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Nichtamtlicher Teil. 26, 2 Februar 1910. (Präsident) Ich bitte die Herren, die diesem Anträge des Herrn vi: Popert zustimmen wollen, sich zu erheben. (Geschieht.) Auch das ist die Minder heit. Der Antrag ist abgelehnt. Nun kommt der zweite Eventualantrag des Herrn I)r Popert, der ebenso lautet und nur den Zusatz hat: Ein Vorgehen der Polizeibehörde auf Grund dieser Bestimmung ist nur zulässig, nachdem durch eine besondere Behörde fcstgestellt ist, daß die Voraussetzungen der Bestimmung vorliegen. Diese Be hörde besteht aus 2 Senatsmitgliedern und 3 von der Bürgerschaft auf 6 Jahre gewählten Mitgliedern. (vr Popert. Der Antrag wird zurückgezogen!) Der Antrag wird zurück gezogen. Dann sind wir so weit, daß wir über den Antrag der Herren vr Mönckebcrg und Genossen abstimmen können. Zu diesem Anträge werden wir uns zunächst über den Antrag des Herrn vi: Popert zu ver ständigen haben, welcher wünscht: I!) hinter die Worte »zum Zwecke eines besseren Schutzes der Jugend« werden hineingefügt die Worte »gegen die Schmutz- uud Schundliteratur«. Ich eröffne die Beratung. Das Wort hat Herr vi: Popert. I>r. Popert. Meine Herren! Dazu zwei Worte! Ich glaube, trotz der Worte des Herrn vr Mönckeberg, der mein Amendement als gänz lich überflüssig bezeichnete, sollten Sie dieses Amendement doch anneh men, schon aus dem Grunde, um dem Einwand zu begegnen, den ich gekennzeichnet habe. Stehen in diesem Anträge die Worte »gegen die Schmutz- und Schundliteratur«, so hat g a n z gewi s; kein Mensch einen Vorwand, das von uns gewünschteNeichsgesetzfürkonservativ-ultra- montane Parteizwecke zu mißbrauchen. Die Worte sollen ja auch nicht in das Gesetz hinein, sondern nur in das Ersuchen. Deshalb ist es hierbei ganz gleichgültig, ob wir die Worte technisch geeignet halten für ein Gesetz oder nicht. Es ist nur eine Verbesserung. Ich bitte daher, dieses Amendement anzunehmen. Präsident. Wünscht niemand weiter das Wort? — Dann schließe ich die Beratung und bitte die Herren, die nach dem Anträge des Herrn 1)r Popert die Worte »gegen die Schmutz- und Schundliteratur« hinzu fügen wollen, sich zu erheben. (Geschieht.) Das ist die Minderheit. Der Antrag ist ab gelehnt. Wir haben rum über den Antrag der Herren vi: Mönckeberg und Genossen abzustimmen, und zwar ohne irgend welchen Zusatz. Es ist namentliche Abstimmung beantragt. Ich bitte Sie, während der Ab stimmung sitzen zu bleiben und recht laut und deutlich zu antworten. Wir beginnen mit dem Buchstaben »N«. Ich bitte die Herren, welche gegen den Antrag des Herrn vi. Mönckeberg sind, mit »Nein!«, die Herren welche für den Antrag des Herrn vi. Mönckeberg sind, mit »Ja« zu stimmen. (Abstimmung.) Meine Herreil! Der Antrag I)r. Mönckeberg ist mit 80 gegen 40 Stimmen, also endgültig, angenommen. (Bravo?) Wir kommen dann zu Nr. 2 der Ausschußanträge, die den Herren, ja bekannt sind und die ich deshalb wohl nicht wieder zu verlesen brauche. Dazu liegt vor ein Antrag der Herren I)i: Philipps und Genossen. Ich nehme an, daß Herr I)r Philipps damit einverstanden ist, daß in seinen Antrag der Antrag Krause mit ausgenommen wird, (vr Philippi: Ja!) Herr I)c Philippi ist damit einverstanden; der Antrag lautet daun: Die Bürgerschaft ersucht den Senat, es veranlassen zu wollen, daß die schulpflichtige Jugend und deren Eltern bei jeder geeig neten Gelegenheit vor der Schmutz- und Schundliteratur ein gute Bücher in reichlichem Maße zur Verfügung gestellt werden und daß die Schulbibliotheken mit den hierfür erforderlichen Mitteln versehen werden, daß insbesondere den Zöglingen der Schulpflicht eine Jugendschrift oder ein sonstiges gutes Buch als Eigentum überwiesen werde, daß die privaten Bestrebungen zur Verbreitung guter Literatur unter der Jugend, insbesondere die Dann schließe ich die Beratung. Wir kommen zur Abstimmung. Hier, meine Herren, ist es zweckmäßig, den Antrag