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com-tag Beilage zu den Orest-net Reuesten Nachrichten 23- Mms 1924 « Sismp .ijt.k-7sp.v3st«g Erfolg »wunden und Schmuy. Hier trommelten Fäuste aus Köpfe, dort stießen Köpfe nach Bäuchen. Hier war ein Kleid zerrissen, dort eine Joppe beschmutzt - Jetzt kamen von allen Seiten die Eltern gelausen. Mit festen Grisscn rissen sie die Kinder auseinander. Sie schalten und droht-en. Zuletzt einte ihr Zorn sich aus Frau Beute. Ach, sie mußte vor den erbosten Eltern flüchten. Sie sank am Bettchen ihres toten Kindes nietdcez »O du, mein Liebling, ich hatte es so gut ge me ni. - ——- Letzte Liebe Von Ali-soc Manard litt-yearv Jst auch der Tod vielleicht ein Sqtramentk Dess» innern Sinn wir noch nicht ganz veritcb’n? Da wir heim sn geliebten Gräbern sehn Jst es ein Schmerz. der wieder in uns brennt? Von l). Dodoeu Von Nin-i Beweise-Hufe- Um Totenionniag besuchte Frau Beute das Grab ihcm Kindes. »Mein Liebling«, iagie ste, ~deine kleinen Gespielinnen haben dich schon vergessen, und nur deine Mutter denkt noch an dich. Aber ich will, zu deinem Gedächtnis, fremden Kindern ein Fest bereiten. Du mein sitz-z das mir in seinem kurzen Leben nur Glück war, so über dein Grab hinaus Freude fpenden.« Mein Arzt hatte mir das kleine, wenig fasbioiiable Oftseebad empfohlen, iveil er behauptete, daß ich dort die mir so heilsauie Langeweile finden wurde» Und nun ioar ich bereits fett einer Woche an Qrt und Stelle und erfüllte die mir auferlegte Kuroorichrift auf das gewiffenhafteste, d. h. ich langweilte mich wie eine ver gessene Brotrinde hinter einem Koffer. Tagaus, tag ein war nichts zu fehen als Wasser, Sand fund die bekannten allgegenwärtigen älteren Herren init »in-Jll chen« und dein über dein Magen herabvendelnden Strohhut, meist in Begleitung der kubiftifch gebauten Ehesrau. Ich fing bereits an, zu glauben, der Doktor habe mich hierher verbannt, damit ich· das Sprechen verlerne, als ein freundlicher Zufall mich eines Tages diesem öden Einerlei entrin. Eben wer ich ·zur Mittagstasel erschienen und nahm resignieri meinen Platz zwischen zivei Damen ein« die mich wahrend des Essens in die Geheimnisse der Eiuweckkunst ein zuweihen vflegten, als plötzlich hinter mir eine liebe, traute Stimme meinen Namen rief. Ich hatte sie schon seit Jahren nicht mehr vernommen, und«doch war .fie meinem Ohr und Herzen vertraut geblieben. Blitz fchiiell wandte ich mich um nnd begegnete dem un vergeszlichen Blick der guten, rehbraiiiieii Augen, die ich fo geliebt hatte, dem einzigen Reiz ihres sonst nn ffcheinbaren Angesicht-T »Nati) dem Efseii auf meinem fZimmer Nr. 29 im dritten Stock« flüsterte sie nur freudig zu, und ich nickte froh. Wir hatten beide gleich zeitig gefühlt, daß es uns unmöglich war, unser sWiedersehen vor all diesen indifferenten Menschen zu feiern. Sie begab sich auf ihren Platz, von wo aus ich sie an der langen Tafel kaum wahrnehmen konnte, und meine Nachbarinnen hatten heute allen Grund, mein Konversaiioiistalent gering zu schauen, denn alle .nci-ie Gedanken waren bei ihr und unsrer unerwarteten Vegegiiung. Wann war es gewesen, daß wir uns zum letztenmal gesehen hatten? Drei Jahre wohl, und ich fühlte noch heute den Schmerz. als der Zug mit den winkendeii Tascclhentiicherii sich langsam in Beweguna setzte und endli ) verschwand . . . Sie hatte bis zuletzt am Fenster gestanden und mir tief in die Augen geblickt, und hinter ihr die