Volltext Seite (XML)
- - ' m°„ WOG MDG »dielst « Dienstag. 25. Februar 1808. 2ÜÜÜ listimeiileiii Nr. 16. Dritter Jahrgang. ttuer Tageblatt und Anzeiger für das Erzgebirge verantwortlicher Redakteur! Fritz Arn hold. Für die Inserate verantwortlich: lv alter Uran» beide ln Rur. mit der wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Illustriertes Sonntagsblatt. Sprechstunde der Redaktion mit Ausnahme der Sonntage nachmittags von 4—5 Uhr. — Telegramm-Adresse: Tageblatt Aue. — Fernsprecher 83. Für unverlangt eingesandte Manuskript« kann Gewähr nicht geleistet werden. Druck und Verla- Gebrüder Beuthner (Huh.: Paul Beuthner) ln Aue. Bezugspreis: Durch unsere Boten frei in» Haus monatlich so pfg. Bei der Geschäftsstelle abgeholt monatlich io pfg und wdchentlich 10 Pfg. — Bel der Post bestellt und selbst abgeholt vierteljährlich «.so Mk. — Durch den Briefträger frei ins Kans vierteliährlich 1.92 Mk. — Einzelne Nummer <o pfg. — Deutscher Postzeitungs katalog. — Erscheint täglich in den Mittagsstunden, mit Ausnahme von Sonn- und Feiertagen. Annahme von Anzeigen bis spätestens 9'/, Uhr vormittags. Für Aufnahme von grSßeren Anzeigen an bestimmten Stellen kann nur dann gebürgt werden, wenn sie am Tage vorher bei uns eingehen. Jnsertisnspreis: Di« siebengespaltene Aorpurzeile oder deren Raum »o pfg., Reklamen 2» pfg. Bei grSßeren Aufträgen entsprechender Rabatt. Dress rrrrinniSV rrnrsatzt 6 Ksitsir Das Wichtigste vom Tage. Die ZweiteKammer des sächsischen Landtags erledigte gestern mehrere E t a t s k a p t t e l, u. a. wurde eine Vermehrung der Landgendarmerie genehmigt. (S. Parl.-Bcr. i. Hptbl) Der neue Staatssekretär des Reichs schätz« amtS, Sydow, hat gestern seine Dienstgeschäsreüber- n o m m e n. In Marokko haben die französischen Truppen, wie amtlich bestätigt wird, in den letzten Kämpfen mit Mulay HafidS Truppen schwere Verluste erlitten. (S. Telegr.) Thomas Edison hat sich einer schweren Operation unterziehen müssen. (S. N. a. a. Welt.) Die Aufhebung der Kriegsgefangenschaft der Herero ist nicht in Kraft getreten. sS. pol. TgSsch.) Die Finanzlage und ter nene Schatzsekretär. Rus parlamentarischen Kreisen schreibt man: Das lange Erwartete ist geschehen. Herr von Stengel hat sein Amt als Schatzsekretär niedergelegt. Die von ihm vertretene Finanz politik hat sich als undurchführbar erwiesen. Sie entsprach den Beschlüssen des Bundesrats, der durchaus nicht an irgend eine Form direkter Besteuerung heran wollte, ebenso wenig wie im Reichstag die konservative Partei. Herr v. Stengel wäre, wie das vorige Mal für die Erbschaftssteuer, so auch diesmal wahr scheinlich für deren Ausdehnung oder selbst für eine andere direkte Steuer zu haben gewesen, aber sie waren nicht durchzusehen. Herr v. Stengel wird auch keine Neigung gehabt haben, als letztes Stadium seiner Amtsführung noch einmal zu einer Zuschuß- Anleihe greisen zu müssen. Er wollte nicht einen Etat aus führen, zu dem ihm nicht Deckungsmittel in den laufenden Ein nahmen geboten werden konnten. Es wäre falsch, die Verantwortung für die jetzige Lage dem Staatssekretär allein oder auch nur hauptsächlich zuzuschreiben; er ist nach unserer Verfassung weit mehr der Techniker, als der entscheidende Politiker. Er kann nichts erreichen, wenn die Politik nicht in einer Weise geführt wird, die eine verständige Ordnung der Finanzen ermöglicht. Daran hat es eben gefehlt. Man hat versäumt, rechtzeitig an die Ordnung unserer Finanzen heran zutreten, und es ist nun dahin gekommen, daß man wahrschein lich, mag man wollen oder nicht, doch wieder zu dem höchst uner wünschten Äushilfsmittel derDeckungdesDefizitsdurch Anleihen wird schreiten müssen. Welche Aussicht die jetzt immer wieder verlangte gründliche Finanzreform haben wird, ist noch gar nicht abzusehen. Das wird auch der Grund sein, weshalb alles Suchen nach einem ange sehenen Mann der Finanzwelt