Volltext Seite (XML)
Leipziger Allerlei An den Onkel Küchenmeister, Leipzig! Tie Anfrage, die in Ihrem Leipziger Allerlei vom 14. 2. dieses Jahres betreffs der weiteren Bemalung in der TrinitaliS- kirche von Ihnen beantwortet wird, ist icdensalls nicht im Sinne des Fragestellers ausgefallen, aber rrcr den Onkel Küchenmeister in seinem .Allerlei" studiert hat. wird gemerkl haben, das; der gute Onkel auch sehr gut versteht, um den heißen Brei herum- qngehen. (Ein Küchenmeister ukuß das doch auch, sonst verbrennt er sich zu häusig — den Muird.) Man könnte zu leicht ins Fctt- näppchen treten (stimmt) und beim hohen Vatikan anstoßen. (Man soll auch außerhalb des Vatikans alles Anstößige vermei den.) Der Onkel aus Leipzig hat in dieser Angelegenheit seine Gedanken verborge» und scheut sich, über .Knust zu spre chen, obgleich er auch hierin zu Haus ist." Das stimmt nun nicht wenigstens nicht ganz. Ich bin in der Kunst nicht mehr zu HauS, als es ein halbwegs gebildeter Mensch sein muß. Aber was ich zu meiner Zeit von der Kunst geleint habe, weniger Kunststudium als Geschmacksbildnng, deckte sich nicht mehr mit den heutige» Begriffen. Ich bin in meinem Urteil seit dem Leip ziger Katholikentag etwas unsicher geworden, wo wir erleben mußten, daß eine Anzahl durchaus ernst zu nehmender Kunst sachverständiger, darunter zwei Hochschulprofessoren, der Seifert- schen Festpostkarle den Vorzug gegeben haben. Daher auch die Scheu, über die Bemalung auf dem Chor der Triniiatiskirche zu schreiben, obwohl, da sie in aller Munde ist, es mir jedeSmal in den Fingern zuckte, wenn ich die Feder — wollte sage», den Quirl in die Hand nabin. Nunmehr, wo ich das Urteil eines wirklichen Kunstsachberständigen schwarz auf weiß in den Hän den habe, freue ich mich, feststellen zu können, daß ich in allen Punkten mit ibm einig gehe. Einig sind wir vor allen Dingen darin, daß die Malerei von den Bestellern wie dem Hersteller gut gemeint gewesen sein mag. Aber nirgends ist der gute Wille allein so unzulänglich wie in der Kunst. Diese K n n st ist — gelinde gesagt — so unzulänglich, daß, wie der obige Brief schreiber meint, „jedem, der Stil und Farbe studiert hat, ein Grusel» befällt", „ist nicht geeignet, einen heiligen Nauin zu schinuckc» und die Gläubigen zur Andacht und Anbetung zu stim me». Ter Altarraum ivar jedenfalls bisher . . . architektonisch schön und gerade, durch die Einfachheit kam der schöne Hochaltar Voll zur Geltung". „Die beiden Bilder unter den Fenster» sind, abgeseh» davon, daß (Die Punkte bedeuten ganz dicke Pfefferkörner, die ich wegen meines Freundes E. K. in B. auch von Tritte» nicht zulasse» darf) . . . am falschen Plaste, denn dieser Plast ist für kein Bild berechnet, da die Fenster gerade genug als Bilder wirke». Nicht jeder freie Plast eignet sich für ein Bild und unsere weit feinfühlenderen Vorfahren haben die jetzt mit Buldern vernnzierteu Flächen frei gelassen, weil jeden falls für eine dekorative Bemalung kein Geld vorhanden war." Wenn