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»t „Weißeritz. Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. LS Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummer« K Pfg. — All« Postan- «alten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Wchentz -ZeitW. Amtsblatt Inserate, welch« bei der bedeutenden Auflage d«< Blattes eine sehr wirk same Verbreitung^ finden, «erden mit 1V Pfg. di« Spaltenzeile oder Veren Raum berechnet. — Ta bellarische und domplicirte Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Singe« sandt, ,m räattionellen »heile, die Spaltenzeile 20 Pf» für die Königliche Kmishauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Verantwortlicher Redacteur: Carl Irhnt in Dippoldiswalde. Nr. 112. Dienstag, den 28. September 1886. 52. Jahrgang. Die Verlängerung -es deutsch-spanischen Handelsvertrages. Es ist ein eigenthümliches Zusammentreffen, daß der die Verlängerung des Handelsvertrages mit Spanien aussprechende Gesetzentwurf vom Reichstage an dem- selbe Tage definitiv genehmigt wurde, an welchem aus Madrid die ersten Nachrichten über den daselbst statt gefundenen Militärputsch einliefen. Wohl nichts be weist schlagender die Nothwendigkeit, den Reichstag zu dem genannten Zwecke zu einer außerordentlichen Session einzuberufen, als die aus der spanischen Haupt stadt eingegangenen, zugleich überraschenden und be unruhigenden Meldungen, denn sie führen wieder ein mal die Unsicherheit der politischen Zustände jenseits der Pyrenäen in deutlicher Weise vor Augen und weisen zugleich darauf hin, wie nothwendig es dem gegenüber erscheint, sich in Bezug auf Verträge mit Spanien möglichst zu schützen. Es ist nicht nur seitens der prosessionsmäßigen Oppositionsblätter, sondern selbst von regierungsfreundlichen Preßorganen die Ein berufung des Reichstages zu einer so ungewöhnlichen Zeit, lediglich um den spanischen Handelsvertrag gut- zuheißen und nur wenige Wochen vor Eröffnung der ordentlichen Session, viel bekrittelt worden. Man witterte alles Mögliche hinter dieser unerwarteten Maß regel und namentlich gewisse freisinnige und klerikale Blätter wollten sich durchaus nicht einreden lassen, daß die Reichsregierung nur durch zwingende, sachliche Gründe hierzu veranlaßt worden sei. Nun, jetzt weiß man, warum der Negierung die schleunigste Erledigung des Vertrages in der vorgeschriebenen verfassungs mäßigen Weise, also unter Mitwirkung des Bundes- rathes und des Parlamants, so sehr am Herzen lag: die Reichsregierung hatte sichere Informationen über Anzeichen innerer Gährung in Spanien und betrachtete daher den wichtigen Vertrag mit diesem Lande als bedroht, so daß sie wünschte, denselben durch schleunigste Ratifikation in Sicherheit zu bringen. Das war des Pudels Kern und wenn die Regierung ihr „Geheimniß" nicht auskramte, so lag dies einfach daran, daß sie jenes Motiv doch nicht offiziell angeben konnte, ohne das Madrider Kabinet schwer zu beleidigen. Der ganze Vorgang lehrt zugleich, wie unendlich klein und kleinlich die Opposition gegen die auswärtige Politik unseres leitenden Staatsmannes dasteht. Es geht aus ihm wieder einmal klar hervor, daß Fürst Bismarck in der Thal vortrefflich über Alles, was sich im Aus lande ereignet, unterrichtet ist und demgemäß seine Entschließungen trifft und daß sie da öfters den Cha rakter des Unerwarteten, Ueberraschenden, ja Befremd lichen tragen, liegt in Anbetracht der obwaltenden Ver hältnisse auf der Hand. Jedenfalls kann Deutschland seinem leitenden Staatsmanne nur Dank wissen, daß er auch jetzt wieder seinen scharfen politischen Blick bewährt und eine Angelegenheit, welche, wie die Ver längerung des Handelsvertrages mit Spanien, für die deutschen gewerblichen und industriellen Kreise, von größter Wichtigkeit ist, angesichts der nun in einen so nahen Gesichtskreis gerückten Möglichkeit neuer innerer Umwälzungen in Spanien so rasch und energisch durch geführt hat. Inzwischen ist, nach einer in der Mon tagssitzung des Bundesrathes vom Vorsitzenden gemachten Mtttheilung, der vom Parlamente genehmigte Vertrag sofort