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IIS Süchftfche Volkszettung rs Mai isr» Dresden als DrMer Deulscher Nakurschutzlag Dresden, 24. Mal. Der 3. Deutsche Naturschutztast, zu dein siel, niedrere hundert Freunde der Heimat.- und Nalursehuhbewegung aus allen deutschen Gauen zusammengefunden halben, irnirde Donnerstag abend mit einem VegrüßungSabend im Künstlerhause eröffnet. Der erste Vorsitzende des Deutschen Ausschusses für Naturschutz, Staats- rat v, N euter-München, bezeichnet« in seiner Begrüßungscm» spräche als Hauptzweck den Schub der natürlichen deut sche» Landschaften und insbesondere der heimischen Gewässer. Das volkreich« Sachsen habe früher als ander« Län der die (Gefahren erkannt, di« entstehen können, ivenn Verkehr und Industrie sich hemmungslos entfallen, Es müsse ein Wog gesunden weiden, um die Notwendigkeiten des Hochwasserschutzes, di« Wasser- krastversorgung und Meliorationen aller Art mit den» Bestrebungen des Naturschutzes in Einklang zu bringen. Hieraus rief der erste Vorsitzende des Landesvereins Sachs. Heimatschutz, Hofrat Prof. Dr. Setzfsert, der Tagung die herz lichsten Glückwünsche zu. Di« Veranstaltung wurde umrahmt durch Vorträge des Dresdner Volkslied-C-borcs unter Leitung von Walter Engel. Zum Schluß ivurde ein Film „Frühling in Sachsen" vorgesührt, der Bilder ans den säMschen Naturschutzgebieten zeigte. Den erläuternden Vortrag hielt Hosrat Dr. Arno Naumann- Dresden. Unter den Versammelten bemerkte man u- a. Vertreter des preußischen Ministeriums für Kirnst und Wissenschaft, des würi- tembcrgischen Kultusministeriums, der «inhaltlichen Staatsregierung, des bayerischen Innenministeriums, der Tiroler Landesregierung, der Stadt Berlin sowie zahlreicher anderer Behörden und verwand te. Organisationen. Abschluß -er Lehrerversammlung Dresden, 24. Mai. Wicd«r war bis Zirkusgebäude Donnerstag morgen das Ziel von. Tausende». Die Schule tm Dienste der Volks- und Völkerver- söhnung nuir das Thema des Tages. Di« ersten Worte der Begrü ßung an die Versammlung richtete Legationsrat von Sch «nieder als Vertreter des Völkerbundes. Er führte aus, daß sich der Völker bund nicht in die inneren Angelegenheiten der souveränen Staaten mischen dürfe, auch nicht in die Bildungssragen, daß aber der Völker bund das Recht erheben dürfe, in den Völkern be- und gekannt zu werden. Ja noch mehr: daß seine Gedanken, seine Ziele auch ins Volk hinoingebracht werben müßten. Und er ruft die Lehrer auf, sich hier in den Dienst des Völkerbundes zu stellen und ein kosmo politisches Geschlecht heranzuzsehen. Wetter betonte» die Bedeutung der Schule für den Gedanken -der Völkervcrsöhnnng Bundcsdirektor Lenz vom Deutschen Beamtenbund, Mr. C. Co wen, Präsident des englischen Lehrervercins, Dumas- Paris, Vorsitzender des französischen Lebrcrvcreius, »ich de Wies, Vorsitzender des hol ländische» Lehrervercins. — Nack, Verlesung zahlreicher Glück wunsch-Schreiben und Telegramme erbiolt dann Geschäftsführer Leo Raeppel das Wort zu seinem Bericht über Die Schule im Dienste der Volks- und Völkcrvcrsöhnung: In ganz einfachen Verhältnissen, so führte -der Referent aus, ist ein Volk die Lebensgemeinschaft von Menschen, die gleichartige natürliche Beschäftigung. Lebensweise, Sprache, Klei dung. Sitte und Denkart haben. In diesem Sinne gibt cs bei den staatlichen Gemeinschaften der sogenannten „westlichen Zivilisation" längst keine Völker mehr. Durch