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Nummer ISS — 28. Jahrgang kr1«eini «mal WSchenii.«» d«n tlluslr. »ratt»S«>Iao»n .Di« keil' und FNr »ns»« kleinen Leute', sowie den rertdeika-en »Et. Bemio-Blatt'. .Unterhaltung und wissen'. .Di« well de« Frau', »lerzllicher Ratgeber', Da» gute Buch'. .FNmrund» stdau'. Monaiiicher lvezugspret» 8 Mt. «inschl. Beslellgeld. Atiijelnunimer 10 1 Sonnabend, u. Sonntagnummer DO z. Haiidtlchriltlelter! T». iS. DeScjhk. Dresden. Sächsische Mittwoch- den IS. Juni 1S2S lvenlag-or», Dresden Anzetgenprett«, Dle igewaltene Pettt,etle N» z Familien- anjelgen u. Stellengesuche »»1. Die PelilreNamezeil«. 8» mm breit, l X. Fiir Anzeigen außerhalb des LerbreNungsgebieieS «az. dieP-ltireNamez-ilel.»« Brie,ged. l»«^. Im Falle hbherer Aewali erliich« ,ede Berpflichtung aus Lielerung iowle ikrslillung v. Anzeigen.Auttrligen ». Leistung v. Schadenersatz. «eschlisiliSer Lei! Artur Lenk Dresden. H olßssMuns Für christliche Polikik und Kultur Stedaktion der Sächsischen ivoltszettu«, DreSden-AUsladi i. Polierstratzc >7. Fernriu emn und riiiiL Das Gebot -er Stunde Die Vorteile -es Boung-Planes für Frankreich Parts» 17. Juni. Die beiden französischen Delegierten auf der Reparations- konserenz, Moreau und Parmentier, haben an Minister präsident Poincarü ein Schreiben gerichtet, in dem sie ihre Tätig keit während der Reparationsverhandlungen und das Ergebnis dieser Verhandlungen näher erläutern. Moreau und Parmentier weisen darauf hin, daß die fran zösische Wiederausbaulast, wenn der Wiederaufbau vollkommen durchgesührt sein wird, 102 Milliarden Francs be tragen dürste, daß aber nach dem neuen Plan Frankreich an Eegnwartswert, berechnet zu VN Prozent, insgesamt erhalten werde 18 739 Millionen Mark, wozu man die von Deutschland bereits gezahlte Summe von insgesamt etwa vier Milliarden Mark hinzurechnen müsse. Der französische Staat werde also insgesamt von Deutschland fast 23 Milliarden Mark, d. h. mehr als 138 Milliarden Francs, erhalten. In dem Schreiben wird weiter hevrorgehoben, daß von den ständigen Annuitäten von 1016,5 Millionen Mark, dle auf Frankreich entfallen, der für die auswärtige Schuld absorbierte Teil sich tm Durchschnitt nur aus 625,5 Millionen Mark beläuft, so daß ein Jahres« Überschuh von 120 Millionen Mark als Netto einnahme für Frankreich übrig bleibt. In seinem Antwortschreiben, da» der französische Ministerpräsident auf dieses Schreiben erteilt hat, heißt es u. a.: Ich habe nicht verfehlt, dem Minifterrat da« Schreiben mitzu teilen, das Sie mir haben zugehen lassen. Die französisch« Regierung beauftragt mich, Ihnen, sehr geehrte Herren, zu danken und ihr« große Anerkennung zum Ausdruck zu bringen. London» 17. Zunt. Pertinax meldet dem „Daily Telegraph" aus Paris: In der Frage des Versöhnungsausschusses, der üb«r di« entmilitari sierte Rheinlandzone Wache halten soll, beharrt di« französische Regierung nach wie vor auf ihrer Ansicht, daß er permanent lein müsse. Ein schwieriges Problem wird sich, fährt der Korrespondent fort, im Zusammenhang mit der Kommerzialisierung eines Teiles der deutschen Schuld ergeben. Neuerdings ist hier ein ungünstiger Eindruck durch die Tatsache hervorgerufen worden, daß die deutsche 8 prozentige Anleihe von 500 Millionen Mark nur einen Teilerfolg hatte. Dies bedeutet, daß eine Zeit werde verstreichen müssen, bevor es praktisch möglich wird, die deutschen Obligationen