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Kant und die Gottesbeweise Philosophische Grdankengünge au» den Vorlesungen Bischof Dr. Schreibers an der Leipziger Universität In einem dritten Vortrage am Tonnerstag den 16. Februar Gm Hörsaal 40 der Leipziger Universität behandelte der hochwür- bigste Vortragende die Stellung .Kants zum teleologischen Got- GeSbewcise 1. in der vortritischen Periode Kants, diese reicht bis tzum Erscheinen seiner .Kritik der reinen Vernunft" im Jahre 1781; 2. in der kritischen Periode Kants seit 1781. 1. Die vorkritische Periode. In zwei Schriften hat sich Kant in seiner vorkritischen Periode zum teleologischen Goltesl>eweise geändert, nämlich in seiner .Allgemeinen Natur» Geschichte und Theorie des Himmels" vom Jahre 1755 und in der Schrift .Der einzig mögliche Beweisgrund zu einer Demon stration des Dasein Gottes" vom Jahre 1708. In der erstge nannten Schrift entwickelt Kant seine bekannte Weltbildungs» Gheorie, die er 40 Jahre vor Laplace einem Gedanken des eng, tischen Physikers Wright folgend ausgestellt und die in ihren Grundlinien bis heute den Beifall der Naturwissenschaft gefun den hat. Nach dieser Theorie bat sich unser gegenwärtiges Sonnensystem nach rein mechanischen Gesetzen entwickelt ohne unmittelbares Eingreifen einer autzerweltlichen Intelligenz. Kant legt sich hier die Frage vor, ob diese Theorie nicht im Widerspruche stehe mit der Behauptung der hl. Schriften, wonach Gott der Urhelwr der Ordnung und Zielstrebigkeit im Universum ist. Kant erklärt hierzu: „Wenn ich diesen Vorwurf gegründet wndc, so ist die Ueberzeugung, die ich von der Unfehlbarkeit gött- richerWahrheilen habe, bei mir so vermögend, das; ich alles, was ihnen widerspricht, durch sie für genugsam widerlegt halte vnd verwerfen würde." (Kants gesammelte Schrifteii, Ausgabe der 5kgl. prenß. Akademie der Wissenschaften I 222.) Doch ist er Überzeugt, daß dieser Widerspruch nicht besteht, seine Theorie vielmehr sich in de» teleologischen Gottcsbewcis durchaus ein- fügt. Hierüber äußert er sich in dersellw» Schrift folgender- Niaßen: „Die Materie, die der Ursloff aller Dinge ist, ist also lm gewisse Gesetze gebunden, welchen sie frei überlassen, notwen dig schöne Verbindungen hcrvorbringen muß. Sie hat keine Freiheit, von diesem Plane der Vollkommenheit abzuweichen. Da ste also einer höchst weisen Absicht sich unterworfen befindet, so muß sie notwendig in solche übereinstimmende Verhältnisse durch eine über sie herrschende Ursache versetzt worden sein, und es ist vin Gott, eben deswegen, weil die Natur auch selbst im (5haöS Vicht anders als regelmäßig und ordentlich verfahren kann." (Ebenda I 228.) Und weiter: „Der eine Schluß ist ganz richtig: wenn in der Verfassung der Welt Ordnung und Schönheit hcr- vorleuchten, so ist ein Gott. Allein der andere ist nicht weniger gegründet: wen» diese Ordnung aus allgemeinen Naturgesetzen bat bervorfließen können, so ist die ganze Natur notwendig eine Wirkung der höchsten Weisheit." (Ebendort I 346.) Der Redner nimmt hier Veranlassung, Kants Kosmogonie tzogeuüberzustclten jenen evolutionistischen Theorien, die unter dem Namen des Darwinismus und HaeckelianiSmuS gehen. Nach diesen letzteren ist die Entwickelung durch den Kampf umS Dasein, durch Selektion, natürliche Zuchtwahl, Vererbung und Ähnliche Faktoren so ausreichend bedingt, daß für ein außcrwclt- sicheS, ordnendes und zielsei-endcs Wesen kein Platz mehr bleibt. Der Redner führt diese Gegenüberstellung im einzelnen durch und kommt zu dem Schluß: Kant steht in vollem Gegensatz zu dieser