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vativen Kurs nicht so einhalten, wie sie es — dank der Hilfe der Konservativen und des Zentrums — nun tun kann und tut — und da sieht Herr 6. nur die „Gefahr", die vom „Ultramontanismus" droht? Uns sind die dogmatischen Unterschiede zwischen Katholizismus und Protestantismus und der Aufbau des Lehrgebäudes der katholischen Kirche, wie unseres christlich-reformatorischen Glaubens ganz wohl bekannt und auch die daraus sich ergebenden Folgerungen. Aber gerade deshalb müssen wir die Behauptung des Herrn <».: Der Glaube an Jesus Christus, den ewigen Gottessohn, sei bei der römischen Kirck)e lediglich nnr Formel, als durch aus irrig bezeichnen. Jeder Theologe wird uns das be stätigen; jeder katholische Katechismus widerlegt das. Don einer groben Anzahl protestantischer Professoren und Diener am Wort könnte man dies mit viel gröberem Rechte be haupten und diese bringen der evangelischen Kirche — wenn einmal davon geredet werden soll — unendlich viel mehr „Gefahr" als die gesamte katholische Kirclie mit allen Orden. Denn sie untergraben die Fundamente unserer Kirche von innen, statt — wie es ihre Pflicht wäre — sie zu verteidigen." Wenn diese vernünftigen Ansichten in protestantischen Krei sen mehr Boden gewännen, so wäre für die Förderung des konfessionellen Friedens unendlich viel gewonnen. Eine nette Fälschung. Durch die Presse ging vor kurzem die Mitteilung, das; ein Herr Fritz Dieckmann (Wurst- und Fleischwarenfabritänt) in Brannschweig bei dem Herrn Landwirtscl-aftsminister fiir September einige Schweine bestellt, aber von der GntSverwaltung des Herrn voll Podbielski die Antwort bekommen hatte, dab diese nicht in der Lage sei, fiir September Schweine abzugeben. Nun werden die beiderseitigen Schreiben publiziert; das! des Schlächtermeisters ist nichts weniger als höflich. Herr Dieck mann war sowohl dem Lcmdwirtsckxiftsiiiinister wie der Gntsverwaltnng unbekannt. Cr hätte sich also nicht zu wundern brauchen, wenn er ans ein in diesem Tone gehalte nes Schreibeil überhaupt keine Antwort bekommen l)ätte. Der Landwirtschastsminister nxir aber höflich genug, das Schreiben der Gutsverwaltnng zu überweisen, die ihrer seits wörtlich antwortete: „Bezugnehmend ans das an Se. Erzellenz gerichtete Schreibeil teile ich Ihnen mit, dab wir nicht in der Lage sind, Ihnen per September Schweine ab zugeben. Dieselben sind schon anderweitig zngesagt." Die ser letzte Satz, das; die Schweine schon zngesagt seien, ist in der Veröffentlichung weggelassen worden. Das; die Weg lassung versehentlich erfolgt sei, ist denn doch nicht anznneh- men. Ter Satz nins;te weggelnssen werden, weil seine Hin- zilfügnng die tendenziöse Ansschlachtnng der Angelegenheit verhindert oder dock) erschwert hätte. Jeder vernünftige Mensch würde, wenn das Antwortschreiben vollständig ver öffentlicht worden wäre, eingesehen haben, das; ans dem Briefwechsel für den Fleischerrniiimel absolut nichts zu holen war. Tie Veröffentlichung beweist aber, wie mit frag würdigen Mitteln manche Fleischnotschrcier kämpfen. — Zur Flcischnvt. Eine Proteslversamniluug der Fleischermeister aus dem ganzen Deutschen Noich gegen die Fleischtenerung ist ans den 0. SepLcmher nach Berlin einbernfeu worden. Cuic Massenbeteiligung ist sichcr. — Im Weimarer Gemeinderat erklärte der Oberbürgermeister Papst, er werde auf dem thüringischen Städteiag eine Petition an den Reichskanzler zwecks Aushebung der Grenz sperre gegen Nuschmd Vorschlägen. 