auf den Markt zu bringen. Andererseits hat Poincarü, der sich auf Parker Eilbert stützt, immer erklärt, daß eine Räumung nicht erfolgen kann, bevor der Prozeß der Kommerzialisierung beträchtlich fortgeschritten ist. In welchem Maße Poincarö seine Ansicht unter den neuen Umständen ab geändert hat, ist nicht bekannt. PoincarS und Vriand scheinen jetzt in engerem Einvernehmen zu sein, als sie es jemals waren. « Paris, 18. Juni. Die vereinigten KammeraussclMe für auswärtige Angelegen heiten .und für Finanzen treten morgen zu einer gemeinsamen Set zung zusammen, t» deren Verlauf Poincarü über das Problem der Ratifizierung der Schuldenabkommen sprechen wird. Wie „Echo de Paris" erfahren Habs» will, wird Poinearv auf der Ratifizierung dieser Abkommen vor dem 1. August bestehen, jedoch nicht auf der Ratifizierung des B avng-Abkvnnne n s, die er bi s zum H erbst ausschieben will. Die Tagesordnung, die die JUIer- pellalionsdebatte, die am 25. Juni beginne» soll, ^schließt, wird zum Ausdruck bringen, daß die Kammer der Regierung das für die kommenden internationalen Verhandlungen erforderliche Ver trauen entgegentbringt und dadurch inplicite die Gcnchmiguug zur Unterzeichnung des Voung-Plaues gebe. Kn der Tagesordnung wird nach dem gleichen Blatt auch di« Rheinlandräuniung er wähnt. Als Bedingung für die Räumung werde gefordert werden, daß zuvor mit der Mobilisierung der deutschen Schuld begonnen werden müßte. Don Karl Grobbel, Berlin. Mit Bitterkeit und nur ungern denken mir Katho liken an Bismarcks Kulturkampf zurück. Wissen mir doch, ein wie unendlich großer Schaden durch ihn dem deutschen Staate zugefügt worden ist. Bismarck wollte einen Nationalstaat und glaubte deshalb, den Einfluß der katholischen Kirche brechen zu müssen, da dieser einer nationalen Entwicklung des neuen Reiches seiner Mei nung nach entgegenstand. Bismarck hat sich geirrt. Durch seinen Kampf und die Einstellung der verantwortlichen Staatsmänner wurden erst die Kräfte geweckt, die unse rem deutschen Staatswesen späterhin gefährlich wurden. Das leidenschaftliche Borgehen der Regierung hat all« verneinenden Geister zum Kampf gegen Christentum und Kirche ganz im allgemeinen ermutigt und auf den Plan gerufen. Auch von evangelisch kirchlicher Seite hat man diese Entwicklung mit Sarge beobachtet Und dach wurde der Kampf mit aller Schärfe durchgeführt. Ein solclfer Kampf hinterläßt Wunden und Narben, an die man nicht gern erinnert wird. Auch wir Katholiken wallen nicht immer an den alten Kulturkampf erinnern, weil alte Wunden so wie der ansgerissen werden: wenngleich wir auch den Geist unserer Väter hinüberretten wallen in die Gegenwart, die erfüllt ist von einem viel schlimineren, gefährlicheren, verlustreicheren Kulturkampf als es der der 7üer Iabr« war. Der alte Kulturkampf hat Deutschlands Katholiken zusammengerisseu und geeint, im !>eutigen aber geht es um die Seele unseres Volkes, um die Frage, ob Christ oder Antichrist herrschen soll. Vielleicht würden wir positiven Christen beider gro ßen Konfessionen uns leichter zusammenfinden, wenn wir uns vollends klar wären über die Folgen des unglück seligen alten Kulturkampfes. Daun wüßten wir, wie mir dem alles vernichlenden Zeitgeist entgegenzutreten hät ten. Im evangelischen Lager hat man selten über den wahren Verlauf des Kulturkampfes Kenntnis vermittelt. Dankbar ist es zu begrüßen, wenn i» der sehr beachtlichen Zeitschrift „Das evangelische Deutschland", Kirchliche Rundschau für das Gesamtgebiet des deutschen Evange lischen Kirchenbundes sherausgegeben von Professor Dr. Minderer), eine Artikelfolge des evangelischen Prälaten Wurm „Der Kulturkampf" in nicht mißzuverstehender Deutlichkeit auf das unglückliche Gescheben des Kultur kampfes hinweist, wenngleich es dem Verfasser nicht ganz gelingen will, restlose Duldsamkeit walten zu lassen, be sonders nicht in einer Frage, die sich mit dem politischen Katholizismus, mit dem Zentrum befaßt. Prälat Wurm schreibt über den Friedensschluß im Kulturkampf, der van beiden Seiten mit Opfern erkauft worden sei. Mit Bedauern anscheinend stellt er fest, daß „freilich das Hauptziel, die Ueberwindung der spezifisch ultrainoukänen Richtung im Katholizismus, die Heran bildung eines ausgesprochen national gerichteten Klerus . . . nicht erreicht" war: „iw Gegenteil, weite Kreise des katholischen Volkes waren eben diesem Staat, der in all zu großer Fürsorglichkeit dieses Volkes sich hatte gegen Rom und seine Hierarchie annehmen wollen, auf lange hinaus entfremdet und kannten deshalb dem Zusammen bruch im Jahre 1!N8, dem Flaggenwechsel und allem, mas drum und dran hängt, mit sehr viel größerer Gemüts ruhe zusehen, als die bewußt evangelischen Kreise. Die Revolution und die Weimarer Verfassung gaben in vie ler Hinsicht Rom erst ganz das, was es seit hundert Iah. reu erstrebt hatte." Herr Prälat Wurm ist mit seiner Auffassung sehr stark im Irrtum. Die deutschen Katholiken wurden auch durch den Kulturkampf nicht dem Staate entfremdet! denn ihr Staat war ihr V a t e r l a n d. van dem sie nicht ließen, auch nicht in den Stunden der Not des Weltkrie ges. Unbekümmert um die berrsclieiide Regierungs- geivalt, die ihnen genügend Leid angetan halte, haben sie ihren Mann gestanden auch daun, als Revolutionäre, Spartakisten. Freidenker und Atheisten glaubten, unser Paterland nach eigenen Rezepten behandeln zu können. Wenn die deutschen Katholiken dem Umsturz mit der gleichen „Gemütsruhe" zugesehen hätten, wie weite Kreise der evangelischen Bevölkerung, dann wären wir vielleicht heute nach nicht aus dein Zustand der Revolu tion und des Bürgerkrieges heraus. Die größere Ge mütsruhe, die uns vorgeworfen wird, müßte eigentlich wie ein Alp auf dem protestantischen Gewissen liegen. Aus der Unruhe des Gewissens heraus erhebt Prä lat Wurm weitere Angriffe gegen die katholische Kirche und die deutschen Katholiken: „Die Revolution hat der katholischen Kirche in Deutschland zu einer Machtstellung verholfen, die sie sich früher nicht hatte träumen lassen. Die Räumung -es Rheinlun-es Bedeutsame Ausführungen Daladiers Paris, 18. Funk. Di« Zeitung „La R S publ i q u e" ver öffentlicht einen Artikel des Vorsitzenden der radikalen Partei, Abgeordneten Da lädier, in dem es heißt: Die Einigung Mischen Macdonald und Hoover sei ein entscheidendes Argu- ment zugunsten jener Annäherung zwischen Frankreich und Deutschland, für di« die radikale Partei stets «ingetreten sei. Diese Politik lasse sich nicht bei einer Aufrechtechaltung der militärischen Besetzung des Rheinlandes denken, zuinal der Aoungplan hierfür nach dem 1. September gar keine Kredite vorsehe. Nach Ansicht der Radikalen müsse dle Räumung bis zu jenem Zeitpunkt durcligeführt fein, denn sonst werde die deutsch-französische Annäherung schwierig oder sogar unmöglich. Diese Räumung müsse auf die