mich jetzt noch kein Geld vorhanden war, so hätte man doch nicht so ohne weiteres das Angebot des Kunstjüngers, die Bemalung gratis zu liefern, aiinchmen sollen, denn die Wände der Kircbe sind wirklich >i schade, als daß mau sie einfach zur Verfügung stellt, wenn sich ein werdender «hoffentlich) Künstler auf große» Fläche» übe» will. Ich habe alle» Grund, vor wei tere» solchen Maßnahmen zu warnen, denn es sind gar zu viele, die da sagen, daß sie keinen Pfennig für die Bemalung der Kirche mehr hergeben würden, wenn diese jn der bisherigen Weise fortgesetzt wird. Ich fürchte, daß unsere sonst ovferwilliae Ge meinde auch bei Sau'iutüiiani für andere Zwecke. wie Glocken, Orgel usw sehr zurückhaltend sein werde — Ob wohl auch diese neuen Bilder während der sdasienzeit in so unschöner Weise ver hängt werden, wie der Hochaltar? Z">n Glück flogen mir gerade heute durch den bekannten guten Wind einige Notizbogen ans dem Vatikan in meine Küche, die geeignet sind, sehr viel von dieser Befürchtung wegzunebmen. Ich würde ein Unrecht begehen, wenn ich diese hier nicht ver öffentlichen würde. Gewiß ist inanchmal eine vorzeitige Ver öffentlichung von Schaden, aber an? einer Notiz, die mit einem Tatnin verscben ist, muß ich befürchten, daß die beabsichtigte, m. E. sehr segensreich sein würdende Einrichtung noch lange nicht ans dem Stadium der Erwägungen hermiskommt. Damit nun nicht bis dahin noch mehr Vorzclla». auch echtes, nicht wieder ersetzbares kapnt geht, unlerbreite ich diese Notizen, die, wie gesagt, bis jetzt nur Erwägungen darstcllen, der Ocfscntlichkeit. Entwurf zur Errichtung (Wahl, Geschäftsordnung) einer „Gcmeindc- Verlrelung der katholischen Gemeinde St. Trinitatis-Leipzig". 1. Dem Pfarramt sind in den letzten Jahren so wenig An regungen bctr. Ausschmückung der Kirche, Bemalung, äußere Verschönerung des Gottesdienste? (Orgel, Glocken. Gesang) usw. zugegangen, daß ihm die Errichtung einer besonderen Stelle, die diesem Zwecke dienen soll, notwendig erscheint. 2. Diese Stelle (die Bezeichnung „Gemeinde-Vertretung" scheint die passendste) hat die in der Zahl unzulänglichen scel- sorgerüch.'n Kräfte zu entlasten: a) in der Propaganda für Auf bringung der notwendige» Mittel, soweit sie dem Pfarramt nicht aniilich (Konsistorium) znaeben; bl bei Verwaltung derselben, c) bei Begutachtung von Kostenanschlägen; d) ,n der Bereinsseel- sorge, Verciiislassenführnng, Vereinsscbrifisührnng (gegebenen falls (Vorsitz) sind den Geistlichen möglichst abznnebmen. damit sie für die wirkliche Seelsorge, Vorträge, Hausbesuche »sw. frei werden. 3. Zn allen Beschlüssen der G-enieinde-Vertretung bedarf es der Zustimmung des Pfarramtes (Kirchenvorstand). 4. In alle» seelsorgerischen Angelegenheiten (Goitesdienst- ordniing, Exerzitien usw.) wird die Gemeinde-Vertretung nur gutachtlich gehört. 6. Die Wabl zur (iKmeinde-Veriretmng erfolgt nach den Grundsätzen der Verbäliniswahl. (Listenwahl, Aufstellung er folgt durch die Vereine. Kasino, K. K. V„ Akademischer, Arbciter- nnd Ges. Ver., Frauenbund. 