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S-nntag dc» 18. Oktober I»«8. 7. Jahrgon«. Wüsche Kolksffttuntz DRR^WWMN,WLR?§ H AilildWgigrs TügMatt siik Walndkü, Kntzf >.KkWt H 4diege Redaktion »n> GeschättSftrlle! Dresden. Piilntver Strafte 4». — ilernlpr Lrr Nr. U»«N. Atelier für ßün5tleri5<:sie s'siotograpsiie Orez^en. Frager 5t«-. 30. Höchste dusrei'clmungen uns dlellsillen. ^»e^henvuvg 5t. llmmenr se; Ka^sinsls ffütst-kerbiscliots von ?tsg. ^ilislsn in sllsn L^Löttsiisn 8-cd"^. vcesösn. fetnsptseker Ut. 2641, 3932, 4820, 2456, 3878. 4783, 696. ' Ikdii;!. llssiiekmi» Aönigjol>ann5ki'. l^Oirellan .^ajolil<a lei-rscolis ^riblall u. Die Resolution des Evangelischen Bundes. (Stehe Nr. 227 und 282 der „Sächsischen Bolkszeitung".) III. Die „leichtsinnige Volksklasse" und die „habsüchtigen Großen". Es sei uns gestattet, nochmals an die Worte des Ab risses der Religionsgeschichte im Anhang des kath. Katechis- mus anzuknüpfen, welcher lautet, daß Luthers Lehre in kurzer Zeit einen großen Anhang gewann, „denn der leicht- sinnigen Volksklasse gefiel die bequeme, den sinnlichen Menschen zusagende Lehre und den habsüchtigen Großen kam die Aufhebung der Stifte uqd Klöster sehr gelegen". Das nannte der Herr Pastor Müller eine Gehässigkeit gegen die evangelische Kirche. Uns ist es freilich noch nicht recht klar, ob damit die „leichtsinnige Volksklasse" oder die „bequeme, den sinnlichen Menschen zusagende Lehre" ge meint ist. Die evangelischen Lehrbücher ermangeln nicht, über die Sittenverderbnis iu der kathol. Kirche zur Zeit Luthers zu klagen; sie tun das mit sichtlichen Wohlgefallen. „Reformation der Kirche an Haupt und Gliedern! so klang eS am Ende des 15. Jahrhunderts nur noch lauter. Alle bisqerigen Reformationeoersuche waren am Papsttum ge scheitert. . . . Alle die bejammernswerten Mißbräuche und Jrrtümer der Kirche und der Gesellschaft wurden sogar noch größer. Gerade das ausgehende 15. Jahrhundert, das für Kunst und Wissenschaft eine Wiedergeburt (HsriLi^knes) des ewig schönen klassische Altertums bedeuteten, war in sitt- sicher Beziehung das verkommenste, so glänzend die der artige Bildung war. so unsterbliche Meisterstücke der Kunst damals entstanden, so tief unsittlich, so unglaublich rück sichtslos und egoistisch war das damalige Zeitalter. Und das Papsttum dieser Zeit? Statt solchem sittlichen Ver derben zu steuern und eine Wiedergeburt des sittlichen und religiösen Lebens herbelzufüHren, war es selbst an diesem verderbten Zeitgeist rrfaßl." ff Wie kurzsichtig doch diese Zeilen geschrieben wurden!! Der Verfasser preist den deutschen Hum anismusauf der einen Seite und tadelt auf der anderen Seite de» sittlichen Niedergang. Wir möchten hier an den liberalen Protestanten Prof. Dr. Weber in Heidelberg erinnern, der in seinem „Lehrbuch der Weltgeschichte" schreibt: „Aber nicht bloß das entartete Kirchentum erlitt durch die neue Bildung einen heftigen Stoß, sondern auch die christliche Religion und Moral."^Die „Wiedergeburt des klassischen Altertums" ließ das Evangelium und die christliche Weltanschauung vergessen, und mir der Gleichgültigkeit ging der Verfall der Moral und Tugend bei den höheren Ständen Hand in Hand. So schreibt Weber. Dort entstand also jene sittliche Verworfenheit. Die jungdeutschcn Humanisten hatten durch zynische und glaubenslose Schriften das Gift der Unsittlichkeit und revolutionären Anschauung unter das Volk verbreitet. Sie waren insofern die Vorläufer Luthers, als sie gegen Mönche und Nonnen, gegen Fasten, Wall- fah't und Gottesdienst ihren wilden Schlachtruf erhoben. Als Luther öffentlich auftrat, waren diese Humanisten seine Gönner. Sie und ihr Anhang, der im Bürgertum groß war. schloffen sich dem Umsturz des Alten an. Es ver- mehrten weiter den Anhang Luthers gerade jene Priester und Mönche, über die am meisten wegen der Sitten- Verderbnis gezetert wird. Die