materialistischen Kosmogonie. Aufs neue äußert sich Kant zum teleologischen GotteSbe- tveis in der acht Jahre später erschienenen Schrift: „Der einzig mögliche Beweisgrund zu einer Demonstration des Daseins Got tes" vom Jahre 1703. Dieser einzig mögliche Gottesbeweis ist ihr» der teleologische. Er führt hier des näheren folgendes aus: „Das Dasein Gottes kann bewiesen werden: 1. aus Wundern, 2. aus der Ordnung in der Natur. Der Wunderbeweis ist nur für solcl>e, die jeder tieferen Vernunfterwägnng unzugänglich sind. Der Schluß a»S der Naturordniing auf einen weisen Gott ist hingegen auch der Vernimftbetrachtung sehr einleuchtend. Geht man bei diesem Beweise von den der Materie zufällig anhaften den, weil äußerlich aufgenötigten Gesetzen aus, so hat der Be- weis trotz seiner AnsckMilichkeit für den Verstand und trotz der Wirksamkeit auf das Gemüt doch seine Schwächen. Berücksich tigt mm: aber die der Natur notwendig auferlcgten Gesetze, so führt er zum Ziele. Die beste Naturbetrachtung, erklärt Kant, ist diejenige, welche die Naturgesetze der Materi: nicht zufällig, sondern notwendig innewohnen läßt, denn durch diese Naturbetrachtung wird alles Geschehen in der Natur auf die Kräfte der Dinge selber und weiterhin auf möglichst einheitliche Gesetze und schließlich auf Gott zu rückgeführt, ohne die Möglichkeit eines unmittelbaren göttlichen Eingreifens in die Naturgesetze — zum Beispiel durch Wunder — zu leugnen. Zusammenfassend erklärt Kant: „Am mehrsten enthält die Methode, über die vollkommenen Anstalten der Natur zu urteilen, den Geist wahrer Weltweisheit, wenn sie, jederzeit bereit, auch übernatürliche Begebenheiten znqnlassen, inglsichen die wahrhaft künstlichen Anordnungen der Natur nicht zu ver kennen, hauptsächlich die Abzielung auf Vorteile und alle Wohl- gereimtheit, sich nicht hindern läßt, die Gründe davon in notwen digen. allgemeinen Gesehen aufznsuchen, mit großer Achtsamkeit auf die Erhaltung der Einheit und mit einer vernünftigen Ab neigung, di« Zahl der Natuvursachen um derentwillen zu ver vielfältigen. Denn hierzu noch die Aufmerksamkeit auf die all gemeinen Regeln gefügt wird, welche den Grund der notwendi gen Verbindung desjenigen, was natürlicherweise ohne besondere Anstalt vorgeht, mit den Regeln des Vorteile? oder der Annehm lichkeit vernünftiger Wesen können begreiflich machen, und man alsdann zu dem göttlichen Urheber hinanfstcigt, so erfüllt die physiko-Iheologische Art zu urteilen, ihre Pflicht gehörig." (Der einzig mögliche Beweisgrund zu einer Demonstration des Da seins Gottes II 138 ff.) Das Schlußergebnis ist somit folgendes: In seiner vor- kritischcn Zeit hat Kant dem teleologischen Gottcsbewcis volle Tragkraft zuerkannt. 2. Die kritische Periode. In seiner kritischen Pe riode, das ist seit dem Jahre 1781, urteilt Kant über den teleo logischen Gottesbewc-iS wesentlich anders. Seine diesbezügliche Stellnidgnahme ist am übersichtlichsten niedergelegt in seiner .Kritik der reinen Vernunft" und zwar besteht hier zwischen der ersten und zweiten Auflage keine StondpunktSveranderung. Zwar findet Kant am teleologischen Gottesbeweise auch jetzt «och viel Gutes und Schönes. Er sagt: („Kritik der reinen Ver nunft". AnSgabe von Kehrbach, 2. A., S. 489): .Dieser Beweis verdient jederzeit mit Achtung genannt zu werden. Er ist der älteste, klareste und der gemeinen Menschenvernunft am meisten angemessene. Er belebt das Studium der Natur, so wie er selbst von diesem sein Dasein hat und dadurch immer neue Kraft be kommt. Er bringt Zwecke und Absichten dahin, >vo sie unsere