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Sächsische Volkszeitung : 04.07.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-07-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192507043
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19250704
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19250704
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1925
-
Monat
1925-07
- Tag 1925-07-04
-
Monat
1925-07
-
Jahr
1925
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 04.07.1925
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TagesneuigkeKeu Vulkanausbruch iu Lolumblr« Bogota. 3. Juli, Per Vulkan GalrraS ist in Tiitig- ke-t gctretrn- Große -lammen schlugen auS dem Krater empor -elSblScke und Ascheinassen w.iroeu cmporgcschleudert. Die ver- blnduna La Florida Ionsaca ist unterbrochen- Man befürchtet das, die Stadt zerstört worden ist. Sieben Lourislen lol aufgesunben Graz 2. Julr Touristen aus Graz,. Linz und Wien unternahmen am Sonnabend, Sonntag und Montag Kletter« touren auf die Planspitze und den Oedstein. Ta sie am Dienstag n>cht zurückkehrten, wurde eine Rettungsexpedition ansgesandt. Am Dienstag wurden die vier Wiener Touristen Magnu, Weg- scheidcr, Spieglec und Glattau aus der Hochtor-Nordwand tot ansgesunden. S>e sind erfröre». Am Einstieg zur Plansvitz« wurden die Leichen der Beamte,, der Oestecreichischen Natjonal- bant Schneider und Löslec und ans dem Oedstein das »«beute Opfer namens Rohringer, Wien, aufgefunden. Auch lie sind rrjrocen. T>e übrigen sechs Touristen langten mit dem Auf gebot der letzten Kräfte >m Tale an. Brandsltflungen mit dem Dergrötzerungsglase In der Nähe der schwedischen Stadt Hudiksvall sind >» den letzten Wochen ln ein und demselben Waldgebiete vier grössere Brände ansgebrochen, ohne dass es bisher gelungen wäre, sie Entstehungsursache festzustellen. Mi dem am Montag ausge brochenen letzten Srande, der grosse Ausdehnungen annahm, gelang es der Kriminalpolizei, in einer Telephonleitung ein sinp- relch eingestelltes Vergrößerungsglas zu entdecken, durch das die Sonnenstrahlen gerade »ach oec Stelle geworfen wurde», an der der Brand zuerst entstand. Man n»nmt an, dass die Wald brände ln dieser Gegend durch die Wirkung dieses in ver brecherischer Absicht angebrachten Vergrößerungsglases entstanden stnt>. Fabrikbranb Dresden, 3. Iull. Wie aus Freiberg gemeldet wird, brach gestern vormittag in den Stecherschen Lebermerken ln Zug bei Fveiberg Grobfeuer aus. In dem brennenden Lager, raum befanden sich große Mengen Benzin, Oel und Fette. In folge der ungeheuren Rauchentwickelung muhte die Feuerwehr mit Gasmasken arbeiten. Infolge heftiger Explosionen und des gewaltigen Luftdruckes bestand für die Feuerwehrleute große Ge fahr. Der Schaden ist sehr groß. Thüringer Einwohnerzahl Nach dem Ergebnis der letzten Volkszählung hat Thüringen 1624 675 <782 723 männliche und 841952 weibliche) Einwohner. Daraus ergibt sich eine Zunahme in den jetzt zu Thüringen ge hörigen sieben früheren Kleinstaaten seit dem 1. Januar 1910 von 114133. Außer dem Landkreise Gotha hat sich in den Land kreisen der Bevölkerungsstand wenig verändert. In der Haupt sache kommt den Stadtkreisen der Zuwachs zugute. So zählt jetzt Jena 53 623 Einwohner gegenüber 43 813 am 1. Januar 1910, Weimar 46 003 (38 350 und Eisenach 43 869 (38 535). Bei den übrigen Städten ist die Zunahme unwesentlich, Greiz und Altenburg sind zurückgegangcn. 7 Brand eines MiMengebänüeS im Ruhrorter Hafen. Das Mnhleiigebäude der rheinische» Zementindustrie A.