80 Slädte würden sich an dem Schritte beteiligen. — Eine in Mainz von über 3600 Personen besuchte Versammlung, in der Landtags abgeordneter Adelung und Reichstagsabgeordneter Dr. David über die Flcischnot sprachen, besckckos; einstimmig eine Resolution gegen die Aufrechterhaltnng des Vicheinfuhr- verbotes. Sie fordert eine unbeschränkte Einfuhr von Vieh und Fleischwareu. — Das auch von uns genannte Buch des Negierunffs- rates Martin über die russischen Finanzeil wird in der Natl. Ztg. derb abgeschultelt; es Hecht hierin: „Gegenüber den Schlußfolgern»^». die daraus gezogen worden sind, sei hiermit ausdrücklich festgestellt, dich Herr Martin seine Arbeit ohne jedes Vormissen seiner Vorgesetzten Behörde und der Negierung geschrieben und veröffentlicht bat. Es ist selbstverständlich, dan die Regierung dem Buche, das auf Grund haltloser Voraussetzungen zu abenteuerlichen Prophezeiungen über das Schicksal Rußlands in den nächsten Jahrzehnten kommt, gänzlich fern steht." — Wir finden es begreiflich, das; unsere amtlichen Stellen allen Wert darauf legen, mit diese,n Buche, das von Richlands Ban- kerott spricht, nichts zu tun zu habe». Ob aber diese Absage nicht zu weit geht? Der Tchlns;'atz sieht so ans, als wolle sich die deutsche Politik für Rußland verbürgen, , und das ist unseres Erachtens nicht angängig. mal eine Sonnenfinsternis eintritt, wenn es uns dunkel im Kopfe und bange i>» Herzen wird. Es gibt solche Augen blicke auch iw besseren Menschenleben, wo der Lebensmut sinkt und Nachtsckxmer über die Seele gehen. Da darf ein rechtsclxiffener Cliristenmensch nicht znsanimenlnicken, wie ein Neger bei der Sonnenfinsternis, und nicht verzagt flennen, wie ein Kind in der dunklen Stube, sondern er »ms; sich sagen: der alte Gott lebt noch und ich lebe vorläufig auch noch; da wird sich alles noch wieder ins Lot bringen lassen I Also den Kopf hoch, die Ohren steif und die Hände frei zu neuem WirkenI * * » In der Friedensfabrik von Portsmouth sah es vorige Woche auch nach einer totalen Finsternis ans. Und jetzt strahlt dock) die Sonne des Friedens. Das ist ein glncklicksts Ereignis, an dem sich auch die „unpolitischen" Leute freuen können. Denn der Krieg in Hinterasien hat die ganze Welt in Mitleidenschaft gezogen; der neugeborene Frieden wird aller Welt Ruhe und Segen bringen. Nebenbei ist es auch ganz nett, das; die vielbeschriebene Ostseefahrt des englischen Kriegsgesckiwaders sich bei Swinemünde in feucht fröhliches Behage» aufgelöst hat. Und für Rheinland und Westfalen ist die friedlickie Beilegung des Kampfes im Baugewerbe ein erfreuliches Ereignis. Der Klügste gibt nach. Wer ist nun der klügste gewesen, Japan oder Rußland? Zuletzt hat Japan in der Nachgiebig- keit mehr geleistet, als man envartet hatte. Aber man muh zugestehen, das; auch Rußland, obschon seine Landarmer noch längst nicht niedergeschlagen ist, doch bedeutende Zugcständ- — Zur Choleragefahr. Zu den bisherigen Cholera- fällen in Westpreuhcn und dessen Nachbargebieten wird amtlich geschrieben: Bis zum 2. d. M. mittags sind in Preu- ßen insgesamt 43 Erkrankungen und 17 Todesfälle an Eholera gemeldet worden. Zu den im Stromgebiet der Weichsel, der Brahe, des Bromberger Kanals und der Netze errichteten 16 Ueberwachungsstellen sind hinzugekommen je eine in Filehne und Zantoch a. Netze, in Landsberg a. W., in Küstrin und Glichen a. O., in Oderberg am Finow- kanal sowie in Köpenick a. Spree. — Der in Neuyork am 3. September eingetroffene Dampfer der Hamburg- Amerika-Linie „Blücher" wurde mit Rücksicht auf die in Deutschland vorgekommenen Cholerafälle von den Sanitäts behörden in der Ouarantänestation einer scharfen Besich- tignng unterzogen. Es wurde aber festgestellt, daß, abge sehen von einem Masernfall im Zwischendeck, keinerlei Krankheitsfall an Bord vorliegt. — Das Ziel der Wartburg lautet: Kampf gegen den Ultramontanisnins. Mit blanker und scharfer Wehr will das Blatt des Evangelischen Bundes dem Ultramontanis- nms entgegentreten, wo immer er den Frieden und die Frei heit des Protestantismus und des Deutschtums bedroht. To- leranzantrag, Verbot evangelischer Kolportage, Verstöße