Beobachtung nicht von selbst entdeckt hätte, und erweitert unsere Naturkenntmsse durch den Leitfaden einer besonderen Einheit, deren Prinzip außer der Natur ist. Diese Kenntnisse wirken aber wieder auf ihr« Ursache, nämlich die veranlassende Idee zurück und vermehren den Glauben an einen höchsten Urheber bis zu einer unwiderstehlichen Ueberzeugung." Trotzdem hat er gegen diesen Beweis die schwersten kriti schen Bedenken. Sie lasten sich in folgende vier znsammenfassen: 1. der phyiiko-theologische GotteSbeweis ist ein bloßer Analogie, beweis und kann darum keine apodiktische Gewißheit erzeugen. L. Selbst als Analogiebeweis tut er Gott mir als Weltbaumeister dar, nicht als Deltschöpfer. und zwar nur als einen sehr weisen Baumeister, nicht aber als ein Wesen von unendlicher Weisheit. 8. Er gebt in seinem weiteren Ausbau über in den koSmologi- schen und mündet schließlich in den ontologischen GotteSbeweis, der, wie Kant früher schon davgelegt hat, ein Beweis a»S reinen Begriffen ist ohne Rückhalt in einer wirklichen Welt. 4. Er ist schließlich nur ein Spiel mit subjektiven Begriffen und Ideen, oenn er beruht auf «in ftrbsektiven Verstandeskategorien: Zweck, Zielstrebigkeit, Einheit «nv den Vernunftideen: Welt und Gott. a) Den erstgenannten Einwand formuliert Kant folgen dermaßen: »Ob wir aber gleich wider die Vernunftmäßigkeit und Nützlichkeit diese» Verfahren» nicht» einzuwenden, sondern es vielmehr zu empfehlen und aufzumuntern haben, so können wir darum doch die Ansprüche nicht billigen, welche diese Beweis, art auf apodiktische Gewißheit und auf einen, gar keiner Gunst oder fremder Unterstützung bedürftigen Beifall machen möchte, und rS kann der guten Sache keineswegs schaden, die dagmalische Sprache eines hohnsprechenden Vernünftlers auf den Ton der Mäßigung und Bescheidenheit eines zur Beruhigung hinreichen den, obgleich eben nicht unbedingte Unterwerfung gebietenden Glauben» herahzussimmen." (Kritik der reinen Vernunft, AuSg. Kehrbach, 2. Aufl. S. 490.) Und weiterhin: „Ohne hier mit der natürlichen Vernunft über ihren Schluß zu chicaniren. da sie aus der Analogie einiger Naturprodukte mit demjenigen, wa» menschliche Kunst hervorbringt, wenn sie der Natur Gewalt thut und sie nöthigt, nicht nach ihren Zwecken zu verfahren, sondern sich in die unsrigen zn schmiegen, (der Aehnlichleit derselben mit Häusern, Schiffen, Uhren) schließt, es werde eben eine solcke Cansalität, nämlich Verstand und Wille, bei ihr zuin Grunde liegen, wenn sic die innere Möglichkeit der frei wirkenden Natur (die alle Kunst und vielleicht selbst sogar die Vernunft zuerst» möglich macht), noch von einer anderen, obgleich übermenschlichen Kunst ableitet, welche Schlußart vielleicht die schärfste transscc»- dentale Kritik nicht auShalten dürfte, muß man doch gestehen, daß, wenn wir einmal ein« Ursache nennen sollen, wir hier nicht sicherer, als nach der Analogie mit dergleichen zweckmäßigen Erzeuguiigen, die die einzigen sind, wovon uns die Ursachen und WirkungSart völlig bekannt sind, Verfahren können. Tie Ver nunft würde es bei sich selbst nicht verantworten können, wenn sie von der Cansalität. die sie kennt, zu dunkeln und »»erweis lichen Erk.'