stolze gebieteiide Gestalt des Gatten, der uns Gruize zuwinkte, mir und der hübschen blonden Frau, deren Blauaugen von Tränen ver dunkelt erschienen. Dann sahen wir Alleingebliebenen einander so verlassen an wie zivei verwaiste Kinder und wandten uns endlich, tief aufseuszend. zum Gehen. lind doch verband uns keinerlei Blutsverwandtschaft mit jenen, deren Verlust uns so tbitter erschien! Oh, aber es war ivte eiii Wunder !geweseii, jener tiefe verstehende Freundschastsbund, der zwischen uns und den Davongeaangcnen entstanden war, und wir konnten uns ein Leben ohne sie kaum noch denken. Zuerst hatte Frau Antie mit mir Freund fchaft geschlossen. Eines Tages, als ich in der Musik schule erschien, an der ich als Lehrerin wirkte, sagte man ·iiiir, es habe sich eine neue Schülerin geineld··:t, eine altere Dame, die Frau eines holländischea Pro feffors. Tann kam fie, und etwas in mir ftutzte nnd rief-« »Halt, da ist ein Mensch, ein fühlender, warnt herziger Mensch.« Ich straubte mich zuerst wocheiilaiig dagegen, aber endlich erlag ich ihrem unwiderstehlichen Werden, und der Eisvanze:, den Schicksal und Menschentücke unt mein Herz gelegt. begann unter dein milden Blick dieser Rehaugen zu schmelzen. Für sie war ich mehr, als eine gewandte Skalenniafchiiie - sie suchte in mir den M e nsch en, und sie fand ihn. Als sie mich-endlich soweit hatte. führte sie mich in ier Haus ein, das sie zu meinem machte und wo die heimatlos Gewordene Heimatgefühle wiederfand. Dort lernte ich auch ihren Gatten kennen, und nie werde ich den ersten Eindruck vergessen, den ich oon ihm empfing. Sie bewohnten in einer geniütlicheii, durchaus nicht hypermodernen Freindenpenfion eine Reihe von Zimmern. und eines Abends bat sie mich bei ihr ein wenig Musik zu machen, die ihr Gatte so liebe - er sei für einen Moment fortgegangen, werde aber gleich wieder da sein. Ich setzte mich ans Klavier ’ und spielte, wie es mir in die Finger kam und meiner Stimmung entsprach. Es war ein Finale von Beet hoven, von hinreifzender. elementarer Gewalt« Da ging inir gegenüber die Tür. und vor mir stand Seine Mast-stät - der alt-e Goethet . . . Er, ganz Er - niihts fehlte, als der Ordenssterni Ich fuhr in die Höhe und starrte ihn glitckselig an, wie eine überirdische Erscheinung. Er hinaeaen lächelte ein wenig dazu, ganz goethifch, und man sah wohl, daß er es so gewohnt war. »Es ist nur Hendrik, mein Gatte«, sagte sie schelmisch. und weidete sich ein klein wenig an meiner Ueberraschung - ~mailie ihn mir nicht eitel,. denn das würde einem Mann von 68 Jahren, der schon Großvater ist, übel anstehen.« Und dann konnte sie doch nicht umhin, mir mit einigem Stolz zu erzählen, daß kürzlich ein deutscher Herr ihrem Gatten durch mehrere Straßen gefolgt set itnd endlich den Hut gezogen nnd gefragt habe. ob er nicht irgendwie mit« Goethes Familie verwandt sei »Und so geht das, wo immer wir uns blicken lasfen«, schlosi sie mit ihrem lieben Lächeln. Es zeigte fich- daß der Professor eine schöne .Tenorstisos«e von ganz iuaeiidlichein Schweif besaß« und Am- Ilntie bat, ich mochte täm e nige Schuberilieder begleiten. Als unser auskonzert im schönsten Gange war, trat fein-and leise in das Zimmer «ind setzte sich zu FrauAntie auf den Diwan. Zugleich schwankte die Stimme des Sängers von einer freudigen Bewegung. Er brach den Gesang ab und fiihrte mich zu seiner Frau, die mich mit dem Besuch bekannt machte. Es war eine liebliche Blondine, und