gegen akademische Freiheit warnen zur Vorsicht. Der To leranzantrag bedroht die Freiheit des Protestantismus, weil er die geeigneten Mittel bieten würde, in den Ländern der gräßlichsten Intoleranz, wie Sachsen, Mecklenburg, Braun- sclMeig, die jedem Freil-eitsgedanken hohnsprechende Knebe lung der Katholiken zu beseitigen. Das im Gebiete der preußischen Monarchie erlassene „Verbot evangelischer Kol portage" dem Katholizismus aufs Konto zu setzen, ist ein starkes Stück. Wir verurteilen diesen „Inder"; aber die Wartburg müssen wir doch in aller Kürze an die Geistes- knutnng erinnern, welche die katholischen Buchhändler und Buchdrucker gleich in den ersten Zeiten der Reformation über sich ergehen lassen nmßten. Der Rat der Stadt Rostock ließ schon ini Jahre 1632 den Buchdrucker des Brnderhanses ins Gefängnis werfen, lediglich, weil er mit dem katholisch gesinnten Herzog Albrecht von Preußen über den Druck des Einserschen Neuen Testamentes verhandelt hatte. In Straßbnrg wurden 1524 alle katholisch» Schriften unter drückt; ebenso gesclxch es in Kalmar, während die lutheri schen verbreitet wurden. Die Wartburg verspricht aufzn- treten gegen die „Verstöße atademischer Freiheit", wie N>enn dieselben nicht inszeniert worden wären von den protestanti sch» Elementen der dcntschn Studentenschaft. In Halle haben wir ja vor einigen Tagen wieder ein sehr bezeichnen des Beispiel erlebt. Für die Huldigung, die zu Ehren Bis marcks geplant war, losten die verschiedenen Korporationen uni die Fnlircrschft. Das Unglück wollte es, daß das Los ans die katholische Verbindung „Silesia" fiel. Aber die Ver treter der „Freiheit", die Korps, Burschenschaften, Tnrner- schafte», Landsmannschaften und die Sängerschaft lehnten deshalb die Beteiligung ab. Von dieser „Freiheit" weiß die Wartburg nichts. Wenn die Wartburg schließlich in Aus sicht stellt, die „katliolischen Brüder", die gut deutsch gesinnt sind und unter dem Joche des Klerikalismns seufzen, zu be freien, so macht sie sich einfach lächerlich. Denn jene Katho liken, ans welche das Organ des Evangelischen Bundes wirklich einen Einfluß hat, brauchen nicht wehr „befreit" zu werden. — Tic Milliarden für die Arbcitervcrsichernng. Wir haben unlängst auf die Milliarden hingewiesen, welch die Erhaltung der deutschen Wehrkraft in den letzten Jahr zehnten gekostet hat. Diesen Milliarden stellen sich die für die Durchführung der Arbeiter-Versicherung aufgewendeten ebenbürtig zur Seite. Es sind in den Jahren 1885 bis 1003 für die Arbeiterversicherung nicht weniger als 4461,8 Millionen Mark ausgegeben worden. Hiervon kamen 4041,2 Millionen Mark den Arbeitern und ihren Angehörigen als Entschädignngsbeträge direkt zugute. Die Entschädigungen, die im Jahre >903 gezahlt waren, machten 453,0 Millionen Mark ans, demgemäß werden täglich der deutschen Arbeiterschaft 1,2 Millionen Mark als Unter stützung gezahlt. Und wer bringt die Summen fiir diese Unterstützungen auf? Zmn größten Teile die Arbeitgeber. Sie zablten von der in der Zeit von 1885 bis 1903 be tragenden Gesamtsumme der Versichrnngseinnahmen in Höbe von 5955,1 Millionen Mark 2667,2, während die Arbeiter 2472,0 Millionen Mark anfbrachten. Auch die Be träge, die ans der Neichskasse für die Arbeiterversichrung gezablt sind, baben schon eine ansehnliche Höhe erreicht. In der Zeit von 1895 bis 1903 waren 294 Millionen Mark , Neickisgelder direkt für den Zuschuß zur Jnvalidenversiche- i rnng hergegeben. Der Etatsansatz für 1904 belief sich auf nisse gewacht hat. Nur im Geldpnnkte war schließlich Ruß land unnachgiebig; wo nichts ist, da hat sogar der Kaiser von Japan sein Recht Perloren. Handel und Wandel in der Welt werden jetzt wieder in die regelmäßigen Bahnen kommen. Und es tut auch sehr not; denn bei den teueren Zeiten, die leider nicht so schnell