6. Wahlberechtigt sind. . . (siehe Verfassung) (Kirchen steuer?). 7. Durch diese Gemeindc-Verlreiuug wird der bisherige Kirche,wmband nicht ersetzt. (Analogie ---- Zweikammersystem), (siehe Punkt 3). Entwurf einer Tagesordnung der . . . tcu Sitzung der Gemeinde-Ver tretung der Kemeiudc St. Trinüaüs 1. Aulraa von O. C zur Errichtung einer Krieger-Gedacht- niScbrung unter Wegfall der bisherigen Tafeln im Vorraum der Kirche. 2. Bemalung der Kirche, a) Bericht über bisherige Sanimel- ergcbnisie; b> weitere Aufbringung der Mittel (Angebot des P K. V., des Kasinos und der Studentenverbindungen zur Ab- haltzma eines Tatars für diesen Zweck); c) Aiwcbot von O. C. die Abbel'masse zu stiften, zur Entfernung der Wandgemälde im Altarraum. 3. Kircbcnkollekien (Antrag des Vereins Kasino, handlichere und praktischere (qeldaufnabmefäbigc) Sammelbüchsen an Stelle der bisher'"?» ang'stbasse» und die Sanimlima nicht durch Mini- strSisten, sondern Mitglieder der Gemeinde-Vertretung vorzu- stehmen. 4. Verkegniig der Beichtstühle, a) Entfernung ans dem Altarraum und Unterbringung an den 2. und 4. Sänken, an den Seitenaänoen unter Wegfall der kurze» Bankttücke; b) Prüfung von zwei Kostenanschlägen hierzu; c) Angebot einer Stiftung hierzu. 6. Bericht über GkockenfondS. Angebot zur Stiftung einer Ct. Heinrich-Glocke, eveutl. auch einer St. ChristianuS-GIocke. ILetzlere zur Erinnerung an die Wiedererrichtung des Bistums Meißen.) 6. Antrag des Frauenbundes, zur Ansehung einer hl. Messe um oder 8 Uhr, da viele Mütter zwischen 7-Uhr-Messe und Hochamt Gelegenheit zuin Empfang der hl. Kommunion habe» müssen. 7. Antrag des Elternrates zur Ansetzung einer Christen lehre am Sonntagnachmittag zur Ergänzung des unzuläng lichen SchulreligionSunterrichics (2 Stunden), Besuch der Eltern soll zugelasscn werden (erwünscht). 8. Anschaffung einer neuen Orgel, a) Bericht über bis herige Saininelcrgebiiisse, b) Ausbringung weiterer Mittel, e) An trag der Stud-Verbg. Bnrguudia, in der 1l,1ö Messe deutsche Lieder singen zu lassen (möglichst EinheiiSlieder) und für Zu gereiste Uebnngsstundcn zur besondere Landate-Lieder cinzu- richten. Sollte ich mit der Veröffentlichung dieser Entwürfe doch i»S Fetlnappchen getreten haben, so erlaube ich mir, an die Epistel des heutigen Sonntags (Koriniherbrief 13, 1—13) zu er innern. wo geschrieben steht: „Die Liebe ist geduldig, ist gütig..., alles erträgt sie, alles glaubt sie, alles hofft sie, alles duldet sie... das Größte .... ist sie Liebe. Darum in Liebe 1000 Grütze Euer Onkel K ü ch e u in eister. iVt//" e/'/r s/e/r/ /ickll/e /ecks/zr Lrr/x/o/ex/ io/' -4//Fck/r.