die reichen goldenen Flechtem die fie um das Köpfchen gewunden hatte, ia sogar ein bewußtes Etwas im Schnitt ihrer Kleidung machten sie zu einer GreichensErscheinuiåg. Nur etwas Kriechen haftes in ihren Bewegungen « iien mir leicht störend- Mir wurde wirklich aanz eiaen zumute. denn alltagltch war das nicht: bei Goethen zu Tisch, mit Gret chen an meiner Seiiei Zum Glück brachte Frau Anties gutes, aber tupischchollandisches Gesicht die nüchterne Note in dieses, faft unwirklich schbne Bild. Der Neuankömmling. der hier gleich mir Deimaisrechte zu besitzen schien, wurde mir als Frau Lilli Wegener aus-Wien voraestellt, Miipensioniiriii und Freundin. Wir ulauderten bald recht angeregt über allerlei, wobei mir derKunstsinn und die gute Bildung des lieblichen Wesens anaenehm auffielem und das rasende Gesichtchen mit den dunkelblauen Augen von inute zu «Minute fesselnder erfchiem Mitten im Gespräch als es auf der Pendelubr neun schlug. erhob sie sich und sagte mit schelmifchem Augen ausschluat »Aber Herr Professor, Sie baben fa heute unsern Abendsvaziergang vergessen.« - Das glauben Sie gewiß selber nicht«., entgegnete er Hrablend eilte mit er Elastizitiii eines Rnalinas hinaus und kaut nach fünf Minuten in Hut und Mantel wieder, mehr als ie bekleidet mit seiner ganzen. gottbeanadeten Goethe-Aehnlichkeit - . ; . Ills lich die Tür hinter dem Paar geschlossen W Its-Leben kommen wir für kurze Frist. Anfang und Ende ist uns vorbestimmt, Daß jeder es zu feinem Besten nimmt- Ein Erbe, doch zugleich auch Schöpfer ist. Einen großen Korb ftillte Frau Beate mit hundert süßer. kleiner Kuchen. Sie fchleppte schwer an der Last. Aber fie freute fich, und es war ihr, als erhdhe das Gewicht und der Druck des Korbes, den fte freudig trug, die Feier, die fie ihrem Kinde zudachte. Sie kam aus den Marttplah, feste ihren Korb nie-«4 der und winkte den herumstehenden Kindern, herau zutretein Scheu und fast widerwillig folgten die ersten ihrem Ruf. Neugierig schoben sich die Entferntercn langsam näher, und bald stand Frau Beate in einem; Kreise stummer Kinder, die, den Finger im Mund, sie angafften. " l Sie teilte ihnen all ihre Kuchen aus und er munterte die Kinder, zu spielen, fröhlich zu sein und diese unerwartete Gabe durch festlichen Jubel zu feiern. Aber die Kinder blieben scheu und stumm. Nur daß der Kreis immer größer nnd dichter wurde, dafz die letzten fchoben und drängten, um vorzugelangem da mit schnell die Nethe an sie käme. Einmal ein Aufschrei: »Die Marutchka hat schon einen und ftellt sich wieder ant« Nun Piifse und Stöße. Die Menge der feftverleilten Kinderkörper wogte hin und her drängte immer ärger und stieß an »die Austeilende und ihren Korb an. I Ernüchterung wuchs im Herzen der Frau Beute. Dies stumme, freudlofe Empfangen ihrer Gabe hatte sie nicht erwartet. Sie wollte sich noch täuschen und sah suchend non einen- zum andern der Gesichter vor ihr. Aber höchstens Verlangen und Gier fnrach aus den Zügen der erwartungsvollen und kritisches Prüer aus denen der empfangenden Kinder. Wenige Wochen später führte ihr Weg Frau Beute über den gleichen Platz. Da fah sie mit Staunen ein fröhliches Treiben-« Der Weihnachtsmarkt war mit all feinen Buben aufgebaut Auf und ab drängte sich die Menge, die kaufte oder auch nur die ausgestellten Dinge bewunderte Was beben wir an eignem Wert vollbracht? heuts scheint ung alles groß, was wir empfingen. Wir fühlen seinen Segen uns