des Herrn vi: Philippi zunächst zur Abstimmung zu bringen. Man kann darüber streiten, welches im einzelnen der weitergehende Antrag ist. In dem einen Punkt geht der eine Antrag, in einem andern Punkt der andere Antrag weiter. Die allgemeinere Fassung hat jedenfalls der Antrag vi: Philippi. Von diesem Gesichtspunkte aus würde ich Vorschlägen, zunächst über den Antrag vr Philippi abzustimmen. Widerspruch wird nicht erhoben? — Ich bitte daun die Herren, die den Antrag der Herren I)r Philippi und Genossen annehmeu wollen, sich zu erheben. (Geschieht.) Ich glaube, es unterliegt keinem Zweifel, daß der Antrag endgültig angenommen ist. Damit erledigt sich der Ausschußantrag. Wir werden nun die gefaßten Beschlüsse in der Gesamtabstimmung zu bestätigen haben. Ich bitte die Herren, die die gefaßten Beschlüsse in der Gesamtabslimmung bestätigen wollen, sich zu erheben. (Geschieht.) Der Vorstand ist sich einig, daß die Anträge, die in der Einzelberatung beschlossen sind, endgültig angenommen sind. Nach Verlesung und Genehmigung des Protokolls schließt der Vor sitzende die Versammlung um 10 Uhr 40 Minuten. Kleine Mitteilungen. Bücherborger. — Bücher-Borger, so schreibt ein Bücher freund im New Aorker »Look-Uu^e,«, sind die Pest der lesenden Welt, und heute, wo die Literatur so billig ist, gibt es überhaupt keinen Grund, warum es sie geben soll. Allerdings borgen wir auch Regenschirme unentgeltlich aus, aber das ist auch so ziem lich die einzige Art beweglichen Eigentums, auf die wir uns be rechtigt fühlen die Hand zu legen. Wir entlehnen nicht unseres Freundes Lehnstuhl, seine Kleider, seine silbernen Löffel, seine Uhr oder seine Bilder. Warum sollen wir uns also seine Bücher leihen? Ich habe längst aufgehört Bücher zu entleihen, und denke keinen Augenblick daran, sie zu verleihen. Sobald du ein Buch ausgeliehen hast, willst du sicher selbst etwas darin nach schlagen. Ehe es eine Viertelstunde aus deinem Hause ist, in der Begleitung eines Herrn, der es in seine Tasche gesteckt und alles, was er damit wollte, vergessen hat, taucht eine wichtige Frage auf, etwa ein Zitat, worüber nur ge rade dieser ausgeliehene Band die Entscheidung geben kann. Aber das ist nicht das Schlimmste. Bücher wie Regenschirme werden zu ungewissen Zeitpunkten wieder zurückerftattet, oft sehr beschädigt wieder zurückgeschickt und nur allzu oft gar nicht wieder zurück gegeben. Ich kannte einmal den Fall eines Mannes, der ein ausgeliehenes Buch eine Reihe von Jahren behielt und dann die Unverschämtheit hatte, seinen eigenen Namen hinzuschreiben und dem ursprünglichen Besitzer das Eigentumsrecht streit-g zu machen. Von einem anderen listigen Herrn hörte ich, der sich bereit erklärte, jedes Buch aus seiner Bibliothek auszuleihen; und wenn dann die Borger kamen und das gewünschte Buch nannten, so nannte er den Preis für diese Bücher, der bei der Rückgabe der Bücher dem Entleiher wieder zurückerstattet werden sollte. Ich brauche nicht hinzuzufügen, daß die Borger ihm nicht weiter lästig fielen. — Ich komme dazu, diese Bemerkungen zu machen, weil ich höre, daß eine Anzahl erzürnter Bücher freunde sich mit dem Gedanken tragen, eine Zeitschrift »Der Bücherdieb« herauszugcben. Die Zeitschrift soll Namen und leumdungsklagen verwickelt werden, denn Bücherborger pflegen, wie alle Leute von schwachen Grundsätzen, eine sehr hohe Meinung von ihren Tugenden zu haben. Ich fürchte sehr, daß dieser Umstand den »Bücherdieb« an der Erzielung des Erfolges (Nach: »?ub1üüer8' Oireular«.) Die Bürgertunde im Preußischen Bolksschul-Unterricht. — Uber die staatsbürgerliche Erziehung im Lehrplan der preußischen Volksschule wird der Vossischen Zeitung geschrieben: Die Forderung nach einer Einführung der Bürgerkünde in die Lehrpläne unserer verschiedenen Schulgattungen wird neuerdings mit immer größerem Nachdruck erhoben. Dabei wird aber übersehen, daß diese Forderung bereits vielfach erfüllt ist;