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Sächsische Volkszeitung : 26.02.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-02-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192202264
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19220226
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19220226
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-02
- Tag 1922-02-26
-
Monat
1922-02
-
Jahr
1922
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 26.02.1922
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^ Sonnkag den 2L FeLvuar 1922 Sächsisch« Soli-zeltung .<r. 48, Seite S Grundsätzliches zur Dresdner Aus stellung „Religiöse Kunst" Friedrich von Schlegel sagt im Athenäum: Nur der Deutsche treibe die Kunst als eine Tugend und als Religion. In dieser ausschließlichen Form kann man den Satz nicht gelten lassen, denn die Kunst ist Lei allen Völkern das gewesen, was sie ihrem Wesen nach sein soll, der Widerschein einer höheren transzenden talen Welt, der Reflex des Göttlichen in der Natur und in der Menschenseele. Auch die reinen Darstellungen der Natur, wie Landschaft und Porträt, müssen durch das Medium des Geistes erfaßt und wiedergegeben werden, wenn sie künstlerisch sein sollen. Anderswie brächte ja auf diesem Gebiete die Photogrchih-ie ine höchste Vollendung zuwege. „Kunst ist eben Kunst, weil sie picht Natur ist," sagte Goethe. Die Kunst ist demnach ihrem Wesen nach etwas Ueberwelt. liches, dem Reiche der Ideale Angehöriges, Religiöses. Als Unterlage ihrer Vermittlung an die Menschen mutz sie sich des Sinnfälligen, der Natur bedienen, die sie nicht einfach reprodu ziert, sondern vergeistigt wiedergibt. Das feingefaserte Denken und Empfinden des Künstlers erhält aber seinen vollendeten Ausdruck erst in den Schöpfungen, die eigens religiöse Gegenstände zum Vorwurf nehmen, in denen er also leine innere Beziehung zu Gott und dem Göttlichen offenbart — in der religiösen Kunst. Die religiöse Kunst kann und soll wirklich, wie Friedrich von Schlegel in dem oben ange führten Satze sagt, ausgeübt werden „als eine Tugend und als Religion". Da? Wort Goethes: „Wer Kunst und Wissenschaft hat, der hat auch Religion", ist nur in dem sehr beschränkten Sinne wahr, daß jedes echte künstlerische Bestreben nach oben gerichtet ist, wie schon gesagt wurde. Es kommt nun alles darauf an, wie stark dieser religiöse Trieb in der Seele des Künstlers wurzelt und wie geartet seine Vorstellungen von der übernatürlichen Welt sind. Deni Hersteller eine? Fetisch schwebt auch eine reli giöse Idee vor, ebenso wie der Pantheist und Monist von sich behauptet, von religiösem Gefühl tief durchdrungen zu sein. Die religiöse Kunst ist unlöslich von einem positiven Be kenntnis: nicht wie der Einzelne sich seine Beziehungen zu Gott denkt, kann hier maßgebend sein, sondern was einer Vielheit von Menschen der Ausdruck ihres religiösen Denkens und Fühlens ist. Religiöse Kunst ist demnach auch kirchliche Kunst; sie miutz der Erbauung, der innerlichen Erhebung aller derer dienen, die in einer festumschlossenen religiösen Gemeinschaft leben, die selben Vorstellungen von Gott und der übernatürlichen Welt haben. Mehr noch; dieses Gemeinschaftsgefühl, diese einheitliche Denk- und Empfindungsweise verlangt es. daß die künstlerische Ausdrncksweise, unbeschadet der Individualität des Künstlers, ein einheitliches Gepräge an sich tragen mutz, in dem sich mit aller Klarheit diese allgemeine Auffassung der religiösen Wahrheiten Widerspiegelt. Die