Plakat zur Ankündigung eines Konzerts des Leipziger Synagogalchores in Zabrze am 3.10.2008.
Plakat zur Ankündigung eines Konzerts des Leipziger Synagogalchores in Zabrze am 3.10.2008.

Der Leipziger Synagogalchor ist ein Unikat in der deutschen Musikgeschichte. 1962 wurde er von dem jüdischen Kantor Werner Sander (1902‒1972) gegründet, um die nach der Schoa nur noch in wenigen Quellen überlieferte Chormusik der liberalen Synagogentradition wieder aufführen zu können. Gleichzeitig begann Sander, jiddische und hebräische Lieder für gemischten Chor zu arrangieren. Der von Beginn an aus nichtjüdischen Sänger*innen bestehende Laienchor, der bis zur Wende unter der Trägerschaft des Verbandes der jüdischen Gemeinden in der DDR stand, eroberte sich in den zwei deutschen politischen Systemen einen festen, doch mit seinem besonderen Repertoire und seiner Botschafterfunktion ganz und gar nicht alltäglichen Platz in der Chorlandschaft. Nach Sanders Tod entwickelte sich das Ensemble unter der Leitung von Kammersänger Helmut Klotz und ab 2012 unter der Leitung von Ludwig Böhme zu einem national und international angesehenen Konzertchor. Seit September 2022 hat Philipp Goldmann die Leitung inne. Die Bedeutung und Anerkennung des Ensembles spiegelt sich auch in den institutionellen Förderungen durch den Freistaat Sachsen und das Kulturamt der Stadt Leipzig wider. 2017 wurde das Ensemble mit dem Obermayer German Jewish History Award geehrt. Auf Initiative des Chores wurde die „Revitalisierung synagogaler Chormusik des 19. und 20. Jahrhunderts Mittel- und Osteuropas“ 2020 als gutes Praxisbeispiel in das Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes eingetragen.

Das umfangreiche Chorarchiv dokumentiert die ungewöhnliche Geschichte des Leipziger Synagogalchores. Die digitalisierte Sammlung umfasst über 700 Plakate, Programme und Flyer ab dem Jahr 1963. Eine Auswertung des vollständigen Archivmaterials inkl. Konzertanzeigen und Rezensionen kann in der Aufführungsdatenbank musiconn.performance recherchiert werden. Beide Projekte bieten eine Forschungsgrundlage zur Darstellung der Pflege jüdischer Musik in der DDR sowie in Deutschland nach 1990.