- </a§ ßÄ/^/ö/rc/ w/«?c/e^ //r F6- o/Ä/tck/s r« -nVrFie/r. L//n e/a§ rü e^ck/c/kck/r, w/>c/ /cküks/- ä/üFS Lo////-be^ l^süc/rs/r, r/xike/- Sese///Fll/7L «//es 7>ennenc/e/r «/as L/o^enc/s mSx//c/»st s/«^/c r» üe/o/ren. /ll////o/re/r tt/rc/ E- §s/r t/a/? e//re /e/rc/e/nz/F aaFe/r- -//c/'//i7/lck/r l^x/tä//a/L§s a/c/r/ aax t/a/'c/r uv>/- §c/ra////c/!s ^la-S/ra/t/ack/r, vo/- a//ear c/a/v/r <//«- c/r/-/s///c/»ea /(«//,tn't/cka/s /m <M°a///c/le/r a/rc/ Lck-ck/r ck^/e// w/>e/. Ls F/// -4/r/lä/rFS/- ra /ä> t//ck§ck S/vFe /t/ech §o// §/e §c/r/re// //r^ e/r Oas -cks/ck /)F//a//o/^at///e/ /§/ «//e t/a/tck^ /ee/ckx /,/> se/no ^ck//a/rF/ Äe/r /§/ t//e FLe/rs/sc/is Vo//csro//un^ aae/r/weK/ a/rc/ ü/re/Äc/lELea /ä> e//e ^w/>^//L/rüaF c/es c/r^/L///c/rck« /<ll//a/7t/cka/§ /m öM/r///c^ck/r aac/ /-/-/ga/e/r Le-ea e/aAe/xck/ck/t. /ß/aa l/a/rs/' /ax t//e §äc/d§/§c/re ^o//^ck//aaF se/aem L/ea/rc/es- a/rc/ -ck/ §ck//re/r l^e/r/r /ec/e/' c/e^ §äc/rs/Lc/re/r ^o/^e//a/rF /rü/' e/nen aeaea Few/a/r/, /§/ cke/- vo/r u/rs /^e/e/re/r Fxo/Se/r /c/ee c/e^ Les/e O/E/ Fe/e/s/e/. Plauener Spitzen Grüß Gott! geneigtester Leser zuvor. Wissen Sie schon, daß ich neidisch bin? In weiß ganz genau, daß man es nicht sein soll, aber ich muß es ehrlich bekennen: Ich bin neidisch! Und wissen Sie auch auf wen? Auf die Herren Nedakteurel Die haben es meiner Ansicht nach gut! Sitzen hübsch warm in ihrer Redaktion, die Papierschere, den Kleistertopf, den Rotstift neben sich, auf dem Schreibtisch bequem den Fernsprecher! Herz, was willst du noch mehr! Und mm kommen alle die Nachrichten eine nach der andern ans dem Rcdaktionsschreibiisch (Schlachttisch hätte ich beinahe gesagt! und nun geht es ans Arbeiten! Und wisse» Sie auch, Verehrtester, wen ich bedauere? Die Mitarbeiter, als da sind die Berichterstatter, die in jeder Witterung durch die Stadt sausen, um Neuigkeiten zu erhaschen, und Sie Ihnen, Ver- ebrtcster, beim Sonnlagsmorgenkaffee auszutischen! Aber das mag noch gehen! Das Schlimmste ist wohl, wenn man berichtet, und man wird wieder berichtigt, ich hoffe nicht — berüchtigt! Sehen Sie mal. das ist so: Im sechsten Sortiment berichtete ich, daß in Ptzruen Pelze aus .Katerfcllcn noch nicht Diode seien, und nun mußte sich mein Entwerfer eines anderen belehren lassen, ja einer wurde ihm sogar gezeigt — es war aber der glückliche Besitzer ein Herr, nicht >vie in Nr. 3 berichtet wurde, eine Dame. Und nun kommt das wichtigere. Man höre und staune! Aus unserer lieben Nachbarstadt Oelsnitz i. V. erbalte ich die Nach richt, daß die Katzcnbesitzer über de» Verlust ihrer Hidigeigeis usw. klagen! Der Verlust dieser lieblich schnurrenden Kater fand seine Aufklärung durch einen Fund. In einem Sacke fand man nicht weniger als zwölf frischgetötete Katzen, selbstver ständlich ohne Fell! (Die Konjunktur wird ausgenuht! Di« Leitung mit dct Iehirn von Deutschland funktioniert; die Ver lustträger sind natürlich — und mit Recht — nicht damit ein verstanden.) Aber dieser eine Neinfall meinerseits ist nicht der einzige. Jn Nr. 7 erlaubte ich mir die kleine Bemerkung, daß ich die jetzige Zeit für Abhaltung von Maskenbälle» nicht geeignet halte. Schwupp! Wieder werde ich berichtigt! ES geht ja sonst ziem lich ruhig bei uns zu, aber innerhalb einer Woche diesmal vier Veranstaltungen sind, glaube ich, nur darum angesctzt, um mei nen