Nassciwermischung, Eingliederung anderssprechender Minderheiten, durch die immer weiter entwickelte Arbeitsteilung des mechanisierten Zeitalters, durch die bislang gel tende Art der Verteilung des Arbeitsertrags, durch die politisch« Gleichberechtigung der Bürger und Bürgerinnen mit den Möglich keiten aktiv gegeneinander wirkender Parteibildungen ist eine starke Spannung znnsche» den Volksgruppen entstanden. Tagungsort In Deutschland werden diese Spannungen durch eine An.zahl weiterer Eigentümlichkeiten vermehrt. Die Natura,,lag« des germa nischen Menschen neigt zur »sonder,,mg: die geschichtlich gewordene Kleinstaaterei gab Mittelpunkte des staatlichen Bewußtseins inner halb des großen Volkszusammcnlm'ngs. Unsere bekenn tnis- m ä ßtg e Tr e » n u ng m zwei große christliche Lager wird neuer dings durch ein schnell amvachsendes drittes Lager vermehrt: die jeder herköinmlichen KircheiMmeinschast abgeivandten Menschen. In unseren Konfessionen verkörpern sich zwei gewaltige große Ideen: die durch eine Norm festgesetzte jahrtausendalte Religion und die im Herzen des einzelnen wurzelnde Anschauung Gottes. Und das dritte Lager, welches sich entwickelt, und welches den Weg des Pro testaulismus nur noch weitevgcht: di« gänzliche Lösung von einer Kirchengemeinschaft. Di« Kirche ist nicht mehr fähig, die Menschen zusanmienzufassen. Sie läuft Ären Gliedern wie eine Gluck« thron Kücken noch, um diese vor dem Ertrinken zu retten. Mr tut eigent lich die Kirche leid. Ein« Kirche muß soviel Vertrauen zu ihrer Lehre haben, daß sie dem Vorgehen des Staates mit Ruhe eutgegen- schen kann. Der Deutsche Lchrcrverein setzt seine Ziele höher als di« Kirche, denn «r stellt die Volksgemeinschaft über die Teilgemein- schaft. Er kann nicht zugest«h«n. daß an di« kirchliche Erziehung dog matisch eine zweite, die staatsbürgerliche Erziehung ungegliedert werde. In der Eröffnung von Anstalten verschiedener Anschauungen liegt der Keim künftiger Bürgerkrieg«. <!)— All« diese gegebenen Unsstände erfahren bei uns eine Verschärfung durch de» Druck, den wir gegenseitig aus uns auSül«n durch di« Schmalheit unseres Lebensranmes, dt« Belastung durch die Folgen eines verlorenen Krieges und die UnauSgcglickumheit unseres politischen Lebens in folge einer verspäteten Eingliederung der Volksmassen in den Ein flußbereich der eigenen staatsbürgerlichen Verantwortlichkeit. Die Schule steht inmitten dieser zahlreichen Spannungs- völker und empfängt von ihnen znm Teil ihre Lebensgesetze. Sie hat nur die Wahl, entweder sich in den Dienst dieser Einzelkräfte zu stellen und also gewissermaßen die Vovbereiiungs- und Znbringe- onstalt für jede einzelne Volksgruppe darzustellen, oder sich als ge meinsame Vorbildungseinrichtung für alle Staatsbürger zu be trachten. Der Deutsche Lehrerverein hat sich für die ziveite Art der Bestimmung des Schulcharakters entschieden. Er erkennt an, daß die Schule nicht geeignet und nicht berufen ist, die gegebenen Span nungen im Volkskörper mit einem Schlage zu beseitigen,- aber er hält die Schule des Volkes für den Ort der Anbahnung des Aus gleichs. Die äußeren Voraussetzungen hierzu stick zunächst in den Schulforderungen des Deutschen Lehrervercins gegeben: Einheits schule, gemeinsam« Schule, Umgestaltung des Berechtiguiigswcsens, Aufstie der Begabten, soziale Leistungen der Schule. Die inneren Voraussetzungen sind geschaffen durch eine einheitlich« zeitgemäße Lehrerbildung, Umformung der