religiös« Kunst ist in gewissen: Sinne ein Bestandteil der äußeren Gottesverehrung, weil sie eine Gott dargebrachte Huldigung darstellt. Ausgesprochen wird sie zunächst von dem Künstler selbst, aber an ihr beteiligen sich alle, die das Kunst- werk in sich aufnehmen und durch dasselbe sich belehren uitd er bauen lassen. Gott aber ist ein Geist und er soll im Geiste angebetet wer. den, mahnt dir Heil. Schrift. Wie vermag die Kunst, die durch sinnfällige Mittel sich äußert. Gott dem Menschen nahe zu brin gen? Darauf ist zu antworten, daß dies in einer symbolischen oder allegorischen Form geschehen kann, durch die der Geist deS Beschauers nach innen gerichtet und zum Nachdenken angeregt wird über daS, was er jm Sinnbild dargestellt vor Augen sieht. Dann aber ist nicht zu vergessen, datz die Religion in die Men- fchengeschichte eingetreten ist durch die göttliche Offenlmrnng. In den Mythologien der Völker des Altertums spricht sich die vermeintliche Verbindung ihrer Götterwclt mit dem Menschen aus; ihre gegenseitigen Beziehungen bilden den Gegen stand für die künstlerischen Borwürfe. Menschen treten handelnd oder leidend in ihnen auf; auch die Götter erhalten menschliche Gestalt, freilich in idealster Form. «Die Kunst der Formen hat bei den Griechen ihren Höhepunkt erreicht," es wäre vergebliches Bemühen, die Hoheit und vollendete Schönheit der griechischen Plastik — von der Malerei ist fast nichts erhalten — zu erreichen oder gar zu überbieten. Soll das Göttliche anthropomorph, das heißt in menschlicher Gestalt. Gegenstand der Kunst werden, so ist eS selbstverständlich, datz das höchste Matz von Schönheit und Würde dazu aufgewendet werden mutz. Die Geschichte der Offenbarung de» wahren Gottes im Alten und Neuen Testamente umschließt eine unerschöpfliche Fülle von Begebenheiten, an denen die Kunst sich betätigen kann. Die Befürchtung der Infektion durch die Vielgötterei des Heiden tums, von dem sie allseits umgeben waren, legte den mono theistischen Israeliten es freilich nahe, sich in dieser Hinsicht die äußerste Beschränkung aufzuerlegen. Auch die weise Arkan- disziplin der ersten Christen brachte das Heilige. Göttliche den Gläubigen vorerst syinbolisch nahe. Aber schon in der Kunst der Katakomben zeigt sich der Drang, die historischen Vorgänge des Alten wie des Neuen Testamentes sinnfällig vorzuführen. Die religiöse Kunst im Christentum hat von allem Anfang an kirchlichen Zwecken gedient, war in gewissem Sinn« mitbetei ligt an dem Gott schuldigen äußeren Gottesdienste. So ist es auch in der langen Folgezeit geblieben, womit freilich nicht gesagt werden soll, daß weihevolle religiöse Kunst ausschließlich dem Rahmen der Liturgie sich einfügen mutz Ein Bild, wie zum Beispiel das von Ilhde im Leipziger Museum — Komm, Herr Jesus, sei unser Gast — ist geeignet, beim Beschauer religiöse Empfindungen auszulösen, aber ein eigentliches Kirchenbild ist es nicht. Was kirchliche, gottesdienstliche Kunst ist oder nicht, darüber hat allein die kirchliche Autorität zu befinden. Die katholische Weltanschauung ist ein geschlossenes System, das aus den Leh ren des Glaubens, dem christlichen Sittengesetze und der von Gott gesetzten Verfassung sich mit zwingender Notwendigkeit er gibt und in dem auch die Kunst ihren Platz hat. Dieses System ist aber kein starres, totes Gebilde. Wie die Doginengeschichte die Entwicklung der geoffenbarten Wahrheit in deren Erkennt nis durch die theologische Wissenschaft zeigt, wie das Kirchenrecht aus dem unwandelbaren