-A. in Kauers. Hasen >st in der vergangene» Nacht abgebrannt. Die Feuer wehr konnte nur d>e angrenzenden Gebäude schützen. T«r Scha ben beträgt über 100 000 Mack. 7 Das Ende eines ländlichen Festes. Der „TempS" be richtet aus Bukarest über ein großes Unglück, bei dem 30 junge Mädchen, die auf das Dach eines Schuppens geklettert waren, »in bei einem ländlichen Fest besser zuschane,, w können, ml, deni Dach einbrachen. Fünfzehn Mädchen wurden getötet, die übrigen sind schwer verletzt. Das Unglück erfolgte aus einer Höhe von IS Meter». 7 Der Landrat von Liebenwerda verhaftet. Gestern wurde der Landrat Vogel in Liebenwerda aus Veranlassung der Staatsanwaltschaft verhaftet. Gleichzeitig sollte in Berlin der Sparkassendirektor Merres verhaftet werden. Wie es heißt, hat Merres jedoch ein ärztliches Attest Uber seine Haftunsähigkeit vorgelegt. 7 Noch ein Todesopfer der Berliner Explosionskatastrophe. Das Explosionsunglück bei der Schering-A.-G. hat ein zweites Todesopfer gefordert. Der Maschinenmeister Paul Gluske ist im Krankenhause Westend seinen schweren Verletzungen erlegen. Für die übrigen Verletzten besteht wie wir erfahren, keine Lebensgefahr. 7 Unglaubliche Roheit. In einem Gemüseladen im Norden Berlins ersähen am Donnerstag kurz nach 8 Uhr ein 20jähriger Bursche. Die Händlerin, eine fast 70 Jahre alte Witwe, sragte »er, Eintredenden nach seinem Begehr. Dieser stürzte sich jedoch auf di« ollte Frau, warf sie zu Boden und würgte sie, wobei er mit einem stumpfen Gegenstand mehrmals aus ihren Kops eln- schlug. Tiückllcherroeis, wurden dt« Schreie der Uebersallenen von einem Knaben gehört, der sofort Hausbewohner herbeirtes. Der Eindringling, der immer noch auf die bewußtlos« Frau ein- schlug, wurde sestgenommen und der Polizei übergeben. Dein Name konnte nicht festgestellt werden, da der Bursche keine Per sonalien bei sich hatte und jede Angabe verweigerte. Die Greisin trug von den Gewalttaten schwere Verletzungen davon. 7 Von Bienen getötet. Ter Stationsvorsteher in Frels dorf bei Wesermünde wurde von einer Bien« jelneS eigenen Schwarmes, der ihn angrtsf, in «in« Hauptader gestochen. Durch das Bienengift wurde das Blut infiziert und der Ver letzte starb trotz angewandter Gegenmitt«! nach einer Stunde unter großen Schmerzen. 7 Drei Todesopfer einer Benztnexplosion. In Langen argen am Bodensee erlitten durch die Explosion einer Benzin- flasche der Apotheker Baß, sein« Frau und ein Dienstmädchen schwere Brandwunden. Tue Frau und das Mädchen sind in zwischen gestorben. Baß wurde schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht, wo er später seinen Verletzungen erlegen ist. 7 Bulgariens erste elektrische Eisenbahn. In Sofia fand die feierliche Einweihung der ersten elektrisch betriebenen Eisen bahn In Bulgarien statt, die die Hauptstadt mit ihrem Vorort Kniajevo verbindet. Der Feier ging ein vom Metropoliten von Sofia zelebrierter Gottesdienst voraus. Die Minister des Innern, der Justiz und der Eisenbahn, der Bürgermeister, der Magistrat und ein zahlreiches Publikum wohnten der Ein weihung bei. 7 SM OVO Besucher der Kölner Iahrtausendausstellung. Am Dienstagvormittag nahm der 500 000. Besucher seinen Einzug in die groß« Kölner Iahrtausendausstellung. Die Besucherin, eine Volksschullehrerin aus Hüls bei Krefeld, die mit ihren Schü lerinnen die Ausstellung besuchen wollte, war nicht wenig er staunt und erfreut, als ihr vom Beigeordneten Dr. Meerfeld ein riesiger Rosenstrauß, eine Packung Pralinen und eine Flasche Kölnisch Wasser überreicht wurde. 