durchdringen: Daß Ihr einst wart, bat uns erst stark gemacht. Vor allein fesselte ihren Blick eine Ecke. Dort war eine Ansammlung von iubelnden Kindern. Sie spiel ten mit glühenden Backen, angeführt von einem kleinen Mädchen, allerlei Spiele, deren begehrte Preise bunt farbige Zuckerftengel waren. Neben ihnen drehte ein großer Knabe ein Glücksrad. Er war umgeben von einem Kreis bewundernder Kinder. Hier stand ein glücklicher Gewinner und gab großmütig von seinem Zuckerwerl ab; dort liefen, lachend und selig, kleine Mädchen zu den Eltern, die fröhlich heieinander stan den undsich am Jubel der Kinder freuten. Frau Beate trat an«die Spielenden heran und frug das Mädchen: »Wer lehrte dich, so die Kinder zu beschäftigen?« »Mein Bater«, sagte scheu das Kind und mischte sich schnell wieder unter die Spielenden. Wir sind der langen Kette nur ein Glied: Dnrch Leben allen Tod zu überwinden Und Kräfte in den ewigen Kreis zu binden, Den seine Harmonie zum Himmel zieht. , Jeanne d’Arc Erzählung vpn J. Nowikow .. Sie wurde zuerst von unserm Onkel Junoccnz fo genannt « , · »Ja«« sagte er, »sie ist eine wahre Jeanne d’Arc, schaut ieuch Hut-· gukmerksam die kleine Waßjuta ant« · Unser Onkel hatte immer die Schwäche, irgend etwas Sonderbares zu behaupten, um uns Kinder in Erstaunen zu setzen. Wir mußten lachen, als Waßjuta vsteraiie mit ihren nackten Füßen über die Terrasse ge lausen lam, eine Flasche Bier aus den Tisch setzte, ihre etwas schielenden Augen wie abwesend in die Ferne richtete nnd dann eiligst hinter den Abornbäumen ver schwand. « « ’ " ad Da ging Frau Beute zu dem Knaben am Glücks r : »Wer hat dies Spiel hier aufgestellt?« »Der Vater-C sagte der Knabe und zeigte mit dem Faumen über die Schulter weg, nach einer kleinen ude. Da wandte sich Frau Beute an den Budenbesitzer: »Oh, mein Herr-C sagte sie ~wic ist das möglich, daß sie all dieer Jubel, all dies Glück hier hervor lockten?« Vrummia antwortete der Mann- »Ihr seid noch sehr dumm«-, fuhr ber Onkel fort, »aber da ist nichts zu lachen. Ihr kennt das Leben nicht und habt keine Ahnung, daß es vifionärc Wesen, beson ders unter Mädchen, häufiger gibt, als man glaubt-« chankenvoll nahm er dabei feine dicke Zigarre aus dem Munde und strich behutsam eine kleine Aschen säulgab.· « . » I Nun war der letzte Kuchen verteilt. Frau Beate Ihob den leeren Korb und wandte sich zum Gehen. Da schrien die Kinder und forderten ihre Kuchen. Aber Frau Beate zeigte ihnen den umgeftülpten, leeren Korb: »Ich habe nichts mehrt« Jetzt fielen die ent täuschten Kinder über die, die einen Kuchen erhalten hatten, her. Aber den Siegreichen wurde von Dritten schon wieder die Beute entrissen. Ueberall rauften und pufften sich die-Kinder. Geschrei und Jammer wurden laut. Jn allen Gesichtern Tränen, Benlem Kratz ~Gcfchäftgges,letmnts, meine Dame! Verdienen Sie erft mal Ihr Brot aus Pfenniger dann werden Sie fchon auch Ihren Kon anstrengen, daß Sie die Menge befriedigen.« Und demütig fügte er hinzu: ~Will die Dame nicht ein paar Zuckerftengel mitnehmen? Sie fängckkxanz frifch und kosten nur zwei Pfennig das t « - - - « Seine Worte machten aber diesmal einen beson deren Eindruck auf uns. Seitdem lachten wir nicht mehr über Wnßjuta, und sie wurde mehze ein Gegen stand unsrer unbefriedigten Neugierde nnd eines ge wissen heimlichen Schreckens. " Von all dem wußte das kleine Dienstmädchen Wab jnta nichts; Wie ein Wind flog sie vom Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang vom Hause nach dem Stall utid den Hosgebäuden, nach dem Boden, nach dem Keller. Besonders gern schien sie sich auf dem- Felde aufzuhalten. Nachdem jenes Wörtchen vom Onkel ge fallen war, nannte sie niemand mehr— anders als ~leanne d’Are«. Es fiel uns auf, daß sie die Betten am liebsten im Dunkeln machte nnd dabei mit den« Bett tüchern wie Hut weiten Flügeln spielte. -,,Unjre Jeanne - dAEdfFauchlspffischthie ein Vogel auf!