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7- — Beilage zum „Riesaer Tageblatt". S^taÜonSdruck und »atag vo« Laag«, » vtnterltch la Mesa. — Mir di« Redaktion venmtwortt«»: SdwinPlabnick i« »i«s«. »s. Dienstag, 9. Aebraar 1909, «beabS. «s. Acht». SiimuM ns ie» DnM ItiWp. Otgen-Bericht. 8od. Berlin, 8. Februar 1909. Präsident Stolberg hielt heute ausnahmsweise da« akademisch« Viertel nicht ein. Eröffnete schon fünf Minuten nach 2 Uhr. Der sretkonservative o.Bamp, der sich zu Begin« der Sitzung noch nicht unter den sechs im Saale auwesenden Abgeordneten befand, wurde vergeben« „zum vort" aufgerufen. Der Kirchenmaler und bayrische Zen- trumSabgeordnet« Irl konnte so al« erster in unverfälsch tem LandeSdtalekt seine Handwerkerrede halten. Naumann geht zur Tribüne. Er erhält aber erst da« Wort, nachdem der sächsische BundeSratSbeoollmächtigte Eeheimrat Fischer recht witzig Herrn Zubetl ob seiner Angriff« aus di« sächsi sch«» Behörden abgetan hatte. Die nüchterne Materie der Sozialpolitik konnte, obwohl Naumann seine Rede in frische Form gekleidet hatte, da« Hau« nicht erwärmen. Während sonst Mäuschenstille im Saale herrscht, wenn Naumann spricht, unterhielten sich die Abgeordneten heute recht wacker. Naumann brachte di« Maßregelungen gegen den Bund der technisch-industriellen Beamte« in Schlesien zur Sprache und polemisierte in wuchtigen Worten gegen die Herrschermächte der Zechenverwaltungen gegenüber dem vogelfreien Koali- tionSrecht der Arbeiter, der nicht al« Materie, wie die Kohle, behandelt werden dürfe. Der konservative Graf Tarmer-Osten macht den Bund der technisch-industriellen Beamten verantwortlich für die Entlastungen, da er einen Streit mit den Arbeitgebern vom Zaune gebrochen habe und spricht sich dann unter scharfer Kritisierung de« Terro rismus der Sozialdemokratie für den Schutz der Arbeit«- willigen au«. Der Pole Kuler«kt bringt die Azew-Affäre in Rußland in die Debatte, ohne vom Präsidenten daran gehindert zu werden. Freiherr v. Gamp kommt jetzt end lich an die Reihe. Er singt sein Lied der Sparsamkeit und betont, die chtkanterende Behandlung der Arbeitgeber durch die Gesetzgebung rufe in diesen Kreisen allgemeine Verstimmung hervor. Bevor der wirtschaftlich« Bäckermeister Rieseberg sich seines Stande« annimmt, polemisiert er scharf gegen die Sozialdemokratie, die schon die Lehrlinge mit dem Gift des Klaffenkampfer impfen wolle. Der fret- sinytge Pachnicke spricht kurz -um Thema: Deutsche Ar- beittauSkunfttstelle. ES komme doch nicht darauf an, im Reichstage zu reden, sondern zu handeln. Und alle bürger lichen Redner hätten doch anerkannt, daß ein Mehr an Sozialpolitik der Reichstag jetzt nicht bewältigen könne, vor vertagunglbeschluß wird von dem Recht der persön lichen Bemerkung noch au«giebig Gebrauch gemacht. Dabei holt sich Herr Zubell einen Ordnungsruf, al« er die säch sische Regierung mit einem unparlamentartschen Au«druck schmückt. Die anderen persönlichen Bemerkungen sind durch weg unpersönlich. Und immer, wenn der Präsident da» konstatiert, lacht da« hohe Hau« heiter. Morgen wird die Sitzung mit einer Kundgebung de» Präsidenten für den englischen Königsbesuch begonnen werden. Das englische Königspaar traf heute zu den« lange angekündigten Besuch in der deutschen Reichshauptstadt ein. Tie „Nordd. Allg. Ztg." begrüßt den hohen Besuch mit folgenden Worten: Wir werden in den nächsten Tagen die Freude haben, ihre Majestäten dm König und