Schule aus einer Lernschule zu einer Stätte der Arbeit und der Freude, enge Verbindung mit den erzieh lichen Kräften der Elternschaft. Von dem Grundgedanken der VolkSvcrsöhnung aus erhebt sich in der gleichen geistigen Richtung der Gedanke der Völkerver söhnung. Die Erziehung zur unbedingten Anerkennung des Rcchisgcdankens, zu dessen Schutz Vereinbarungen und Sicherungen rechtlicher Art zu schaffen sind, unter vollständiger Gleichberechti gung aller Völker und gemeinsamem Lcbensrecht aller Mindcrhciicn, ist in allen Schulen unter innerer Zustimmung -der Lehrerschaft aller Nationen zum Grundgesetz zu erheben. — Nach längerer Debatte, in der einzelne Redner u. a. die Er ziehungsmethoden Sowjetrußlaicks als vorbildlich hinstcllten und erklärten, ein deutscher Lehrer stände einem französischen Lehrer näher als einem deutschen Großindustriellen, sprach, der Referent ein kurzes Schlußwort. Es wurde eine Entschließung angenom men, in welcher gefordert wird. >daß das öffentliche staatliche Schul wesen aus den, Gedanken des Volksstaates erwachsen muß, daß in der Schule die Verträglichkeit und das gegenseitige Verständnis zu pflegen seien nick daß auch eudli chm der Schule au der Völkerver- söhuung durch geeignete Maßnahmen gearbeitet werve. Ebenso Ivurde ein Antrag Schneller-Leipzig. der Förderung der Einführung einer Weltsprache tu den Volksschulen fordert, angenommen. * In Beziehung zu dein Thema des Tages stand der Film „Ri valen", der de,, Teilnehmern am Nachmittag in der Schauburg, Internationaler Tierschuhkongresj Wien 1S2S Wien. Der Internationale Tierschuhkongreß tagte vom 12. bis 17. Mai im Militärkasino am Schwarzenbergpiatz und siellie da durch eine Besonderheit dar, daß nicht weniger als 32 Staate» auf ilM vertreten waren. Am Soimiag, 12. Mai. fand die seierüche Eröffnung durch den Vorsitzenden des Wiener Tietschutzvereins Dr. Eduard Melkus statt. An ihr »ahmen der Bnndcspräsident Oesterreichs Wilhelm Miklas. der Mlbunüespräsiüeni Dr. Michel Hainisch, das gesamte diplomatische Korps mit dem deutschen Gesandten Excellenz Grafen von L e rch e ufe l s-K ö s« r i n g. sowie zahlreiche Behövdenvertreier und Persönlichketten teil. Beide Vundes-präsideitte» hielten Ansprachen. Präsident Miklas verbreitete sich in längerer Rede über di« Stellung unserer Vorfahren zum Tier und beloitte in seinem Schlußwort, daß, wer sein Volk und seine Heimat liebe, auch di« Tiere lieben müsse. Die Intelligenz der Tiere und nameittlick, die der Haustiere hob Präsident Dr. Hainis ch hrvor, Reicher Beifall belohnte di« beiden Siaatsobcryäupier wegen ihres ivanuberzigen Eintretens für die Tiere. Namens der Bundesregierung bogrüßie Sektionschef Mell de» Kongreß. Non seiten der Ticischutzvereine ergriff die Präsidentin des Jniernationalen Büros in Genf, die Herzogin von Hamilton, das Wort. Ihr schlossen sich Maitrc Louis Lespine, der Präsident des Internationalen juristi sche» Komitees, und der Präsident des Verbandes der Tierschutz vereine des Deutschen Reiches, Direktor Camillo Schau fuß, an. Hieraus überbrachie der Vorsitzende des Allen Tierichutzvereins und Präsident des Landesverbandes Sächsischer Tierschutzvereinc, Albert Gaul, die Grüße der sächsischen Vereine und berichtete i» seiner Red« über den ersten internationalen Tiericbutzkaugreß der Welt, der unter der Leitung des Allen Tierichutzvereins in Dresden, des ältesten Dierschutzvereins des Kvntiueuts, im Jahre 1860 in Dres