pflichttreuen Priester, Mönche und Nonnen blieben in der Kirche und wurden von de» Evangelischen nicht bloß angefeindet, sondern direkt verfolgt?) Mit der „leichtsinnigen Voiksklasse", die Luther gewann, hat es also seine Richtigkeit. Auch ist nicht zu leugnen, diß der Grund hierzu in der „bequemen, dem sinnlichen Menschen zusagenden Lehre" lag. Wenn man, wie Luther und die Reformatoren, in unverzeihlicher Weise die absolute Sündhaftigkeit und Unfreiheit des menschlichen Willens lehrt, daun hat es natürlich aber auch mit aller sittlichen Verantwortung, ein Ende und Gutes und Böses, Tugend und Lasier, gute und schlechte Werke sind voll kommen gleichberechtigt. Die bekannte Wittenberger Predigt Luthers gegen den Ablaß war ein «großer Jndulgenzbrief" für alle nicht guten Werke, für alle Sünden und Ver irrungen. Georg Wicelius, ein Zeitgenosse Luthers, der, zuerst ein eifriger Anhänger der Reformation, sich aber bald mit Widerwiller von der neuen Lehre abwandte, ries aus: „Das Herz möchte einem Christen brechen bei dieser Zeit, daß so viele falsche Propheten und Ketzer in Germanien regieren, durch deren leichtfertige Predigten das Land nicht allein voller Ehebrecher, sonder auch voller Heiden wird, die nichts glauben?) Und Erasmus«) ruft aus: „Was kann verderblicher sein, als wenn folgende Worte dem Volke zu Ohren kommen: der Papst sei ein Antichrist. Bischöfe und Priester seien Larven, die Beichte sei verderblich. Werke. Verdienste. Bestreben seien ketzerische Wörter, es gebe keinen i) „Leüfuden für den evangelischen Religionsunterricht an höheren Lehranstalten". Leipzig 1907, S. 226. ff tvergl L Riffel, küchengrschichte der neuesten Zeit III, 40 ff.. 161 ff- (1648). „ . ff A notationen zn dem Propheten: EiSlebeu 1616 II. f. 68n ff klrasmi üpistolao, Bafileae 1540, Lib XIX p. 601. freien Willen, sondern alles geschehe nach Notwendigkeit, es liege nichts daran, wie die Werke der Menschen be schaffen seien .... Ich sehe unter dem Vorwand? des Evangeliums ei» neues, freches, unverschämtes, unbändiges Geschlecht, mit einem Wone ein solches, welches Luther selbst unerträglich werden wird, heranwachsen." — Einen Ausspruch Lulhexs brachten wir im letzten Ar tikel; wir glauben also heute davon obsehen zu können. Aus den angeführten Urteilen der Zeitgenossen ergibt sich die Richtigkeit der Worte des kath. Katechismus, daß den „leichtsinnigen Volkeklassen die bequeme», dem sinnlichen Menschen zusagenden Lehnn" gefielen. Aber auch die „habsüchtigen Großen" schlossen sich freudig der Anhänge Luthers an. Da begrüßten zunächst die Habenichtse aus der Reichsritterschaft, an der Spitze jener Ulrich von Hutten, ein gemeiner und gegen Kirche und Reich revolutionär gesinnter Raufbold, der die offene Auflehnung des „Reformators" gegen die Mutterkirche, Diesem Umsturzmanue von Profession war es um die Be reicherung durch den Raub an den geistlichen Gütern zu tun. Jene Partei der Revolution hatte durch einen Brief Huttens vom 13. Januar 1517, also zehn Monate vor der Publikation der Thesen, verraten: „Längst wird ein Brand vorbereitet, der zur rechten Zeit ausslammen soll." Das ist ein Beweis von Fäden, die zwischen Luther und Hutten hin- und herliesen. Man wollte sich komplott mäßig verbinden „zur Schmähung und zum Verderben" der Pfaffen und Mönche?) Di.se umsturztüsterne Ritterschaft rief Luther nach seiner Auflehnung gegen Rom sofort als Mann der Umslurzpartei aus. Und weiters waren es einige Fürsten, die durch Luther und dessen „Reformation" an äußerer Macht und Reichtum gewonnen haben. König Friedrich II. von Preußen erkannte sehr wohl, daß die „Fürsten im Norden" Luther und Genossen „unstreitig große Verbindlichkeiten schuldig" seien. „Denn," sagt er in einem Briefe an Voltaire ff. „diese übrigens aimseligen Leute haben sich von dem Joche der Priester befreit und durch die Säkularisation der Kirchengüter