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Ungarn und Deulfchland Der Besuch des ungarischen Ministerpräsidenten in Deutschland Graf Bethlen in Berlin Berlin. 22. November. Ter nngarische Ministerpräsident Gras Bethlen nnd Gei>mhlin irasen hente vormittag mit dem fahrplanmäßigen Zuge 8.54 Uhr in Berlin ein. Zn ihrem Empsang hatten sich am Anhaller Bahnhof Reichskanzler Dr. Brüning, Reichs- außenministcr Dr. Curtins. die Staatssekretäre Dr. Pün- der und v. Bulow. der deutsche Gesandte in Budapest Dr. v. Schoen und seine Gattin. Ministerialdirektor Dr. Köpüe, der Cdes des Protokolls Gras Tattenbach und eine Anzahl anderer Herren des Answärligen Amtes einpesunde». Der ungaris Hs Gesandte von Kanpa war niit dem gcsamien Personal der Ge sandtschaft zur Begrüßung seines Regierungschefs erschienen, der sich mit dem Staatssekretär im Außenministerium Gras Klinen-Hedcrvary und den anderen Herren seines Gefolges zu nächst nach dem Hotel begab. Budapest, 22. November. Zu dem Besuch des Grase» Bethlen in Berlin schreibt der Pesler Llopd un Leitartikel u. a.: Die herzlichen Willkommens- grüße. die dem Grafen Bethlen aus der deutschen Presse ent- geg-enlönen. sind für die ösfentliche Meinung Ungarns ein mit freudiger Genugtuung aufgenommener Beweis dafür, das; auch die Ungarn befreundete große deutsche Nation sich restlos dem herzlichem Empfang anschließt, den ihre Regierung dem leiten den ringarischen Staatsmann auf deutschem Boden bereitet. tUeide Nationen sind von der Ueberzeugung durchdrungen, daß sich ein friedlicher Weg zum Ausgleich der Lcbenscrfordernisso der Ballier finden müsse. Auch hinsichtlich der Friedensremsion lausen die deutsche,, und die ungarischen Interessen parallel zu einander »nd dieser Umstand ist es. der die bisher schon be stehende Freundschaft noch enger knüpfen muß. Die Unterhandlungen, die Graf Bethlen in Berlin führen wird, werden gewiß die volle Ueberoinstimmung in diesem Leit gedanken der beiderseitigen Politik abermals zntagetreten lassen und sie für die Zukunft noch mehr festige». Wir glauben zuversichtlich, erwarten zu dürfen, daß der hier ivie dort vor handene ansrichtige Wille zur Regelung der gegenseitigen wirtschaftlichen Beziehungen aus diesen Bespre chungen den Impuls zu einer erfolgreichen Lösung der deutsch- ungarischen Wirtschafts-Probleme gewinnen werde. Gegensätze, für die keine Ueberbrüekung gesunden werden könnte, sind zwi schen den beiden Völkern nicht vorhanden und so wird sich der Weg zur Verständigung sicherlich finden lassen. Das Blatt gibt znm Schluß der Hoffnung und dem Wunsch Ausdruck, daß der Besuch des Grafe» Bethlen in Berlin dazu beitragen werde, die felsenfeste Freundschaft und Schicksalsgemeinschalt zwischen dem deutschen und dem ungarischen Bolk auch »och durch ei» Verständigungswerk auf wirtschaftlichem Gebiet glücklich zu ergänzen. Graf Bethlen wird bis Montagabend in Berlin bleiben. Für diese drei Tage sind Empfänge bei», Reichspräsi denten und Reichskanzler, ferner Besichtigung mehrerer Museen, des Collegium Hungaricum und des Flughafens Tempelhof vor gesehen. Das endgültige Ergebnis der Sejmwahten Warschau, 22. November. Die Bezirkswahlansschiisse haben ihre Arbeit beendet. Demnach stellt sich nun das end gültige Ergebnis der Sejmwahlen folgendermaßen dar: Regiernngsblock 249 Sitze. Nationaldemokralen 69. Sozia listen 21. Ukrainer 21. Bauernpartei 18. Wpzwolenie 16. Piast 16. Chr. Demokraten 1-1. nationale Arbeiterpartei 9, Juden 7, Deutsche 5 und Kommunisten 5 Sitze. Tie 6 Parteien der Zen- troliken haben also zusammen 80 Mandate errungen. Kein Militäraufstand in der Sowjetunion Moskau, 22. November. Die Telegraphenagentur der Sowjetunion veröffentlicht folgende Mitteilung: Die aus anti- sowjetrussischen Quellen stammenden phantastische» Gerüchte van angeblichen Attentaten aus Stalin. Militäransstäoden in verschiedenen Städten der Sowjetunion, von der Verhaftung bekannter Führer usw.. sind böswillige Erfindungen, die jeg licher Grundlage entbehren und lediglich daraus berechnet sind, die Aufmerksamkeit der öffentlichen 'Meinung von dem bevor stehenden Prozeß gegen die Gruppe Ramsin und andere Schäd linge abzulenken. SchneUzuq ftürzl in dre Loire Paris. 