Initiative Frankreichs hin. nicht aber unter dem Druck der ehemaligen Alliierten Frankreichs «rfolgen. Das Vorhandensein des im Vertrage von Locarno vorgesehenen ständigen Schlichtungsausschusses werde es zwei fellos bei gegenseitigem guten Wllen erlauben, Streitfälle über die vorgesehen« Feststellung»- und Ausgleichskommission zu regeln. Dieses Problem werde übrigens durch das der Ein. fllhrung einer internationalen Militärkontrolle beherrscht, ein Problem, um das sich Frankreich ernstlich und entschlossen bemühen müsse. k»k. Paris. 17. Zun«. Außenminister Vriand wird morgen in Paris erwartet, um an der Kabinettssihung teilzunehmen, ln welcher die Regierung ihre Stellung festzulegen beabsichtigt, sowohl in bezug auf den Poung-Plan als an «hin bezug auf die Ratifizierung der inter- allierten Schuldenoerträge. Ein Teil der Presse tritt dafür ein. daß der Poung.Bericht und bt« Rattfizt«. rung der Schulden»«rtrSg« nur gsmetnsam an da» Parlament zur Beratung und zur Abstimmuung gelangen dürft««, da dt« Schulden- »ertrage unmöglich ratifiziert «erd«« könnt««, bevor sich da» französisch« Parlament über die Annahm« lx» Poung-Plane» schlüssig geworden sei. Es «st kau» anzunehmen, daß sich d«r Ministerpräsident dies« Ausfassung zu eigen machen wird, zumal dt« Schuldenabkomme« vor d«« 1 August ratifiziert s«t« müßte«. Es dürft« vielmehr in den Intentionen Polncarss liegen, vie Beratungen über den Poung-Plan hinaus« zuschteben, um so viel Zeit wie möglich zu gewinnen zur Vorbereitung der politischen Konferenz, in der insbesondere über die Rheinlandräumung e n t s ch i e d e n wer den soll. Poincars wird, unterstützt von Vriand, am nächsten Mitt woch ein großes Plädoyer vor den vereinigten Kommissionen für auswärtige und finanziell« Angelegenheiten beginnen und man rechnet damit, daß die aussührlichen Erklärungen, die der Ministerpräsident über die Problcmlage geben wird, zwei bis drei Nachmittag« in Anspruch nehmen werden. Dle Forderung der Regierung, nunmehr unverzüglich die Ratifizierung der interalliierten Schuldenverträge vorzunehmen, hat eine erheb liche Stütz« durch das Treiben der beiden früheren Haupt vertreter auf der Pariser Sachverständtgenkonferenz erhalten. Di« Erklärung der französischen Delegation, daß schon einmal zwischen den Reparationsleistungen und den Zahlungen an Amerika und England auf Grund der interalliierten Schulden verträge eine tatsächliche Verbindung hergestellt sei, hat ihren Eindruck in der hiesigen Öffentlichkeit nicht verfehlt. In bezug auf die technische Durchführung der Ratifizierung wird Poincare auch vor den Vereinigten Kommissionen den Standpunkt auf recht erhalten, daß dt« Ratifizierung durch Dekret einer Ratifi zierung in der Form eines ordentlichen Gesetzes vorzuzichen sei. zumal die Ausland akkreditierten französischen Botschafter di« Ratifizierung der Schuldenverträge durch Regierungsdekret für vorteilhafter zu halten scheinen. Angesichts des vielseitigen Widerstandes gegen dieses Verfahren wird Poincare die Kam mer selbst entscheiden lassen. Die zwischen Vriand und Steresemann aufgeworfenen Fra gen sollen hiesigen Pressemeldungen zufolg«, in Paris weiterge- sührt werden. Man erwartet den deutschen Außenminister am Donnerstag mittag in Pari» zu einem kurzen Aufenthalt, innerhalb dessen ein Zusammentreffen mit dem Außenminister wie auch mit dem Ministerpräsidenten Polncar« in Aussicht g«- nomm«« «ir». -