« hieß es dann. w Sie war eine Waise und fünfzehn Jahre alt. Jm Frühjahr hatte ihre Großmutter, eine hinfälltge Greisin, sie zu und gebracht. Zu Fuß hatten sie einen weiten Weg durch den Wald zurückgelegt und kamen erschöpft bei uns an. Alle Kinder hatten sich auf der Diele versammelt, um das neue Stubenmädchen zu sehen. Sie stand mit gesenkten Blicken da und schwieg. Desto redseliger war aber ihre Großmutter, die von allerlei Dingen plauderte, nachdem der Mieiveri trag mit der jungen Hausangestellten abgeschlossen war. Sie wurden schließlich beide nach der Küche ge schickt, um sich dort mit Tee und Weißbrot zu stärken. »Lan nicht wie ein Fällen, halte dich manierlich bei den Herrschaften«, sagte die Alte streng zur Enkelin und strich verlegen über ihren dunkelblauen Sarasan. Am folgenden Tage schon war Waßjuta auf dem ganzen Hofe wie zu Hause. Sie fand sich iiberall zurecht, ohne zu fragen, und hurtig erledigte sie alle« ihre Arbeiten. Auch der Onkel, der ein strenges Regt-? ment im Hause führte, war mit ihrer unermüdlichen und verständigen Leistung zufrieden. Sonderbar besj rührte freilich ihre Art, sich zu bewegen, wobei man; stets den Eindruck hatte, als, wollte sie wie ein Bogeli fliegen. Im Schlafe pflegte sie nicht nur zu sprechen, wag bei Kindern nicht selten vorkommt, sondern auch aanz laut und zusammenhängend zu singen. Zu idreni Eigentümlichkeiten gehörte noch die, daß sie manchmalf sur einen ganzen Tag verschwand. Auf die Frage nach! ihrem Verbleib gefragt, senkte sie nur den Kopf, ohne; daß ein Wort aus ihr herauszubringen war. Unter Bruder Wolodia traf sie ein zaarmal am Übhana jenseits des Teiched sitzend und b ierlich weinend. Sie trocknete ihre Tränen nicht ab und rührte kein Glied. Sowie er sich ihr aber niihern wollte, sprang sie auf, schrie wie besessen und lief eiligst davon. In den heißen Sommertagen, wenn die Arbeiter bei der Roggenernte die brennenden Sonnenstrahlen nicht mehr ertragen konnten, schien Waßsuta ganz unzurechnungsfiihig sn sein. Am Abend fiel sie wie tot"auf ihre Lagerstätte Beim Morgengrauen schlich sie aber schon nach dem Pferdestall, holte sich eins der besten Rasse heraus und stürmte auf seinem Rücken nach dem Dorfe und zurück· Der Kutscher Lasar verbot es ihr mehrere Male, aber wie ein Schelm lachte sie ihn aug. Er ging zum paus- Hetrn End erzählte es. Zum Erstaunen des Kutscher biirte nrel Jnnocenz ihm aufmerksam zu, sagte fedqu bin Wort über Wasztuta und brachte dad Gespräch au die Wirtschaft, me eqsax heim Fortgehen ungeduldig tragt-: »Ja, was soll denn mit dem Mädchen ge schehen?