ihre Einkünfte beträchtlich vermehrt." Als Beweis erinnert er an die ge schichtliche Tatsache, daß Kurfürst Joachim II. durch die Kommunion unter beiderlei Gestalt die Bistümer Branden burg. Havelberg und Lebus erlangt habe. Der hervor ragende Protestant Beh schlag sagt in seiner Schrift über den Altkatholizismus iS. 29) kurz und bündig, daß das „Maffenresultat der Reformation der Parteinahme der obrig keitlichen Gewalt" zuzuichreiben sei, uudsügt bei: „Bekannt lich hat fast überall in Deutschland damals die obrigkeit iche Gewalt bei der neuen Lehre durchgegriffen und den einzelnen wenig freie Wahl gelassen." — Dieses wertvolle Geständnis überhebt uns vorderhand der Mühe, die protestantischen Fürsten bei ihrer beutereichen Tätigkeit anläßlich der Be raubung des kathol. Kirchengutes zu schildern. Auf die infolge der „Reformation" an den protestantischen Fürsten höfen eingetretene Verwilderung der Sitten weist der protestantische Geschichtsschreiber Wolfgang Menzel') hin, indem er schreibt: „Statt eines Papstes hatten die Protestanten jetzt deren eine Menge, denn jeder Fürst war Papst geworden. Es trat eine ganz neue Barbarei an den Höfen und auf den Universitäten der Protestanten ein. Von wo das Licht und die Humanität ausgehen sollten, ging nun Finsternis und rohe Brutalität aus. Die lutherischen Hofpfaffen übten ihren Einfluß auf die Fürsten mit Buhldirnen. Sauf- und Jagdgenossen, Sterndeuter, Goldmacher und Juden aus. Die protestantischen Fürsten verloren alle Scheu und Scham, da sie sich durch den Augsburger Religionsfrieden innerhalb ihrer Territorien zu unumschränkten Diktatoren über Glauben und Sitten gesetzt sahen. . . ." Nun schildert Menzel die geradezu erbärmlichen Zu stände an den protestantischen Fürstenhöfen und hebt rühmend den kaiserlichen Hof in Wien hervor. Menzel schreibt: „Im Gegensätze zu diesen protestantischen Höfen hielt der kaiserliche Hof in Wien auf edlen Anstand. Allein andere katholische Höfe ahmten das schlechte Beispiel nach, sofern auch sie durch die Reformation, ohne Teil an ihr zu nehmen, doch unabhängiger und in ihrer Willkür be stärkt worden waren." > Die bequeme, den sinnlichen Menschen zusagende Lehre ' zeitigte dann ' auch entsprechende „Furcht", wie sie Herzog Georg von Sachsen „am Donnerstag nach Jnvo- cabit 1526" in einem Briefe an Luther folgendermaßen schilderte: „Wann sind mehr Sacrilegien geschehen begebener Person, denn seit deinem hervorgebrachten Evangelio? Wann sind mehr Empörungen an der Obrigkeit ge schehen. denn aus deinem Evangelio? Wann sind mehr Beraubunqen armer geistlicher Häuser geschehen? Wann sind mehr Diebereien und Räubereien geschehen? Wenn ff vergl. Jnnffen, Eeschichte 2, 53. ff Oouvi-vs 21. 64. ff Siehe «eschichte der Deutschen. 6. «ufl. 1872, H. 385-410. SS2-SS7, 648-648. 654-658. sind mehr verlaufene Mönche und Nonnen zu Witten berg denn jetzt gewest? Wann h..r man dem Ehemann die Werber genommen und andere gegeben, denn setzt findet man es in deinem Evangelio? Wann sind mebc Ehebruch geschehen, denn seit du geschrieben: „wo eins Frau .... so soll sie zu einem ander» gehen, .... also Ine der Mann Hinmieder?" Dieß hat dein Evan gelium bracht, das du unter der Bank hervoegezo„en." ff Daß Herzog Georg mit seinem Urteil recht hatte, wurde von Luther selbst an zablceichen Stellen seiner Schcrfte, bezeug,: „Je länger man das Evangelium ld. h. seine Lehre non der Rechtfertigung und den Glauben allein) predigt. ie tiefer die Leute ersaufen in Geiz. Hoffart und Pracht." Hat sich Herr Pastor Müller nach Anführung unser c Kronzeugen beruhigt? Denn auch diese sind der Meinung, daß der „leichtsinnige Teil" des Volkes, durch die bequeme Lehre angezogen. los von Rom ging. War nicht die von Luther so befürwortete Einführung des „Evangeliums" auf den, Wege der Forderung des Laie.ck.lches und der Petition um Aufhebung des Zölibats der