22. November. Gestern abend gegen 10.15 Uhr entgleiste der Schnellzug Paris—Nantes zwischen Oudon und Clermont infolge eines durch die Regengüsse der letzten Zeit und das Eindringen des Loircwasscrs verursachten Erdrutsches. Die Lokomotive stürzte in die Loire. Die beiden ersten Wagen legten sich auf die Seite und glitten ganz oder teilweise in den Fluß. Die übrigen Wogen sind mehr oder weniger stark beschädigt worden. Der Zugführer ist ertrunken, während der Heizer sich durch Ab springen rette» konnte. Man befürchtet. daß noch weitere Toie zu beklagen sind. Mehrere Reisetide sind verletzt. Ein Lazareltzug aus Nantes hat sich an die Unsallstelle begeben, um die Verletzten zu bergen. Ein Weichensteller aus Clermont. der den Erdrutsch be merkte. war dem Zuge entgegcngelaufen. um ihn durch Zeichen zum Stehen zu bringen und die Katastrophe zu vermeide». Es wurde von der Lokomotive des Schnellzuges ersaßt und zer malmt. so daß die von ihm beabsichtigte Warnung mißlang. Die Zahl der bei dein Zugunglück in der Nähe von Nantes ums Lebe,, gekommenen Personen läßt sich noch nicht mit Sicherheit feststclleu. Doch scheinen sich die erste» Befürchtun gen. daß viele Todesopfer zu beklagen seien, nicht zu bestätige». Der Präsekt des Departements Loire I»färicur, der sich a» die Unfallstellc begeben hatte, erklärte bei seiner Rückkehr, der Uii'all sei nick! so schwer, wie man anfänglich angenommen habe Nür der Lokomotivführer sei ums Leben gekommen. Was die Verletzten betreffe, so gebe ihr Befinden zu keinerlei Befürchtungen Anlaß. Oie Flugpiäne des Oo X Baris, 22. November. Havas berichtet aus Santander: Gerüchtweise verlautete, das; der Do X wegen des durch den Aufenthalt in den europäischen Gewässern verursachten Zeit verlustes nicht nach Amerika fliegen, sondern nur die Kanari schen Inseln und die Azoren anlnusen-und dann über Lissabon nach seinem Heimathafen zurückkehren werde. Die Mitglieder der Bejahung haben es abgelehnt, Journalisten, die sie hier über ' .'fragten, irgend welche Erklärungen zu geben. Nach einer bei der Marinepräfeklur des Hafens Ferreol eingetroffe nen Depesche soll Do X beabsichtigen, auch diesen Hafen anzu- laufen. Einschränkung der Karnevalsfeiern Verordnung des Kölner Regierungs präsidenten. Köln, 20. November. Der Regierungspräsident von Köln hat angcoronct, daß karnevalistische Sitzungen, Bälle und Treiben in össenilichen Lo kalen usw. grundsätzlich nur in der Zeit von vier Wochen vor Karnevnlssonnabend an, an den drei Karnevalstagcn selbst sowie am I I. November eines jeden Jahres. Silvester und Neujahr zu- gelasscn werden sollen. Die Zeit, in der karnevalistische Ver anstaltungen stattfinden können, beginnt also in diesem Win ter am 17. Januar. Die Ortspolizeibehürden sind aber ermächtigt worden, für alle bereits jetzt vorgesehenen und mit den Saal besitzern abgeschlossenen Festlichkeiten, insbesondere für die bereits jetzt feststehenden Veranstaltungen der Karncvalsgesellschasten, Ausnahmen für den Zeitraum vor Beginn der Karnevalszeit zu genehmigen. Dieselben Einschränkungen gelten sür den gesam ten Regierungsbezirk Köln. Die übrigen Regierungen der Nheinprovinz sowie die von Wiesbaden haben zugesagt, entsprechende Anordnungen zu treffen. Länder und Reichsbahn Versassungsstreit um die Verwaltungsratsstellen der Reichsbahn Leipzig, 22. November. Vor dem S t a a t s g e r i ch t s h o f für das Deutsche Reich begann heute unter dem Vorsitz des Reichsgerichtspräsidenten Dr. Bumke der Verfassungsstreit zwischen dem Deutschen Reich und de» Ländern Baden, Bagern, Sachsen und Württemberg wegen der Benennung von Mitgliedern des Verwaltungsrates der Deutschen Reichsbahngesellschaft. * Die Nachverhandlungen über den Schiedsspruch i», Ruhrbergbau