Grundkern sich im Laufe der Zeit immer bestimmter hcrausschält, wie die sittlichen Anforderungen, grundgelegt in den zehn Geboten Gottes, sich nach und nach lau. tern und mit nachhaltiger Sicherheit als moralische Pflicht in den tausend Einzelfällen sich deni Gewissen der Menschen kund tun. so ist auch die kirchliche Kunst der Entwicklung fähig. Die Grenzen, innerhalb deren diese sich vollziehen darf, bestimmt einzig und allein die Kirche. Dem Gesetze des Fortschrittes unterliegt alles organische Leben hier auf Erden, aber wohlbemerkt, unter Wahrung der Art, die sich nicht in eine andere ivandeln kann. Auf die christ liche Kunst angewandt, ist zuzugcbcn, daß die Formen der Kunst der Vervollkommnung sich nicht entziehen dürfen. Niemals ist die Kirche dabe« hinderlich gewesen; im Gegenteil weitherziger denn auf anderen Gebieten, wie z. B. der Naturwissenschaften, hat sich hier die kirchliche Autorität stets erwiesen. Sie duldete den Austausch der hieratischen Kunst des Byzantinismus mit den freieren der Natur abgelauschten Formen eines Giotto. Der all gemeinen Umwälzung mich auf dem Gebiete der Kunst in der Renaissance stemmte sie sich nicht entgegen, sondern ihr Streben beschränkte sich darauf, der Kunst den christlichen Charakter zu wahren. „Der Geist ist es. der lebendig macht." Das Glaubens- bewutztsein, das innerste Wesen des Katholizismus vcrlcmgnen auch die kühnsten Gestaltungen der Rcnaissancckünstler in keiner Weise. Und darauf allein kommt eS der Kirche an. Sie wacht darum auch mit Strenge über die Wahrung eines allgemeinen Typus in der Darstellung Christi und der Heiligen, wie er sich im Laufe der Jahrhunderte des Glaubens herausgebildet hat. In der» Punkte hält sie unverbrüchlich an der hergebrachten Tra dition fest. Das Maß der formalen Schönheit bestimmt sie nicht, Wohl aber fordert sie, datz der Idealismus gewabrt bleibt und das Heilige sich durch äußere Würde kundgibt. Mit Nachdruck I besteht sie ferner darauf, datz die religiösen Darbietungen dem, Volke verständlich sind. Die Kunst soll ihr ja behilflich sein. d«e. Gläubigen zu belehren, zu erbauen. Phantastische Gebilde, wie sie neuerdings aus den unergründlichen Tiefen expressionistischer Gemüter ersteigen, verweist sie entrüstet aus dem Heiligtum. In vollster Weitherzigkeit erlaubt die Kirche innerhalb dieser Grenzen dem Künstler seine Individualität in seinem Werke zum Ausdruck zu bringen. Sie würdigt dabei die grund verschiedenen Temperamente der Völker und der Einzelmenschen« die den Geschmack bestimmen. Weder das Formgefühl der ro manischen Völker und ihr entwickelter Schönheitssinn, noch de« mehr verinnerlichte rauhere Stil des Deutschen darf in der reli giösen Kunst die Norm abgeben. Aus beiden Richtungen können tief religiöse Werke hervorgehen, wie die Kunstgeschichte beweist. Fassen wir die vorstehenden Erörterungen kurz zusammen: 1. Christliche Kunst kann nur der ausüben, welcher selbst einen positiv gläubigen Standpunkt einnimmt. 2. Weniger noch als von der Kunst im Allgemeinen gilt für die christliche Kunst der Grundsatz: l'art pour l'art. Die Beurteilung, ob etwas Kunstwerk ist oder nicht, ist das Recht der Allgemeinheit, nicht das einer Koterie, deren wirkliches Können sehr oft ihrem selbstbewußten Austreten nicht entspricht. 3. Ein christliches Kunstwerk mutz seinem Inhalt nach vom Volke verstanden werden. Darum darf es nicht von der traditio nellen Auffassung des heiligen Gegenstandes erheblich abweichen. 