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Nr. LS8 — V. Jahrgang Sonntag den IS. Juni 1SLV erscheint täiitlch nachm, mit Aurnahme der Eonn- und Festtage. Audgnbe t. > Mit „Die Zeit in Wort und Bild" vierteljährliche 8,1« In Dresden durch Boten 8,4V In gani Deutschland n^ci Haus 8,88 Uludaabe It.i Ohne illnsirlerte Beilage viertelt, I,8V I» Dresden d, Bolen 8,lv In ganz Deutschland srei Hau» 8,88 — einzel-Nr, lv ^ - ZcitungSpreisl. Nr. «858. Unabhängiges Tageblatt Inserat« »erden die Sgespallene Petiizeiie oder deren Rau» mit 15 4, RcNamcn mii 5V ^ die gelle berechnet, bei Wiederholungen entsprechenden Rabatt, für Wahrheit, Recht und Freiheit Bnchdrnilrrel, Redaktion »nd tSeschäsrMelle, LrrSdc», PiUiiitzcr Strafte 4«. — Fernsprecher lNK« FürRückgabe unverlangt. 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Die Sächsische Bolkszeitung publiziert die neuesten reichsgesetzlichen Bestimmungen, die neuesten Vorkommnisse in Stadt und Land, die neuesten politischen Ereignisse im In- und Auslands, alle nicht behobenen Erb schaften und erteilen einem jeden Abonnenten Rat in juristischen Angelegenheiten. Es ist daher einem jeden nur zu empfehlen, auch im dritten Quartale der Sächsischen Bolkszertung treu zu bleiben. Wo ist der Friedensförderer? Dresden, den t8. Juni 1910. Politische Kannegießerei gehört nun einmal zur Erholung der Teutscl-en. Das ist das unschuldigste Vergnügen von der Welt und richtet keinen Schaden an. Hat man auf der Bier bank die Faust geballt und seinen Zorn mit einigen Kannen heruntergespült, so macht der Schlaf alles wieder gut und am nächsten Morgen ist die Aufregung vergessen, in die man sich mit oder ohne Grund hineingeredet hatte. Daher sorgt unsere Presse stets für Stoff, um ihn den politischen Weltverbesserer» znm Zerkleinern vorzusetzen. Durch solche Finten hat schon mancher Revolution vor ihrem Beginn der Geraus gemacht werden können. Offen gestanden, wir haben oft das Sprichwort bewahrheitet gefunden: Hin llit i»n!itisj»a, äit eoguinvii«! Wer Politik sagt, sagt Spitzbübereien. Die Politik ist die Kulisse hinter der die Drahtzieher ihre Arbeit gedeckt tun können, die Ablenkung der öffentlickjcn Meinung auf einen Gegenstand, um unge stört seine Ziele verfolgen zu können. Die Matadoren des Evangelischen Bundes arbeiten nach diesem Rezepte. Aller dings ist ihre Diplomatie durchsichtig, sie steckt zu sehr den Pferdefuß heraus. Im Namen der Protestanten wurde die Protestbewegung arrangiert, man gab vor, einen Schimpf abwaschen zu müssen, der vom Papste aus der „deutschen Nation" zugefügt wurde; dabei besorgt mau die Geschäfte der Nationalliberalen, sucht den Konservativen Abbruch zu tun und dem Zentrum die Schuld für die Enzyklika aufzu- bllrden. Ten Papst läßt man jetzt möglichst aus dein Spiele. Mau kann nicht wohl von ihm verlangen, daß er über die Alpen komme und in Zwickau den Gang nach Canossa an trete, nachdem der heilige Vater der preußischen Regierung in einer Note das tiefe Bedauern über die falsche Aus legung der beanstandeten Worte in der Enzyklika und die dadurch hervorgerufene Erregung unter den Nichtkatholike» Deutschlands zum Ausdrucke gebracht hat. In der über wiegenden Mehrzahl der gegnerischen Blätter wird aner kannt, daß mit diesem Entgegenkommen der Vatikan alles getan hat, was billigcrweise von ihm erwartet werden konnte. Ein Teil der liberalen Presse aber erklärt sich für durchaus unbefriedigt; eS sind dieselben Blätter, die in den Tagen, da die diplomatischen Verhandlungen noch schweb ten, mit nimmermüdem Eifer ihre