ärungsgründen, die sie nicht kennt, überziehen wollte." Hierauf ist zu erwidern: Man kann den teleologischen Gottes- beweis allerdings auch in der Form eines AnalogicbewciseS füh ren. Aber auch so ist er durchaus stichhaltig. Die a»s»ahms- lose Erfahrung sagt uns nämlich, daß irgendwelche verschlungene Ordnung. Zweckmäßigkeit und Zielstrebigkeit in den stofflichen Dingen nie anders hergestellt wird als durch Intelligenz. Diese Erfahrung machen wir ausnahmslos, und ebenso ausnahmslos wird dieselbe von allen anderen Menschen gemacht. Freilich ist eS möglich und tatsächlich, daß auch einmal durch zufällige, blinde, intclligenzlose Tätigkeit ein einfach geordnetes Gebilde entsteht. Aber je komplizierter die Ordnung wird, je mannig faltiger die Faktoren ineinander verwoben werden müssen, um dieses Gebilde zu erzielen und je zahlreicher »nd verschlungener sie zu einander geordnet werden muffen, um ein gemeinsames Ziel zu gewährleisten, desto unwahrscheinlicher wird eS, daß eine blind wirkende, mtelligenzlose Ursache dieses erreichen könnte. Gegenüber der Ordnung, Zweckmäßigkeit, Zielstrebigkeit und einheitlichen Ziisammengeschloffenheit nun, wie sie im Uni versum herrscht, vom gewaltigen System der Himmelskörper an bis zu den mir mikroskopisch beobachtbaren Wundern der Klcin- welt, wird diese Möglichkeit gleich Null. Kant, der uns immer inahnt, auf dem Boden der Erfahrung z» bleiben und der an dem SchliißanSbau der herkömmlichen GotteSbeweis« das Ab gehen von der Erfahrung anSsetzt, müßte für diese», auf dem strengen Boden der Innen- und Außenerfahrung stehenden Ana- logiebewcis vor allem Verständnis haben. Indes, man kann den teleologischen GotteSbeweis mich ohne Zuhilfenahme der Analogie mit menschlichen Kunstwerken füh ren. DaS klar« Vern-nnftdenken sagt uns nämlich, daß Ordnung, Zweckmäßigkeit und Zielstrebigkeit die ureigensten Produkte der .Intelligenz sind. Wenn das Wirken intelligenter Ursachen gegen über dem Wirken rein stofflicher Dinge überhaupt etwas Eigen tümliches hat, so ist es eben die Alleinfähigkeit, Ordnung, Zweckmäßigkeit und Zielstrebigkeit hervorzubringen. Darum tut sich überall, wo Ordnung. Zweckmäßigkeit und Zielstrebigkeit ist. notwendig das Walten einer Intelligenz kund. b) DaS zweitgenannte kritische Bedenken bringt Kant fol gendermaßen vor: „Nach diesem Schluffe müßte die Zweckmäßig keit und Wolaerei mtheit so vieler Naturanstalten bloß die Zu- fälligkett der Form, aber nicht der Materie, d. i. der Substanz in der Welt beweisen; denn zu dem letzteren würde noch er fordert werden, daß bewiesen werden könnte: die Dinge der Welt wären an sich selbst zu dergleichen Ordnung und Einstimmung, nach allgemeinen Gesetzen, untauglich, wenn sie nicht, selbst ihrer Substanz nach, das Product einer höchsten Weisheit wären, wo zu aber ganz andere Beweisgründe, als die von der Analogie mit mensüilichcr Kunst, erfodert werden würden. Der Beweis könnte also höchstens einen Weltbaumeister, der durch die Taug lichkeit des Stoffs, den er bearbeitet, immer sehr eingeschränkt wäre, aber nicht eines Weltschöpfers, dessen Idee alles unter worfen ist, darthun, welches zu der großen Absicht, die man vor Augen Hat, nämlich ein allgenugsames Urwesen zu beweisen, bei Weitem nicht hinreichend ist. Wollten wir die Zufälligkeit der Materie selbst beweisen, so müßten wir zu einem transscenden- talen Argumente unsere Zuflucht nehmen, welches aber hier eben hat vermieden werden sollen." (Ebendort S. 491 f.) Diese» Bedenken besteht zu Recht nur gegenüber jenen Fassungen des teleologischen Gottesbeweises, die sich damit be. gnügen, die im Universum herrschende Ordnung, Zweckmäßigkeit und Zielstrebigkeit auf eine außerweltliche Intelligenz als deren Ursache znrückzuführen, ohne den Beweis weiter aus- zu bauen. Die führenden Theisten sind aber hier nicht stehen geblie ben. Sie haben vielmehr im weiteren Ausbau des Argumentes festgestellt, daß nach dem Ausweis der naturwissenschaftlichen