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Tageblatt stk Unterhaltung und Geschäftsverkehr. S3V Mittwoch den 7. September 1859. Ersch. tagt. Morg 7 U — Inserate die Spaltzeile 5 Pf werden bi» Ab. 7 (Sonnt, v. 11—r U j angenommen. — Abonn. Vierteljahr »v Ngr. bei unentgeldl. Lieferung tn'< Hau». Durch die Post. Viertelt. r» Ngr. Einz. Nummern 1 Ngr. Expedition: Johanne»«Allee K u. Watsenhausstr. 6 Pt. Dresdan, den 7. September. — Oeffentliche Gerichtsverhandlungen: In Strasrechtsfällen pflegt ein anscheinend den höheren Gesellschaftskreisen zugehöriger Name das Interesse oder die Neugier des Publikums bekanntlich in größerem Maße zu erregen, als wenn ein „Müller", „Schulze" oder „Meyer" auf dem Anschlagzettel sigurirt. Daher war es nicht zu verwundern, daß am vorgestrigen Tage, wo ein adeliger Name am Gerichts!» ete zu schauen war, bei aller sonsti gen Obskurität des Angeklagten sich auf beiden Tribünen deS hjesigen GerichtssaaleS «ine zablreiche Zuhörerschaft rin- gefunden hatte. Derselbe hieß Joh. Franz v. Alkiewicz aüö Lissa in Schlissen, ist 40 Jahre all und von 1839 bis 1842 Fähndrich in preußischen Diensten gewesen. Er zeigte sich in seinem Aeußeren als ein äußerst routinirter Mann, übrigens mit einer seltenen Zungenfertigkeit be gabt. Die gegert ihn gelichtete Anklage lautete auf Be trug durch Fälschung, dessen Opfer der Director der hiesi gen Bekleidungsakademie, Hr. G. A. Müller, gewesen war. Da daS Verweisungserkenntniß, wie wir gleich zei gen werden, nicht jub Vorlesung gelangte, so erfuhr man doch auf indirektes»» Wege, daß es sich um ein bei dem selben bewirktes Diskonto von über' 700 Lhlr. handelte, mit einem Wechsel von 2000 Lhlr. aber ein Versuch zu dessen Versilberung gemacht worden war. Die Verhand lung gedieh aber bloö bis zu dem Verhör über die per sönlichen Verhältnisse des Angeklagten, aus denen man vorläufig erfuhr, daß Alkiewitz nach seiner Entlassung vom Militär, die nach Ausweis der Voracten Schulden halber und nichts weniger als freiwillig — wie er jedoch behaup tete — erfolgt sein muß, bald hier, bald dort aufgrtaucht war, ohne daß er einen bestimmten Lebenszweck zu ertli chen strebte oder irgend einer, nützlichen Beschäftigung sich hingegrben hätte. Vielmehr war er von Berlin wieder holt polizeilich auSgewirsen worden, und scheint dort, wie^ ihm vorgehalten wurde, im Gerüche eines Spielers von Profession und leichtsinnigen Schuldenmachers zu stehen. Auch gab er zu, sich einige Zeit mit Verschaffung von Gelddarlehnen Nr vornehme Leute befaßt zu haben, unter denen die Namen des Fürsten Ludowsky, des Prinzen von Hatzfeld, eines Herrn von DziembowSky u. s. w. wieder holt genannt wurden, und bei denen er noch gegen 4000 Lhlr. Außenstände zu fordern haben will. Außerdem gab er an, von den beiden Erstgenannten Vollmacht zur Un terschrift von Wechseln erhalten zu haben, waS an sich wohl etwas fabelhaft klingen möchte, aber bei der Geld- wirthschaft, die nach mehrseitiger Schilderung von Beiden getrieben zu werden scheint, einigermaßen Glauben ver dient, zumal da der Erstgenannte laut einer während der Voruntersuchung mit ihm vorgenommcnen gerichtlichen Befragung diese Thätsache nicht ganz in Abrede zu stellen vermocht hatte. Da nun dem Antrag« der Staatsanwalt- schastNnd der Vertheidigung entgegen nicht nur diese bei den fürstlichen Personen, sondern auch verschiedene ändert Individuen vom Gericht nicht zur Hauptverhanb- lung geladen waren, ihr Zeugniß aber in einer Angelegenheit, wo rS sich um Zuchthausstrafe han deln unke, von großer Wichtigkeit für den Angeklag. ten sei, so fühlte sich der Herr Vertheidiger, Advokat Lohrmann, veranlaßt, ün einer fast ändert halbstündigen Rede an den Gerichtshof einen Vertagungsauttag M stellen, damit in einer anderweit anzubeöäumenden Hauptverhandlung diese Zeugen dem Jnculpäten gegen- übergestellt werden könnten. Er fügte dem freilich hinzu, daß namentlich der Fürst Ludowsky nur ungern erscheinen werde, man auch nicht eine Verzichtleistung aus, Reisekosten und Diäten von ihm erwarten dürfe, daß ävev dieser Umstand keinen Beflimmungsgrund für das Gericht abgeben könne in einer Angelegenheit, die für den Ange klagten so wichtig sei, daß er sich nicht scheue, seine be reits V Monate währende Untersuchungshaft noch auf un-' bestimmte Zeit hinaus verlängert zu sehen. Hr. Staats anwalt Metzler versprach sich jedoch von der beantrWen Vertagung, sowie die Sache zu liegen schiene, wenig oder gar keinen Erfolg zu Gunsten des Angeklagten. Der Ge richtshof genehmigte indeß dte Vertagung, unter dem Hin- deuten. daß von den zur Vorladung angegebenen Zeugen nachträglich der Hr. Fürst Ludowsky, der Haufm. Meier Pierk aus Berlin und die Hotrlbesitzerin Schmidt aus Breslau berufen werden sollten; was den Prinzen von Hatzfeld anlange, so sei dessen Aufenthalt unbekannt, da her von dessen Vorladung, sowie von der gleichfalls bean tragten Vorladung des Hm. Adv. Bernhard Miller all- hie« aus bereits früher angegebenen Gründen abzusehen. — Gestern machte man den Anfang, das alters schwache Jakobshospital auf der Annenstraße abzutra gen. — Der am Walle gelegene Zwingerpavillon, sowie die damit verbundene Colonnade (worin die Räume zum «tnographischen Cabinet tc.) sind mit Bretverschlägen, be- HUsS umfassender Restaurationen, umgeben worden. — Da in dieser Woche die bauliche Einrichtung zur Heizung der Hof- und Sophlenkirche in Angriff genom-