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Nr. 25 Weißerih-Zeitung Freitag. Erscheint Dienstags Midi 8"itagS. Zu beziehen durch alle Postanstal- »en. Preis pro Quart. lONgr: ' 28. M-y 18SS. ««rdenuMts 8 Pfg- Dr dir Zeile berechnet H und in alle«, Expeditionen angenommen. Ein unterhaltendes Wochenblatt für den Bürger und Landmann. Verantwortlicher Redacteur: Carl Ich ne in Dippoldiswalde. Tagesgeschichte. Dippoldiswalde. Ostern, die ursprüngliche Grenze zwischen der kalten und warmen Jahreszeit, ist über schritten. Vorüber ist deS Winters Herrschaft mit seinen Freuden und Leiben. Verklungen sind die letzten Walzermelodien, verrauscht der letzte fröhliche Ball; schon lange auch schweigt bas Schellengeläute auf den Straßen; — die Freuden, die. der Winter spendet, sind vorbei. Vorbei aber auch des Armen Klage, wenn ihn Frost und Hunger drückte; deS fremden Wanderers Bangen, wenn er durch . Schnee und Sturm weiter ziehen sollte. ES ist Frühling worden! VaS verkünden die zurückkehrenden Vögel in 'der Luft und auf den Zweigen, aus denen sie mit ihrem Gesänge die Knospen hervorlocken möchten. Bald ist der Kampf entschieden; der rauhe Nord, der nur in nächtlicher Stunde noch erscheint, um daS erwachende Leben zurückzudrängen, wird bald dem Sonnenscheine und dem warmen LebenS- hauche weichen müssen. Mögen mit dem letzten Winter froste auch die letzten Sorgen von dannen ziehen und mit den hervorbrechenben Knospen und Blüihen neue Hoffnungen und Freuden in alle Herzen und Häuser wiederkehren! Die ernsten, stillen Tage, welche dem Feste des erstandenen Christ vorangehen, enthielten eine beson dere Weihe bei uns dadurch, daß in der Stunde, die an den sterbenden Christus erinnert, „die sieben Worte deS Erlösers am Kreuze" in hiesiger Stadtkirche zur Aufführung gebracht wurden. DaS Musikstück selbst, ein Passionsoratorium von Joseph Haydn, war in seiner feierlich-ernsten Haltung besonders geeignet, dep großen Tag, den Charfreitag, feiern zu helfen. Schon seit Jahren gebührt dem Liederkranz zu Dippoldiswalde, und ganz besonders seinem Director, Herrn Rector Nadler, das Verdienst, jedes Mal an diesem Tage ein derartiges Werk der Tonkunst zu Ge hör gebracht zu haben. DaS diesmalige Oratorium, obwohl eS theilweise ein tieferes Verständniß voraus setzte, alö bas im vorigen Jahre aufgeführte von Schicht („das Ende des Gerechtes"), hatte bei den zahlreich versammelten Zuhörern den vortheilhaftesten Eindruck hervorgebracht. Die Anerkennung, welche darin für die Aufführenden liegt, muß um so mehr als eine Aufmunterung zu ähnlichen Unternehmungen angesehen werden, als gerade im Gegentheil die kärg lichen Eintrittsgelder auf nichts weniger alö auf Dank barkeit deS Publikums schließen lassen. Von der Ein nahme von 28 Thalern (und 5 Thlr. für verkaufte Texte) wird daher für den tingekündigten Zweck (Unter stützung! sächsischer Lehrerweisen) kaum etwas Erheb liches übrigbleiben. Hoffen wir, daß man auch, in dieser Weise die Uneigennützigkeit der Unternehmer künftig würdiger belohnen und diese damit zu neuen Bemühungen im Interesse aller Musikfreunde ermun tern werde. Dippoldiswalde. Die Nachricht von dem fürch terlichen Bran dun glücke, welches daS arme Eibey- stock am 19. März betroffen hat, ist dem größtenTheÜe der Leser d. Bl. durch ein Extrablatt gemeldet worden. Wir geben hier folgend eine, dem „Dr. I." entnom mene, Schilderung des Unglücks, der grenzenlosen Ver wirrung und verzweifelnden Elends, daS in dem so schwer heimgesuchten Eibenstock herrscht. Den 19. März halb 12 Uhr brach in dem Hause deS Fuhrmanns Flach in dem Bachviertel Feuer auS, und ehe noch Hilfe möglich, stand dasselbe in Folge des heftigen Windes, der leichten Bauart und der an haltenden Trockenheit in vollen Flammen. Bald brannte das Nachbarhaus, und ehe man sich'S versah, loderte die Flamme von 10 andern Häuiern zum Himmel empor. Mit jedem vom Feuer neucrgriffenen Gebäude steigerte die Flammengluth und ein wahres Feuermeer wälzte sich im Thale fort, Alles ergreifend, Alles ver nichtend, was ihr im Wege stand. Rettung war un möglich geworden, und Jeder, der herzueilte, mußte deS Augenblicks gewärtig sein, der' sein Eigenthum unter Schutt und Trümmer begrub. So raste daS wüthende Element fort, 10, 20 Häuser überspringend und wieder nachholend, wäs verschont geblieben war. In weniger alö einer halben Stunde brannte es an 40 Orten und in kaum einer Stunde standen über hundert Häuser in vollen Flammen oder waren bereits in Schult und Trümmer gesunken. Alles flüchtete, um daS nackte Leben zu retten, händeringend und ver zweifelnd die Vermißten zu suchen. Ein schauderer regender, gräßlicher Anblick! Wie gewaltig dir Gluth war, kann mau daraus ersehen, baß grüne Stämme und.Klötze, die nicht im Feuer, sondern bloS in der Luftströmung lagen, halb verkokll und 4—500 Schritt unterhalb des Brandes alles Gcaö und Strauchwerk gänzlich versengt und alles Holzwerk, auch in Heu massivsten Häusern, total verzehrt ist. Hätte man an einzelnen Orten noch retten können, so fehlte eS an Wasser und vor Allem an Feuerhaken. Eine sehr be deutende Anzahl Spritzen waren bald an Ort und Stelle, allein sie mußten bald zurückgezogen werden, um nicht zu verbrennen. Groß, sehr groß waren die Anstrengungen, einzelne Gebäude zu retten — eS war nicht möglich, und so brannte das ganze Bach- und Rämerviettel nieder, 115 biß 122 Häuser, mit den Hinter- und Nebengebäuden gegen 200 Brändstellen, und gegen 2000 Menschen sind obdachlos, haben Alles,