Forschung diese Ordnung, Ziveckmäßigkeit und Zielstrebigkeit den Naturdingen nicht äußerlich angeklebt ist, sondern den Dingen innerlich anhaftet, mit ihrer Natur verwachsen ist, ihre ganze Natur durchdringt. Daraus folgt der Schluß, daß derjenige, der diese Ordnung, Zweckmäßigkeit und Zielstrebigkeit den Dingen gegeben hat, die ganze Substanz der Dinge hervorgsbracht hat: der Weltbaumeister ist somit zugleich Weltschöpfer. c) Das drittgenannte kritische Bedenken formuliert Kant in folgenden Sätzen: »Der Schluß gehet also von der in der Welt so durchgängig zu beobachtenden Ordnung und Zweckmäßigkeit, als einer durchaus zufälligen Einrichtung, auf das Dasein einer ihr proportionirten Ursache. Der Begriff dieser Ursache aber muß uns etwas ganz Bestimmtes von ihr zu erkennen geben und er kann also kein anderer sein, als der von einem Wesen, das alle Macht, Weisheit usw., mit einem Worte, alle Vollkom menheit, als ein allgenugsames Wesen, besitzt. Denn die Prä- dirate von sehr großer, von erstaunlicher, von unermeßlicher Macht und Treffliclffeit geben gar keinen bestimmten Begriff und sagen eigentlich nicht, was das Ding an sich selbst sei, son dern sind nur Verhältnisvorstellungen von der Größe des Gegen standes, den der Beobachter (der Welt) mit sich selbst und seiner Fassungskraft vergleicht, und die gleich hochprcisend ausfallen, man mag den Gegenstand vergrößern, oder das beobachtende Subject im Verhältnis auf ihn kleiner machen. Wo es auf Größe (der Vollkommenheit) eines Dinges überhaupt ankommt, da gibt es keinen bestimmten Begriff, als den, so die ganze mög liche Vollkommenheit begreift, und nur das All (omnitudo) der Realität ist im Begriffe durchgängig bestimmt." (Ebendort S. 492.) Antwort: Die führenden Theisten haben diese« kritische Bedenken längst entkräftet. Sie stellen zunächst fest, daß der Weltbaumcister und Weltschöpfer das Universum in seiner Ord nung, Zweckmäßigkeit und Zielstrebigkeit mit Freiheit her- vorgebracht hat. Sie machen diese Feststellung auf Grund fol gender Erwägung: Gesetzt, der Weltschöpfer habe bei seiner Tätigkeit nicht mit Freiheit, sondern mit innerer Nötigung ge handelt, gesetzt, er sei durch innere Nötigung determiniert ge- wesen, diese bestehende Welt mit dieser bestehenden begrenzten Ordnung, Zweckmäßigkeit und Zielstrebigkeit herzustellen, so ent steht sofort die Frage: Warum ivar er gerade dieser und keiner anderen Nötigung unterwarfen? Die Antwort: das ist nun ein mal so! kann den forschenden Geist nicht befriedigen. Er kommt mir dann zur Ruhe, wenn der Weltschöpfer ihm als ein Wesen entaeg«»tritt, welches das Weftgcbild« mit Freiheit schiff. Denn dann lautet die Antwort zu der aufgeworfenen Frage: weil et! mit souveräner Freiheit e» so wollte! Mit souveräner Freiheit wollen können, ist aber so recht der Vorzug eine» geistigen, voll kommenen Wesens und muß darum sich ganz gewiß auch in deni Wesen finden, das durch die Herstellung der Ordnung, Zweck mäßigkeit und Zielstrebigkeit in der Welt seine Geistigkeit so überlegen knndgetan hat. Aus dieser Freiheit folgt nun aber sofort die Unend» lichkeit dieses Wesens. Den» gesetzt, dieses Wesen sei frei gewesen nur hinsichtlich der Herstellung einer begrenzten Summö von Ordnungen, Zweckmäßigkeiten und Zielstrebigkeiten, so müßte die forschende Vernunft sofort wieder die Frage erheben:- Warum besaß diese» Wesen nur diese begrenzte Freiheit? Ru« dann ist für den denkenden Verstand der vollbcfriedigende hinrei chende Grund für den ganzen Tatsachenkomplex gegeben, wenn diese» Wesen in seiner Freiheit in