7 Maßnahmen gegen die Schundzeitschriften auf Bahnhöfen In einer Besprechung im Reichsverkehrsministerium wurde 'ein einheitliches Vorgehen vereinbart, wonach die Deutsche Relchsbahn- gelellschaft für den Berliner Vahnhofsbuchhandel, der Magi strat Berlin für die Verkaufsstellen auf den Berliner Bahnhöfen die nach hem 1. Juni 1925 wegen eines Vergehens gegen dir 8« 184 und 184« des Strafgesetzbuches rechtskräftig verurteilten Blätter, für eine bestimmt« Zeit vom Verkauf auszuschlteßen. D>ese Maßnahme soll späterhin in entsprechender Weise im ganzen Deutschen Reiche durchgeführt werde». Eine preutzische Gefan-lfchast ln München Wie wir vernehmen, ist der bisherige preußisch« Geschäfts träger Tr. Denk >n München nunmehr zum preußischen Gesrnd-en >n München ernannt worden. Tr. Denk >st Katholik und gehört der Zentrumspartet an. Seine korrekte Amtsführung in München ist wiederholt lebhaft anerkannt worden. Wenn es gelungen ist, di« Beziehungen zwischen Preußen und Bayer» ganz besonders sorgfältig auszuaestaltenz jo >si das nicht zuletzt ans das Verdienst des klugen und sachlichen Geschäftsführers Dr. Denk znrückzusühren. Zählung slellungslvser AngesleUler Für Donnerstag, den 16. Juli, ist von der Reichsarbeits- verwaltung eine Zählung sämtlichst stellungsloser Angestellten anberaumt. Wer an diesem Tage ohne jede bezahlte Beschäf tigung ist. hat einen zu diesem Zweck aufgestellten Fragebogen auszusüllen, den die öffentlichen Arbeitsnachweise ausgeben. Wer einem AngesteNtenverband angehört erhält von diesem das Formular. An dieselben Stellen istsder ausgefüllte Fragebogen zurückzugeben. z DereinheiMchung im sächsischen Schulwesen Dresden 2. Jul«. Das Gesamtministerium hat in feiner gestrigen Sitzung zur Beseitigung des im Berufsschulweien hecr- "benden Dualismus beschlossen, baß di« Fürsorge für das gc« samte Bernfsschulwelen, insbesondere auch für die dem Votts- b-ldungsministerium nntersteheudew FoctbildungssBerufs-,schul«», dem W > r t scha f t s m i n i st e r i » m übertragen wird. Das Wirtschnftöministeriuiil wird beauftragt, den, Gesamtministrcinm baldigst de» -Entwurf eines BerufSschnlgesetzes vorzulegen. Aus den Landtagsausschüssen Dresden, 3. Juli. Der Haushaltaus schuß A behandelte gestern zunächst das Kapitel 36, Ardeits wesen und Arbeiter schütz. Dabei teilte die Negierung mit, dah es gegenwärtig nur noch 15 000 Hauptuiiterstützungscmpfängec in der Erwerbslosenfür- sorge gibt, also der siebente oder achte Teil von früher. Das Kapitel wurde, ebenso wie Kapitel 43. Handel und Gewerbe im allgemeinen, nach kurzer Aussprache genehmigt. Zur Schluß- beratung der Kapitel 22 und 23, Ministerium der Justiz, Bericht«, Staatsanivostschaften und Sefangerwieanftakten, erstattete Mg. Dr Dehne (Dem.) Bericht. Hierzu lagen Anträge von deutsch nationaler und volksparteilicher Seite vor, di« die Höherstufung eines Teiles der Beamten bezivecken. Die Anträge werden gegen di« Bürgerlichen abgelehnt, dagegen wird ein neuer Antrag Gündel-Ulbrich gegen vier Stimmen der Linkssozialisten und Kommunisten angenommen. Mit den hierdurch erforderlichen Aenderungen werden die Kapitel verabschiedet. Heber Kapitel 28, Heil, und Pflegeanstalten, berichtet Abg Eastan (Soz.), der mehrere Neueinstellungen zu dringenden Neubauten beantragt, die mit den vorlagegemäßen Neueinstellungen geneh. migt werden. Das Kapitel 16, Ruhegelder, wird nach dem Bericht des Abg. Göldner (Soz.) mit unwesentlichen Aenüerun- gen genehmigt. Ein sozialistischer Antrag auf Gewährung einer Wirtschaftsbeihilse an die Beamten aller Besoldungsgruppen wurde nach längerer Aussprache zur Weiterberatung am Frei tag zurückgestellt. Mehrere Parteien haben Entschließungs- anträge zu dieser Materie tm Ausschuß vorgelegt. Sü-westsachsen Zw-ckau. Ein kommunistischer Stadtverordneier