den stattsand. Königsbrückcr Straße, gezeigt wurde, — Am Abend fand im Schau, spielhaus unter der Spielleitung Gielens eine Feftvarstclluug des „Lumpacivagahundus" von Ncstrop statt. Der Dresdner Lehrer- Gesangverein gab im Gcwerbehus zu Ehren der Deutschen Lehrer versammlung ein Konzert unter der Leitung des Generalmusikdirek tors Fritz Busch. Die Tagung findet heute ibrcu Abschluß mit Führungen durch das barocke Dresden und Wanderungen in die nähere und weitere Umgebung Dresdens. Wünsche -er Technischen Zollbeamten Dresden, 24. Mai. Auf der gestrigen Bundestagung der Deutschen Technischen Zollbeamten erstatteie der erste Vorsitzende Dr, Klüver den Tätigkeitsbericht des Bundesvorstands. Da, nach wurde die Arbeit des Vorstandes in der Hauptsache durch die Auswirkungen der Besolüungsresorm von 1927 in Anspruch genommen. Wenn auch an eine völlige Umgestaltung der Be- solounqsordnung nicht zu denken sei, so müßten doch die gröb sten Härten ehestens beseitig! werden. Ein bescheidener Erfolg sei die Schaf sung der Be z i r k s z o l I k o m in i s s« r» stellung. Einen schweren Rüschritt aber bedeute die Unter- bewertuiig der .Hauptzollamtsvorsteher. Eine Entschließung des Reichstages ziele darauf ab, Beamte der zolliechuischen Lauf bahn in Stellung von Hauptzollamisvorstehcr» zu Regierungs- räien zu befördern. Ferner sei die Tätigkeit des Vorstandes stark durch die Vorbildungssrage in Anspruch genommen worden. Es sei unvorstellbar, wie man sür die zolllechnische Laufbahn Anwärter mit der mittleren Reife aiinehmen und sür die Stellung des zollicchnischcn Dienstes auszubilden versuchen könnte. Der neue Entwurf des Relchsinnenminislerinms sür die Lausbahiirichtlinien sehe zwar an erster Stelle für die Be amten des gehobenen mittleren Dienstes das Reifezeugnis vor, erkläre aber auch die mittlere Reise mit zweijähriger proluischer Besclniftigung für ausreichend. Alle Bundesmiiglieder seien sich mit der Führerschaft einig in dem Willen, gegen das dem Stande der deutschen Zolltechinker angetane Unrecht weiter anzu- kämpfen. Der Tätigkeilsbericht des Bundesvorstandes wurde mit Beifall ausgenommen, Ministerialdirigent Kaiser-Berlin Für eine -eulsche höhere Schule Zur Wiener IubilLumstagung -es Deuische« Philologen- verbandes (2». bi» 2L Mat) Don Gerhard Borghorst. Das Zentrum Hot im Reichstag einen Antrag vorgelegt, der eine Vereinheitlichung des höheren Schul wesens fordert Es sind oessimistische Stimmen laut ge worden, die dem Antrag jede Erfolgsmöglichkeit absprechen. Selbst wenn diese Stimmen Recht behalten sollten, schon durch die Tat des Antrages hat sich das Zentrum ein Verdienst er worben, und es ist dringend zu wünschen, daß es sich auch durch eine» eventuellen ersten Mißerfolg nicht von dem damit be tretenen Wege abschrccken läßt. Immer und immer wieder soll man unbarmherzig den Finger legen in diese schwärende Wunde, die sich nicht schließt und die auf die Dauer den Körper des Deutschen Reiches von innen her zerfressen kann. Denn mag ein Reich durch äußere Einrichtungen und Machtmittel noch so stark gefügt erscheinen, das Band, das auf die Dauer allein ihn von innen Herzusammenhält, kann nur ein geistiges sein. Es wird gewoben von der gleichen Kultur und den Kultur einrichtungen — die sich gegenseitig bedingen —, vor allem von der Gleichheit in Gesetz und Bildungswesen. Das wußte auch der Gründer des Reiches, Bismarck, als er nach dem äußeren Bau mit gewohnter