die Königin von England als Gäste am Berliner Hofe verweilen zu sehen. Wir heißen König Ednaro und seine erlauchte Gemahlin ehrerbietig willkommen und wünschen den hohen Anverwandten un seres Kaisers, den Souveränen des britischen Weltreiches, in Berlin von Herzen die Gastfreundschaft zu erwidern, die im November 1907 das dentschc Kaiserpaar auf eng lischem Boden gefunden hat. Auch für die Beziehungen zwischen den: deutschen und dem englischen Volke ver sprechen wir uns Gutes von dieser Zusammenkunft. Tis Kundgebungen freundwilliger Gesinnung und oer- wandtichajtlicher Zuneigung, zu denen der Besuch will kommenen Anlaß gibt, werden eine neue Ermutigung für alle sein, die in Deutschland und England bemüht sind, einer Entfremdung zwisschen den beiden Reichen entgegenzuwirken und die deutsch-englische,: Bezieh ungen in sichere Dahnen zu lenken. Mehr als je werdpn sich die Freunde eines guten Einvernehmens diesseits wie jenseits des Kanals überzeugen, daß aus dem per sönlichen Verhältnis der Monarchen ihren Bestrebungen keine Schwierigkeiten erwachsen. Freilich wird es noch unverdrossener Aufklärungsarbeit bedürfen, um das Ziel zu erreichen, das in der' Sicherung einer auf gegen seitige Wertschätzung begründeten Freundschaft zwischen den beiden großen Kulturvölkern vorgezeichnet ist. Aber auf dem Wege dorthin möge der Besuch des britischen .WnigSpaäreS und der Empfang, den Teutsschland Ihren! Majestäten bereitet, «inen Fortschritt dringen. Zu diese» Sinne wüniüsen wir den kommenden Festtagen einen i»- getrübten Verlauf und eine lange günstige Nachwirkung. In einem BegrüßungSartikel des „CH. Tbl." heißt es. Auf dem Wege zu der notwendigen Verständigung zwischen Teutschland und England stellt der Besuch König Eduards in Berlin eine wesentliche Etappe dar. Richt als ab wir glaubten, daß er von irgendwelchen greif baren politischen Folgen begleitet sein tverde» aber 'seine Bedeutung liegt darin, daß er stattfindet, daß er nicht, >vie es eine Zeitlang der Fall zu sein schien, doch noch in letzter Stunde an irgend einen: Hindernis scheiterte. Wird doch König Eduard zum ersten Male seit feinem Regierungsantritt die deutsche Reichshauptstadt wieder betreten, an der er aus seine,: zahlreiche,: Festlands reisen mit außerordentlicher Gewissenhaftigkeit vorbei gefahren ist. Menn jetzt der auf der vorjährigen Zu-, sammcnkunft zlvischen dem Teutscheu Kaiser und König Eouard in Kronberg verabredete Besuch des englischen Königspaare!-- in der Hauptstadt des Teutscheu Reiches! als eine freilich sehr verspätete Antrittsvisite statt findet, jo bedeutet das zwar keine politische Sensation, wohl aber ein Stimmungszeichen, dessen Wert nicht zu unterschützen ist. Ten Besuch- König Eduards darüber hin aus politisch zu bewerten aber liegt kein Anlaß vop, und in England selbst scheint man beflissen zu sein, einer solchen Ueberschätzung vorzubcugen. Tenn die erst vor wenigen Tagen erfolgte Ankündigung, daß zum Früh jahr eine Neueinteilung der britischen Seestreitkräfte ein treten soll, wodurch die stärkste Kriegsflotte, welche die Welt bisher gesehen hat, in der Nordsee zusammengp- zogen werden wird, scheint darauf zu deuten, daß da- tiejeingewurzelte Mißtrauen des JnselvolkeS gegen die deutschen „Vettern" trotz aller Bersöhnungsversuche, ttotz' der Tätigleit der Verständigungskomiteesl trotz der Jour- nalistenvijiten und trotz der Fürstenbcsuchc noch immer nicht geschwunden ist, sondern vielmehr unausrottbar zu sein scheint. Tenn daß die neueste maritime Maß nahme des Kabinetts von St. James sich ausschließlich gegen Teutschland richtet, das zu erkennen, bedarf es nur eines Blickes auf die Landkarte, und es hieße Vogelstraußpolitik treiben, wenn man sich das verhehlen: wollte. Warnung vor Nachahmung! NW v. R. M.