vergeblich gewesen ist. Wer von außen in die Stellung eines Schatzsekretärs tritt, wird zunächst das größte Bedenken haben, seine Laufbahn wieder mit der un soliden Pumpwirtschaft zu beginnen. Und wenn er sich darüber Hinwegsetzen soll, so wird er es doch nur tun können, wenn ihm eine Garantie dafür geboten wird, dast er für eine Reform ge nügende politische Unterstützung findet. Mit anderen Worten, ein solcher Mann könnte nicht kommen ohne ein wenigste s in allgemeinen Umrissen fest gestelltes Pro gramm, für das ihm in bündigster Weise die Unterstützung des Reichskanzlers zugesagt ist. Eine solche Zusicherung zu geben, würde diesem unter den obwaltenden Umständen schwer sein, es blieb also nichts anderes übrig, als an Stelle des Schahsekretärs wieder einen hohe» Beamten zu setzen, der die Uebernahme des Amtes nicht wohl verweigern kann und nicht Programm-Forde rungen zu stellen braucht. Das ist geschehen. Ein erster Beamter des Reichspostamtes, Unterstaatssekretär Sydow, ist zum Schatz sekretär ernannt und wird nun die Versuche, die Herr v. Stengel gemacht hat, von neuem anfangen. Wir wollen ihm wünschen, dast er dabei mehr Glück hat als sein Vorgänger. Vor allem aber, dast man sich an der leitenden Stelle über die Hauptgesichtspunkte der Finanzpolitik klar wird und entschlossen ist, mit aller Energie dafür einzutreten. Aber eine Aufklärung darüber, wie man zunächst vor zugehen gedenkt, ist d r tn g l i ch. Der Etat wird mit Ende März in die dritte Lesung gelangen. Ehe der endgültige Beschluß über den Etat und das mit ihm verbundene Flottengeseh gefaßt wer den kann, Muß man wissen, ob und wie die Mittel dafür beschafft werden. Darüber werden wir in kürzester Zeit Mitteilungen zu erwarten haben. Ferner auch darüber, ob beabsichtigt ist, noch in dieser Session, oder erst im nächsten Herbst Vorlagen über die Bewilligung neuer Steuern zu machen. Wie diese Mitteilungen aber auch ausfallcn mögen, sie können nichts daran ändern, daß wir uns in einer höchst unfreundlichen, für das Ansehen des Reiches im Inlands und im Auslande sehr schädlichen Situation befinden, weil wir nicht das Geschick oder die Kraft haben, die Deckung des Etats für 1908 in ordnungsmäßiger Weise herbei- zusühren. Sächsischer Landtag. Zweit« Kammer. «>9. ösfeulliche Sitzung. p. Dresden, 24. Februar. Präsident Geh. Rat Dr. Mehnert eröffnet die Sitzung um 11 Uhr 5 Min. bei schwach besetztem Hause. Am Regierungsttsche: Minister Dr. Graf v. Hohenthal, Kriegsminister Frhr. v. Hausen und Kommissare. Nach Verlesung der Registrande durch Sekretär Dr. Seetzen tritt man in die Tagesordnung ein. Punkt 1 bildet die Schlußbe- ratung über den schriftlichen Bericht der Finanzdoputation -V. zu Kap. 31 des ordentlichen Etats aus 1908/09, allgemeine Berwaltungs- und Reg «rungsangelegenheiten. Berichterstatter Abgeordneter Facius-Lugau (Freikons.) be antragt im Namen der Deputation, die Ausgaben bei diesem Kapitel mit 103 280 .it zu bewilligen, auch die Uebertragbarkeit der Ausgaben zu Tit. 2, 3, 4 und 5 auf 1910/11 zu genehmigen. — Die Deputationsanträge wurden angenommen, und zwar ein stimmig. Zu Punkt 2, Bericht der Finanzdeputation -V zu Kap. 47 des ordentlichen Etats auf 1908/09 Eendarmerieanstalt, referiert Abg. Andrä-Braunsdorf (Kons.). Er beantragt im Namen der Deputationen die Einnahmen mit 35 200 .L zu genehmigen, die Ausgaben mit 1 243 399 .ll, darunter 9800 künftig weg fallend nach der Vorlage zu bewilligen. Abg. Kleinhempel-Wilkau (Natl.) bezweifelt, daß die Ver mehrung unbedingt notwendig ist, will aber nicht dagegen stim men, da den oft sehr angestrengten Gendarmen eine Erleichterung durch Urlaub sehr wohl zu gönnen sei. Abg. Andrii (Kons.) weist darauf hin, daß die Finanzdeputation nur für dieses Mal den Posten für Vordrucke unverändert eingestellt habe. Minister Dr. Graf Hohenthal ist de>m Vorredner für das der