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gerichtsurteil äußert, wonach der § 33^ der Gewerbeordnung auf kinematographische Vorstellungen keine Anwendung finden soll, weil es sich hier nicht um theatralische Vorstellungen im land läufigen Sinne handle. Dieses Urteil ist schon früher von anderer Seite als ein ganz formalistisches, weltfremde- bezeichnet worden, und ich hätte es für richtig gehalten, wenn der Ver- fasser sich ebenfalls mit Gründen gegen diese Auffassung des Kammergerichts gewendet hätte. Denn die Meinung, daß hier nicht von Theater (weil es sich nicht um Darstellung durch lebende Menschen handle) die Rede sein könne, sondern nur der Schein von Bewegungen und die »technischen Leistungen« als Objekt der Vorführung in Betracht kommen, kann doch angesichts der wirklichen Entwicklung der Dinge nicht aufrecht erhalten werden. Der ganze Betrieb der Kino»theater« ist im wahrsten Sinne ein theatralischer, jeder sieht das so an, jeder will Theater sehen, und mit der Unterscheidung, daß die Vorführungen nur »Schein« und nicht »Wirklichkeit« sind, sollte man füglich bei aller Kunstausübung, höherer wie niederer Gattung, sehr vor sichtig sein. Der Kunstkritiker, der in ästhetischen Dingen ge- schulte Mensch weiß, daß hier überall der Schein die Wirk lichkeit ersetzen soll, und wer einmal beobachtet hat, wie mit erlebend die Phantasie de- Zuschauers mit den kinematographisch dargestellten Vorgängen genau wie im Theater mitgeht, der kann gar nicht an jenem formalistisch konstruierten Unterschied festhalten. Ein Wort hierüber hätte also sehr wohl in ein Buch über Kine- matographenrecht gehört, denn das ist die Grundlage der ganzen öffentlichrechtlichen Behandlung. Dieselbe Unfertigkeit der theo retischen Grundlagen macht sich weiter bei des Verfassers Erörte- rung über die Beziehungen des Preßgesetzes zum Kinemato- graphen geltend und verursacht dem Verfasser gerade deshalb um so größere Schwierigkeiten, weil er eben offenbar die Kino- Vorstellung nicht als Theateraufsührung ansieht. Sein Versuch, die kinematographische Vorführung als nicht unter das Preßgesetz fallend zu erklären, weil der Beschauer nicht die einzelnen Bilder, sondern den Zusammenhang sehe, muß m. E. für ganz verfehlt erklärt werden. Unter das Preßgesetz fallen auch bild liche Vervielfältigungen, und zwar wegen des im Bilde aus- gedrückten Bildgedankens. Die kinematographische Vorführung würde also dem Preßgesetz unterliegen und daher von der Zensur befreit sein (dieses unerwünschte Ergebnis ist es ja, das den Verfasser zur Bekämpfung dieser Ansicht veranlaßt),— wenn es sich hier eben nicht um Theateraufführung handelte. Die Ge- pflogenheit, das Kino der Zensur zu unterstellen, ist also m. E. berechtigt nicht etwa um deswillen, weil das Preßgesetz hier nichts zu suchen hätte, sondern weil es sich um Theater zensur handelt. Die ungenügende Klarheit in grundlegenden Fragen macht sich dann weiterhin noch an mehreren Stellen des Buches sz. B. S. 66 u. 80) störend geltend. Im übrigen erscheinen mir die Ausführungen über die öffent- lichrechtlichen Fragen, soweit ich sie übersehe, zutreffend und dank der ausführlichen Wiedergabe gerichtlicher Entscheidungen nützlich und als Orientierungsmittel brauchbar für die Beteiligten. Nur hätte bei der Erörterung der Zensur des bahnbrechenden Vor gehens de- schwedischen Gesetzes vom 22. Juni 1911 über die Zentralisierung der Zensur Erwähnung getan werden können. Was uns aber hier noch besonders interessiert, sind die urheberrechtlichen Kapitel. Wäre der Verfasser, der mit Fleiß und Umsicht die hierhergehörigen Fragen zusammengestellt und im ganzen zutreffend erörtert hat, mit der urheberrechtlichen Theorie näher vertraut, so hätte er (S. 107) den Ausdruck »Schutz der Idee« besser vermieden; das Gesetz spricht mit Bedacht von dem Schutz eines Werkes, das die Eigenschaft eines persönlichen Originalwerkes hat; die selbständige Idee allein tut es im Ur heberrecht nicht. Irrig erscheint mir weiter (S. 114) die Be hauptung, daß der Kinematograph nur gegen die bildliche Wiedergabe seines Stoffes, nicht auch gegen die schriftliche Er zählung der vorgeführten Begebenheiten geschützt werden soll, und daß aus diesem Grunde die neue Bestimmung eben in das Kunstschutzgesetz ausgenommen sei. Diese Behauptung (so wie sie hier ausgedrückt ist) stimmt nicht mit dem auf S. 110 vom Verfasser selbst Gesagten und auch nicht mit den gesetzlichen Vorschriften. Im Kunstschutzgesetz ist das