Worten zu widcrsvrecbenl DaS heißt, eS sind nicht etwa Maskenbälle. Nein, nein, so ctzvas tun wir nicht, denn erstens mal gehört es sich nicht, und zweitens vartizipiert die Stadt durch >bre Steuer so viel am Eintrittsgelde, daß ein bescheidener Staatsbürger von heutzutage an solche Sachen sich nicht wagt! Also das erste Vergnügen, wenn mau das so nennen kann, war ein Bockbierabend voni Stammtisch: Die Svachiler! (Sie sebe». wir bleibe» in Plauen immer bei der Zunft.) Dieser Stamm tisch bat den Zweck, die Herren der verschiedensten Kreise ihre BernfSsorgen einmal vergessen zu machen. (Dazu trägt ein sol cher Abend nnbedingi bei!) Der Geist muß auch mal in andere Bahnen gelenkt werden, ansonst würde ja Goethes Wort im „Faust" Geltung haben: Er wird „wie ein Tier, auf dürrer Heide von einem bösen Geist im Kreis heviimgesührt, und rings i'inher lieai schöne grüne Weide!" sind „grün ist ia des Lebens goldener Baum!" Na aber! Eine» anderen Teil unserer Ge. iiieinde nminfaßie das zweite Vergnügen im engsten Kreise, das scbr stilvoll — wie mir berichtet wurde — verlausen sein soll zur allseitig«» Freude der Teilnehmer. Die dritte und vierte Ver- aiistaltnna werden größere Verbände unserer Gemeinde um fassen. Mag man sich bescheiden freuen, die Fastenzeit steht ja vor der Tür. Damit genug mit Gemcindenachrichten. Die sonstigen Mitteilungen stehen eben immer wieder im Zeichen der Teuerung! Am vorigen Sonntag wurde der seit dem 23. Januar still liegende Straßcnbabnverlehr ausgenom men. Der Fahrpreis stieg von 1,30 Mark auf L Mark; eine leider unumgänglich notwendige Maßnahme! Anläßlich des ersten Besuches Pater Schmidts hatte ich schon Gelgenheit genommen, in der „Sachs. Volkszeitg." unter dem Kennwort: Die Kutte verschiedene Ausfälle eines Teiles dcr hiesigen Presse zurückzuweisen. Man möchte dies abermals tu», denn die hiesige VoltSzeilnng holt wieder einmal auö ihrer Rumpelkammer all die Schlagwortlade »Hüter hervor, verbrämt sie, so gut eS geht, mit einigen persönlichen Spitzen gegen den Voricagenden »nd zeigt diese dann als sachliche Kunstkritik ihren Lesern. Es lobnt sich nicht die Mühe der Widerlegung; es kann eben lein Mensch aus seiner Haut heraus! Eine teuere Rauferei vollführte» zwei junge Burschen «ruft dcr Bahnhossiraße. Der eine schleuderte den anderen an ein gro ßes Schaufenster, das dabei in Trümmer ging, der Schaden be<> läuft sich auf ungefähr 20 000 Mark. Aus Klingcnthal wird mir berichtet, daß unser Minister präsident Buck am Abend vor der Stadtverordnetem»»!^ sprach und seine Ausführungen mit den Worten schloß: „Bringen Sie den Spruch in Ihrem Rathaus« an: Holter Friede, süße Ei,n- Iracht wohne unter diesem Dach — bis zum nächsten Krach!" Idyllisch, nicht? Das nächste LaiideshauptPereinSfest des Evangelischen Bun des wird in Plaue» am 2l. und 22. Mai abgehalten! Zwar wurde meinem Entwerfer von verschiedenen Seiten erklärt, er habe diesmal v>cl Stoff, aber ich merke, ich bin am Ende! Nehme» Sie es nicht übel, ich mußte