4. Alle Weiterentwicklung fußt auf dem Vorhergegangenen, an das sie anknüpft. Für die Kunst ist das nicht anders. Der wahre Fortschritt baut auf dem bewährten Alten auf und reißt nicht alles meder. In der christlichen Kunst gibt es in der Ver gangenheit vollendete Vorbilder für alle ihre Aufgaben. An diese »ruß angeknüpft werden. 6. Die christliche Kunst erfordert in allen ihren Betätigungen ein gewisses Matz von formaler Schönheit, denn sie soll der Reflex einer idealen Welt sein. 6. Was für das Gotteshaus sich eignet oder nicht, darüber steht das Urteil allein der kirchlichen Autorität zu. Sie entschei det darüber nach dem Zeugnisse der Kunstgeschichte mit vollster Weitherzigkeit. Zum Schluß noch einige Kundgebungen der katholischen Kirche in ihren offiziellen Gesetzbüchern zu den berührten Fra gen. In lichtvoller Weise hebt das Konzil von Trient die Gründe für den Nutzen der kirchlichen Kunstbetäligung hervor, indem eS sagt: „Datz durch die Geschichten der Geheimnisse unserer Er lösung, welche in Gemälden oder andren Nachbildungen aus gedrückt sind, das Volk unterrichte) lind in dem Andenken und in der steten Beherzigung der Glaubcnswahrheiten bestärkt werbe; daß überhaupt aus allen heiligen Bildern ein bedeutender Nutzen geschöpft werde, nicht allein, weil das Volk an die ihm von Christus geschenkten Wohltaten und Gaben erinnert wird, sondern auch, weil durch die Heiligen die Wunder und die heil samen Beispiele den Augen der Gläubigen vorgehalten werden, auf datz sie für jene Gott Donk sagen und ihr Leben und ihren Wandel dem Vorbild« der Heiligen gemäß einrichten und zur An betung und Liebe Gottes und zur Uebung der Frömmigkeit an geeifert werden." Bezüglich der Handhabung der kirchlichen Aufsichtsgewalt in Kunstangelegenhaiten bestimmt der neue Codex juris canonici von Benedikt XV. im Kanon 1279 folgendes: 1. Niemand sei es ge stattet m den Kirchen, auch den exempten, sowie an anderen hei ligen Orten irgend ein Bildwerk von ungebräuchlicher Form anf- znstcllen oder aiisstcllen zu lassen. 2. Der Ordinarius (Bischof! soll keine der öffentlichen Verehrung der Gläubigen darznbietcn- den heiligen Bilder gntheißen (approbieren), die dem durch die Kirche erprobten Gebrauche nicht entsprechend sind. 3. Niemals darf der Ordinarius es zulassen, datz in den Kirchen oder anderen heiligen Orten dogmatisch falsche Bildwerke oder solche ausgestellt werden, welche nicht als durchaus dezent und ehrbar sich darbieten oder gar für die Ungebildeten eine Gefahr verderblichen Irrtums werden können. E. K. tt§L1* nölig, gehe zu Gebrüder Sächsische Volkszeitung — Nr. 48 — 26. Februar 1922 Das Rosenhaus Originalroman von Felix Nabov 68. Fortsetzung.) «Na, warum denn n cht? . . . Sie kann ich doch nicht hei rate» . . ." rief Thyssen wütend. Da brach Thiebolt in ein jcliallendeS Gelächter aus. „Nein," rief er, „das geht nun freilich nicht, aber so leicht laß ich Sie doch nicht ziehen. Ich halte Hie mit Ketten fest, denn ich habe nun einmal die Ueberzeugung, daß ich nur in Ihrer ärztlichen Behandlung völlig gesund werden und das biblische Alter Er reichen kann . . . Und das will ich. . . Darum mutz ich Sie zu meinem Leibarzt haben, so lang ich lebe... Ich verdopple Ihr Gehalt —" «Ah bah — auf Ihr Geld nies ich," rief Thhsscn. „Ha," rief Thiebolt, „nun geht mir ein Licht aufl" Er tippte Thyssen mit dem Zeigefinger auf die Brust und flüsterte ihm zu: „Da siht'S — im Herzen! Gut, datz ich das weißt" „Was wissen Sie?" protestierte Thyssen. „Nichts wissen Sie! . .. Und im übrigen habe ich Ihr Wort, datz