dem Kaiser zur Ratifikation zugegangen und dürfte dieselbe zur Stunde wohl erfolgt und somit die Sicherung des Vertrages deutscherseits eine vollständige geworden sein und mit einiger Ruhe kann nun die deutsche Industrie den etwaigen weiteren Ereignissen in Spanien folgen. Selbst den schlimmsten Fall an genommen, nämlich daß dieselben einen Regierungs wechsel bringen würden, so läge für Deutschland noch immer kein Grund zu einer besonderen Beunruhigung vor, denn auch eine neue spanische Regierung könnte sich nicht ohne Weiteres ihren internationalen Ver pflichtungen entziehen. Vorläufig ist indessen das Ministerium Sagasta der jüngsten republikanischen Schilderhebung rasch Herr geworden und darf man deshalb hoffen, daß dieselbe keine weiteren Folgen für die alfonsistische Dynastie in Spanien haben werde. -Lokales «nd Sächsisches. Dippoldiswalde, 27. September. Am vorigen Freitag fand die von Herrn Bezirksschulinspektor Mus- Hacke mit den Lehrern des VIII. Schulaufsichtsbezirks abgehaltene Hauptkonferenz im Saale des hiesigen Rathhauses statt. Es war der größte Theil der Lehrer erschienen; auch einige Gäste, unter denen wir die Herren Amtshauptmann von Keßinger, Amtsrichter Klemm, Brandversicherungs-Inspektor Treitschke, ?. Hoffmann-Reinhardtsgrimma bemerkten» nahmen an den Vorträgen theil. Nach einem gemeinschaftlichen Eröffnungsgesange hielt zunächst der Herr Vorsitzende eine zündende Ansprache, in welcher er ausführte, wie ohne Ideale kein Wirken, am wenigsten das des Lehrers gedeihen könne. Nur mit einer idealen Gesinnung erkenne er das Ziel seiner Arbeit (Charakterstärke der Sittlichkeit), finde er den Weg, der dazu führt (die Methode) und gewinne er die rechte Befähigung zur Regierung (Erziehung) der Jugend. — Hierauf hielt Herr Lehrer Fleischer-Oberfrauendorf einen sehr faßlich gearbeiteten, an praktischen Winken reichen Vortrag über ein zwar schon vielfach behandeltes, aber darum nicht weniger wichtiges Schema: „Ueber Schulfibeln", deren eine Anzahl zur Ansicht vorlagen. Wegen vor gerückter Zeit wurde der noch angekündigte Vortrag des Herrn Kirchschullehrers Brückner-Reichstädt: „Ueber die Nothwendigkeit der individuellen Behandlung der Kinder und die daraus sich ergebenden Forderungen an den Lehrer" von der Tagesordnung abgesetzt und darauf nach einigen geschäftlichen Mittheilungen die Konferenz mit Gesang geschloffen. An dem hierauf stattfindenden Mittagsessen betheiligten sich leider kaum die Hälfte der beim offiziellen Theile Anwesenden; nichtsdestoweniger war dasselbe heiter und an zahlreichen ernsten und launigen Trinksprüchen belebt. Eine kleine Anzahl der anwesenden Lehrer blieb noch bis zum Abend, um an dem im Gasthofe „zum goldenen Stern" stattfindenden Abonnement-Concert Theil zu nehmen. — Am Freitage veranstaltete Herr Gasthofsbesitzer Stephan „zum goldenen Stern" das erste der von ihm angekündigten Abonnements-Concerte. Die Mit wirkenden, Fräulein Schacko, königl. Hofopernsängerin, sowie die Herren Eichhorn (Violine) und Stenz (Cello), königl. Kammermusiker aus Dresden, führten unter Mitwirkung des Herrn Kantor Hellriegel, der die Klavierbegleitung übernommen hatte, ein gewähltes Programm mit bestem Erfolge durch, ließen sich auch zum Theil, veranlaßt durch reichlich gespendeten Bei fall, zu einer mit Dank aufgenommenen Zugabe be stimmen. Fräulein Schacko war am Programm außer mit der Pagenarie aus den „Hugenotten" noch mit 3 Liedern betheiligt in denen sie neben dem Reiz und Schmelz ihrer namentlich in der Höhe sehr angenehmen Stimme auch eine charakteristische Mimik um so mehr zur Geltung bringen konnte, als sie, ohne störendes Notenblatt, auswendig sang. Herr Eichhorn exzellirte als virtuoser Violinspieler, besonders in der „Taran tella" von Lauterbach und dem Adagio aus dem II. Violinconcert von Spohr, während Herr Stenz ganz besonders durch den schönen, großen, seelenvollen Ton, den er seinem Instrumente zu entlocken wußte, sich die Sympathien der Zuhörer erwarb. Die Klavierpartie, die namentlich in dem Haydn'schen Trio Nr. I in sehr umfänglicher Weise obligat