durch die Ungunst der Verhältnisse die Kollektion diesmal rascher zusanimenstellea und konnte nicht ganz die nötige Sorgfalt darauf verwenden. Das nächste Mal wird eS hoffentlich besser! Eine kleine Bemerkung noch: „Die Fahne aus dem Kirch turm" (frei zitiert), die erst so lustig ins Winterblau hinaus- flaiierte, „ward ein Spiel der Winde", traurig hängt sie um den Mast gewickelt da, Di« nasse Lust scheint ihr nicht zu bekommen. Trübe sieht eS auch in der Natur aus, der Schnee ist sänftlich ge. schmolzen, der nötige Matsch hat sich eingestellt, „eö muß doch Frühling werden". Fast möchte man schon de» Stift spitzen, mn die unvermeidlichen Frühlingsgedichte zu beginnen, aber ich lasse es lieber, ich habe in der letzten Zeit so viel schöne Gedichte Plauener Dichter gehört, daß es mir unnötig erscheint, klapperig den Pegasus z» reiten! Als Kuriosum möchte ich die Einwoh nerzahl PlauenS >621 seststellen, man braucht dazu eine 1 und eine 0, nämlich in dcr Znsammenstellnna: 110 011. Damit Schluß! Gott befohlen bis zum nächsten Male! Ihr getreuer Sch. Lei er-H. Brief aus der Südlausitz Ten 23. Februar 1922 Heut muß ich zunächst um Entschuldigung bitten, daß ich. solange nichts hören ließ. Den Hauptgrund für meine Zurück haltung darf ich heut noch nicht öffentlich erzählen, vielleicht paßt es ein andermal. Ich sage: den Hauptgrund; denn eö gab auch noch eine Reihe Nebengründe, so z. B. die lebensgefährliche Glätte auf unbestreuten Wegen und Stegen und die andauerlide strenge Kälte, die das nochmalige Hervorsuchen meiner warmen Winter mütze mit Ohrenschützern (nicht Scheuklappen!) iwtweiidig machte. Der von meinem Plauener Kollegen so viel bewunderte, patentierenswerte Strohhut tonnte also noch nicht in Gebrauch genommen werden, so tmß ich also die Neuigkeiten gar nicht ge- hört hätte, wenn man mir schon solche zugeslüstert hätte. Man ches wagt man nämlich gar nicht laut zu sagen; aber der grobe Bricfschreiber plaudert es dann ans. DaS ist freilich nicht sein, aber zu einen» Knigge Hots noch nicht gelangt, »ird überdies schadets auch nichts, wenn mal etwas mit dem richtigen Namen bezeichnet wird! Ein anderer Grund laa in der freundlichen Bemerkung de- Plauener Spitzenhändlers, ich müsse wohl Junggeselle sein! Denn nun hatte ich das Vergnügen, einen Berg Liebesbriefe zu beaniworten. Und das nimmt natürlich eine Menge Zeit in Anspruch. Doch der Herr Spitzenfabrikant ist zweifellos ein tüch tiger Geschäftsmann; er hat sicher gemeint, meine Braut werde aus Dankbarkeit bei ihm einen recht kostbaren Spitzenschleier be- stellen! (Vielleicht hat er gar gedacht, es würden mehrere Be- stellungen eingehenll) Aber zu machen kein Geschäft, verehrte- ster Freund! Ein anderer Grund war die große Anzahl der Bälle und besonders der Maskenbällel Kaum ein Abend, an dem nichts loS gewesen wäre. Und wenn auch Fastnacht erst neue Woche ist, so gabs doch schon 3—4 Wochen lang nichts wie Fastnachtsrum mel. Wenn ich aber glaubte, unter der 'ch'itz'. ldcn MaS(- Neues