wurde siir 5 Sitzungen ausgeschlosten; die kommunistische Partei beantragt«, diesen Beschluß zurüchzuziehen und außerdem gegen die Verab schiedung des Hanshaltplancs Protest e.iilznlegen. — Jin Jahre 1915 wurde b^chlosie», ein großes Gelände im Stadtteil Weißen- bora aickzuforsten und einen Hcldenhajn anzulegen; es wurden 1900 junge Elchenbäume und andere Laubbäume sowie Nadelbölrer gepflanzt; gärtnerische Anlagen wurde» geschaffen und ein 2 Meter hoher Gedenkstein errichtet. Ter Wald hat sich kräftig entwickelt und ist sehr schön geworden; darum hat ma» ihn nun zum Besuche fre'gegeben. — In Dresden wurde eine „Gasversorgung Westsachsen A.-G" gegründet. — Ans dein Landesgefängnls I entwich ein Sträfling. Er hielt sich dis zum Abend auf dem Brückenberge verborgen, verschaffte sich Zivilkleider und ging ins Stadtinnere. Dort konnte er aber bald festgenommen werden. — Am Sonntag beendete das Stadt theater seine Spielzeit. Es war ein Zuschuß von 80 000 M. nötig; für 1925/26 sind 200 000 M. vorgesehen. Crimmitschau. Tie Gerüchte, daß der frühere Ritterguts besitzer jn Hainichen eines unnatürlichen Todes gestorben sei, werden durch d>e amtliche Obduktion in Zwickan entkräftet uni als haltlos hingestcllt. Werdau. Ter städtische Haushaltplan, der erst eine» ut> gedeckten Fehlbetrag von 356 000 M. verzeichnet«, welcher durch Streichungen auf 259 000 M. vermindert wurde, wurde gegen 5 Stimmen in der letzten Stadtverordnrtensitzung angenommen.. — Ter Byzirksfürsorgeverband der Amtshauptmannschaft er- öffnete am 30. Inn« eine eigene Lungen- und KrüppelfiirsorgestellH ln Werdau, Fichtestraße 22. — Die Hundesperre ist wieder aufge hoben worden. Netzschkau. E>n neuer Trick ist der, alte boHifg.-Stücke aus Aluminium zu bronzieren und als echte in Zahlung zu geben. Jn e'nem Falle bis setzt gelang die Täuschung. — Vun städtischen Gelände in der Elsterberger Straße soll zunächst ei» großer Test zu Siedlungszwecken sreigegeben werden. Lengenfcld. EM neunjähriger Knabe wurde von einem auswärtigen Auto überfahren; er wurde schwer verletzt und mußte «ns Krankenhaus gebracht werden. Treuen. Zwe« junge Dame», die mit de,n letzten Zng< augekommen waren, wurden von drei Burschen in der Bahn- hofstraße überfallen und ihrer Handtaschen beraubt. Die Täter, nach denen gefahndet wird, entkamen in der Richtung nach Perlas. Elsteröcrg. Beim AuShebe» des Grundes für das Fener- wehrdepot «st man auf Neste der alten Stadtmauer gestoßen, die 1,50 Meter stark und verhältnismäßig wenig tief gegründet >st: die Steine sind vielfach Findlinge. Plauen. Nach dem vorläufigen Ergebnis der Volks zählung dieses Jahres leben in Planen 50000 männliche und 59 903 weibliche Personen. — Ein Schüler wollte auf einen «» voller Fahrt sich befindlichen Straßenbahnwagen ansspringen, glitt aber ab und erlitt stack blutende Kopfverletzungen, die ie>n« Ueberbringung im Krankenwagen nach der elterlichen Woh nung nötig machten. — Die Girokasse Plauen plant di- Er richtung eines modernen Vantgebändes. Dieses soll >m Zentrnm der Stadt errichtet werden und zwar dort, wo jetzt zwei Häuser, der Stadt geyörend, stehen, die schon längst nicht meyr ins Bild einer Großstadt passen; die Stadtverördne.e-, haben dem Verkaufe zugestrmmt. — Die VerkehrSunfä'le ha ben sich in der letzten Zeit wieder sehr vermehrt. — Ter 5000 Voniag-Webstnhl wurde znm Versand gebracht; er geht nach Jial'cn. — Weltfahrer Vogel, der, wie berichtet, die Welt zu Rade bereist, hat seit d-m 22. Februar 1925 17 000 Km. zurück- gelegt und rst am 22. Mai in Kobe (Japan) angekommen. Sla-trichter und Abbe Eine heimatgeschichtliche Erzählung aus den erste» Jahren der Republik Schirgiswalde. Bon Franz Näsle r. (17. Fortsetzung.) Als Ruhe eingetreten war, besohl der Stadtrichter: „Schasset mir den Dieb Eduard Dießner zur Stelle!