Gendarmerie ge spendete Lob sehr dankbar. Sachsen könne in der Tat stolz auf sie sein. Abg. Merkel-Mylau (Natl.) schließt sich den Ausführun gen des Abg. Kleinhempel an, beklagt aber ebenfalls die Ueber- lastung der Gendarmen mit Berichterstattung. Minister Dr. Graf v. Hohenthal: Wegen der Verwendung von Gendarmen zu nichtpolizeilichen Zwecken sei bereits eine Ministerialverordnung erlassen. Abg. Günther-Plauen i. V. (Freis.) vermiß in dem Be richt eine detaillierte Aufstellung der durch die Eendarmeriever- mehrung verursachten Kosten. Da die Mehrforderung in dem Kapitel nicht besonders ausgedrückt sei, bleibe ihm mit seinen Freunden nichts übrig, als gegen das ganze Kapitel zu stimmen, um so ihre Ablehnung der Verstärkung zum Ausdruck zu bringen. Minister Dr. Graf v. Hohenthal verwahrt sich dagegen,dast er durch seine Ausführungen implicitc zugegeben habe, die Ver mehrung halte er nicht für nötig. Das Gegenteil sei der Fall. Abg. Goldstein-Zwickau (Soz.) wendet sich speziell gegen die Ab kommandierung von Gendarmen zu Manöver» und Streiks. Er wünsche, dast die liberale Aera, auf die wir nun schon seit mehr als einem Menschenalter in Sachsen warteten, bald kommen möge. Abg. Hübner (Kons.) hält die Begründung der Vermehrung der Gendarmerie für durchaus stichhältig. Abg. Kleinhempel-Wilkau (Natl): Ein Urlaub von 5 bis 7 Tagen genüge für die Gendar men nicht, sie müßten ebensoviel Urlaub erhalten wie die Bureau beamten. Abg. Günther-Plauen i. V. (Freis.) stellt gegenüber dem Abg. Hübner fest, daß man mit ruhigem Gewißen gegen die Vermehrung der Gendarmerie stimmen könne, da die Aussprache keine Gründe dafür ergeben haben. Hierauf wurden die Deputationsanträge gegen 3 Stimmen angenommen. Für Punkt 3, schriftlicher Bericht der Finanzdepu tation -V zu Kap. 61 des ordentlichen Etats auf 1908/09, Landstallamt zu Moritzburg, ist gleichfalls zum Berichterstatter bestellt Abg. Andrü-Braunsdorf (Kons.) Er beantragt Lei diesem Kapitel nach d-r Vorlage die Einnahmen mit 29 800 zu ge nehmigen, die Ausgaben mit 26 634 darunter 2800 künftig wegfallend, zu bewilligen, auch die zu Tit. 8 vorbehaltene Ueber tragbarkeit auf die nächste Finanzperiode zu genehmigen. Frau Merqauer. Skizze von Eugen Noska. Frau Mergauer, — so heißt sie jetzt, ganz einfach: Frau Mergauer; ihr Gatte ist Kaufmann, und das ist kein Titel. Als ich Frau Mergauer einst vor Jahren kennen lernte, wurde sie Frau Doktor tituliert, Frau Doktor Mertel. Ihr Gatte war Arzt, der von allen seinen Patienten vergöttert wurde wegen seiner Aufopferungsfähigkeit. Eine arme Frau erzählte mir nach seinem Tode: Das war ein Mann, dieser Doktor Mertel; die ganze Nacht hat er 'mal bei meinem Kinde gemessen; er hat sich nicht vom Bett fortgerllhrt, obgleich er doch wußte, daß es bei mir mit dem Bezahlen man knapp war. Ja, ja, die besten Leute sterben! Seine Frau hatte ihm Vermögen in die Ehe gebracht, sie stammte aus dem wohlhabenden Hause einer süddeutschen Klein stadt; irgendwo aus einer Sommerreise hatte sie den Dr. Mertel - kennen gelernt. Sie waren etwa erst ein Vierteljahr verheiratet gewesen, als ich der hübschen Frau Dr. Mertel in einer Gesell schaft vorgestellt worden war und sie zu Ti'ch führen durfte. Damals war ich nicht wenig erstaunt darüber, daß mir die junge, selche Frau aus dem Handgelenk zwischen Mockturtle-Suppe und B'at n einen Vortrag über Eroup und Diphterie hielt und zwi schen Käse und Mehlspeise mir sine längere Auseinandersetzung zum besten gab über die Aufgaben der Regierung der Arbeiter bevölkerung gegenüber. Sie hatte so vollkommen die Ideen ihres Gatten in sich ausgenommen, — natürlich nur äußerlich wohl, ohne in die Tiefen der Literatur eingedrungen zu sein, — daß sie vollständig lmstand- war, über den damaligen Stand der parla mentarischen Verhandlungen und Aktionen zu sprechen. Sie be- herrschte das Gebiet so und wußte