Sie schwei gen . . . Also — daS liegt nun hinter mir — und jetzt tren nen sich unsere Wege. . . Hier ist die Tramm — ich fahre znm Bahnhof und dann nach Bonn und Nonnenwerth. Eine Schwester ist heftig erkrankt . . . Adieu!" Er verabschiedete sich hastig von Thiebolt, schwang gegen Hella grüßend den Hut und sprang in den eben an fahreirden Straßenbahnwagen . . . „Was hattet ihr denn so Lustiges miteinander zu reden, weil du so bell gellrcht hast?" fragte Hella ihren Onkel. Tbiebolt war ein wenig verlegen. „Ach nichts," sagte er ausweichend. „Thyssen hat mir eine Schnurre erzählt —" „Onkell" machte Hella mit drohend erhobenem Finger, „ich lasse mir keinen Bären cnifbinden. Heraus mit der Wahrheit!" „Na sa." suchte sich Thiebolt aus der Schlinge zu ziehen, „errze Schnurre ists schon . . . Also dieser Doktor ist entweder total verrückt — oder sterblich verliebt . . . Denke dir nur — «r will uns verlassen —" „Verlassen!" vief Hella, die bei dieser Nachricht plötzlich er blaßte. „Wohin geht er denn . . ." «Nach Bonn — eben fährt er dorthin . . . und dann nach Nonnenwerth —" Ml kolkl 'Uestcnhos - mp-ig Mir Ammer mt» llalr a. warmwasser « vis« - kreise mäßig - «onlkr-n-mr „Ach so!" sagte Hella mit einem schmerzlichen Lächeln. „Nun, dagegen ist nichts zu machen. Ern jeder geht eben dahin, wohin daS Herz ihn zieht." „Wohin das Herz — ? . . . Na, daraus werd nun einer klug! . . . Mir ist von euren Reden ganz wirr im Kopf . . . Ein Mühlrad dreht sich in meinem Gehirn . . . Mädel, Mädel — orakle man nicht, sondern schenk mir mal klaren Wein ein —" „Der fließt mir klarsten in deinem Trinkstüblein, bei den Nheintöchtern —" „Wahrhaftig, du hast recht! . . . Darum will ich jetzt so eilig als möglich zu den Rheintöchtcr» flüchten und bei einer Flasche Nndesheimer die Narretei der Menschen und das Masken spiel des Lebens vergesse». Komm, wir fahren nach Hause!" — Aber Thiebolt kam »ach seiner Heimkehr nicht so rasch in die unterirdische Trinkkemcnate und zu seinen geliebte» Nhein- töchtern in den hölzernen Neifröcklcin. Als er mit Hella das Nosenhaus erreichte, lag die Sonne mit solchem Glanz aus dein alten, lieben Bau, daß er wie gebleirdet stehen blieb . . . „Hella," rief er, „sieh nur. welche Pracht! Hast du je so etwas Schönes gesehen. ES ist wie ein Wunder . . . wahrhaftig ein Wunder! . . . Ter alte Noscnstock, der schon im Sterben lag, grünt und blüht wie nie zuvor. Jetzt glaub ich selber an ein Blühen unseres alten Geschlechtes . . ." Er setzte sich auf eine Bank, die unter einer schattigen Pla tane stand, und betrachtete staunend das Rosenwnirder... ES tvar auch wirklich ein Wunder . . . denn der alte Rosenstock hatte eine solche Menge frischer Zweige getrieben, daß Turm und BurghauS bis hinauf zu Zinnen und First von ihnen wie mit einem dichten Netz übcrsponnen waren. An de» schlanken Ranken aber blühten Tansende und Abertausende von roten Röschen, die gleich einem Meer von funkelnden Rubinen im Sonnenschein sprühten und leuchteten. Nie noch hatte der Stock eine solche Fülle von Blüten getragen. Wie ein Blütenmantel von unsäg. licher Pracht wallte eS von Turm und Burgfenstern nieder, wie ein schimmernder Teppich, der mit tausenden funkelnder Edel, steine bestickt und in schwere», köstlichen Falten von de» üvwgen Liladolden der Glyzinen besäumt war; dazwischen rieselte wie zartgrüner Samt der juuae Efeu durch die Blütenfülle, und all diese Pracht war überwölbt von dem blauen Baldachin des Himmels, und die Julisonne schüttete all ihr Gold über