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Jahrgang i LM) ecnscht- Nummer 151 - 24. Smal wöchentl. Bezugspreis: kür Juli . Bestellgeld. Anzeigenpreise: Ti« Igesp. Petitzellt g- Stellengesuche 20 H. Ti« Pettt-Rellamezeile 39 Millimeter breit, 1 Ossertengebühr kür Selbst» abholer 2Ü bei Uebersendung durch die Post außerdem Portozulchlag. Einz«l-Nr. Ist. SonntagS-Rr. IS H». veichäftttcher Teil: Joses Fohmann. Dresden. Söckslscti e Sonnabend, 4. Juli 192Ü n goüe höherer Gewalt erlischt jedl fLiderung sowie Erfüllung von »nzelgl istung von Schadenersatz. Mir undrntli Leistung Lbermittell« 1?de ... rn-Austrägenuü Schadenersatz. Mir undeutlich u. d. Kernru. Anzeigen übernehmen wir keiue Berant-^ Wortung. Unverlangt eiugesandtr und mit Rückport t nicht versehene Manuskript« werden nicht aufbewahrt j Sprechstunde der Redaktion b bis - Uhr nachmittag! Hauptjchrifüeiterr Dr. Josef Albert. Dresde» tigsrstlen da I« s Zo». Konto or»»a«n-a. öokannesstraLe l Loks Oeorgplatr volrsMung AesckSstSfteU«, »ruck und Verla«, Sapnila- «iichdruckeret «mbH.. Dresden-«. 1«. Howelnslrahe 1«. Ferimit SS722. Postscheckkonto Dresden 14787. Bankkonto Vasseuge » psrltzsch«, Dresden. Für christliche Politik und Kultur Redaktion der «ächftschen VolkSiettuug Dretden-NIist. IS. Holbeinstratze 48. gerinnt 32722 imd »4L3«. Das Mörchen vom Deutschenfeind Ratti In seinem hartnäckigen Bestreben, in Deutschland mit allen Mitteln das Mißtrauen gegen die Politik Roms zu nähren und wachzuhalten, zieht -er Evangelische Bund mit Vorliebe die Politik des Papstes, des früheren Msgr. Rattt gegenüber Polen heran. Den Gegensatz zwischen Deutschland und Polen aus. niitzend wird immer wieder die Tätigkeit, welche Pius XI. einst als Nuntius in Warschau und kirchlicher Kommissär für die Ab stimmungsgebiet« in Oberschlesien, Ost- und Westpreußen ent faltet hat, als für Deutschland nachteilig, weil von Abneigung eingegeben, hingestellt. Nun beweisen zwar die Tatsachen das absolute Gegenteil und so bleibt denn nichts anderes übrig, als wieder einmal zur Unwahrheit Zuflucht zu nehmen, um das Märchen von Msgr. Rattis Deutschfeindlichkeit am Leben zu erhalten. In dieser Hinsicht tat sich in jüngster Zeit sehr ein Graf Zedtwitz-München hervor, der, soweit er nicht eigenen Un sinn verzapfte, es nicht unter seiner Würde fand, eine Anleihe bei der bekannt verlogenen Schrift „Deutschland und der Vati kan", die von dem Evangelischen Bund herausgegeben wurde, zu machen. Aus derselben Quelle hatte nun neulich auch das Nürnberger Hetzblättchen desselben Evangelischen Bundes, die „Fränkische Wacht", eine Polemik gegen die Polenpolitik Noms vom Zaune gebrochen und sich damit begnügt, das entsprechende Kapitel jener Schrift unverändert seinen anspruchslosen Lesern vorzusetzen. Ich hatte damals schon an der Hand der Tat sachen die ganze willkürliche Konstruktion über den Haufen geworfen, was das Blättchen sgez. Dr. Frenzel) mit einer wüten den Entgegnung quittierte. Soweit damit persönliche Beleibt- gungen verbunden waren, wird dieser Herr Gelegenheit haben, sich zuständigen Ortes zu verantworten. Sachlich aber bleibt von seinem ganzen Artikel nur ein einziges Zitat übrig, an das er sich noch klammert und das, angeblich von Msgr. Ratti stam- mend, noch der vorerwähnten Schrift des Evangelischen Bundes der „Nazione" entnommen sein sollte. Es wird dort gesagt: „Zu einem Berichterstatter des klerikalen Blattes „Na zione" äußert sich Rattt über den tiefen Haß der Polen gegen dl« Deutschen, welche seit dem dreizehnten Jahrhundert sie absolut unmenschlich peinigten. Alle Art Vergewaltigungen und Quälereien habe sich das polnische Volk von den Deut schen schweigend gefallen lassen müssen." Dazu leistete sich das Nürnberger Blättchen noch einen kleinen Erguß von Entrüstung, indem es schrieb: „Diese Be hauptung schlägt der Wahrheit derart ins Gesicht, daß es dafür «inen parlamentarischen Ausdruck nicht gibt." Wir haben darauf bereits erwidert, daß der Evangelisch« Bund, der s. Z. unentwegt die preußische Anti- polenpolitik mit ihrem odiosen Enteign ungs« gesetze mitgemacht hat, zu aller Letzt berechtigt wäre, in dieser Sache über begangenes Unrecht zu zetern, während die Katholiken stets einen gegnerischen Standpunkt eingenom men haben. Weil ich aber zu dem angeblichen Popstworte aus der „Nazione" nicht sofort das Wort ergriff, soll ich es. d. h. „den Hauptpunkt, um den es sich handelt, überhaupt nicht an zufechten vermocht haben", woraus dann noch der Schluß ge zogen wurde: „Daß wir damit Recht hatten, daß also der jetzige Papst sich nicht neutral verhalten, sondern in dem Kampf zwischen Deutschland und Polen auf die Seite der Polen gestellt und diese durch seine durchaus unwahre Anschuldigung der Deut schen zu weiteren Gewalttaten gegen die unter polnisches Joch geratenen Deutschen angefeuert hat, steht außer Zweifel." Wir wollen heute auch diese letzte Ente noch in aller Ruhe abschlachten, Indem wir folgendes feststellen: 1?1>i« „Nazione", die die Worte Msgr Rattis gebracht haben soll und die der Evangelische Bund genau zu zitieren nicht gewagt hat, ist kein „klerikales" Matt, sondern das Organ der Nationalistischen Partei und ihres Ministers Federzoni. ü. der Redakteur der „Naztone" für politische Interviews, Signor Salvator« Di Liberia erklärt uns, daß «r nie mals mit Msgr. Ratti eine Unterredung ge habt habe, daher auch sein Blatt niemals eine solche zu bringen in der Lage war. i. die Direktion der „Nazione" erklärt uns auf direkte An- frage, daß auf Grund genauester Nachforschungen in ihrem Blatt« sich keine Spur einer derartigen, von ihr veröffentlichten Unterredung mit Msgr. Ratti findet. 4. die Schrift des Evangelischen Bundes „Deutschland und der Vatikan" hat demnach auch dieses Papstwort frei er funden, d. h. gefälscht. b. «» bleibt also von ihrem ganzen Kapitel über Polen und den Vatikan nichts mehr übrig, was einer sachlichen Prü fung hätte standhalten können. Ueürig bleibt dagegen «ine«, nämlich dt« Wirklich keit und Wahrheit selbst, wie Ich sie in meinem Werke „Papst und Kurie" dargelrgt habe, d. h. eine Wirklichkeit, die da« genaue Gegenteil besten ist. was darüber der Evangelische Bund in ktnen verschiedenen Ablegern verbrettet. F. R. von Lama. WIIM MW in WkiS Vor dem Abschluß eines Modus vivendi? Paris, 3. Juli. Nach einer Havasmeldung hat der Han delsminister Chaumet gestern nachmittag den Staatssekretär Dr. Trendelenburg empfangen, um ihm die französische Antwort auf die deutschen Vorschläge betreffend den abzuschlie- ßenden modus vivendi überreicht. Die Unterredung dauerte über zwei Stunden. Die beiden Delegationsführer haben sämt liche strittigen Punkte, die in den Mischen den beiden Delega- tionen ausgetauschten Noten berührt werden, besprochen. Die Delegation hat zugesagt, daß sic bis morgen mittag die fran zösischen Forderungen formulieren werde, zu denen alsdann die deutsche Delegation unmittelbar Stellung nehmen werde. Paris, 3. Juli. Die französische Presse berichtet, daß sich Staatssekretär Trendelenburg gestern nach seiner Unterredung mit Chaumet telephonisch mit der Neichsregierung in Verbin dung setzte. Eine Antwort der deutschen Delegation auf die französische Note, die heute vormittag übergeben wird, wird nicht vor Sonnabend erwartet. Im übrigen wird zuge geben, daß sich die Aussichten auf eine Verständigung erheb lich verbessert haben. „L'Avenir" weist darauf hin, daß gestern in Kreisen der französischen Wirtschafts-Delegation un verkennbarer Optimismus vorherrschte. Chaumet hofft, daß in der für Sonnabend in Aussicht genommene Vollsitzung die Unter zeichnung de» provisorischen Modusvivendi erfolgen wird. w der Morl Nie MeiMWe MM Wer Berlin, 3. Juli. Halbamtlich wird mitgetcilt: Das Relchokablnett setzte gestern