* Wieder schritt der Büttel, gerade wie ein Ladestock, hin über ins Rathaus und kam mit einem hageren, blassen Manne zurück. Dieser war nicht gefesselt, da er sich willig und gefügig betragen hatte. Ihm war das Weinen näher als das Lachen. Aermlich war seine Kleidung. Statt der Schuhe hatte er Stroh um die Füße gewickelt. Nock und Hose schlotterten um seine mageren Glieder. Aengstlich blieü er vor dem Richiertische ste hen. Mit lauter Stimme Hub der Stadlrichter an: „ Eduard Dießner, ich klag dich an des Diebstahls. Du hast aus der Kammer des Meisters Döring Geld und Gut gestohlen und also gesündiget wider das siebente Gebot. Es sind in deine sündigen Hände zu Unrecht gekommen folgende Dinge: 12 Kreuzer lmres Geld, ein halbes Brot, ein Tuch aus guter Wolle, eine Strähne Garn, ein Hemde, ein Bild und zwei Teller. Du bist überführt des gemeinen Diebstahls. Bekennst du dich schul dig dieser Taten?" „Ja, ich bekenne, gnädiger Herr Stadtrichter," stammelte der Dieb. „Erkennst du an, daß du gesündigt hast wider das Eigen tum deiner Mitmenschen?" „Ja, ich erkenne es." „Empfindest du Reu« über deine böse Tat? Sprich!* „Ja, gnädiger Herr Stadtrichter!" „Bist du willens, aste die gestohlenen Dinge zur Stelle z» schaffen?" „Ich wist, gnädiger Herr!" „Wo hast du das gestohlene Gut?" „Ich habe -'s vergraben bis auf das Brot, gnädiger Herr!* „Du hast deine Tat gestanden und hast dich gut geführt im Stockhause Versprachst du den Schaden wieder gutzumachen?" „Ja, gnädiger Herr." „So sck>asfe die Dinge alle bis zum nächsten Sonntage zur Stelle und lege sie auf die Bank, die dir an diesem Tage ausge stellt wird. Nach dem Gottesdienste müssen die gestohlenen Sachen alle ausgelegt sein zu jedermanns Besichtigung bis mit tags 1 Uhr. Alsdann kann sie der Bestohlene wieder ln Emp fang nehmen. Zur Strafe erhältst du dreißig Stockschläge!" „Gnädiger Herr Stadtrichter", wimmerte der Verurteilt« und sank weinend in di« Knie. „Still," herrschte der Stadtrichter streng. „Dann fuhr er fort: „Weil du aber reuig gestanden hast und ein gutes Betragen geführt, so sollen dir die Stockschläge erlassen sein bis aus sechs." Leises Gemurmel verriet dem Stadtrichter, daß sein mildes Urteil Beifall fand. Er wandte sich an die Beisitzer und fragte sie, ob sie dem Urteile beistimmten. Sie nickten beide mit dem Kopfe. „Steh auf," befahl er dem armen Sünder, der immer noch kniete. „Aus, Büttel, gib ihm die sechs Stück!" Wimmernd schlich der Dieb ins Rathaus. Hier lag eine Schütte Stroh. Diese mutzte er aufnehmen und vor den Gerichtstisch tragen. Hier wurde ihm der Rücken entblößt. Beim ersten Streich erhob er ein jämmerliches Gebrüll. Da lachte die Menge laut auf. Nach Beendigung der Prügelstrafe muhte der Dieb das Stroh zusammenlesen und wieder an Ort und Steste tragen. Eher er entlassen wurde, ermahnte ihn der Stadtrtchter, ja nicht aus den Sonntag zu vergessen. Kaum war der Dieb hinter der Menge verschwunden, so entstand ein lebhaftes Gerede unter den Leuten. Der Abbü konnte sich nicht denken, welche Ursache die Erregung unter den Leuten haben mochte. Er sragte deshalb den Stadtrichter nach dem Grunde. Lächelnd antwortete dieser: „Jetzt kommt der interessante Fall. Deux dames," neckte er ihn. „Man Dieu," sagte Pasterelli und lehnte sich in seinen Stuhl zurück. Dreimal sauste der Hammer aus den Tisch. Ohne Erfolg. Die in der vordersten Reihe Stehenden, die das Pochen gehört hatten, zischten nach hinten