daZ Ro senhaus und über das blühende Wunder a»S. Thiebolt konnte eS kaum fassen. „Wie ist daS nur mög lich?" fragte er, noch immer staunend. Da gab ihm Jusseph die gewünschte Aufklärung. „DaS hat unser liebes Rosenfräulein vollbracht." sagte er. „Im Frühjahr bat sie den Boden gelockert, gedüngt und begossen und das alte, küre Holz ausgeschnitten — und jetzt wird der alte Stock nxrhr- haftig nnedcr i>mg und blübt rvie noch nie. seit ich ihn kenne. So Schönes Hab ich nie gesehen." Da nickte Thiebolt seiner Nichte liebevoll zu. «Sagte ich es nicht immer, daß du eine segnende Sand hastl" rief er. "Was du anfassest, das wird zum Glück. Immer weißt du das Beste. Jedwedes Geschöpf, sei eS Mensch oder Tier oder Pflanz«, braucht Liebe und Sonne, wenn es gedeihen soll — und jedes hat ein Recht auf den Platz an der Sonne. Und jetzt wollen auch wir die Sonne recht lange genießen — di« Rheiutöchtec in ihrem dunklen Reich mögen warten, bis icb zu ihnen komme. Jusseph, eine Flasche „Nheingotd!" Die wollen wir in der Sonne trin. ken und dem Nosenfräulein, das so holde Wunder wirkt, gebührt daS erste Glas." Sie saßen fröhlich beisammen, und als Jusseph die Flasch«, und die Gläser brachte, füllte sie Thiebolt und erhob den Römer: „Dein Wohl, Hella!" sagte er. „Ich wünsche dir alles Glück der Erde — und daß auch dir die Rosen blühen —" Sie errötete, senkte das Gesicht und nippte an dem Kelch. Es mar eine köstliche Stunde. Der laue Sommcrrründ, der durch die Bäume strich, war gesättigt von dem Duft der Rosen und deni Erdgeruch, der aus dem Park und au? den Weingärten aufstieg. Vom First des Hauses herab schmetterte ein Stieglitz, der wie ein Edelstein in der S«u»e funkelte, sein Helles Lied in den schönen Sommertag hinein und schaute mit seine» Aeuglcin ste-lz wie ein kleiner König auf die frohen Menschen herab. Mit einem jauchzenden Pfiff schwang er sich m die Lust und flog empor zur Sonne. Wie schön war doch die Welt, wie schön und köstlich daS Leben! Hella vergaß für Stunden ihr Herzeleid und wurde so froh und heiter, datz Thiebolt seine herzlickrc Freude an ihr hatte und in ihrer Nähe selber wieder jung wurde. Ein jäher Ueber- mut überfiel beide wie ein Freudenrausch, und Hella ging hin über zum Noscnstock, um ein paar Rosen zu brechen und ihrem Onkol ins Knopfloch zu stecke». Wie sie nun so in der Sonne stand, vom Scheitel bis zur Sohle von einem flimmernden Gold mantel umflossen, dicht vor der rot blühenden Wand, aus der tau. send purpurne Flammen hcrvorzubrechen schiene», war der An blick so zauberbaft schön, datz Thiebolt völlig hingerissen war unv ihr znrief: „Nun bleib nur noch einen Augenblick so stehen . . . Ich habe nie ein schöneres Mid gesehen: das ist Brünhilde, die Walküre, die herrliche WotanStochter, umlodert vom tvaberndcn Feuer! . . . Aber wo bleibt Siegfried, der sie heranSsübrt aus dem ZanbcrkreiS? ... Du weißt es nicht? . . . Dan» v-nß ich gleich mit den Rheinlöchterrr reden, die sind wissend und geheimen Zaubers kundig —" Er erbob sich und trat auf Hella zu. Die Sonne ging zur Rüste, der Glanz erlosch, der Zauber war gebrochen. Hella gab ihrem Onkel einen Strauß roter Rösche». „Grüß die Nbein- töchter!" kagtc sie. „Und grüße mir Siegfried — tch harre sein! Jetzt crl'er muh ich mich den realen Dingen zuwenden und für das Nach mahl sorgen." kFortsehnna folgt.'. Zeäeo S»iii»1»g »d 4 Übe vis Kallrvvuv 7.». Vonnsr8lag V11) i» voenedmen 8til progr-m«» »d »ttt» «1»x ül«irl>,Iti
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