nachmittag die Beratungen über die außenpolitisch« Lage fort. Der Reichsaußenminister berichtete über den Stand der Vorarbeiten für die Beantwortung der sran- zösischen Sicherhcitsnote. Es besteht über die Grundlinien dieser Antwort Einverständnis und es ist die Vorlage eines Entwurfs im Kabinett ehestens zu erwarten. Der Reiclsskanzler hat In einer Besprechung mit der Reichs- tagsfraktion der Deutschen Volkspartei die Erklärung abgegeben, daß eine Aussprache über dir außenpolitische Lage im Reichstag noch ln diesen Tagen statlfinden wird. Daraufhin hat die Volkspartei ihre Absicht, eine Interpellation über die Außenpolitik cinzurcichen, vorläufig aufgegeben. — Wie die „Tägliche Rundschau" erklärt, hatte der Reichskanzler die Ab sicht, gestern im Laufe der Gelchüstsordnungsdekatte im Reichs tag über die heutige Tagesordnung noch-das Wort zu ergreifen, um auch diese Stelle davon zu unterrichten, daß die Negierung eine außenpolitische Aussprache noch vor den Sommerscrien hcr- beiführen werde. Der rasche Abschluß der Gescljäslsordnungs- dedatte hat dann diese Erklärung verhindert. Inzwischen haben nun die Koinmunisten eine Inter pellation über die außenpolitische Lage beim Reichstag ein gebracht, in der es heißt: „Ist die Regierung gewillt, auf die Note Briands die einzig mögliche Antwort zu geben: Sofortige Zurückziehung des Strcsemannschen Vorschlages? Ist die Re gierung ferner bereit mitzuteilen, ob es noch eine einheit liche Außenpolitik des Kabinetts Luther gibt?" Slresemarms Partei zum Sicherhetlspakt Berlin, 3. Juli. Die Reich'tagssralition der Deutsche» Volkspartei hat Richtlinien für den Abschluß eines Sicherqeits- paktes ausgestellt, die deswegen Interesse verdienen, weil sie im wesentlichen die Ansichten des Außenministers Dr. Stre se in an n wiedergeben dürsten. In diesen Richtlinien heißt es: die Deutsche Volkspartei stimmt der Initiative der deutschen Regierung, eine Lösung der Sicherheitsfrage mit. nicht gegen Deutschland Herbeizuführen, zu. Sie fordert, daß die im Gange befindlichen Erörterungen in den Grundgedanken des deutschen Memorandums fortgefiihrt werden unter Ablehnung jeder Hercinziehung der militärischen Bündnispolitik Frankreichs. Der Eintritt Deutschlands in den Bölkerbund Ist vor der Räumung des Ruhr- und des Sanktionsgebtetes sowie der ersten Nheinlandzone undenkbar. Er setzt ein Festhalten an den Grundstücken des deutschen Memo randums für den Völkerbund voraus. Wenn auch der Sicherheitspakt den Versailler Vertrag nicht abändert, so kann doch Deutschland keine Verschlechte rung der sich aus dem Vertrage ergebenden Lage hinnehmen. Im Zusammenhang mit einem Sicherheitspakt ergibt sich die Notwendigkeit, das Rheinlandsabkommen den veränderten Ver hältnissen anzupassen. Alle Streitigkeiten aus dem Versailler Vertrage, insbesondere auch über die Entmilitarisierung des Rheinlandes sowie über das Rheinlandabkommen müßten einem Vor -er Kündigung -es -eulsch-spanischen Kan-elsverlrages Berlin, 3. Juli. Wie das B. T. aus zuverlässiger Quelle erfährt, wird die Reichsregierung in den nächsten Tagen den deutsch-spanischen Handelsvertrag kündigen. Es handelt sich da- bei um Einlösung des Versprechens, das die Regierung Luther den Deutschnationalcn gegeben hat für die Zustimmung zum deutsch-spanischen Handelsvertrag. Wir hören weiter, daß Reichsaußenminister Dr. Stresemann nur sehr schweren Herzens darangeht, die Kündigung des deutsch-spanischen Handelsver trages zu vollziehen: er handelt jedoch, wie schon angedsut't, unter dem Drucke der an die Deutschnationalen gegebenen Zu sage. Bonn, 3. Juli. Die französische Garnison in Bonn hat die Stadt verlassen, um Platz für die nachrückenden Ruhrtruppen zu schassen. Diese Einquartierungen sind jedoch nur provisorisch, da die Truppen später zum Teil nach Frankreich befördert, zum Teil in andere Städte des besetzten Gebietes verteilt