Energie diese zweite Aufgabe angrisf Auf seine Initiative wurde ein Ausschuß ein gesetzt, der ein einheitliches deutsches Recht schaffen sollte. Lebten doch 43 Prozent der Bevölkerung nach dem „Allgemeinen Land- recht", 17 Prozent nach dem „Lacks eavil", 7 Prozent nach dem „Sächsischen Landrecht" und 33 Prozent nach den verschiedensten Rechten, Wenn es auch 20 Jahre gedauert hat. bis das neue Bürgerliche Gesetzbuch fertig war. es ist doch gelungen, und heute können wir uns kaum noch denken, daß es jemals so ganz anders gewesen ist, Leichter schien es, auf dem Gebiete des höheren Schul wesens, auf dem eine ähnliche Bnntscheckigkeit herrschte, zu größerer Einheitlichkeit zu kommen. Auf der von Bismarck 1672 in Dresden zusammengerufenen Konferenz von Vertretern der deutschen Schulverwaltungen kam ein Uebereinkommen zustande, alle höheren Schulen neunjährig zu machen. Demzufolge wan delte Württemberg im selben Jahre seine zehnjährige Schule in «ine neunjährige, Preußen seine achtjährigen lateinlosen Ge werbeschulen die spateren Obercalschulen, ebenfalls in neun jährige »m, und 1374 machte es Bayer» so mit seinen acht- jührigen höhere» Schulen. Al» Folge dieser Angleichung er gab sich die gegenseitige Anerkennung der Reifezeugnisse. Und da durchweg das Gymnasium die höhere Schule war, so be deutete die Angleichung in der Zeitdauer von selbst eine sehr starke Annäherung auch in den Aufgaben und Leistungen. Aber Bismarck ging weiter. Er vercinlaßte das Kriegsministeriiim, zu fordern, daß die Anstalten, welche mit der Versetzung nach Obersekunda den sogenannten „Einjährigen" erteilen wollten, ganz bestimmte Kenntnisse in den einzelnen Fächern verlangen mußten. Da er zur Kontrolle 1878 ote Neichsschulkommission schuf aus je einem Vertreter Preußens, Bayerns, Sachsens, Württembergs und zwei Vertretern der übrigen Länder, so war damit eine weitgehende Uebereinstimmung der höheren Schulen wenigstens bis Obersckunda gewährleistet. Es ist bedauerlich, daß Bismarck der weiteren Entwicklung des Schulwesens, die um die 80er Jahre besonders in Preußen schnell fortschritt, offenbar zu wenig Beachtung schenkte, sonst hätte er bei seinem weiten Blick und seiner Energie sicherlich eingegriffen. So ging der Weg der „Reformen" in umgekehrter Richtung und brachte die Länder in ihrem Schulwesen immer weiter auseinander. Diejenigen, welche die Lage und die daraus sich ergebenden Gefahren am frühesten erkannten, waren weitblickende Männer unter den Lehrern der höheren Schule selbst. Aber sie hatten keine Macht hinter sich- waren sie doch selbst gespalten nach Ländern wie die Schulen selbst, rveiter nach Schularten und Fächern, die sie vertraten. So faßte denn vor allem der da malige Oberlehrer Block in Gießen, jetziger Staatsrat in Darm stadt, den kühnen Plan, durch Zusammenschluß aller höheren Lehrer eine mächtige Organisation mit einheitlichem Willen zu schaffen, Und es ist ein Ruhmesblatt in der Geschichte des Philologenstandes, was Gcheimrat Mellmann in seiner „Ge schichte des Deutschen Philologenverbandcs", die soeben bei Quelle u, Meyer erscheint, erzählt. Als Block, der in den Vor verhandlungen die Starke der Eigenbrötelei und Absonderungs- aelüste der Ländervertreter zur Genüge erfahren hatte auf der Gründungsversammlung an die Einsicht und Vaterlands liebe der höheren Lehrer appellierte und auseinandersetzte, daß nur sie imstande und berufen seien, ein wirkliches einiges