auftrat, wurde von Herrn Kantor Hellriegel exakt und fein nüancirt gespielt. — Was den Besuch dieses ersten Concerts anlangt, so entsprach er den mit Recht gehegten Erwartungen keineswegs. Müssen wir bei allen solchen Unterneh mungen auf die Theilnahme und Mithilfe unserer Nachbarschaft auf dem Lande rechnen, so war es zu bedauern, daß Besucher des Concerts von auswärts nur in verschwindender Anzahl anwesend waren. Möchte das zweite Concert bessere Resultate bieten, sonst würde Herr Stephan leider genöthigt sein, von weiteren Ver anstaltungen in dieser Hinsicht abzusehen, und das würde doch im Interesse Aller, die eine gute Kammer musik zu schätzen wissen, lebhaft zu bedauern sein. — *Aus Anlaß des bevorstehenden Scheidens des Herrn Gerichtsschreibers Gruh le fand am vergangenen Sonnabend im hiesigen Rathhaus gemeinschaftliches Abendessen statt. Die zahlreiche Betheiligung an dem selben nicht allein feiten des Amtspersonals, sondern auch mehrerer anderer Beamten bekundete offenbar, wie meisterhaft der Genannte es verstanden hat, sich allseits beliebt zu machen und Freunde zu erwerben. Zur besonderen Ehre und Freude aber gereichte es der Versammlung, daß auch Herr Amtsrichter Klemm, der hochverehrte Chef des Königl. Amtsgerichts, er gangener Einladung gütige Folge gab und durch sein persönliches Erscheinen sowohl, wie auch durch huld volle, an den Scheidenden gerichtete Worte der in animirtester Stimmung für die Theilnehmer verlaufenen Feier entsprechende Weihe verlieh. — Die von feiten der 3 Inspektoren des Feuer wehrbezirksverbandes der Amtshauptmannschaft Dip poldiswalde am gestrigen Sonntag vorgenommenen Inspektion der Feuerwehren von Naundorf und Lauenstein konnte, was die Löschmaschinen anlangt, keine vollständig abschließende sein, da sich herausstellte, I daß die neuangeschafflen Instrumente erst noch weiter vervollständigt werden müssen, bevor mit denselben geprüft werden kann. Die Fußexerzitien und sonstigen Manöver gelangen bei beiden Feuerwehren sehr gut. — Das gestrige Ab turn en unseres Turnvereins mußte, da es die Nacht vorher stark geregnet hatte, und der Turnplatz noch zu naß war, in der Turnhalle abgehalten werden. Freilich war dadurch die Theil nahme des Publikums wesentlich beschränkt, wenn auch auf der Tribüne noch mehr Zuschauer Platz gehabt hätten. An dem Zuge, der um 3 Uhr mit Fahne und Musik vom Markt in die Turnhalle abging, be theiligten sich auch Gäste aus Großölsa, Hainsberg, Lock witz, Lungkwitz und Rabenau. Die Freiübungen wurden unter Herrn Eidners Leitung von 70 Mann ausgeführt und sodann noch vom hiesigen Vereine ein ansprechen der, sehr einfacher, aber exakt ausgeführter Aufmarsch gezeigt, der den Beifall der fremden Turner in hohem Grade gewann. Das Riegen- und Kürturnen, sowie ein paar zum Schluß ausgeführte Turnspiele zeigten von dem Eifer und der Lust, mit der bei uns das Turnen selbst von älteren Leuten gepflegt wird. Nach 5 Uhr ging der Zug wieder nach dem Markte zurück. Um 8 Uhr begann im Saale des Gasthofs „zum gol denen Stern" der übliche Ball. Der Saal war mit Guirlanden und Birkenstämmchen, die bereits in einzelnen gelben Blättern die Spuren des Herbstes zeigten, so wie mit der Kolossalbüste des „Turnvaters Jahn" und mit turnerischen Sprüchen sehr hübsch dekorirt, erhielt seine schönste Zierde aber durch den Kranz junger Damen, die sich lustig im Tanzreigen bewegten. Wenn, wie bei uns in anhaltendem Eifer der Turnarbeit obgelegen wird, dann ist eine solche Festepisode gewiß berechtigt und von Werth. „Gut Heil" zum Winter halbjahr. — Ueber die Lessing'sche Gruft an der Gottes ackerkirche, siehe die Notiz in voriger Nummer, werden wir einen längeren interessanten Artikel in nächster Nummer bringen. — Die hiesige Sparkasse hat sich, dem Zeitlaufe Rechnung tragens, genöthigt gesehen, den Zinsfuß für Einlagen von Neujahr ab von 3«/>o auf 3>/, > herabzusetzen. — Bei der am 25. September vorgenommenen Geschworenen-Ausloosung für das kgl. Schwurgericht Dresden ist aus den Amtsgerichtsbezirken Altenberg und Lauenstein Niemand ausgeloost worden.