-2. Nr. 2888. Dick's concess. Wuadenfalbe v. R. ^.-2. Nr. 93870 und 93871. Erzeuger: Wilh. Dick, Zittau i. S. Obige Packung ist trotz Schutz de» Kaiserlichen Patentamtes unter Nr. 2888, 93870 und 93871 öfters nachgeahmt worden. In mehreren Fällen sind jetzt durch Urteil des Königlichen Landgerichts Dresden, bestätigt durch Reichsgerichts. Urteil vom 24. Noo. 1908, empfindliche Bestrafungen der Nachahmer erfolgt. Wilh. Dick, allein. Fabrikant des Präparates, Zilta«. vicn ÜMkölim psei§wett lmjeöelM»reü u.jeöen Mpec pZ85elwe fislukctiuße Khrtiche Arbeit. Roman von Viktor Rheinberg. 45 Als sie im Geschäft ankam, fragte sie nach Fräulein Bär, indem sie sagte, das Fräulein sei ihr sehr empfohlen für feine Stickereien, die sie anfertigen lassen wollte. Sofort rief man Fräulein Bär herbei. Und da erschrak Frau Rennberg so sehr, daß sie nur mit aller Anstrengung und größterMühe ihre Beherrschung bewahrte. Schon als sie das Fraulein von weitem sah, erkannte sie in ihm das Modell zu jenem berühmt gewordenen Flieder-Idyll. Sie erbebte einen Moment lang, so sehr erschrak sie.. sein Modell, sein Modell hatte sie verdrängt. Auch Else erkannte schon von weitem, wer da zu ihr kam ..auch sie erschrak einen Augenblick, aber nur einen Augen blick, dann wappnete sie sich mit Ruhe und mit großer geschäft licher Höflichkeit und trat hinzu. Inzwischen hatte auch Frau Rennberg alle ihre Ruhe wie- dcrgewonnen. Mit harmloser, vornehm liebenswürdiger Art sprach sie ihre Wünsche auS und ließ sich vorlegen, was sie zu kaufen begehrte. Und während Else so hantierte, betrachtete die schöne Frau ihre junge Nebenbuhlerin sehr genau, und je länger sie die Kleine betrachtete, desto mehr mußte sie sich sagen, daß sic in der Tat ein selten schönes Mädchen war. Mit größter Mühe nur konnte sie ihre Ruhe bewahren, sie war eifersüchtig, regelrecht eifersüchtig.. eifersüchtig aus dies kleine GeschäftsmaoeliSie, die stolze Geschäftsdame war ver drängt worden durch dies simple Mädchen! Sie schämte sich die ser Eifersucht, und sie kämpfte auch dagegen an, aber das war alles umsonst, denn die blinde Leidenschaft wuchs mehr und mehr, je länger sie die Kleine ansah. Ach, wie sie dies Mädchen haßte!.. Ha, ja, glühender Haß war cs, der jetzt in ihr emporloderte! Sie haßte diese Kleine, weil sie so jung, so schön war, und weil sie ihr daS Glück, das Liebesglück geraubt hatte. Da plötzlich kam ihr eine Idee. Rache!.. Ja. Rache nehmen! Und mit herablassender Freundlichkeit sagte sie dann: „Ich kann hier nicht so recht meine Wahl treffen, Fräulein. Bitte, lassen Sie mir doch diese sechs Stücke zusenden. Ich entscheide mich zu Hause besser. Das geht doch wohl, nicht wahr?" „Aber gewiß, gnädige Frau," antwortete Else höflich. Dann wurde die schöne Frau lebbafter, mit verbindlichem Lächeln fuhr sie fort: „Oder, lieber wäre es mir noch, wenn Sic selber mitkommen könnten, Fräulein. Ich habe nämlich auch noch verschiedene Stickereien anzufertigen .. sehr feine Ar beiten, die ich nur einer bewährten Kraft anvertrauen möchte. Wenn Sie also zu mir kommen könnten, würde ich Sie dann gleich mit allem bekannt