keiner Weise begrenzt ist, das heißt wenn e» aus der unendlichen Fülle aller möglichen Welten die bestehende Welt mit völlig souveräner Freiheit zn verwirklichen imstande war »nd verwirklicht hat. Diese unbegrenzte Freiheit hätte aber der Weltbaumeister und Weltschöpfer nicht gehabt, wenn er nicht ausgestattet wärg mit unendlicher Macht, die eS ihm ermöglichte, alles zu schaffen, was er wollte und wie er eS wollte, und mit unendlicher Weis heit, die ihn instand setzte, jede Ordnung, Zweckmäßigkeit und Zielstrebigkeit den Gebilden seiner Macht zu geben, so wie er e» wollte. Damit ist die Unendlichkeit des Weltbcrnmeister» und Weltschöpfers zur Gewißheit erhoben. d) Den viertycnamiten Einwand bringt Kant in folgender. Form vor: „Nachdem man bis zur Bewunderung der Größe, der Weisheit, der Macht „sw, des WeltnrheberS gelanget ist uns nicht weiter kommen kann, so verläßt man auf einmal diese» durch empirisch« Beweisgründe geführte Argument und geht zu der gleich anfangs aus der Ordnung und Zweckmäßigkeit der Welt geschloffenen Zufälligkeit derselben. Von dieser Zufällig keit allein geht man nun, lediglich durch transscendentale Be griffe, zum Dasein eines Schlechthinnothwendigen und von dem Begriffe der absoluten Nothwendigkeit der ersten Ursache auf de» durchgängig bestimmten oder bestimmenden Begriff desselben, nämlich einer allbc fasse »den Realität. Also blieb der physisch, theologische Beweis i» seiner Untersuchung stecken, sprang in die« ser Verlegenheit plötzlich zn dem koSmologischen Beweise über, und da dieser nur ein versteckter ontologischer Beweis ist, so voll führte er seine Absicht wirklich bloß durch rein« Vernunft, ob er gleich anfänglich alle Verwandtschaft mit dieser abgelängnet und alles auf einleuchtende Beweise ans Erfahrung auSgcseht hatte" (Ebendort S. 493) — und nochmals: «So liegt demnach dem physiko-tbologischen Beweise bei koSmologischc, diesem aber der ontologische Beweis vom Dasein eines einigen UrwesenS als höchsten Wesens znm Grunde, und, da außer diesen dreien Wegen keiner mehr der spekulativen Verminst offen ist: so ist der ontologische Beweis, and lauter reinen Dernunftbegriffcn, der einzige mögliche, wenn überall mir ein Bcwe-S, von einem so weit über allen empirischen Ver- standeSgebranch erhabenen Satze, möglich ist." (Ebendort S. 494.) (Fortsetzung folgt.) Nachrichten aus Sachsen Eintritt eines Kommunisten in die sächsisch« Negierung? Die Chemnitzer BolkSitimine, dciS Organ deS Wirtschafts ministers Fellisch, schreibt in ihrer Nummer vom 21. Februar unter der Ueberlchrist „Die Negierung von mornen" u. ci. soloende«; „Wenn wir beut verraten, was längst offenes Geheimnis ist, daß die Kommunisten im Freistaat« Sachsen bereit sind, sogar Ministe« zu stellen, wenn die Aufforderung an sie ergebt, und daß der kom munistische Staatsminister in Sachsen al« Nnterorgan die Politik der... . ReichSregierung durchführen muß und durchführen wird, so " Also: Die Regierung von morgen, von der die „Cheinnitzer Volksstimme" bezüal. Sachsens spricht, ist die sozialistisch-kommu nistische. Die Linksparteien werden gut tun, die Ocffentlichkeit schleunigst über ihre Pläne aufzuklären. Die „Chemnitzer Volks stimme" spricht von einer Aufforderung, die an die Kommunisteir ergehen müßte, wenn ste in die Regierung eintreten sollten. Ist cine solche Aufforderung ergangen, oder wird sie ergehen? Manche Vorkommnisse Verletzten Zeit, im besonderen auch die Haltung der Kommunisten in der letzten Landtagssitzung, geben dieser Aenßerung der „Cyemnitzer Volksstimme" rin gewisses Gewicht. DaS