zu sehen und zu hören, so bin ich ichändl-ch xi itänscht worden: Das alte Lied in verbesserter (wohl zu verstehen!) Auflage! Auf der einen Seite Not und Elend, auf dcr anderen Tanzen und Schlemmen. Sonntags: seidene Kleider, Florstrümpfe, Braten, Schnaps und Zigaretten und Montags: neue Lobiifordernnaen, da die notwendigsten Lebenbedürfnisie nicht befriedigt werden können. Heute wüsten nicht nur Kriegsgewinnler, auch weite Arbeiierkrcise. Nicht alle, aber die es tun, bringen den ganzen Stand in Verruf, ebenso wie früher nickt alle Adeliaen oder Offi ziere Verschwender waren und diese Kreise von den Arbeitern in Bansch und Bogen verurteilt (oder vielleicht nur beneidet?!) wurde». Ob der Aschermittwoch dem tollen Treiben ei» Ziel setzen wird? Wen» er eS wenigstens für den katholischen Volks- tcil tun wollte! Welche Schwierigkeiten einem Berichterstatter begegnen können, mag aus folgendein Vorfall ersehen werden. Den Sonn abendnachmittag wollte ich dazu benutzen, auf dem Lande Nach richten zu Hamstern und nebenbei mich nach billiaen Fuiieralien nmznschen. (Billig muß, es ans dem Lande zweifellos sein, denn die sitzen doch »och in Ortsklasse D und E!) Ich stelle mich in einen überfüllten Wagen 4. Klasse, wo trotz des mehrfach arme- schlagenen Rauchverbotes jeder dicke Rancbwolken in die ohnehin dicke Luft passt. 4,00 soll der Zug abkabren. aber eine halbe Stunde später steht er noch auf demselben Fleck. Endlich er fährt man, daß der Zug Verspätung habe, da in Hirscbselde drei Güterwagen entgleist waren, die die Strecke sperrten. Wie lange eS dauern könnte, wußte niemand zu sagen. Nach einer weiteren halben Stunde wurde ein Hilfszug nach Hirschfelde geschickt, der aber keine Personen mitnahm. Nach einer weiteren halben Stunde brachte die Maschine des Hilfszuges den von Hirschfelde fälligen Arbciicrzug mit. Nach einer weiteren halben Stunde schaffte eine Maschine mit drei Wagen die Fahrgäste, die nach Hirscbselde wollten, dorthin, während alle anderen das zweifel- hafte Vergnügen batten, bis Uhr zu warten und dann erst nach Ostritz und Görlitz weiter befördert zu werden. Bei diesem Erlebnis konnte ich allerlei Fcststellnnaen machen. Z. D. daß cs sehr viele ganz unverständige Menschen gibt, die nämlich in. nerhalb der vier Stunden nichts weiter getan baben, als Schaff ner, Zuasübrer, Fahrdienstleiter und andere Beamte unaufhör lich zu belästigen und zn beschimpfen, als ob jene am Unglück schuld gewesen wären. Die Ursache ist bis heut noch nicht fest- gestellt. Zum Glück ist kein Mensch zu Schaden gekommen. Ferner entdeckte ich, daß St. BureankratismiiS noch lebt und ganz wohl auf ist. Anstatt die Hirschseldcr Fahrgäste gleich mit den. Hilf?, zug an ihr Reiseziel zu befördern, mußten sie eine bolle Stunde warten und man mußte zweimal fabren. Aber eS «übt ja keinen Koblenmangel »nd teuer sind die Kohlen mich nichtll IrsurSngs in allen OröLen unä preislaZen vn»vH«i'on um»on»R worauf xewartel weräen kann LalcI - kssbs onesoei»-/».. 8,r.31