer 1786*