sindet am 2 5. November in Berlin statt. Der Reichstag hat das Wort Tie Annahme des Neformprogram ms der Regierung Brüning im Reichsrat ist ein großer, eindrucksvoller Erfolg des Kanzlers. Roch bei Be ginn der Beratungen des Reichsrats war das übUche Unkenkonzert in der Presse nicht nur der Opposition, son dern mich der Regierungsparteien zu hören: ,.Es ist mit den größten Schwierigkeiten zu rechnen!" Schwierigkei ten waren vorhanden, aber sie sind überwunden worden. Binnen 14 Tagen, wie es der Kanzler gefordert hatte, hat der Reichsrat das gewaltige Gesetzgebungswerk ver abschiedet. Nunmehr steht die Autorität der Negierung und des Reichsrats hinter dem Resormvragramm Brü nings. Daß das Kabinett sich bei der Durchführung ^dieses Werkes ans die Autorität des Reichspräsidenten stützen kann, ist bekannt. Ter Reichstag ist nunmehr vor die Frage gestellt, ob er es wagen kann, sich über alle diese Autoritäten hinwegziisetzen. Wer weis; einen besseren Weg? In der kommenden Woche wird der Reichskanzler mit den Führern der Parteien auf Grund der Neicksrots- beschlüsse Besprechungen abhalten. Auch diese Bewre- chungen werden nach beide» Seiten geführt werden, allen Parteien (mit Ausnahme der Komiitunisteni wird der Kanzler vorher Gelegenheit geben, ihre Stellung- nahme zu dem Regierungsprogramin in vertraulicher Aussprache darzulegen und ihre Aenderliugswüiische be kanntzugeben. Tie Regierung bat wiederholt erklärt, daß sie sür solche Aenderungswüniche durchaus zugäng lich ist. wenn diese Aenderungen nicht die Haupt Uele ihres ganzen Planes: Sanierung der Fiiiunzen nnd Weaberei- tung des Preisabbaus gefährden. Es ist ja nichts verkehr ter und verlogener als die iinmer wiederkehrcnde Be hauptung. dieses Kabinett sei durch die Hilfsstellung die ihm kürzlich die Sozialdemokratie geleistet hat. endgültig nach der einen Seite festgelegt. Ter Regierung, die seiner zeit vom Reichspräsidenten ausdrücklich ohne Bindung an die Fraktionen berufen worden ist, ist es n i cb t u m eine P a r t e i k o n st e I l a t i o n. sondern um Teutschland zu tun. Sie wird jeden Vorschlag, der zur Erreichung des großen Ziels nützlich erscheint. a»f- greifen, gleichgültig, ob er von rechts oder von links kommt. Allerdings eine Bedingung wird die Regierung stellen: daß der Reichstag nicht noch bewährtem Brauch die Beratung des Reiarmprograinins verschleppt. Wie der Reichsrat innerhalb van 14 Tage» die Borlagen hat durcharbeiten müssen, so wird der Reichstag sich bis Ende Tezeinber schlüssig werden müssen, ab er das Re- farmprogramm annehmen will oder nicht Zn langem Zögern Hai Teutschland keine Zeit. Wenn nicht rasch ge handelt wird, dann setzt sich der wirtschaftliche Abstieg ständig weiter fort, greifen die Zahnräder: Steigen der Arbeitslosigkeit, Einengung des Arbeitsmarkts, wachsen der Stencransfall, steigende Eriverbslasenunterstüßung iinmer weiter ineinander, um Staat und Bolk in den Ab grund zu reißen. Sorgliche Gemüter befürchten schon jetzt für den Tag des Reichstagsbcginns, den 4. Tezeinber, ernste Unruhen. Tiefe Unruhen werden wohl ein Schreck gespenst bleiben — aber mit logischer Sicherheit m n ß es zu Unruhen kommen, wenn es nicht gelingt, auf dem Wege des Neformprogramms eine» Weg zur Besserung zu eröffnen. Nur wer einen besseren Weg zu weisen vermag, oder wer die Katastrophe w i l l. k a n n e s in i t s e i n e m G e w i s s e n v e r a n t - Worten, dieses Programm a b z u I e h n e n. Hilft weißer Käse gegen den Houngplan? Wer die Presse der Links- und Nechtsoppasition in den letzten Wochen verfolgen mußte, dem konnte der Kaffee hochkommen angesichts dieser Fülle von lächer lichen Randbemerkungen, van kleinlicher Mäkelei an Einzelheiten in Ermangelung eines wirklich großzügigen besseren Borschlages. Ta war es bald die Tabaksteuer, bald die Kürzung der Beamtengehälter -- und bald wie- Keule: Heimat und Welt (Jll Wochenbeilage) Katholische Sachsenjugend Unterhaltung und Wissen Turnen. Sport und Spiel