werden sollen. Nach bestätigten Mitteilungen der Besatzungsbehörde wird Recklinghausen als erste Stadt im Ruhrgebiet am lg. Juli ge räumt. Das hier stationierte französische 13. Dragonerregiment wird mitsamt dem Stabe und den Kommandobehörbcn die -ladt am 1v. Juli verlassen. Die Verwaltungsbehörden folgen am Tage daraus, so daß Recklinghausen und das gesamte Gebiet um die Stadt spätestens am 13. Juli vollkommen von den Truppen frei sein wird. Die Räumung ist mit Rücksicht aus den 14. Juli, den Nationalfeiertag der Franzosen, beschleunigt worden, weil die Truppen das Fest in Mainz, wohin sie von Recklinghausen kommen, begehen sollen. — Anläßlich der Befreiung der Stadt, die ganz besonders unter der Besatzung zu leiden hatte, ist be absichtigt, einen Gedenktag für die durch die Besatzungstruppen umgekommenen Bürger der Stadt sowie eine Besrelungsfeier zu veranstalten. Schiedsverfahren unterstellt iverden. Jede Wiederausnahme früherer Sankticmsmahnahmen ist abzulehnen. Schiedsvcrträgo im Osten dürfe Deutschland nur als Subjekt seiner Politik i u voller Freiheit abschließen. Garantie und Entscheidunx über Verletzung durch den Bundesgenossen eines Vertragsteiles ist mit den Völkerrechtsgrundsätzen unvereinbar. Nur bei Wah rung aller dieser Grundsätze scheint der Deutschen Volksvartei der Abschluß eines Sicherheitspaktes mit Deutschlands Inter essen vereinbar. Berlin 3. Juli. Im Reichstage wird außerordentlich leb haft d>e Haltung der Teiitschnationalcn zur Außenpolitik b-S Kabinetts Luther erörtert. ES ist bekannt geworden, daß am Mittwoch abend tm Aniiswärtigen Ausschuß de-S Reichstages Graf Westarp eine überaus scharfe Rede gehalten Kai, in e sie sonst nur von Parteiführern gehalten zu werde,, pflegt, d>e sich in der Opposition befinden Während man sonst die Absichten der ReichSregicrung in der Note Briands verkia.it siebt, also damit eine KlärnngSmöglichkeit zunächst nicht verneint, sondern bejaht, hat sich Graf Westarp gestern ganz aus die scharfpolntierte These f-'stgelegt, daß der Sicherheitspakt non Frankre ich j„ der Note Briands tatsächlich abge lebt! t se«. Entscheidend ist, daß sich die Bedenken der Tentschnaiwnalen Volkspartei grnndsäßlich g'cge,, das dentiche Memorandum vom 9. Februar richten. Sie wolle» sich durch bis sen ersten, vom Reichskanzler Tr. Luther am 30. Januar angckündlgten Schritt des Reichskabinetts nicht öffentlich v«r- vklichten lassen, obwohl sie mit vier Ministern in der Regie rung Ltttber-Streiemann vertreten sind. Es entsteht die Frag«, ob dadurch der Bestand der RegiernngSkoaljtioii gefährdet wird. Besonders bedenklich hat sich die Lage durch Vcrössent- lichnng eines Berichts gestaltet, de» der dentschnationale Innen minister Schiele am 25. Ma> an den volksparteilich-n Abgeordneten Vrünlnghaus gerichtet hat. Tiefer Briet lautet: „Sehr geehrter Herr Kollegei Von einem Planener Par te,isrennde erhalte ich eine» Ausschnitt aus einer dortigen Zeitung, in den, wörtlich folgendes steht: „W>r iverden von sein dll'grvrdneten der Deutsche-, Vollc-partei, Admiral BrüntnghnuS, um Veröffentlichung s»l- gendcr Erklärung gebeten: „lieber das deutsche Memorandum >st zwischen dem Reichskanzler, de», Außenminister m,d dein deiitschnationalen Kabinettsmitglied, das von seiner Partei ols Vertrauensmann für gie FraNion bezeichnet wordc» ist, enssührlich verhandelt worden. Tabei sind g'gen de» Sichcr- he'tspakt Einwendungen nicht erhoben worden." Ich bemerke hlcrz,-» daß diese Angaben den Tats-chen nicht riitßirrchrn. Ich brrsönlich bin über das Memoransum :> cht „»»errichtet worde» und krniie auch heute noch nicht den Jn.halt dcssilbni. ES >st wohl zweckmäßig, daß wir ,w.-cks Richtigstellung uns recht bald einmal unterhalten. 8er- b'ndlichsten Gruß! Schiele" Es >st begreiflich, daß dieser Brief eines verantwortlichen Mini sters das größte Aufsehen erregt hat. Anknüvsend an hie Tat-