Kinematogramm gegen bildliche Wiedergabe geschützt, in den durch die Novelle von ISIS in das Urheberrechtsgesetz gekommenen Bestimmungen Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel -9. Jahrgang ist es gegen literarische Nachempfindung geschützt. Denn der § 12 UG. gibt ihm einen Schutz wie den Schriftwerken, und wenn unter den 6 aufgezählten Beispielsfällen dieser Fall nicht mit erwähnt ist, so ist daraus ein ^r^alnsntuin s ooat.i-u.rio jeden falls nicht herzuleiten, denn es handelt sich hier eben um Beispielsfälle (das Gesetz sagt: »insbesondere« ist ge schützt ...); und ganz analog der in demselben Paragraphen stehenden Bestimmung, daß z. B. die Bearbeitung einer Erzählung in dramatischer Form und umgekehrt dem Ur heber als Reservatrecht zugesprochen ist, muß nach dem Sinn dieser urheberrechtlichen Maximen, auch wenn es nicht ausdrücklich gesagt ist, die Nachempfindung (natürlich nicht das bloße Referat) eines Kinodramas in erzählender Form (oder im Sprechdrama) als Verletzung de- Urheberrecht- des Kino verfassers erklärt werden. Endlich scheinen mir die Ausführungen des Verfassers auf S. 127 u folg, über das Recht am eigenen Bilde bezüglich der kinematographischen Vorführung teilweise bedenklich, wenigstens soweit hier die Meinung Cohn- (Kinematographenrecht S. 19), die Wiedergabefreiheit von Bildern lebender Personen nach § 23 Kunstschutzgesetz sei streng zu interpretieren, bekämpft wird. Die Heranziehung von Köhler als Kronzeugen (S.I30) ist unberechtigt, da Köhler nur von Massenszenen spricht, während May bei seinen Ausführungen, wenn ich sie richtig verstehe, auch die Abbildung von lebenden Personen in mehr vereinzelter Vorführung in der Regel für zulässig hält. Jedenfalls hätte hier eine Unterscheidung gemacht werden müssen zwischen ganz irrelevanten, neutralen Vorgängen und solchen, in denen etwa eine lebende Person zum Gegenstand einer Darstellung gemacht wird, die eine persönliche Note hat und an sich als eine öffentliche nicht angesehen werden kann, beispielsweise wenn Unbeteiligte bei einer kinemato graphischen Aufnahme unfreiwillig mitspielen. Jena. vr. Alexander Elster. Kleine Mitteilungen. «L. Vom Reichsgericht. Verrat von Geschäftsgeheim- nissen zum Zwecke des Wettbewerbs. (Nachdruckverboten.) — Nach § 17 des Wettbewerbsgesetzes wird straffällig, wer als Angestellter, Arbeiter oder Lehrling Geschäfts- oder Be triebsgeheimnisse, die ihm vermöge seines Dienstverhältnisses an- vertraut oder sonst zugänglich geworden sind, während der Geltungs dauer des Dienstverhältnisses unbefugt an andere zu Zwecken de- Wettbewerbs oder in der Absicht mitteilt, dem Geschäftsinhaber damit Schaden zuzufügen. Gleiche Strafe trifft denjenigen, der die so erlangte Kenntnis von Betriebsgeheimnissen der Konkurrenz unbefugt selbst verwertet oder seinerseits an andere mitteilt. Den Dritten kann daneben auch noch Strafe wegen Hehlerei treffen. »Ob im Einzelfalle«, so führt das Reichsgericht in einer prinzipiellen Entscheidung aus, »ein Geschäftsgeheim, nis vorliegt, ist wesentlich Tatfrage«. Das Revisionsgericht kann nur nachprüfen, ob der Begriff eines Geschäftsgeheim nisses verkannt ist. Das ist aber dann nicht der Fall, wo die Strafkammer feststellt, daß die Namen der regelmäßigen Kunden, die — interne — Preisfestsetzung zum Verkauf und die noch nicht zum Verkaufe gesetzten neuen Muster, die der Neben- klüger B. erfunden hatte, Eigentümlichkeiten des kaufmännischen Unternehmens der Nebenkläger darstellten, auf deren Geheim haltung diese ein begründetes Geschäftsinteresse hatten und die nach dem Willen der Nebenkläger geheimgehalten werden sollten und geheimgehalten wurden. Zum Begriffe des »Anvertrauens« gehört es dabei nicht, daß dem Angestellten die Eigen schaft des Geschäftsgeheimnisse-als solchem bekanntgegeben worden ist. Es genügt, wenn das Geschäftsgeheimnis für ihn nach den Umständen erkennbar ist und in den Bereich der ihm im Geschäfte zugewiesenen Tätigkeit fällt. DaS hat die Strafkammer nachgewiesen. Sie stellt in näherer tatsächlicher Begründung fest, daß in den bezeichnten Beziehungen für M. nach der Natur der Sache die Geheimhaltung geboten erschien, daß ihm der im Urteile dargelegte bestimmte Wille seines Geschäftsherrn — zur Geheimhaltung — erkennbar war, sowie daß bzw. inwieweit das Geheimnis seinem eigenen Geschäftsbereich angehörte. Die Strafkammer hat ferner als erwiesen angesehen, daß der Angeklagte M. zu gleicher Zeit, als er dem Angeklagten B. die Muster über- 1276