sächsische Volk hat ein Recht zu erfahren, was in den geheimsten Zirkeln der augenblicklichen Regierungsparteien über sein Schicksal beschlossen wird. — Zur Leipziger Frühjahrsmesse hat der Deutsche Luft- Lloyd mit seinen sür drei Passagiere einperichteten Flugzeugen cine» stäiieigen Dienst zw'ichm Dresden und Leipzig vom 4. bis 14. März vorgesehen. Das Flugzeug wird jeden Mittag um 12 Uhr vom Dresdner Flugplatz abfliegen und 12 Uhr 45 Mm- auf dem Flnpplatz Leipzig-Mockau eintrcffen. Näheres beim Norddeutschen Lloyd, DrrSden-A., Prager Straße 49. — Bautzen. 23. Febr. Drei Stiftungen sind der Stadt Bautzen zugesallen. Em ungenannt sein wollender Geber überwies dem Stadi- rate je 10000 Mark zu einem Grundstock sür Kinderhilfe bezw. zur Fürsorge sür die Aermsten der Armen, sotwe 1000 Mark sür die Ein richtung »Stadtkinder aufs Land". — Zwischen der Stadt und dem Reichsschatzamt sind zurzeit Verhandlungen wegen Vcrkaus» der Hu« sarenkaserne an die Sladtgemcinde zum Einbau von Wohnungen im Gange. Ts handelt sich dabei um ein Millionenobjett. Die bisherigen Verhandlungen erstrebten lediglich eine Eimietung. Sie zogen sich da» lulch in die Länge, daß die Absicht bestand, zwei Schwadronen von Giimma nach Baugcn zu verlegen. Diese Absicht ist nimmchr fallen gelassen worden, sodaß eincm Ankäufe nichts mehr im Wege sicht- — Anläßlich de» Jubiläum» der Handelsschule habcn Bautzener Firmen und ehemalige Schüler eine Ehrengedächtnisstiflung err-chiet, deren Betrag sich auf insgesamt 35200 Mark beläuft. Die Zinsen sind be stimmt zur Unteistützung begabter und bedürftiger Schüler sowie zur Förderung der körperlichen Ertüchtigung. Die Sliflrr»g wurc« in städtische Verwaltung übernommen. Weiter beschäftigt sich die Stadt mit dem Plan der Errichtung eines Altersheims tür allernslebende Per sonen und Ehepaare, die in dem Heim auch Kost erhalten sollen. Man ist sich noch nicht schlüssig, ob das Heim an das bestehende Hospital angegliedert oder in einem Neubau untergebracht werden soll, der etwa v Millionen Mark kosten würde. — Stolpen. Die Scheune des Hofbesitzer» U. war in den letzten drei Wochen dreimal der Gefahr auSgesetzt, in Flammen auf zugehen. Die Brandstifter tonnten jedoch nicht ihr dreimal ang-fan- gene» Werk in Erfüllung gehen sehen. Der Feuerschein wurde jedes mal rechtzeitig bemerkt und der Brand gelöscht. — Lichtenstein-Eallenberg. Die Stadtverordneten de- willigten 300000 Mark zum Ankauf von Baumaterial, um Bauten in städtischer Regie auSsühren zu lassen. — Penig. Für die Zwecke de« RathauSumbaue» hat die Stadt eine Lotterie genehmigt erhalten, deren Gewinne aus Meißner Porzellan bestehen. — Limbach. Tödliche Berlehungen trug der 63jährige Hetzer Hering davon, der sich in selbstmörderischer Absicht von einem Zuge überfahren ließ. — Jahnsbach. Bei der TemeinderatSwahl wurden 6 bür gerliche und 7 sozialistische Vertreter gewählt. -- Lngau. Die Gemeinde Kirchberg hat der Eingemeindung nach hierzugestimmt, während Lrlbach ablehnle cinvcrleibt zn werden. — Schüler n«d Vereinsleben. Da« Kultusministerium hat eine Verordnung über die Beteiligung von Schülern höherer Lehranstalten an nichtpolitischm Vereinen erlaffen. Die Genehmigung soll nur erteilt werden, wenn sich die BereinStätiakeit mit den Wichten deS Schüler- in der Schule verträgt. Z. B. könne nicht erlaubt werden eine Teilnahme an Wettkämpfen, Aufführungen außerhalb de» Schulorte«, durch die sie dem Schulbesuch entzogen würden, und alle übrigen Veranstaltungen, durch die vic Schul« und HauiordnunT »ine wesentliche Störung erlrtdrn «üld«. "