Vaterland zu schassen durch Erziehung der Jugend zu deutschem Denken und Wollen, da stimmten ihm die 800 Vertreter be geistert zu, und als Hauptziel des neuen Verbandes ivurde die möglichste Vereinheitlichung des deutschen Schulwesens festgesetzt. Seitdem hat der Verband un ermüdlich in diesem Sinne gearbeitet, und der Erfolg blieb nicht aus. Auf der Verbandstagung zu München 1914 konnte der erste Vorsitzende sagen: „Durch die Arbeit des Deutschen Philologenverbandes ist eine größere Uebereinstimmung in den höheren Schulen sämtlicher deutscher Länder erzielt worden Ich darf die bestimmt« Erwartung aussprechen, daß nach den gepflogenen Verhandlungen mit den Regierungen aller Länder in kurzer Zeit eine allgemeine Vereinbarung Zustande kommen wird, . . . Dann aber ist der Schlußstein zu einer einheitlich» deutschen Schule gelegt," Es kam ganz anders. Zunächst allerdings schien es. als wolle das neue Reich auf geradem Wege dem erkannt-n Ziele zustreben. Die Weimarer Verfassung gab ihm in W'tikcl 10 das Recht, durch Rahmengesetzgebung das deutsche Schulwesen einheitlich zu regeln. Die Reichsschulkonferenz 1920 sollte dafür die notwendigen Voraussetzungen und Klärungen schassen. Der Philologenverband entwarf auf Grund seiner jahrelangen Vor arbeiten ein einheitliches Programm, das in seinen Erundzügen in dem damit betrauten Ausschuß der Rcichschulkonserenz an genommen wurde. Ein „Reichsschulbeirat" aus Fachleuten wurde beschlossen, Ilnd nun lag die weitere Arbeit in den Händen der eigens eingerichteten „Kulturpolitischen Abteilung" des Rcichsinnenministeriums. Diese aber versagte vollständig. Der Reichsschulbeirat wurde nicht einberufen, die engere Füh lungnahme mit de» Fachleuten unterblieb. Kaum daß es ge lang, in Unterhandlungen der Regierungrnertreter, dem sag. „Reichsschulausschuß", die notwendige Vereinbarung über die gegenseitige Anerkennung der Reifezeugnisse wieder herzustellen. Heute stehen wir vor dem Chaos. Denn ohne Rücksicht auf die anderen, zumeist aufgemuniert durch das böse Beispiel Preußens, hat jedes Land und jedes Lärvchen seine eigene Schulreform gehabt. Und so hat jeder nicht nur ein von dem anderen ganz verschiedenes höheres Schulwesen, sondern auch innerhalb der einzelnen Länder besteht eine solche Buntscheclig- keit der Schularten — in Preußen z. B. über 10 —, daß kaum der Fachmann sich noch zurechtsindet, und daß ein Vater, der den Wohnsitz wechseln muß, von Glück reden kann, wenn er für seine Kinder eine höhere Schule findet, auf der sie ohne allzu großen Zeitverlust ihre Studien fortsetzen können. Oesterreich strebt nach dem Anschluß, und so heißt es. jetzt schon die geistigen Schranken niedcrlegen; die Ausländsdeutschen find sich ihrer Deutschheit bewußt geworden, und streben danach, in autonomer Kulturverwaltung den geistigen Zusammenhang mit dem Mutterlande zu wahren oder wieder neuherzustcl! .-n. Das wichtigste Mittel dazu ist die Angleichung der Schule, Wem aber sollen sie sich angleichcn? Es gibt keine deutsche Schule, es gibt nur eine Preußische, eine Bayerische, eine Süchsish, eine Thüringisch« Schule usw. So drängt auch diese Ueberleyung dazu, von dem Rechte der Rahmengesetzgebung des Reich« endlich Gebrauch zu machen. Das heißt nicht, daß wir Rivellie- rung und schematisch Gleichmacherei verlangen,- berechtigt» Eigenart und Tradition kann gewahrt bleiben; aber d«i Geist und die Grundform muß Deutsch, »»tz Großdei-'ichi sein.