Leser in eine gewaltige Entrüstung hineinzutreiben suchten, indem sic versicherte», laß die Kurie augenscheinlich den Frieden nicht wolle. Die „Tagt. Rundschau" hält an ihrer Behauptung fest, daß „di' Unterhaltung einer preußischen Gesandtschaft beim Vatikan sinnlos und schädlich ist und die amtliche Förderung eine ungeheure Unwahrhaftigkeit bedeutet". Es hat den An schein, daß die Hetze in der liberalen und evangelibündleri- scheu Presse mit unvermindertem Eifer weitergehen soll, und man kann sich kaum darüber wundern, denn lange haben diese Leute nicht mehr ein so zugkräftiges Hetzmittel gehabt. Um aber auf alle Fälle für die fernere Beunruhigung der Protestanten Vorsorge zu treffen, geht die Kannegießerei in den liberalen Blättern los. Nun wird die Meinung ins Volk geworfen, daß die Enzyklika nicht in Spanien oder Italien, sondern in Deutschland selbst entstanden sei und zwar macht man hierfür „direkt oder indirekt die Gruppe Roeren verantwortlich". Das Rundschreiben sei in München entstanden unter Mitwirkung der sogenannten Berliner Richtung. Nunzius Frühwirt sei der Mittelmann zivischeu den Zentrumsbrüderu und dem Vatikan gewesen. Daß diese Verdächtigungen von Anfang bis zu Ende erfunden sind, wissen wir Katholiken; aber in das Herz der Pro testanten setzt sich der Zweifel fest. Das ist beabsichtigt. „Tie gute Lehre von der Geschuht': trau dem Zentrum nicht." Diese Kannegießerei ist nun bis auf weiteres den deutschen Philistern überlassen; der Romhaß wird ans das Zentrum übertragen. Wäre das Zentrum wirklich der böse Bube, der absicht lich deu Zankapfel unter die Deutschen geworfen hätte, dann würde es nicht zögern, die Früchte seiner Tat ernten zu wollen. Tie 22 Millionen deutscher Katholiken würden sich > zu elementarer Gegenbewcgung erheben, welche die Neber- griffe des kuror jirotestuutieuk- in die Schranken verweisen und in Massenkundgebungen, worin nach dem Zeugnis der ! Gegner die Katholiken eine besondere Fertigkeit entwickeln j sollen, gegen die antinationale Wirkung von Wutausbrüchen i Protest cinlegen. Aber solche Proteste würden nicht von l MO männlichen und weiblichen Besuchern, sondern in Ver sammlungen von 10 000 bis 20 000 Männern beschlossen. Ans Friedensliebe unterlassen die Katholiken solche Gegen- knndgebi'ngen. Sie lassen über sich die gemeinsten Beschimp fungen ergehen: sie lassen Papst und Kirche lästern und ver höhnen und schweigen — sie schweigen, weil sie sich bewußt sind, nicht den leisesten Anlaß zu den Wutausbrüchen ge boten zu haben. Diese fast unbegreifliche Zurückhaltung aus Liebe zum Frieden zeugt von der hohen staatsmänni- schcn Führung, unter der die Katholiken stehen. Ein Auf ruf zur Gegenwehr — und das reich organisierte katbolische Leben strömte herbei, um Genugtuung für die Beleidigun gen und Schmähungen des Evangelischen Bundes zu for dern. Vielleicht haben das >"-> Drahtzieher erwartet, viel leicht wurmt sie die eisige Ruhe und die Geringschätzung, womit die Störer des konfessionellen Friedens vergebens versuchen, mit ihrem Flederwisch den katholischen Bruder ans seiner Reserve zu locke». Tie deutschen Katholiken sind zu gewissenhaft, um die Verantwortung für alle Folgen auf sich zu laden; daher dulden sie aus Liebe zum deutschen Vaterlande. Sie dulden es sogar, wenn die Redner in Dresden sich die Fre—iheit Herausnahmen, im „Namen der gesamten deutschen Nation" z» Zum deutschen Volke gehören zu den 22 Millionen deutschen Katholiken auch die 10 Millionen katholischer Stammesbrüder Oesterreichs. Wir verbitten cs uns also, daß die