machen." Else erbebte leise, aber sie war auch sofort wieder ruhig. Höflich sagte sie: „Welche Zeit wäre Jhncn erwünscht, gnädige Frau?" Frau Rennberg besann sich einen Augenblick. „Vielleicht morgen um elf, wenn Sie können." „Wie Sie bestimmen, gnädige Frau." „Also gut, dann erwarte ich Sie morgen vormittag." Sie gab ihre Karte und rauschte mit einem gnädigen Kopfnicken hin aus. Sinnend sah Else ihr nach. Dann las sie die Karte. Und wieder sann sie. Das war sie, die reiche Dame, von der sie gesagt hatten, daß er sie heiraten würde. Weshalb war sie nun hierher ge kommen? Und weshalb dieser Auftrag? War das alles Zu fall? Oder hatte die schöne Dame eine Ahnung von dem, was geschehen war? Frage auf Frage bestürmte sie, aber eine Ant wort fand sie nicht. Sie wurde unruhig bei dem Gedanken, in die Wohnung der schönen Frau gehen zu müssen . . es mar, als wenn eine heimliche Stimme sie leise davor warnte., alles aberdrängtc siezurück .. stark sein, tapfer sein. Was konnte ihr denn auch geschehen? Ihr Beruf zwang sie hinzugehen, und dann hatte sie sich zu fügen. Pünktlich nm sechs Uhr abends stellte sich Alfred Habel am Spittelmarkt ein, um sein geliebtes Mädel abzuholen. Heute war er besonders gut aufgelegt; denn er hoffte, daß er heute Gelegenheit finden würde, sich zu erklären. Doch er täuschte sich. Gleich als Else herauskam, eilte sie nach der Haltestelle ihrer Elektrischen. Kaum konnte er sie einholen. Fast rennen mußte er, um sich ihr bemerkbar zu machen. Endlich sah sic ihn... „Ich habe gar keine Zett!" rief sie. „Aber Ihr Wagen ist ja noch gar nicht hier!" „Er muß aber jeden Augenblick kommen." Und richtig, er kam schon, aber er wardicht besetzt. „Na, sehen Sie wohl, es hat nicht sein sollen," scherzte er, „nun wollen wir getrost ein Stückchen gehen." Was blieb ihr übrig, sie mußte sich fügen. „Ich erzähle Ihnen auch etwas Neues," sagte er heiter. „Ich Ihnen auch." „Ah, dann bitte, ich bin sehr begierig." „Nein, zuerst Sie. Mein Trumpf ist größer." Er lachte. „Nun, also, ich habe heute einen großen Auftrag bekommen: die Ausmalung der Jnnenräume eines neuerbau ten Schlosses in Schlesien! Die Arbeit eines Jahres. Bringt ein kleines Vermögen. Na, was sagen Sie dazu? Freut Sie da« nicht auch ein bißchen?" „Sehr sogar!" „Nun bin ich ein reicher Mann!" scherzte er weiter. „Eine gute Partie, Fräulein Else!" Und sie in gleichem Tone: „Na, also! Dann halten Sie nur schleunigst Umschau unter den Töchtern des Landes!" „Das habe ich bereits getan!" Glückstrahlend sah er sie an. Sie wurde verlegen. Aber sie nahm sich zusammen und hei ter erwiderte sic: „Ich gratuliere schon jetzt!" Dann drehte sie sich halb, um nach ihren: Wagen Ausschau zu halten. Da bat er leise: „Fräulein Else ..." Sie erschrak. Schnell aber wappnete sie sich mit Heiterkeit. „Ach so! Sie wollen nun auch meme Neuigkeiten hören, nicht wahr?" rief sie. Er wollte etwas dagegen sagen: „Nein, ich..ich ..." Aber sic fürchtete sich. Sie ahnte, was er jagen wollte; da vor fürchtete sie sich, und deshalb unterbrach sie ihn schnell wie der. „Wissen Sie, wer heute bei mir war? Das raten Sie niet .. Frau Rcnnberg, die schöne Witwe, war da." „Ach!" Weiter brachte er nichts heraus, so sehr überraschte^ ja erschreckte ihn die Neuigkeit. Mit halb erstauntem, halb prüfenden Blick sah sie die Wir kung ihrer Worte. 158,20 Endlich fragte er: „Ja, was wollte sie denn bei Ihnen?" „Etwas kaufen, feine Stickereien, vielleicht zur AuSK««.?