voriibergehen wie die Sonnenfinsternis, ist es für den kleinen Familienvater gar nicht so leicht, die Hauswirtschaft im guten Gange zu halten. Nun möge uns der Himmel vor weiteren Lohnkärnpfen in Deutschland be)vahrcn; wer dazu Lust spürt, soll lieber noch etwas warten, bis die Fleischpreise gesunken und die Kartoffelernte gerettet ist. Die nächste Folge des russisch-japanischen Friedens wird nun ein doppelter neuer Pump sein. Beide Staaten brauchen Geld, uni die schlimmsten Schäden des Krieges auszugleichen. Ein eifriger Mann hat neulich ein Buch veröffentlicht, ivorin er Nachweisen will, daß Rußland schon viel mehr Schulden als Haare auf dem Kopfe habe, daß cs vor dem Staats- bankerott stehe und deshalb die Regierung keine neue russischen Anleihen in Deutschland zulassen dürfe. Der Mann hat ja so recht; aber die Negierung wird schwerlich sich zu einem Verbote aufschwingen. Wer Geld zu ver- leihen hat, muß selber wissen, wo er cs läßt. Wenn ich ein l Kapitalist wäre (leider werde ich bei meinem Alter das Nentnerbandwerk wohl nicht mehr lernen), so würde ich mein gutes Geld weder den Russen noch den Japanern anver trauen. Lieber ein Sparkassenbuch oder deutsche Staats- Papiere mit niedrigem Zinsfuß! 45,3 Millionen Mark, so daß man als sicher annehmen kann, daß Hute für diesen Zweck über 350 Millionen Mark gezahlt sind. Und in Zukunft wird es hierbei mit Riesen- schritten vorwärtsgehen. Muß doch schon im Etat für 1906 als Reichszuschuß eine Summe von über 50 Millionen Mark gefordert werden. In weniger als zehn Jahren wird hm- gemäß eine halbe Milliarde zu den 350 Millionen Mark hinzntreten. In etwas mehr als zehn Jahren ist die erste Milliarde beim Reichszuschuß erreicht. Und dazu kommen die vielen Millionen, die das Reich als Arbeitgeber in seinen verschiedenen Betriebsverwaltungen und zur Erhaltung des Ncichs-Versicherungsamtes jährlich ausgibt. Durch diese Zahlen wird die immer wiederkehrende sozialdemo kratisch Behauptung beleuchtet, wonach in Deutschland für Sozialpolitik nichts geschieht. Und dabei werden vom 1. März 1906 ab gemäß der betreffenden Bestimmung im neuen Zolltarifgesetze wieder recht viele Millionen Mark fiir die Zwecke der Arbeiter-, Witwen- und Waisen-Ver- sicherung aufgespeichcrt werden. — Die Bilanz der Sozialdemokratie seit hm vorjähri gen Parteitag zu Bremen zieht der sozialdemokratische Par teivorstand in seinem Berichte zu dem Mitte September stattfindenden Parteitag in Jena. Den Ausführungen über die Organisation ist zu entnehmen, daß dieselbe fast überall Fortschritte gemacht hat. Der Bericht bringt die betreffen den Zahlen fiir eine Reihe größerer Bezirke. Doch gesteht er resigniert: „Vergleicht man die Mitgliederzahl der ein zelnen Bezirke niit der Zahl der bei der letzten Wahl für die Kandidaten unserer Partei abgegebenen Stimmen, dann zeigt sich ein arges Mißverhältnis." Das tritt so reckst an dem Beispiel Badens hervor. Darüber heißt es: „Die so zialdemokratischen Gemeindevertrcter in Baden dürften nach den Erfolgen im verflossenen Jahre die Zahl 1000 über schritten hh». Hinter so vielen sozialdemokratischen Ge- meindevertetern vermutet man starke Organisationen. Aber auf Seite 8 desselben Berichtes wird mitgeteilt, daß in den 114 sozialdemokratischen Vereinen des Großherzog- tmns nur 7332 Mitglieder vereinigt sind. Also fast jedes siebente Mitglied ist Gemeindevertrcter." Besonderen Wert scheint die Partei auf die Flugblattverteilung, nament lich auch unter den Landarbeitern, gelegt zu haben. Die Beispiele beweisen, wie selbst in „Jahren ohne Wahlen agi tiert werde". Damit soll jedenfalls die Zufriedenheit des Parteivorstandes mit der Agitationstätigkeit der im Lande arbeitenden Genossen dargetan werden. Die Nachwahlen zum Reichstage ergeben „kein günstiges Bild", doch tröstet sich der