mit solcher Redesertigkeit 3 darüber zu sprechen, dast sie vortrefflich politisch« Agitattonsvor- trägc hätte halten können, was ich ihr auch lachend im Scherz empfahl. „Aber medizinilche Vorträge kann sie noch bester halten," meinte damals eine Freundin von ihr über die Tale! herüber, als sie mein n Vorschlag vernommen hatte. Na, das hatte ich ja selbst bereits vor dem Braten zu erfahren vermocht. Ich war dann noch später einige Male mit der Frau Dr. Mertel zusam- mengetrossen, hörte auch, dast sie bereits litera'isch tätig fei, — sie habe für die Unterhaltungsbeilage einer Zeitung Uber die Aufgaben der Frau eine Serie Artikel geschrieben. Dann aber vernahm ich — etwa ein Jahr nach meinem Bekanntwe'den mit ihr — dast ihr Gatte plötzlich verstorben sei. Er hatte sich eine Blutvergiftung im V ruf zugezogen und hatte die'« — bei seinem oft übertriebenen Pflichteifer den Kranken gegenüber — zu wenig beachtet und vernachlässigt. So war er ein Opfer seines Berufs geworden. Ich hörte dann nur noch, daß seine Witwe in keineswegs schlechten Verhältnissen zurückgeblieben war, zu ihrem eigenen Vermögen, das sie von Hause aus besaß, war eine ansehnliche Quote aus einer Lebensversicherung Ihr zugeslost'n. Dann wieder hörte ich nach Monaten davon sprechen, Frau Dr. Mertel werde sich wieder verheiraten. Ich stand ihr zu fern, als daß es mir hätte interessieren können, wer der Glückliche sei, der die kinderlose, wohlhabende, hübsche Witwe heimfllhrte. So sah ich sie einige Jahre lang nicht wieder. Mir ist wohl so, daß ich vernommen hätte, sie Hai« wirklich geheiratet und lebe nun in einem anderen Ort. Indessen kann ich das nicht sagen, sie kam mir aus den Augen und daher auch völlig aus dem Sinn. Als ich «in paar Jahre später dann selbst in eine andere Stadt Übersiedelte und dort als Redakteur eines Blattes tätig war, erhielt ich «inst unter vielen anderen Briefen, die täglich auf dem Redakttonstisch eines vielgelesenen Blattes «inlaufen, d«n folgenden: Sehr geehrter Herr Redakteur! , Sic erinnern sich vielleicht noch der Frau Dr. Mertel, die Ihnen einst in M. begegnet«, und die jetzt — mein guter Mann starb damals, wie Sie sicher noch wissen, auf so unglückliche Weile, — in zweiter glücklicher Ehe den untenstehenden Namen führt. Mit Vergnügen las ich schon ost Ihre interessanten Artikel in den Täglichen Nachrichten und da bin ich nun auf den Eedank n verfallen, Sie für eine wirklich ausgezeichnete Aufgabe zu inter essieren, der ich seit einiger Zeit meine Kräft» widme. Sie haben gewiß schon von der Absicht gehört, in unse'em Orte ein Damenheim zu begründen, um den Töchtern und Witwen von Offizieren und höheren Beamten, die so oft in einer ihren An sprüchen wenig entsprechenden Lage zurückbletben, ein- würdige Heimstätte zu bieten. Es sollen noch in diesem Winter einige Veranstaltungen getroffen werd--», um die Mittel für dielen Zweck aufzubringen. Damit aber Erkleckliches bei unseren Be mühungen herauskontme, muß die Presse uns ihre so wichtige Hilfe nicht versagen. Und deshalb möchte ich Ihre lo gewandte und wichtige Fed r für untere Sache werben, seh?: geehrter Herr! Gern möchte ich Sie einmal persönlich mit unseren durchaus edlen, ja geradezu notwendigen Bestrebungen bekannt machen, Sie in unsere Ziele einweihen, Ihnen die Erfolge, die wir bereits haben, zeigen. Vielleicht ist es auch Ihnen, der Sie ja hier im Orte noch ziemlich fremd sind, nicht unlieb, alte Beziehungen zu erneuern. Ich empfange vom 1. Oktober ab jeden Mittwoch um fünf Uhr und würde mich freuen, Sie bald bei mir zu sehen. Auch meinem Gatten wird ep Vergnügen machen, Sie kennen zu lernen. In alter Hochlchätzung Frau Oberst a. D. Rudolph. Obgleich die Behandlung derartiger lokaler Themen, wie sie Frau Oberst a. D. Rudolph da von mir wünschte, nicht in mein Ressort siel, besuchte ich doch di« alte Bekannte gleich an ihrem