Geistlichen; die offenen, leidenschaftlichen Aufreizungen der Geistlichen zum Bruche der heiligen Verpflichtungen ihres Berufes; der Ordenslcute zum Verlassen der Klöster; der Untergebenen wider solche Obrigkeit, welche der neuen Lehre nicht zu willen wäre; der Fürst und Städte zur Aneignung des kirchlichen Vermögens ebenso viele Schlinge» der Verfühnwg zu emem durch die Neigungen des Menschen ohnehin leicht gemachren Handeln gegen das Gewisse»? Wir wollen aber keineswegs behaupten, daß die Schuld auf Luther allein ruhe. Nein, denn wir sehen ihn nicht einmal als den Schöpfer der Reformation an! D'e eigentliche Resorrnationszeit war nicht das 16., sondern d.s 15. Jahrhundert. Man reformierte fl erlich nicht dt«: ! Religion — denn ist die Religion göttlich, kann sie nie > einer Reformation bedürfen — sondern das Volk schloß sich ! mehr und mehr der Religion an. So entstai'd ein religiöser ! und nationaler Aufschwung, der durch Lurqerö Auftreten > gestört und ans Abwege geleitet wurde. Dabei gab Luther > die Nichtring an. während die Fürsten das Volk zwangen. I derselben zu folgen. Es gelang dem Unglauben, unter dem jnngkn »Ischen Humanismus und liiiter dZsen Schutz die Herr schaft. die man ihm nicht gutwillig einrälmckö, an sich zrt reißen. Der Schluß des Dramas war Schwächung der Religion, Zerstörung des öffentlichen Wohlsiandes nndder dreißigjährige Krieg mit alle» seinen Gräueln und Verwüstungen. In diesin > großen Knlln, Prozeß des 16. Jahrhunderts war Luther - weiter nichts als ein allerdings mächliges Glied. ! Die einseitige protestantische Geschichtsforschung hat seine > Bedeutung übertrieben und ihn, die Stellung eines Halb- > gvttes zuerkannt. Das Monopol der Geschichtsschreibung, ! das der P>otestantismn8 für sich beansprucht und dein sich ^ der Febrionanismns und der Josephinismus getreulich bet- i gesellten, um jede Förderung der Geschichtsforschung a..f Grund katholischer Anschauung systematisch zu unterdrücken, ^ ist dmch eine objektive Geschichtsforschung gebrochen worden. ! Der Protestant Wolfgang Menzel sagt das mit folgenden Worten: „Während drei Jahrhunderlen hat die Geschichte- sälschnng uns Protestanten unendlich viel Schaden und Schande bereitet." ff Von demselben Gerste d r GeschichtS- klitternng sind die evangelisch-lutherischen N.tigionsbnch.r j beseelt. Mit der Wandlung der Wahrheitsliebe»den Kriiik sollte die Reinigung Schritt Halter-: und alles, was die Ge schichtsschreibung als falsch und entstellt erkannt hat, aus- gemerzt we den. Das betrifft irichtdreeigenenL.hren de.selben, sondern die seitttOOJahrenmitgeschlrpvle» geschichtlichen Fälsch ungen und Jrrtümer ad rnajornm I.ntirori -Zarinm! ff Walch. Lath. W. W. XIX 616. ff K rtik dcs modernen Zettvewaßtseins, Frau fmt a. M'., S. >53. Generalversammlung der Görresgesellschaft In Limburg traten die der Görresgesellschaft zuge hörigen Gelehrten des katholischen Deutschlands am 12. Ok tober zu ernster wissenschaftlicher Arbeit znsanuneir. Arn Nachmittag hatte der Vorstand eine längere Ausschuß- sitzung abgehalten; am Abend fand die Begrüßungsfeier im festlich geschmückten Saale der „Alten Post" statt. Der große Festsaal war überfüllt. An der Ehrentafel hatte Bischof Willh von Limburg Platz genommen; von kirchlichen Würdenträgern und hervorragenden Gelehrten sind außer dem zu nennen Abt Kolb von Mnrienstadt im Westerwald, Domdekan Selbst-Mainz. Prälat Dr. Hülskanrp-München, Monsignore Baumgarten-Rom, Prof. Mansbach-Münster. Prof. Hitze-Münster, Prof. Schnürer - Freibnrg, Prof. Beycrle-Göttingcn, Geh. Rat Prof. Gilling-Münster, Prof. Dr. Knecht-Bamberg — nicht zu vergessen den Vorsitzenden der Görresgesellschaft, Prof. Dr. Frcih. v. Hertling-Münchcn und seine Vorstandskollegen Justizrat Bachem-Köln und Dr. Cardauns-Vonn. Von Parlamentariern bemerkter* wir den Lnndtagsabgeordnetcn Kommerzienrat Cahensly-, Limburg.