Protestan ten im Namen deS „deutschen Volkes" sprechen. Unsere ein heitlich geschlossene Konfession diktiert uns eine berechtigte Selbstachtung. Tie .Katholiken würden sich ganz energisch dagegen wehren, wollten sich Männer an die Spitze einer konfessionellen Protestbewegung gegen die Protestanten setzen, die mit der Gottheit Jesu Christi und mit jedem posi tiven Christentum anfgeränmt haben; diese sind aber gerade bei der Protestbewegung im protestantischen Lager die lau testen Nufer im Streite. Ein Vergleich ist oft nützlich. Ans der einen Seite der verehrungswürdige Greis auf dem Stuhle Petri, dem nichts ferner liegt, als de» Frieden zu stören und andere zu belei digen, der erst neulich das deutsche Volk und seinen Kaiser lobte und sich znm wärmsten Freund des konfessionellen Friedens bekannte — auf der anderen Seite die haßerfüll ten Führer des Evangelischen Bundes, welche in der Hetze und dem Schüren des Unfriedens ihre Aufgabe sehen. Was der Papst geschrieben hat, ist historisch und liegt -100 Jahre zurück: der Papst erklärt selbst, daß ihm jede Beleidigung der protestantischen Deutschen fernlag. Was aber der Evangelische Bund in seinen Flugschriften schreibt, beleidigt die jetzt lebenden Katholiken und ihre Kirche. Eine Be leidigung hört auf Beleidigung zu sein, sobald der Wahr heitsbeweis geliefert wird. Und den hat die historische Wissenschaft schon längst über viele derer, die an der Spitze der verschiedenen Glaubensnenernngen der verschiedenen Länder standen, geliefert. Ter Evangelische Bund aber er bringt keine Beweise für seine Behauptungen. Wir haben in Nr. 128 einige Beschimpfungen der Katholiken aufge zählt. Ter Evangelische Bund spricht uns das Christentum ab. hält »ns für sittlich minderwertig, bezeichnet den Papst als einen Antichrist u. a. m. Tie Katholiken ertragen die nnwahren Beleidigungen aus Liebe znm Frieden; der Evan gelische Bund aber stellt durch die Worte des Papstes sich als beleidigt hin. Daß nach der authentischen Interpretation der Kurie der Enzyklika jede Absicht einer Kränkung der deutschen Evangelischen ferngelcgen ist, ficht natürlich die Hetzer wenig an; wenn sie es mit der Wahrheit ganz genau nehme» wollten, würden ja ihre Geschäfte niemals blühen können. Aeber die Ausstellung kirchlicher Kunst gegenstände aus Anlah des 200jährlgen Jubiläums der kath. Gemeinde Leipzigs. „Gottes Enkelin" nennt Dante die Kunst (Inf. 11, 105), und schön sagt Platen: „Nicht allein der Glaube ist es, der die Welt besiegen lehrt, wißt, daß auch die Kunst in Flam men das Vergängliche verzehrt." Darum durfte man es auch als eine überaus glückliche Idee begrüßen, daß mit der 200jährigen Jubelfeier der katholischen Gemeinde Leip zigs eine Ausstellung kirchlicher Kunstgegenstände verbunden wurde. Ter Schöpfer dieser Idee, sowie der Veranstalter der Ausstellung war der Herr Privatdozent Tr. I. Strieder, der schon durch die Uebernahme der Festrede sich die Ge meinde zu größtem Danke verpflichtet hatte. Das Konferenzzimmer im Erdgeschoß des Pfarrhauses Nudolfstraße 3 war unter der Mitwirkung des Herrn Kir- chcnmalers Hinrichs, der auf die Intentionen des Herrn Dr. Strieder verständnisvoll einzugehen wußte, in einen kleinen Kunstsalon umgewandelt worden. Die Stofftapete, mit der das ganze Zimmer ausgcschlagen war, brachte mit ihrem passenden Farbenton die Kunstgegenstände zu voller Wirkung. Und die zahlreichen Blattpflanzen, die an den Wänden entlang am Fußboden Aufstellung gefunden hatten, «rhöhten den Gesamteindruck ganz wesentlich. Gleich beim Eintritt fallen uns die