Bericht ziemlich leicht über dieses hinweg. Um so zufriedener ist der Bericht jedoch mit den Ergebnissen der Landtags- und vor allem der Gemeindcwahlen. Die Ent- Wickelung der Parteipresse wird als vorzüglich bezeichnet, das gleiche wird von der Gewerkschastspresse berichtet, ein er neuter Beweis dafür, für wie selbstverständlich der Partei- Vorstand das verwandtschaftliche Verhältnis der politischen und der gewerkschaftlichen Presse hält. Oefterreich-Ungarn. — Der Empfang der Mitglieder des Bcterinär- kougresses in der Ofener Hofburg gestaltete sich äußerst prunkvoll. Erzherzog Joseph richtete an den b inister- Präsidenten Baron Fejervaiy und die Minister Lauch, Kristoffy, Börös und Ghörgy Ansprachen. — Gleichzeitig tagt in Pest ein Kongreß für Gefängniswescn. Erzherzog Joseph eröffnete ihn namens des Kaisers, mit einer Rede, in welcher er sagte: „Es ist znm geflügelten Wort ge- worden, daß das Verbrechertum Schritt halte mit der Zivilisation. Daraus folgt die Pflicht der zivilisierten Nationen, daß sie unausgesetzt den Kampf gegen die Aus dehnung der Kriminalität fortst-tzen." — Die einander widersprechensten Gerüchte dnrch- schwirren die Luft. Die einen besagen, Baron Fejervary habe diesmal aus Ischl die strikte Weisung mitgebracht, mit der Koalition nicht mehr viel Federlesens zu machen, das Parlament nach dem 15. d. M. sofort zu vertagen und den Winter hindurch ohne dasselbe zu regieren, eventuell das Parlament so oft anfzulösen, bis eine gefügige Mehrbeit ge wählt werde; unter allen Umständen aber werde die Re gierung jetzt der „passiven Resistenz" energisch an den Leib rücken. Nach anderen Meldungen soll die Negierung beab sichtigen, neue Versöhnniigsversiiche zu machen, um die Koa lition znm Aufgeben ihres extremen Standpunktes und zur Uebernahme der Negierung zu bewegen. Das sensationellste und nach den Erfahrungen der letzten Jahre nicht ganz un glaubliche Gerücht will dagegen wissen, daß ein großer Teil der Koalition bereit sei, den Kompromißweg zu betreten; die Kompromißformel laute: Dermaliger Verzicht der Koalition auf die Forderung der Kommandosprache und Verzicht der Negierung ans die Wahlreforni. Man muß den 15. Sep tember abivarten, an dem es sich zeigen wird, welche Wege die Taktik der Regierung und die Koalition einschlagen werden. — „Evangelische" Lügen. In ihrer Nummer 12 wundert sich die österreichische Evangelische Kirchenzeitung darüber, daß sie in letzter Zeit so viel niit Berichtigungen heimgesncht werde. Es sei ihr verraten, daß der Wiener Ncchtsschutzverein leider nicht schon früher ihr ans die Finger zu sehen in der Lage war, dies jetzt aber nachholt. Gleich nach oben angeführter Bemerkung kommt schon wieder eine faustdicke Lüge, die es verdient, ans dem Unkenteiche der Evangelischen Kirchenzeitnng herausgeangclt zu werden. Es heißt dort: „Der Fleischergehilfe Lambert Pfündner, jetzt in Klosterneuburg wohnhaft, erzählte seiner Braut, die Nonnen des Wiener Rudolf-Spitales. in dem er im Vorjahre krank lag, hätten ihn dadurch bewogen, katholisch zu werden, daß sie ikm versicherten, er werde nur genesen, wenn er katholisch werde." Ein famoses, unfehlbares Mittelchen! Gesundet er, hat ihn — natürlich! — die heilige Kirche gerettet. Stirbt er, kann er unmöglich weiter erzählen, daß der lieber- tritt ihm nichts das Leben, sondern den Tod gebracht bat. — Ich bitte die Nonnen des Wiener Rudolf-Spitales, sich nickst wie ihre Schwestern in Klosterneuburg mit Widerrufen zu bemühen, da drei Zeugen das Gesagte zu bekräftigen in der Lage sind. Das Z. N. V erhielt von berufener Seite dieser Tage die Auskunft: „daß die Register des Rudolf-Spitales keinen Kranken namens Lambert Pfündner aufweisen. Es wurden die Jahrgänge 1903 „nd-4904 sorgfältig nachge sehen, aber vergebens, der Name fand sich nicht. Es ist die