um Ruhe. Das Gemurmel hörte nicht aus. „Läute mit der Glocke, Büttel," befahl der Stadtrichter* Als der laute Ton der Glocke erschallte, entstand Ruhe.. Der Stadtrichter pochte dreimal auf den Tisch zum Zeichen, daß er sprechen wollte. Lautlos lauschte die Menge. „Ich Klage an die Eheweiber, so da heißen: Hulda Stroh, bachin und Auguste Schnettertn. Vor den Richtertisch geführt wegen bösem Zank und unverträglicher Nachbarschaft. Büttel, schasse zur Stelle die beiden Weiber!" „Wsg da!" schrie der Büttel wichtig und schob mit der Hand das Volk zur Seite, das sich jetzt vor Neugier weit vorgedränat hatte. Hocherhobenen Hauptes schritt er nach dem Rathause. Er schloß eine Stube zu ebener Erde auf. Drinnen saßen zwei ver weinte Frauen. „Also, ihr zwei, heraus an den Derichtstlsch!" donnerte der Büttel. Unter Gejammer folgten sie dem Befehle. St« lenkten d,n Blick zur Erde und trippelten bis vor den Richternsch. Beide hatten sie dt« Kooftiicher tief über die Stirn gezogen, damit da» Volk ihre Gesichter nicht sehen sollte. Das höhnische Gelächte,, und die Zurufe ihrer Namen muhte ihnen aber sagen, daß die Leute gar wohl wußten, wer unter dem Kopstuche steckte. Nun standen sie vor dem Tische. Das Gelächter verstummte. Prüfend sah sie der Stadtrichter an. Da sprach er: „Ihr Weiber, nehmt einmal eure Kopftücher ab, damit ich sehe, wer die Strohbacherin und wer die Schnellerin ist." Als keine der beiden Frauen Anstalten machte, dem Befehle zu gehorchen, winkte der Stadtrichter den Büttel her: „Büttel, reiht ihnen die Kopftücher ab!" O wie flink waren da die Tücher zurückgcschobcn! Kup. ferrot stand die eine da, käseweih die andere. Lachend rief der Stadtrichter: „S'ist gut. Büttel! Erledigt." Dreimal hallte der Hammerschlag über die Menge. Kein Laut war zu hören. Der Stadtrichter nahm die Anklageschrift und begann: »Ihr seid angeklagt wegen Zank und Streit. Zum ersten: Das Eheweib Hulda Strohbachin." Die eine der Frauen anbltckend sprach er: „Bist du das?" „Io." hauchte sie. Zum andern: Die Auguste Schnellerin. Bist du das?" Nachdem fte ebenfalls bejaht hatte, fuhr er fort: „Ihr seid beide angeklagl von der Nachbarschaft samt euren Eheherren wegen Aergernis, so ihr seit einem halben Jahre gegeben habt. Du Strohbachin, hast die Schnellerin eine Hex« und andere böse Dinge mehrmalen geheißen. Du, Schnelle- rin, bist nichts schuldig geblieben und hast die Strohbachin be- nannt: Aas, Teufelsweib und andere böse Worte. Beide habt ihr des öfteren laut geschtmpfet und einmal auch euch beim Streit zerkratzet und die Kleider in Fetzen gerissen. Den Eheherren ist darob arger Schaden entstanden, zumalen in dieser teuren Zeit Kleider nur schwer zu Kausen sind. Auch seid ihr beschul digt, am Feste Mariä Empfängnis nach dem Hochamt draußen vor der Kirche mit bösem Gezänk die Andacht der Leute gestört zu haben, indem neben vielen argen Worten ihr beide euch mit den Gebetbüchern beworfen und bereits gemeldete Worte zuge- schrien habt. Auf Grund dieses Aergernisses haben die ehren werten Nachbarn und Bekannten Anklage erhoben, da ihr ver letzet hobt das Gebot der Nächstenliebe. Worauf euch eine Mah nung zugegangen ist von Amtes statt. Indem diese Mahnung von euch Weibern nicht beachtet worden ist, sondern ihr euren ge hässigen Zustand weiter zur Schau getragen habt, verfallt ihr de» Straft des Gerichtstisches. So frage ich euch denn hier in Gegen wart der Schlippen, ob ihr gesonnen leid, euch wie christliche Wei ber zu vertragen und Zank und Hader beiseite zu lassen. Ant wort«, SchnrNerin!" (Fortsetzung folgt.)
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