schönen Meßgewän. der in die Augen, die den Aufschwung des modernen Kunst gewerbes deutlich'erkennen lassen. An der gegenüberliegen den Wand erblicken wir das Porträt des hochwürdigen Herrn Superiors und Pfarrers H. Schmittmann in der trefflichen Ausführung eines Düsseldorfer Künstlers. Ihm als einem Freunde »nd Förderer der Kunst waren die Gegenstände, auf die er jetzt so freundlich herniederschaut, recht ans Herz gewachsen. h Auf dem breiten gedeckten Tische in der Mitte des Zimmers haben die kostbaren goldenen und silbernen Ge fäße, Kreuze und dergleichen, sowie das Geschenk der katho lischen Gemeinde Leipzigs an den hochw. Herrn Prälaten Juhr, ein prachtvolles Meßbuch, Platz gefunden. In lie benswürdiger Weise und mit unermüdlicher Ausdauer unterzieht sich der Herr Dr. Strieder der wichtigen Auf gabe der Führung durch die Ausstellung. Unter seinem er klärenden Worte werden uns die Kunstgegenstände lieb und teuer, und wir lernen ihren Wert erkennen und freuen uns. daß die St. Trinitatiskirche solche Schätze besitzt. Hören wir, was unser kunstsinniger Führer über die bedeutendsten Werke der Ausstellung uns berichtet. Zunächst macht er uns darauf aufmerksam, daß auch Cornelius Gur litt dieselben in seiner „Beschreibenden Darstellung der älte ren Bau- und Kunstdenkmäler der Stadt Leipzig" rühmend erwähnt und sie zum Teil in Illustrationen wiedergibt. „Ter Preis unter allen Gegenständen," so führt er weiter aus, „gebührt unstreitig dem silbervcrgoldeten Kelche in der Mitte des Tisches. Dieses Prachtstück van 28 Zentimeter Höhe und 17,6 Zentimeter Fußbreite stammt aus dem Jahre 1616 und ist unzweifelhaft eine Pariser Arbeit, wie die seit zirka 1500 eingeführte Jahresmarke erkennen läßt. Der Fuß ist als ein Zwölfpaß gebildet. Auf den Paßblät- tern wechseln getriebene Engclsköpfe und Blumen mitein ander ab. Auf dem oberen Teile des Fußes sind drei Her men in flachem Relief, die ihn in drei Felder teilen. Darauf befinden sich die folgenden Reliefs: Christus vor Pilatus, Christus vor dem Hohenpriester und die Geißelung. Auf dem kräftigen Knaufe des Stieles sind die Marterwerkzeuge sichtbar, getrieben in Ornament. Der untere Teil des Kel ches ist durch Nelicfsäulchen in vier Felder geteilt, lieber alle diese erstreckt sich eine Reliefdarstellung des heiligen Abendmahles. Ter obere Teil des Kelches ist glatt. Im Fuße lesen wir die Inschrift: Ornta pro ll'. Patio cko I.NMOIO Iloktoro tlurol. pi ovineinli prnneina. 1616. Ter Wert dieses herrlichen Kelches, der schon mehrfach Kunstausstellungen geziert, wird auf 15 000 Mark geschätzt. Die silbervergoldete Patene hier gehört zum Kelch von 1616. Ihr Durchmesser beträgt 18 Zentimeter. Auf der Oberseite glatt, zeigt sie auf der Unterseite ein Relief voll 0,8 Zentimeter Durchmesser. Die Ausgießung des heiligen Geistes auf die Jungfrau und Johannes, die auf einem Throne sitzen, und auf die umstehenden elf Apostel. Schön ist auch die nebenstehende Monstranz ans Silber und teil weise vergoldet, mit Edelsteinen, eine Arbeit aus dem Ende des 17, Jahrhunderts in kräftige» und reichen Formen. Reizvoll präsentiert sich uns hier dieses silberne Meßgerät: ein Teller mit zwei Kannen, teilweise vergoldet. Eine treff liche Arbeit haben wir auch in dem silbernen und vergoldeten Kelche, der die Inschrist trägt: Wolfs Marche Königl. Polh. Chnrff. Sächs. Ge». Major u. Coniond. der Vestung Pleissen- burg. 1738. Hübsche Formen aus dem endenden 18. Jahr hundert weisen auch das Rauchfaß und das dazu gehörige Weihrauchschiff auf. Dieser Neliguienbchälter ist ein Go