« da war die Antwort: ~Lasset sie alle in Ruhe Und brinaet sie nicht aus der Fassungl« 111. Im Grunde batte nicht nur der Onkel eine Sym pathie sür.mtsre liebe, kleine Waßiutm sondern wir P Rest Bruder Wolodja und. der Kutscherknecht U vfchku hatten sie besonders gern. Der hübsche Moschka war.»mßerorbentlich qxausany Obgleich er MM W ller alz"war, fand cr sein Hauptverqnüsm daran, die jungen, noch nichtslüggen Spatzen und Krähen von einem Ort zum andern zu schleppen, sich an ihrer Angst zu weiden nnd ihnen schließlich in den Fäusten die Köpfchen zu zerdrnckerr. Mit einem bar barischen Lächeln betrachtete der Bursche dann die Opfer seiner Roheit. Als der Onkel davon erfuhr, sagte er dem Kutscher knccht kein Wort, doch ließ er ihn durchpeitschen und drohte, ihn sortznjagetu Das geschah allerdings nur aus Mitleid mit seiner verkrüppelten Mutter, die er zu ernähren hatte, sonst wäre er sofort entlassen worden. Als Kutscher wurde Alofchka nicht angestellt, nnd er hatte nach wie vor für die Pferde zu sorgen, die er schrecklich liebte. Wir Kinder konnten ihn nicht leiden, und Waßiuta teilte diese Abneigung gegen ihn. Er aber begann, ihr »eines Tages den Hof zu machen, nnd je sprödcr und ’unwilliger sie fich zeigte, desto zudringlicher wurde er. Im Haufe wußte niemand etwas davon, bis sich einmal eine heftige Szene abspielie. Waßiuta kam nach der Küche, um etwas zu holen. Alofchka war gerade dort. Noch ehe jemand etwas sehen rder hören konnte, er scholl ein Angftruf und ein Geschrei, daß der ganze Hof davon erzitterte. Wie ein Füllen lief Waßjuta, den Kopf nach hinten geworfen, fo schnell fie konnte, und hinter ihr in rasender Wut Alofchka. Er war kaum zurückzuhalten. Es stellte sich hinterdrein beraus, daß sie mit einem brennenden Holzscheit nach ihm geschlagen hatte. Aloschka trug starke Brandwunden davon nnd lag ein paar Tage krank aus seinem Lager. Ob der Onkel absichtlich über diese Angelegenheit schwieg oder sie gar nicht erfahren hatte, wußte nie mand, aber wir hatten alle nnsre Schadensrende. Brüder-den Wolodia konnte an diesem ereigniss reichen Tage ebensowenig abends einschlafen wie ich. So steckten wir beiden Knaben denn die Köpfe IMM men nnd sliisterten eifrig über Waszsntas Oeldemad Im Traum erschien sie nng als Jeanne ere mit blei chem, vergeistigtem Gesicht, mit sliegendem Gewand da hitzchgetnd und die seelenvollen Augen ans einen Stern ge c e . Ivd Seit jener Zeit suchte Alt-schien sich zu rächenz nicht direkt an Waßjuta, das wagte er nicht. Er rannte aber ihre Vorliebe stir den einzigen kleinen Sohn der Köchin Umrisse-. Wer sein Vater gewesen, wußte man nicht, aber er hatte dein Kinde ein böses Erbteil hinterlassen in einer allgemeinen Körperschwächr. Der Knabe war iin vierten Lebensjahre und konnte weder gehen noch sprechen. Er verstand anscheinend alles und suchte sich durch tierische Laute . verständlich -zu. machen. Die Mutter tünnnerte sich nicht viel um ihn, und tagelang war ex allein aus dem Hof- Dieses unglückliche Kind hatte Waßjuta in ihr Herz geschlossen sowie sie sich einen Augenblick freimachm konnte, llef sie zu ihm, brachte ihm Konfekt, spielte mit ihm nnd lehrte es sprechen, fo gut es ging. Zum Er aöyen aller hatte sie ihm has Tanzen beigebracht und das Heri- ,Ylama«. · « « . · » Auf diesen von der Name heimgesuchten Knaben Lonok hatte es der grimnnqe Alofchka nnn apgesehem Er ließ keine Gelegenheit vorüber, vor den Augen Waßjutaö 111-Umn- su quälen nnd zu ärg rn; es schien oft, alg wollte er mit Um genau so verfosren wie mit den armen Innqen Vögelchetn Entwtet sagten wir Kinder ihm eines Tage-, das er den Kleinen in Ruhe lassen sollte, »d« gest Lenkt alles dem Onkel ersäblen würdet-. . . Aloschka schien unsre Worte beachtet zu haben, aber er wurde noch finsterer und versteckter als bisher. Der Sommer ging zur Neige. Das gelbe Laub siel von den Bäumen. Die Wege im Garten und auf der Landstraße wurden lichter und ließen die abschied nehmende Sonne in ihrer ganzen herbstlichen Weich heit sehen. Früh senkten sich die Abendschatten, und wir Kinder schlossen uns gern den Erwachsenen an und saßen mit ihnen im gemütlithen Wohnzimmer bei der Lampe. Onkel Jnnoeenz neckie die dunkelhaarige Cousine Katja, die einzige Tochter unsrer Tante, die den Hausstand nach dem Tode unsrer Eltern führte. An diesem Abend war die Tante besonders feierlich gestimmt. Sie ging ans Klavier und spielte, was sehr selten der Fall war. Ab und zu suer sie sich mit beiden Händen iiber das Gesicht und dann spielte fie wieder weiter. Instinftiv zitterten meine Lippen, und ich wollte gerade anfangen zu weinen, als ich Waßiuta erblickte. Sie stand hinter dem Schrank; niemand schien sie gescheit zu haben. Ohne sich zu rühren, lehnte sie an der Wand, und die weitgcössneten, versonnenen braunen Augen tranken förmlich die Töne, die vom Klavier kamen. s Plötzlich erfüllte ein Schreien und Lärmen das sHaus Vom Hofe ließen sich gellende Rufe vernehmen, und alle stürzten mch den Türen und Fenstern. Ueber Ldie alten Eichen zogen rote Wolken zu uns herüber. Es war bald kein Zweifel mehr, daß im Gehöft Feuer ausgebrochen war. Die Aufregung legte fich. als man die Ueberzeugung gewann, daß nur ein alter Schuppen in Brand geraten war, der im Sommer den Arbeitern als Schlafftelle diente. Jetzt war er leer. Man be gann zu löschen, aber der Schuppen brannte wie ein Scheiterhaufen. H « Wir waren alle draußen und wie von einem benga lischen Feuer beleuchtet. Mitten im Krachen der Bal ken war auf einmal ganz deutlich der beschwörende Jammerruf «Mama« zu hören. Die Stimme kam von der Brandstätte, und jeden von uns packte der Gedanke an den kleinen Lonok. Er war nicht da, unt in der Todesangst hatte dastand stumme Kind seine Stimme ger .den, die die eigene Mutter kaum kannte. Sie eilte-planlos nach rechts und links und wußte nicht, was sie tun sollte. ; Aber jetzt war der Augenblick für unsre Jeannes d’Arc gekomment Waßsuta stürzte sich in die Glut bin-» ein« ohne sich zuriickhalten zu lassen und ohne an ihren Untergang zu denken. Wie ein Schmetterling zerteilte sie die Flaum-m während wiederum das Wort «Mania« ganz schwach zu hören war. « » . Unsrer Sinne nicht mächtig, suchten wir nur noch die Spuren des jungen Mädchens in dem zerstörenden Elemente zu entdecken. Es verschlang sie sowohl wie den Knaben, den sie retten wollte. « 'Aloschka gestand, daß er den Brandfchaden absicht lich angerichtet batte. Er entfloh nach Sibirien. » Der alte Onkel und die Tante sind bereits ge storben. Wir Kinder wuchsen heran und stehen jetzt schon lange als Menschen selbständig im Leben. Jn jedem Herbst überfällt uns an einem bestimmten Abend die traurige Erinnerung an senes prächtige Mädchen, Jeanne d’Are, das durch die Liebessiille ihres warmen Herzens ins Feuer getrieben wurde, wo sie ihren studen tod finden sollte. i Mmpxsesmertnq Hut-is ILVW sei-W liaqu EEB riss- PMB-sk- Ell-sendet 1.-l s. Il- s Uhr KtzMlkdsas I— V Deko- I 111-steh u-: 111-o f W XII-wwwqu . Palmen-at Boot-l IMC ZU en. 111-Nin os- Ilaon Vgl-Ist tadeln von Ko U- O ZEIT BE itwnlicu A ds- Primi- Im Zelt-) spekg 149467 - ils s 111-stral- Illis mai »das ov« Essdsus - —- sstlokbsns V Iscllls W »m. lstn FULL Blick-! lkssso Nov- kic bl- m dir »O für ro »Man-L 111-; -. Ptul glichen iflsl Ist-I